Rechtsmissbräuchliche Abmahnung bei marginalem Wettbewerbsverhältnis
Landgericht Köln
Urteil vom 28. November 2013
Az.: 31 O 130/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin, die früher unter der geschäftlichen Bezeichnung anonym1 GmbH firmierte, vertreibt unter der Domain www.anonym1.de Druckereierzeugnisse, unter anderem auch Grußkarten und Fotokalender.
Die Beklagte betreibt in C (Westerwald) ein Einzelhandelsgeschäft mit Fotoartikeln. Sie verfügt nicht über Filialen. Über ihren Internetshop www.anonym2.de kann der Kunde auch sog. Fotobücher in verschiedenen Formaten bestellen. Dabei bedient sich die Beklagte einer von der Firma D AG & Co OHG (im folgenden D) zur Verfügung gestellten Software, mit der der Kunde nach dem Herunterladen Fotobücher zusammenstellen und bestellen kann. Die Fotobücher werden bei der Beklagten bestellt, aber von der D hergestellt.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Preiswerbung, wie sie sich im Internet darstellt und in den Anlagen K 1 und K 2 – auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird – wiedergegeben ist.
Dort werden Fotobücher zu einem Preis „ab 7,95*“ angeboten. Der Sternchenhinweis verweist auf einen Link mit einer Preisliste sowie darauf, dass alle Preise inkl. MWSt zzgl. Versandkosten gelten.
Dies hält die Klägerin für einen Verstoß gegen die PAngV sowie für irreführend und führt hierzu aus:
Tatsächlich würden auch für die Abholung in der Filiale, die als Option ausgewählt werden könne, ebenfalls 1,99 € berechnet und irreführend als Versandkosten bezeichnet. Außerdem werde in anderem Zusammenhang ausdrücklich die „portofreie Lieferung bei Filialabholung“ beworben.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass zumindest der in jedem Fall erhobene Betrag von 1,99 € in Wirklichkeit keine Versandkosten seien, sondern als Preisbestandteil in den Preis, den die Beklagte von ihren Kunden verlange, einbezogen werden müsse. Dementsprechend koste ein Fotobuch tatsächlich mindestens 9,94 €, ggfls. zuzüglich Versandkosten.
Jedenfalls erfolge der Hinweis zu spät, weil nicht vor Einleitung des Bestellvorgangs. Tatsächlich sei es nämlich so, dass dieser Hinweis in der Regel erst wahrgenommen werde, wenn der Kunde die Software installiert habe und zeitintensiv sein Fotobuch zusammengestellt habe. Schon diese Tätigkeit müsse im Rechtssinne als „Einleitung des Bestellvorgangs“ bewertet werden.
Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 19.01.2013 den geltend gemachten Verstoß entdeckt hatte, erfolgte eine Abmahnung unter dem 24.01.2013, die von der Beklagten zurückgewiesen wurde.
Nachdem die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung nach Erörterung der Sach- und Rechtslage den ursprünglich angekündigten Zahlungsantrag (Erstattung von Abmahnkosten) zurückgenommen hat, beantragt sie nunmehr,
I.
Der Beklagten wird untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken gegenüber Letztverbrauchern beim Verkauf von Druckereierzeugnissen im Fernabsatz zusätzlich zum angegebenen Produktpreis „Versandkosten“ zu erheben, wenn dies nicht dem Besteller vor Einleitung des Bestellvorgangs angezeigt werden, insbesondere wenn diese auch bei Filialabholung verlangt werden und gleichzeitig mit der „portofreien Lieferung bei Filialabholung“ geworben wird, wie aus der Anlagen K 1 und K 2 ersichtlich.
II.
Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, angedroht.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, zwischen den Parteien bestehe schon kein Wettbewerbsverhältnis. Die Klägerin betätige sich als Online-Druckerei mit einem grundsätzlich anderen Angebot. Zu ihrem Angebot gehörten insbesondere keine Fotobücher, die der Kunde sich selbst zusammenstellen müsse. Auch die von ihr angebotenen Fotokalender seien nicht für den Endverbraucher bestimmt, weil eine Mindestabnahmemenge von 25 Stück gefordert werde.
In der Sache selbst liege kein Wettbewerbsverstoß vor. Die Versandkosten seien richtig und vollständig ausgewiesen, wie es das Gesetz vorschreibe. Der Betrag von 1,99 €, der bei Filialabholung fällig werde, sei deshalb berechtigt und niedriger, weil zwischen Versandkosten iSd PAngV und Portokosten unterschieden werden müsse. Bei Lieferung in die Filiale entstünden lediglich Portokosten, ansonsten anfallende Kosten für die Verpackung entfielen. Der Verkehr könne auch genau zwischen versandkostenfrei und portofrei unterscheiden.
Insbesondere macht die Beklagte geltend, dass die Klägerin mit der Abmahnung und der vorliegenden Klage rechtsmissbräuchlich handle, und führt hierzu aus:
Das Vorgehen der Klägerin sei dadurch geprägt, dass sie seit über eineinhalb Jahren insbesondere gegen die D und mit dieser verbundene Unternehmen (T GmbH und E GmbH & Co KG) sowie deren Vertragspartner massenhaft Abmahnungen ausspreche, die alle demselben Muster folgten: Zunächst suche man einen (tatsächlichen oder vermeintlichen) Wettbewerbsverstoß und versuche, bei einem Gericht ein der Klägerin günstiges Urteil zu erstreiten. Gelinge dies, folgten auf dem Fuß massenhaft Abmahnungen insbesondere gegen Geschäftspartner der D, wobei verschwiegen werde, dass bereits eine Entscheidung zugunsten der Klägerin vorliege. Bezeichnend sei auch, dass die geforderten Unterlassungserklärungen nicht vorformuliert würden, woraus die Beklagte ableitet, dass der Klägerin gerade daran gelegen ist, keine oder unzureichende Unterlassungserklärungen zu erhalten, um anschließend den Rechtsweg beschreiten zu können. Die Streitwertangaben seien im Übrigen auch durchweg übersetzt. In diesem Zusammenhang führt die Beklagte – teilweise unter Angabe von Aktenzeichen – verschiedene von ihr sogenannte Abmahnwellen an und macht dazu Ausführungen und legt Anlagen vor (Klageerwiderung Blatt 77 ff der Akten, Schriftsatz vom 16.10.2013 Blatt 180 ff der Akten jeweils mit Anlagen), auf die im Einzelnen verwiesen wird. Aus all dem folge, dass sich die Abmahnungen verselbständigt hätten und nur dazu dienten, die Mitbewerber zu behindern und/oder selbst Einnahmen zu erzielen.
In diesem Zusammenhang macht die Klägerin auch geltend, dass die Klägerin ihren Verfahrensbevollmächtigten tatsächlich gar nicht die jeweils geltend gemachten Gebühren schulde, geschweige denn bezahle. Insoweit bestreitet sie ein Mandatsverhältnis in jedem Einzelfall und die Vereinbarung einer entsprechenden Vergütung und verweist auf die Internetdarstellung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin, wonach diese bei laufender Zusammenarbeit monatliche Pauschalbeträge im Wege der Honorarvereinbarung anbieten (Anlage B12).
Die Klägerin meint hierzu, dies stellten keine Indizien für einen Rechtsmissbrauch dar (Blatt 167/168 d.A.). Bei häufig vorkommenden Verstößen dürfe auch oft abgemahnt werden, die Vorlage von Entscheidungen sei nicht geschuldet. Gegen einen Missbrauch spreche schon, dass sich die geltend gemachten Ansprüche durchweg als begründet erwiesen hätten. Eine Gesamtbetrachtung sei schon deshalb unzulässig, weil es sich bei den „Abmahnwellen“ um völlig unterschiedliche Wettbewerbsverstöße gehandelt habe, die zum größten Teil nichts mit der vorliegenden Konstellation zu tun hätten (Blatt 250 – 253 d.A.)
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Nach § 8 Abs. 4 UWG ist die Geltendmachung der in § 8 Abs. 1 UWG bezeichneten Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung wegen einer nach § 3 UWG unzulässigen geschäftlichen Handlung unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen.
Diese Regelung gilt nicht nur für die gerichtliche, sondern auch für die außergerichtliche Geltendmachung eines wettbewerbsrechtlichen Anspruchs und damit insbesondere für die Abmahnung (vgl. zu § 13 Abs. 5 UWG aF BGH GRUR 2002, 715, 717 Scanner-Werbung; BGHZ 149, 371, 373 – Missbräuchliche Mehrfachabmahnung). Eine im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG missbräuchliche Abmahnung ist nicht berechtigt im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG und begründet keinen Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl., § 8 UWG Rn. 4.6; Fezer/Büscher, UWG, 2. Aufl., § 8 Rn. 298; MünchKomm.UWG/Fritzsche, § 8 Rn. 479; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., Kap. 13 Rn. 53).
Bei der Anwendung des § 8 Abs. 4 UWG ist zu berücksichtigen, dass dieser Regelung neben der Aufgabe der Bekämpfung von Missbräuchen bei der Verfolgung von Wettbewerbsverstößen auch die Funktion eines Korrektivs gegenüber der weit gefassten Anspruchsberechtigung nach § 8 Abs. 3 UWG zukommt. Nach § 8 Abs. 3 UWG kann ein und derselbe Wettbewerbsverstoß durch eine Vielzahl von Anspruchsberechtigten verfolgt werden. Dies erleichtert zwar die im Interesse der Allgemeinheit liegende Rechtsverfolgung; die Fülle der Anspruchsberechtigten kann aber den Anspruchsgegner in erheblichem Maße belasten, so insbesondere dadurch, dass der Wettbewerbsverstoß zum Gegenstand mehrerer Abmahnungen und gerichtlicher Verfahren gemacht werden kann. Umso wichtiger ist es, dass die Regelung des § 8 Abs. 4 UWG immer dann eine Handhabe bietet, wenn wettbewerbsrechtliche Ansprüche auf Beseitigung oder Unterlassung missbräuchlich geltend gemacht werden, insbesondere wenn sachfremde Ziele die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung darstellen (vgl. zu § 13 Abs. 5 UWG aF BGHZ 144, 165, 169 f. – Missbräuchliche Mehrfachverfolgung; WRP 2001, 148 – Vielfachabmahner)
Die Annahme eines derartigen Rechtsmissbrauchs erfordert eine sorgfältige Prüfung und Abwägung der maßgeblichen Einzelumstände. Dabei ist vor allem auf das Verhalten des Gläubigers bei der Verfolgung dieses und anderer Verstöße abzustellen. Zu berücksichtigen sind aber auch die Art und Schwere des Wettbewerbsverstoßes sowie das Verhalten des Schuldners nach dem Verstoß. Auch das Verhalten sonstiger Anspruchsberechtigter kann in die Betrachtung einzubeziehen sein (BGH GRUR 2012, 730 Bauheizgerät).
Die danach vorzunehmende Gesamtabwägung führt hier zur Annahme eines Rechtsmissbrauchs im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG.
Die Beklagte hat – insoweit von der Klägerin unwidersprochen – vorgetragen, dass die Klägerin seit geraumer Zeit insbesondere gegen die Firma D und deren Tochter- bzw. Schwesterunternehmen T und E eine Vielzahl von Wettbewerbsprozessen zu bestimmten Themen geführt hat und teilweise noch führt. Ferner ist unwidersprochen vorgetragen worden, dass insbesondere in der letzten Zeit unter dem auch hier streitgegenständlichen Aspekt der Versandkosten oder der Endpreisangabe, sämtlich beruhend auf der von der Firma D zur Verfügung gestellten Software, Dutzende von Verfahren gegen Vertragspartner der Firma D geführt wurden und werden. Bereits dies mag als Indiz dafür herangezogen werden, dass es der Klägerin bei dieser Vorgehensweise in erster Linie nicht darauf ankommt, bestehende Wettbewerbsverstöße zu unterbinden. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass der Umstand allein, dass die Klägerin massenhaft Verstöße abmahnt und gerichtlich verfolgt, normalerweise noch nicht indiziell für einen Rechtsmissbrauch spricht, weil grundsätzlich immer dann, wenn massenhaft Verstöße vorkommen, auch massenhaft abgemahnt werden darf. In der vorliegenden Konstellation gibt es jedoch weitere besondere Umstände, die entgegen der Auffassung der Klägerin mit einzubeziehen sind, wobei es entgegen der Auffassung der Klägerin gerade typisch ist, dass tatsächlich Wettbewerbsverstöße vorliegen, weil sich ansonsten die Frage einer missbräuchlichen Abmahnung im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG gar nicht stellen würde:
Hierzu gehört zunächst, dass eine Vielzahl der abgemahnten Vertragspartner der Firma D allenfalls in einem marginalen konkreten Wettbewerbsverhältnis zur Klägerin steht. Ein direktes konkretes Wettbewerbsverhältnis besteht sicher zu der Firma D, die neben den Fotoservices auch Online-Druckangebote bereithält. Bei der Beklagten handelt es sich jedoch offenbar um ein Fotofachgeschäft, das lediglich als zusätzlichen Service auch Fotobücher anbietet. Diese wiederum gehören nicht zum Produktangebot der Klägerin. Mag deshalb – was die Kammer offen lassen kann – zwischen den Parteien auch ein konkretes Wettbewerbsverhältnis bestehen, so zeigt dies doch, dass die geschäftlichen Interessen der Klägerin durch den geltend gemachten Wettbewerbsverstoß der Beklagten allenfalls marginal berührt werden. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang zusätzlich, dass das Angebot der Klägerin in erster Linie an größere Abnehmer auch aus dem gewerblichen Bereich gerichtet zu sein scheint, weil eine Mindestabnahmemenge von 25 Stück bei allen Drucksachen vorgeschrieben ist. Es mag zwar zutreffen, wie die Klägerin vorbringt, dass es auch im privaten Bereich Fälle gibt, wo eine solche Abnahmemenge vorkommt, den Normalfall oder gar den Regelfall dürfte dies aber nicht darstellen.
Zutreffend ist im Ergebnis auch die Ansicht der Beklagten, dass die Art und Weise des Vorgehens der Klägerin Rückschlüsse darauf zulässt, dass es der Klägerin in Wahrheit vornehmlich um andere Ziele als das Abstellen von Wettbewerbsverstößen geht. Die Beklagte hat im Einzelnen das Vorgehen so charakterisiert, dass zu verschiedenen Bereichen, wo die Klägerin Wettbewerbsverstöße entdeckt hat, jeweils zunächst ein „Pilotverfahren“ gestartet werde, an das sich sodann, sollte es erfolgreich sein, eine Vielzahl weiterer Verfahren anschließe, in denen die Klägerin verschweige, dass es bereits eine Entscheidung zu ihren Gunsten gebe. Dem hat die Klägerin in der Sache nicht widersprochen, sondern lediglich gemeint, dies sei nicht zu beanstanden und zu entsprechenden Hinweisen sei sie nicht verpflichtet. Darum geht es jedoch in der Gesamtschau nicht. Zu prüfen ist vielmehr, ob das Gesamtverhalten Rückschlüsse auf überwiegend andere Motive als diejenigen der Abstellung des Wettbewerbsverstoßes zulässt.
Vor diesem Hintergrund ist auch das zu bejahen. Derjenige Mitbewerber, dem es nur oder in erster Linie auf die Abstellung eines tatsächlichen oder vermeintlichen Wettbewerbsverstoßes ankommt, wird bestrebt sein, dies schnell und unter Vermeidung überflüssiger Kosten zu erreichen. Deshalb mag es zwar angehen, bei einer angeblich unklaren Rechtslage (die die Kammer im Übrigen nicht sieht), zunächst ein „Pilotverfahren“ zu führen. Unüblich ist es aber, dies bei einer großen Zahl nachfolgender Abmahnungen schlicht und einfach zu verschweigen und dadurch aktiv dazu beizutragen, dass es gerade nicht, wie es das Gesetz mit der in § 12 UWG niedergelegten Obliegenheit zur Abmahnung bezweckt, zu einer gütlichen außergerichtlichen Beilegung kommen kann. Das klägerische Argument, „grundsätzlich“ würden keine Rechtsprechungsnachweise geschuldet, ist in diesem Zusammenhang deshalb unergiebig.
Gleiches gilt für den Vorwurf der Beklagten, die Klägerin füge ihren Abmahnungen niemals eine vorformulierte Unterlassungserklärung bei. Sicher ist es vom Ansatz zutreffend, wenn die Klägerin meint, es sei Sache des Abgemahnten, eine die Wiederholungsgefahr ausräumende Unterlassungserklärung zu formulieren. Hat dagegen in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle dieses Vorgehen „Methode“ und handelt es sich bei den Abmahnungen um eine vielleicht neue und nicht typische Fallkonstellation und sind schließlich die Abgemahnten – wie hier – nur mittelbar betroffen, weil der Wettbewerbsverstoß seine Ursache in einer voreingestellten Software, die ein Dritter zur Verfügung gestellt hat, hatte, kann durchaus eine andere Beurteilung angebracht sein. Die Kammer leitet daraus ein deutliches Indiz dafür ab, dass es der Klägerin gar nicht in erster Linie um die Abgabe geeigneter Unterlassungserklärungen ging sondern darum, Kosten zu generieren.
Dabei fällt auch ins Gewicht, dass es bei dem Wettbewerbsverstoß, um den es vorliegend geht (falsche oder irreführende Preiswerbung in der von der Firma D zur Verfügung gestellten Software) in Betracht kommen könnte, dass den jeweils Abgemahnten ein Schadensersatzanspruch gegenüber der Firma D zustehen könnte, so dass entstehende Kosten letztendlich den eigentlichen Konkurrenten D treffen würden. Jedenfalls im vorliegenden konkreten Fall, wo es sich bei der Beklagten um ein Fotofachgeschäft ohne Filialbetrieb handelt und dementsprechend die wirtschaftlichen Interessen der Klägerin mehr als überschaubar sind (bei unterstelltem Wettbewerbsverhältnis), erscheint auch der in Ansatz gebrachte Gegenstandswert von 25.000 € deutlich übersetzt zu sein.
Schließlich musste maßgeblich in die Gesamtabwägung einfließen, dass sich die Abmahntätigkeit der klägerischen Prozessbevollmächtigten offenbar verselbständigt zu haben scheint. Obwohl von der Beklagten in den vorbereitenden Schriftsätzen von Anfang an und mehrfach gerügt, vermochte die Klägerin auch im Termin zur mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts nicht dazu dezidiert Stellung zu nehmen, ob im Einzelfall ein Mandat erteilt worden ist und ob und ggfls. welche Honorarvereinbarung getroffen wurde. In Anbetracht der Umstände hätte es der Klägerin ein Leichtes sein müssen, entsprechenden konkreten Gegenvortrag zu liefern und/oder Vereinbarungen vorzulegen, die sich auf den Zeitpunkt der Mandatserteilung beziehen. Stattdessen hat sich die Klägerin darauf beschränkt, den Beklagtenvortrag als pauschal und ins Blaue hinein erfolgt zurückzuweisen. Die im Schriftsatz vom 17.10.2013 angekündigte Vorlage einer Kostenabrechnung vom 14.10.2013 ist nicht erfolgt und wäre für die Frage der Beauftragung und Honorarvereinbarung auch rechtlich unerheblich gewesen. Bezeichnend ist insoweit auch der Vortrag in der Klageschrift, wonach der Verstoß offenbar vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin entdeckt, jedenfalls dokumentiert worden ist.
Zusammenfassend ist die Kammer deshalb unter Würdigung aller vorerwähnten Gesichtspunkte der Überzeugung, dass es der Klägerin jedenfalls im vorliegenden Fall nicht in erster Linie um die Abstellung eines Wettbewerbsverstoßes, sondern überwiegend um andere Zwecke ging, nämlich die Generierung von Kosten (auch) zum Nachteil des eigentlichen „Gegners“ D. Die vorliegende Unterlassungsklage ist damit unzulässig, weil rechtsmissbräuchlich erhoben. Ob auch die Abmahnung bereits rechtsmissbräuchlich erfolgt ist, bedarf nach der Teilrücknahme der Klage keiner Entscheidung mehr.
Ob die Klage auch in der Sache als unbegründet abzuweisen gewesen wäre, weil zwischen den Parteien kein (konkretes) Wettbewerbsverhältnis besteht oder weil angeblich kein Wettbewerbsverstoß vorlag, bedarf ebenfalls keiner Entscheidung. Insoweit wird auf die Erörterungen in der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO
Streitwert: 10.000 €