Objektive Dringlichkeit bei Verfügungsverfahren maßgeblich

06. Juli 2009
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Eigener Leitsatz:

Im Verfügungsverfahren muss durch den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ersichtlich werden, dass eine objektive Dringlichkeit der Sache für den Kläger eine Verfügung rechtfertige. Dies ist nur gegeben, wenn die Verfügung dringend erforderlich zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt ist. Der bloße Hinweis darauf, dass es sich um eine Rechtsverletzung handele ohne den Nachweis der Dringlichkeit zu erbringen, rechtfertigt kein Verfügungsverfahren. Eine einstweilige Verfügung ist dann in diesem Fall zu versagen.

Landgericht Leipzig

Urteil vom 29.05.2009

Az.: 5 O 1595/09

Tenor:

1. Der Antrag des Verfügungsklägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird abgewiesen.

2. Der Verfügungskläger hat die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahren zu tragen.

Streitwert: 10.000,00 EUR

Tatbestand:

Der Verfügungskläger (nachfolgend Kläger genannt) nimmt die Verfügungsbeklagte (nachfolgend Beklagte genannt) im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens auf Unterlassung der Nutzung eines von ihm entwickelten Firmenlogos/Kommunikationsdesigns in Anspruch.

Die Beklagte nutzt das aus Anlage 1 zum Urteil ersichtliche Firmensignet auf ihrer Internetseite www…com (AG 2). An diesem Logo räumte die von der … beauftragte … GmbH dieser und den ihr angeschlossenen Tochterunternehmen die ausschließlichen Nutzungsrechte für alle Nutzungsarten, räumlich nicht beschränkt, zeitlich nicht befristet mit umfangreichem Nutzungsumfang (Nutzungsfaktor insgesamt 6,2) ein.

Der Kläger macht geltend, Schöpfer dieses Firmensignet zu sein und der … GmbH die ausschließlichen Nutzungsrechte in dem genannten Umfang im Februar 2006 (A 1) übertragen zu haben.

Er trägt vor, dass die Beklagte dieses Logo, das urheberrechtlichem Schutz unterliege, unerlaubt auf ihrer Internetseite www…com nutze (A 2). Diese könne sich hierzu nicht auf das der … eingeräumte Nutzungsrecht stützen, da sie allenfalls deren Gesellschafterin sei und nicht ein Tochterunternehmen. Die Möglichkeit der Übertragung sei der … nicht eingeräumt worden.

Mit Schreiben vom 26.2.2009 habe er die Beklagte abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bis zum 6.3.2009 aufgefordert und erklärt, bereit zu sein, ihr ein Nutzungerecht einzuräumen. Die Frist zur Abgabe der Unterlassungserklärung habe er auf Bitten der Beklagten bis 13.3.2009 verlängert und eine Gesamtlösung auch hinsichtlich einer Auseinandersetzung zwischen der … und der … angeboten. Eine vergleichsweise Einigung sei jedoch nicht zustande gekommen.

Der Kläger beantragt,
 
die Beklagte zu verurteilen,

bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall insgesamt höchstens 2 Jahre, einstweilen aufzugeben, es zu unterlassen,

das abgebildete Firmensignet »…« (vgl. insoweit Anlage 1 in schwarz/weiß Kopie zum Urteil) als Wort- und Bildmarke zu verwenden oder Dritten zur Verwendung zu überlassen.
 
Die Beklagte beantragt,
 
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abzuweisen.
 
Die Beklagte bestreitet die Schutzfähigkeit des streitgegenständlichen Logos. Es handele sich um eine Gebrauchsgrafik, die neben ihrer geschäftlichen Bezeichnung nur eine stilisierte Kamera darstelle. Auch bestreite sie die Urheberschaft des Klägers. Davon losgelöst seien nach dessen Vortrag die Nutzungsrechte zweimal ausschließlich übertragen worden, weshalb ihm keine Urheberrechte mehr zustünden, auf die er sich stützen könnte.

Unabhängig davon stehe ihr ein Nutzungsrecht zu. Sie sei als Muttergesellschaft der … berechtigt, das Logo zu benutzen. Sie sei alleinige Lizenznehmerin der für die … eingetragenen Gemeinschaftswortmarke 004970201 »…«.

Hinsichtlich des weiteren Parteienvortrages und hinsichtlich der Mittel der Glaubhaftmachung wird auf die gewechselten Schriftsätze und die beiliegenden Anlagen hingewiesen und darauf Bezug genommen. Zur Glaubhaftmachung hat der Kläger die eidesstattlichen Versicherungen des … und des … vom 7.5.2009 (A 17, in Kopie) vorgelegt, die Beklagte die eidesstattliche Versicherung des … vom 14.5.2009 (AG 2).

Gründe:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bleibt ohne Erfolg.

I.
Die Voraussetzungen für den Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung liegen nicht vor und der Antrag des Klägers vom 8.4.2009 in der zu Protokoll am 19.5.2009 gestellten Fassung ist zurückzuweisen.

1. Das Landgericht Leipzig ist das sachlich und örtlich zur Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren zuständige Gericht, §§ 105 Abs. 2 UrhG, 15 SächsJOrgVO, 32 ZPO.

2. Der Kläger hat nicht glaubhaft gemacht, dass hinsichtlich des streitgegenständlichen Anspruchs nach §§ 97 Abs. 1,15 Abs. 2 Nr. 2, 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG der für den Erlass einer einstweiligen Vertilgung erforderliche Verfügungsgrund gemäß §§ 936, 940 2PO gegeben ist.

Danach ist eine einstweilige Verfügung auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung muss somit zur Abwendung einer Gefährdung der Gläubigerinteressen zur vorläufigen Sicherung im Eilverfahren dringend geboten und notwendig sein.

Maßgeblich ist hierbei die objektive Dringlichkeit der Sache für die Klagepartei, die sich nach deren Interesse bemisst, wie es sich auf Grund der tatsächlichen Lage objektiv darstellt. Hierbei darf der Vorteil für den Gläubiger nicht außer Verhältnis zum Nachteil des Schuldners stehen.

Das Vorliegen dieser Dringlichkeit hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt und nicht glaubhaft gemacht. Diese Dringlichkeit ergibt sich nicht aus dem Gewicht der behaupteten Rechtsverletzung und einer voraussichtlichen Beeinträchtigung des Klägers durch eine Fortsetzung der Nutzung des streitgegenständlichen Design durch die Beklagte.

Der Kläger hat das Nutzungsrecht zur ausschließlichen Nutzung auf die … GmbH übertragen, die der … Corporation und deren Tochterunternehmen bestimmungsgemäß die Nutzung eröffnete. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte als sog. Muttergesellschaft der … berechtigt ist, das Firmensignet aus dem Nutzungsrecht ihrer Tochtergesellschaft zu verwenden.

Dieser behauptete Rechtsverstoß ist nicht von so erheblichem Gewicht, dass es zur Abwendung von wesentlichen Nachteilen des Klägers des Erlass einer einstweiligen Verfügung bedürfte. Dies vor dem Hintergrund, dass der Kläger seinerseits bereit ist, der Beklagten ein Nutzungsrecht einzuräumen und sein Interesse nicht darin besteht, durch eine unerlaubte Nutzung durch die Beklagte nicht in seinem Urheberpersönlichkeitsrecht verletzt zu werden.

Der Kläger hat zudem eine Erstkenntnis von der Nutzung durch die Beklagte nicht dargetan. Er gibt in seiner eidesstattlichen Versicherung lediglich an, dass die Seite der Beklagten erst seit dem Jahr 2008 besteht.

Der Kläger hat auch hinsichtlich des bekannten Zeitablaufes mit der gerichtlichen Verfolgung seines behaupteten Urheberrechts lange zu gewartet. Danach lag sein Interesse nicht so sehr an der Verteidigung seines Urheberrechts gegenüber der Beklagten als an einer Nutzungsvereinbarung und Nutzungsentgeltzahlung der Beklagten. Hierzu war er auch bereit, das streitgegenständlich geltend gemachte Recht in einen Interessenausgleich der … GmbH mit der … (Schreiben vom 5.2.2009, A 5) einzubringen.

Danach ist für die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Klägers gegen die behauptete Rechtsverletzung durch die Beklagte eine Regelung nicht dringlich nach §§ 940, 935, 917 ZPO.

II.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO.

Die Streitwertbemessung folgt aus §§ 3 ZPO, 53 GKG. Dabei orientiert sich das Gericht an den Angaben des sachnahen Klägers, der den Hauptsachewert mit 20.000,00 EUR beziffert. Hiervon ist wegen der Vorläufigkeit des einstweiligen Rechtsschutzes der hälftige Wert einzustellen.

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