Zur widerrechtlichen markenmäßigen Benutzung einer dreidimensionalen Marke

10. April 2014
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Urteil des LG Hamburg vom 16.10.2012, Az.: 416 HKO 87/12

Die Verwendung eines Standbeutels für fruchthaltige Erfrischungsgetränke, dessen Form nahezu identisch mit dem der "Capri-Sonne" ist, stellt eine Markenrechtsverletzung dar. Dem als dreidimensionale Marke eingetragenen "Capri-Sonne"- Standbeutel kommt aufgrund seines Bekanntheitsgrades und der Tatsache, dass Standbeutel im Bereich der fruchthaltigen Getränke in Deutschland alleinig für die "Capri-Sonne" als Verpackung verwendet werden, eine hohe Kennzeichnungskraft zu. Seine Formgestaltung wird vom Verkehrskreis vielmehr als Herkunftshinweis für den Markeninhaber verstanden, weshalb auch Verwechslungsgefahr besteht.

Landgericht Hamburg

Urteil vom 16.10.2012

Az.: 416 HKO 87/12

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt,

a) es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,-; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre) – letztere zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer R. H. jun. -, zu unterlassen,

aa) im geschäftlichen Verkehr alkoholfreie Getränke, insbesondere Erfrischungsgetränke und/oder Fruchtsaftgetränke, in Standbeuteln gemäß nachfolgenden Abbildungen

Abbildung

Abbildung

somit in Standbeuteln insbesondere gekennzeichnet durch folgende Merkmale:

• der ca. 14,5 cm hohe Standbeutel mit einem Inhalt von 200 ml verjüngt sich nach oben,

• der Boden ist oval und faltig und von einer Schweißnaht umfasst,

• der Standbeutel weist Schweißnähte an den Seiten und an der Oberseite sowie eine Flexibilität des Materials auf, die ihm insgesamt eine unregelmäßige Oberflächenstruktur verleiht,

anzubieten, zu bewerben und/oder sonstwie in den Verkehr zu bringen und/oder anbieten, bewerben und/oder sonstwie in den Verkehr bringen zu lassen;

und/oder

bb) im geschäftlichen Verkehr alkoholfreie Getränke, insbesondere Erfrischungsgetränke und/oder Fruchtsaftgetränke, in Umkartons gemäß nachfolgenden Abbildungen

Abbildung

somit in Umkartons, insbesondere gekennzeichnet durch folgende Merkmale:

– Länge 253 mm, Breite 96 mm, Höhe 142 mm

– drei Grifflöcher oben mit einem Durchmesser von 25 mm und einem Abstand von 17 mm;

– Vorder- und Rückseite bedruckt mit der Abbildung eines Standbeutels gemäß den prägenden Merkmalen wie zuvor unter lit. a) beschrieben,

anzubieten, zu bewerben und/oder sonstwie in den Verkehr zu bringen und/oder anbieten, feilhalten, bewerben, vertreiben und/oder sonstwie in den Verkehr bringen zu lassen;

b) der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, wann, wo und in welchem Umfang sie Handlungen gemäß a) aa) und bb) begangen hat, insbesondere

aa) durch Angabe von Herkunft und Vertriebsweg der in a) aa) und bb) genannten Waren, durch Angabe von Name und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzern sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die diese Waren bestimmt waren, ferner durch Angabe der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen und bestellten Ware sowie über die Preise, welche für die Waren bezahlt wurden,

bb) ferner durch Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich die mit den Waren gemäß a) aa) und bb) erzielten Umsätze und die Gestehungskosten einschließlich aller Kostenfaktoren, jeweils aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren ergeben,

dies alles unter Beifügung entsprechender Belege;

c) die Waren gemäß a) aa) und bb) zurückzurufen und sie endgültig aus den Vertriebswegen zu entfernen.

2. Hinsichtlich des weitergehenden, die Art und den Umfang der Werbung betreffenden Auskunftsbegehrens wird die Klage abgewiesen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter 1. a) aa) und bb) bezeichneten Handlungen entstanden ist und/oder noch entstehen wird.

4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen..

5. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Im Übrigen ist es gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 1.000.000,- vorläufig vollstreckbar.

5. Der Streitwert wird auf € 1.000.000,- festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin, welche das Kinder-Fruchtsaftgetränk „Capri-Sonne“ in Deutschland in zahlreichen Sorten – u.a. auch in „Orange“ und Multivitamin“ – herstellt und vertreibt, verlangt von der Beklagten, welche mit Getränken aller Art handelt, die Unterlassung des Vertriebs von in den Klaganträgen im Einzelnen aufgeführten Getränkebeuteln und Umkartons sowie Auskunft und Schadensersatzfeststellung.

Die 1966 erfundene und seit 1969 produzierte „Capri-Sonne“ wird in als Stand(boden)beutel bezeichneten Verpackungen (im Folgenden: Standbeutel) vertrieben (W 3). Die Klägerin ist hinsichtlich dieses Standbeutels – in neutralisierter Form – Inhaberin der am 05.09.1996 in der Klasse 32 für „alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke, Fruchtsäfte und Fruchtnektare“ eingetragenen dreidimensionalen Marke Nummer 3… (…). Entsprechend der nachfolgenden Abbildung werden die Standbeutel in 10er Boxen und darüber hinaus in kleineren Verkaufsstellen wie beispielsweise Bäckereien oder Kiosken auch einzeln verkauft.

Abbildung

Weiterhin ist die Klägerin Inhaberin der 1952 eingetragenen Wortmarke „Capri-Sonne“.

Die Beklagte beliefert den Discounter A. – u.a. auch in H- mit von ihr hergestellten Fruchtsaftgetränken der Marke „Sonniger“, Sorten „Orange“ und „Multivitamin“, welche entsprechend der nachfolgenden Abbildung ebenfalls in Standbeuteln und 10er Boxen vertrieben werden.

Abbildung

Die Klägerin behauptet, die jährlichen Absatzmengen der einzelnen Trinkpacks von „Capri-Sonne“ lägen deutlich im 400 Millionenbereich, die Gesamt-Werbeaufwendungen in Form von Mediamaßnahmen hätten in den letzten 20 Jahren über € 40 Mio. betragen (Beweis: Zeugnis R. und M.).

Im Getränkebereich sei die Klägerin in Deutschland das bisher einzige Unternehmen, welches Standbeutel als Verpackung für Getränke verwende mit der Folge, dass Standbeutel gleich „Capri-Sonne“ sei.

Die Klägerin ist der Auffassung, bei ihrer Marke handele es sich um eine verkehrsdurchgesetzte Marke i.S.d. § 8 Abs. 3 MarkenG. Dass die Verpackung in neutralisierter Form entsprechend der Markeneintragung nie benutzt worden sei, stehe der rechtserhaltenden Benutzung nicht entgegen. Das Angebot von Fruchtsaftgetränken in den „Sonniger“-Standbeuteln sowie die Benutzung dieser Standbeutel in der Werbung, insbesondere (auch) deren Abbildung auf den Umkartons (10er Box), verletzten ihre – der Klägerin – Rechte aus ihrer dreidimensionalen Marke.

Die von der Beklagten gewählte Aufmachung stelle – was durch eine jüngst eingeholte Verkehrsbefragung bestätigt werde (W 14) – eine markenmäßige d.h. herkunftsweisende Nutzung ihrer – der Klägerin – Marke – auch in ihrer „nackten“ Form – dar, da der Verkehr bereits aufgrund der Verkehrsdurchsetzung in der Verpackungsform einen Herkunftshinweis sehe. Dieser werde nicht durch die auf der Verpackung aufgebrachten Elemente beseitigt. Im Übrigen ergebe sich die herkunftsweisende Funktion schon aus der auf der Verpackung der Beklagten abgedruckten Bezeichnung „Sonniger“, zumal die Standbeutel (quasi-)identisch seien. Aufgrund verschiedener, den Wiedererkennungswert ausmachender Besonderheiten des geschützten „Capri-Sonne“-Standbeutels, welchem eine eigenständige und – wie durch eine jüngst eingeholte Verkehrsbefragung bestätigt werde (W 14) – erhebliche Kennzeichnungsfunktion bzw. mindestens durchschnittliche – kraft zukomme, bestehe angesichts der Ähnlichkeit des „Sonniger“-Standbeutels auch eine Verwechselungsgefahr. Dabei entspreche es ständiger Rechtsprechung, dass bei der Prüfung der Identität bzw. kennzeichenrechtlichen Verwechselungsgefahr nur die beiderseitigen Zeichen selbst nicht aber außerhalb der Kennzeichnung liegende Begleitumstände zu berücksichtigen seien. Aber auch wenn man auf den Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen – also auf die Verpackung nebst Aufmachung insgesamt – abstellen würde, sei eine Verwechselungsgefahr gegeben, weil ein Zeichen, welches – wie hier – als Bestandteil in eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen werde, darin (s)eine selbstständig kennzeichnende Stellung behalten könne, wobei es nicht darauf ankomme, dass dieser Teil das Erscheinungsbild dominiere oder präge.

Weiterhin werde auch ihr – der Klägerin – markenrechtlicher Bekanntheitsschutz nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG beeinträchtigt. Angesichts der Absatzzahlen und der Werbeaufwendungen handele es sich bei ihrem Standbeutel i.S.d. soeben genannten Norm um eine u.a. aufgrund ihrer Verkehrsdurchsetzung bekannte Marke, deren Wertschätzung von der Beklagten durch den Vertrieb des zeichenähnlichen „Sonniger“-Standbeutels in unlauterer Weise ausgenutzt und u.a. durch Verwässerung beeinträchtigt werde. Darüber hinaus führe die mindere Qualität der „Sonniger“-Standbeutel auch zu einer Rufschädigung.

Ihr Unterlassungsanspruch sei darüber hinaus aus dem Gesichtspunkt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes begründet (§ 4 Nr. 9 UWG) und zwar unter den Gesichtspunkten einer vermeidbaren Herkunftstäuschung sowie der unangemessenen Ausnutzung bzw. Beeinträchtigung der Wertschätzung der „Capri-Sonne“, deren gesamte Verpackungsausstattung sowohl von Hause aus als auch angesichts ihrer immensen Verkehrsbekanntheit eine erhebliche (Bl. 82) wettbewerbliche Eigenart aufweise. Der Verkehr werde annehmen, dass es sich bei „Sonniger“ – mit Zustimmung der Klägerin in den gleichen Standbeuteln unter der Marke „Flipper“ bei A. vertriebenen Fruchtsaftgetränk – um ein unter einer Zweitmarke vertriebenes Produkt des Originalherstellers handele. Der Aufdruck der Handelsmarke sowie die Angabe der Beklagten als Herstellerin schlössen das nicht aus, zumal dem Verkehr aufgrund der konkreten Kaufsituation bekannt sei, dass „Sonniger“ eine Handelsmarke sei. Der Eindruck einer Zweitmarke werde nicht zuletzt durch die Identität bzw. Ähnlichkeit wesentlicher Gestaltungs- und damit Kennzeichnungselemente des Produktes der Beklagten verstärkt. Dies werde durch das Ergebnis einer vor kurzem im Auftrag der Klägerin durchgeführten Verkehrsbefragung, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (W 13), bestätigt.

Und schließlich sei das Verhalten der Beklagten auch nach § 5 Abs. 2 UWG und § 4 Nr. 10 UWG wettbewerbsrechtlich unzulässig.

Im Hinblick auf die Abbildungen auf der 10er Box der Beklagten erfasse der marken- und wettbewerbsrechtliche Schutz auch den Umkarton.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen,

a) es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung hiermit angedrohten Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten – zu vollstrecken an ihrem(n) gesetzlichen Vertreter(n)-, zu unterlassen,

aa) im geschäftlichen Verkehr alkoholfreie Getränke, insbesondere Erfrischungsgetränke und/oder Fruchtsaftgetränke, in Standbeuteln gemäß nachfolgenden Abbildungen

Abbildung

somit in Standbeuteln insbesondere gekennzeichnet durch folgende Merkmale:

• der Standbeutel verjüngt sich nach oben,

• der Boden ist oval und faltig und von einer Schweißnaht umfasst,

• der Standbeutel weist Schweißnähte an den Seiten und an der Oberseite sowie eine Flexibilität des Materials auf, die ihm insgesamt eine unregelmäßige Oberflächenstruktur verleiht,

anzubieten, feilzuhalten, zu bewerben, zu vertreiben und/oder sonstwie in den Verkehr zu bringen und/oder anbieten, feilhalten, bewerben, vertreiben und/oder sonstwie in den Verkehr bringen zu lassen;

und/oder

bb) im geschäftlichen Verkehr alkoholfreie Getränke, insbesondere Erfrischungsgetränke und/oder Fruchtsaftgetränke, in Umkartons gemäß nachfolgenden Abbildungen

Abbildungen

somit in Umkartons, insbesondere gekennzeichnet durch folgende Merkmale:

– Länge 253 mm, Breite 96 mm, Höhe 142 mm

– drei Grifflöcher oben mit einem Durchmesser von 25 mm und einem Abstand von 17 mm;

– Vorder- und Rückseite bedruckt mit der Abbildung eines Standbeutels gemäß den prägenden Merkmalen wie zuvor unter lit. a) beschrieben,

anzubieten, feilzuhalten, zu bewerben, zu vertreiben und/oder sonstwie in den Verkehr zu bringen und/oder anbieten, feilhalten, bewerben, vertreiben und/oder sonstwie in den Verkehr bringen zu lassen;

b) der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, wann, wo und in welchem Umfang sie Handlungen gemäß lit. a) begangen hat, insbesondere

aa) durch Angabe von Herkunft und Vertriebsweg der in lit. a) genannten Waren, durch Angabe von Name und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzern sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die diese Waren bestimmt waren, ferner durch Angabe der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen und bestellten Ware sowie über die Preise, die für die Waren bezahlt wurden,

bb) ferner durch Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich die mit den Waren gemäß lit. a) erzielten Umsätze und die Gestehungskosten einschließlich aller Kostenfaktoren, jeweils aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren, sowie Art und Umfang der betriebenen Werbung, gegliedert nach Werbeträger, Auflagenzahl, Erscheinungszeit und Verbreitungsgebiet, ergeben,

dies alles unter Beifügung entsprechender Belege;

c) die Waren gemäß lit. a) zurückzurufen und sie endgültig aus den Vertriebswegen zu entfernen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter lit. a) bezeichneten Handlungen entstanden ist und/oder noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Klägerin könne bereits aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 3 Abs. 4 VerpackungsVO, nach welchem Folien-Standbodenbeutel wie die der „Capri-Sonne“ ökologisch vorteilhafte Einweggetränkeverpackungen ohne Pfandpflicht seien, keine Exklusivität beanspruchen. In solchen Standbeuteln würden in Deutschland eine Vielzahl von Produkten, darunter auch flüssige Lebensmittel, vertrieben – und zwar üblicherweise in Kartons mit 10 Stück entsprechend der hier zu beurteilenden Umkartons.

Entgegen der Ansicht der Klägerin liege hier bereits keine markenmäßige Benutzung vor, Eine solche könne auch dann fehlen, wenn ein Dritter eine Ware nahezu der gleichen Form in den Verkehr bringe, zumal der Verkehr nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und des Bundesgerichtshofes in der Verpackung der Ware grundsätzlich keinen Verkehrshinweis sehe, sondern nur ein Behältnis mit der Funktion, die darin enthaltene Ware zu umschließen und sicher zu verpacken. Ein Vergleich der „nackten“, zu Gunsten der Klägerin eingetragenen Marke mit der angegriffenen Produktgestaltung mache deutlich, dass letztere nicht als Herkunftshinweis verwendet bzw. vom Verbraucher verstanden werde. Gesichtspunkte, welche ausnahmsweise einen abweichenden Beurteilungsmaßstab rechtfertigten, lägen nicht vor, denn mangels Verkehrsdurchsetzung bzw. Verkehrsbekanntheit der Klagemarke – die zum Beweis des Gegenteils von der Klägerin vorgelegten Verkehrsbefragungen (W 7 & W 14) seien aus verschiedenen Gründen unbrauchbar – bestehe keine gesteigerte Kennzeichnungskraft der zu Gunsten der Klägerin eingetragenen Marke, welche zudem keine erhebliche Abweichung vom Branchenüblichen – also im Fruchtgetränke- – aber auch im Lebensmittelbereich ganz allgemein – aufweise. Soweit es letzteren Punkt betreffe, müsse auch berücksichtigt werden, dass ganz allgemein Standbeutel im Lebensmittelbereich die von der Klägerin als (vermeintliche) „Alleinstellungsmerkmale“ beschriebenen Elemente aufwiesen. In Bezug auf Standbeutel im Bereich flüssiger Lebensmittel habe der Europäische Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass keine erhebliche Abweichung vom Branchenüblichen vorliege.

Im Übrigen würde aufgrund des Aufdrucks auf den, den Verbrauchern niemals isoliert gegenübertretenden Beuteln allenfalls die Marke „Sonniger“ und ggf. weitere Kennzeichnungselemente als Herkunftshinweis vom Verbraucher angesehen.

Angesichts der von ihr aufgebrachten eigenständigen Kennzeichnungselemente sei auch keine Verwechselungsgefahr gegeben.

Auch bestünden erhebliche Zweifel daran, ob im Hinblick auf die kennzeichnungskräftige und blickfangmäßig hervorgehobene Bezeichnung / Marke „Capri-Sinne“ die eingetragene Klagemarke überhaupt rechtserhaltend benutzt worden sei, da sie nicht als selbstständige Marke erkannt werde. Die bloße Form des „Capri-Sonne“-Beutels verfüge noch nicht einmal über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft, was sich auch aus der „Standbeutel“-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes ergebe. Im Übrigen könne sich eine besondere Kennzeichnungskraft auch nicht aus den angeblichen Umsatz-/Marktanteilskennzahlen sowie aus Werbeaufwendungen ergeben, zumal die entsprechenden, von der Klägerin vorgetragenen Zahlen, aufgrund welcher sich die Klägerin ihren Marktanteil „schön gerechnet“ habe, sowieso kaum tragfähig seien.

Von einer Bekanntheit der Marke könne im Hinblick darauf, dass es auf die eingetragene Form ankomme, nicht die Rede sein. Selbst wenn man dies unterstelle, so fehle es an einer Ausnutzung bzw. Beeinträchtigung der Wertschätzung der Klagemarke.

Soweit es die geltend gemachten wettbewerblichen Ansprüche betreffe, fehle der Verpackungsausstattung der „Capri-Sonne“ bereits die wettbewerbliche Eigenart. Darüber hinaus fehle es an einer – auch mittelbaren – Herkunftstäuschung, da sie – die Beklagte – durch das Anbringen von Herkunftskennzeichnung und Herstellerangabe hinreichende Maßnahmen zur Vermeidung einer solchen getroffen habe mit der Folge, dass der Verkehr „Sonniger“ – zumindest im Bereich alkoholfreier, fruchthaltiger Getränke – nicht als Handelsmarke erkenne.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt und die Aufmachung der von den Parteien eingereichten Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist bis auf einen Teil des Auskunftsbegehrens begründet.

A. Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten sowohl in Bezug auf den Stand(boden)beutel (I.) als auch hinsichtlich der Umkartons, auf welchen ein entsprechender Beutel abgebildet ist (II.), ein Unterlassungsanspruch gemäß § 14 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu. Nach den genannten Vorschriften kann derjenige, der ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen benutzt, welches wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechselungen hervorruft, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, von dem Inhaber der Marke bei Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

I. Die Nutzung des in den Verkehr gebrachten Standbeutels durch die Beklagte stellt eine Markenrechtsverletzung gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar. Die von der Beklagten geltend gemachten Einwendungen greifen nicht durch.

1. Der „Capri-Sonne“-Standbeutel, welcher am 05.09.1996 als dreidimensionale Marke Nummer 3… in der Klasse 32 für „alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke Fruchtsäfte und Fruchtnektare“ zu Gunsten der Klägerin eingetragenen worden ist, hat wirksamen Bestand. Eine Löschung ist bislang nicht erfolgt. Das Gericht ist an die wirksame Eintragung gebunden („Bindungsgrundsatz“, vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage 2010, § 14 Rn. 17 ff.; BGH GRUR 2005, 414, 415 – Russisches Schaumgebäck).

2. Die Verwendung eines Standbeutels für fruchthaltige Erfrischungsgetränke beinhaltet in ihrer konkreten Art und Weise (mit den Merkmalen der eingetragenen Marke) auch eine markenmäßige Benutzung der zu Gunsten der Klägerin eingetragenen Marke.

a). Eine Verletzungshandlung nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG kann grundsätzlich nur angenommen werden, wenn das angegriffene Produkt markenmäßig verwendet wird. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes stellt das Beurteilungskriterium der Benutzung als Marke eine allgemeine Anwendungsvoraussetzung des Markenkollisionsrechts des § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 MarkG dar (vgl. Fezer, Markenrecht, 4. Auflage 2009, § 14 Rn. 75). Das insoweit ungeschriebene Tatbestandsmerkmal bezweckt, den Kreis der potenziellen Markenrechtsverletzungen zu bestimmen, wobei die Herkunftsgarantie als Hauptfunktion der Marke im Interesse der Verbraucher die Originalität des Produkts in der Verantwortung des Markeninhabers schützt (vgl. Fezer, Markenrecht, a.a.O.). Eine markenmäßige Benutzung oder – was dem entspricht – eine Verwendung als Marke setzt voraus, dass der Gegenstand im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer dient (vgl. BGH WRP 2012, 813, 814 – Medusa m.w.N.). Die Rechte aus der Marke nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, dessen Anwendung eine Verwechselungsgefahr voraussetzt, sind daher auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen die Nutzung des Produkts durch einen Dritten die Hauptfunktion der Marke, d. h. die Gewährleistung der Herkunft der Ware oder Dienstleistung gegenüber dem Verbraucher, beeinträchtigt oder immerhin beeinträchtigen könnte (vgl. BGH a.a.O.).

Entscheidend ist die objektive, nicht völlig fernliegende Möglichkeit, dass der Verkehr einen Herkunftshinweis annimmt (vgl. OLG Hamburg GRUR-RR 2001, 231, 233 – planet e), wobei der Europäische Gerichtshof seine Rechtsprechung zur Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion (GRUR 2003, 55 ff. – Arsenal, Tz. 51, 57 und GRUR 2002, 692, 693 – Hölterhoff) im Wege einer ergebnisorientierten Auslegung fortentwickelt hat mit der Folge, dass bereits jede zu einer gedanklichen Verknüpfung mit der geschützten Marke führende Verwendung als rechtsverletzende Benutzung in Betracht kommt (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 Rn. 103 m. Nachw. zur Rspr.; Ludwig WRP 2012, 816).

Maßgeblich im Rahmen der Beurteilung sind die Verkehrskreise, welche von den Waren angesprochen werden, die von dem das fragliche Zeichen verwendenden Dritten vertrieben werden, wobei es auf die gattungsmäßige Produktart als solche und nicht auf anderweitige Einzelheiten ankommt (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 Rn. 138).

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass ein nicht lediglich zu vernachlässigender Teil der Verbraucher den ein alkoholfreies Fruchtgetränk enthaltenden Standbeutel der Beklagten in gedankliche Verbindung bringt mit der zu Gunsten der Klägerin eingetragenen und von dieser seit vielen Jahren in erheblichem Umfang benutzten Marke.

aa) Zwar entspricht es nach der Rechtsprechung der Lebenserfahrung, dass der Verkehr die Formgestaltung einer Ware regelmäßig nicht in gleicher Weise wie Wort- und Bildmarken als Herkunftshinweis auffasst (vgl. BGH GRUR 2005, 414, 415 – Russisches Schaumgebäck). Bei der Beurteilung, ob die Form einer zum Verzehr bestimmten Ware markenmäßig benutzt wird, sind auch die Umstände zu berücksichtigen, unter denen die Verbraucher die Gestaltung der Ware als solche wahrnehmen (vgl. BGH GRUR 2007, 780, 783 – Pralinenform). Ferner ist bei der Ermittlung, inwieweit eine Warenform Herkunftshinweisfunktion hat, zwischen der Bekanntheit des Produkts als solchem und der Herkunftshinweisfunktion seiner Form zu unterscheiden (vgl. BGH GRUR 2007, 780, 783 – Pralinenform). Jedoch ist in die Beurteilung der Frage, ob eine angegriffene dreidimensionale Aufmachung markenmäßig benutzt wird, letztlich auch die Kennzeichnungskraft der Klagemarke mit einzubeziehen (vgl. BGH GRUR 2008, 793, 795 – Rillenkoffer). Flexiblen Standbeuteln für Nahrungsmittel kann dabei – aus Sicht des Verkehrs im Allgemeinen – keine besonders hohe Originalität beigemessen werden, soweit gleiche Beutel in weitem Umfang Verwendung finden (vgl. OLG Frankfurt NJWE-WettbR 2000, 41, 42).

bb) Vorliegend besteht die Besonderheit, dass der Standbeutel bisher im Bereich der fruchthaltigen Getränke in Deutschland offensichtlich alleinig für die „Capri-Sonne“ als Verpackung benutzt worden ist. Dies erklärt auch die deutlichen Umfragewerte aus der repräsentativen Befragung (W 14). Danach besitzt der Standbeutel in neutraler Form einen Bekanntheitsgrad von 90,3%, einen Kennzeichnungsgrad von 64,8% und einen namentlichen Zuordnungsgrad von 58,6%. Dies spricht dafür, dass der „nackte“ Standbodenbeutel vom Verkehrskreis sehr deutlich und stark als Herkunftshinweis verstanden wird. Weiter hat die Umfrage ergeben, dass der Zuordnungsgrad im Rahmen der Verkehrsdurchsetzung 62,5% beträgt. Soweit die Beklagte geltend macht, die Verkehrsbefragung sei unbrauchbar, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Weshalb ausgehend von der (schon per se zweifelhaften) Prämisse, eine bestimmte Warenform werde „zwangsläufig“ einem bestimmten Hersteller zugeordnet, auch eine neutrale Verpackung „zwangsläufig“ einem bestimmten Hersteller zugeordnet werden soll, erschließt sich dem Gericht nicht. Dies würde im Übrigen eher zu Gunsten der Klägerin sprechen, dass nämlich Verbraucher Standbeutel in der angegriffenen Form ihr zuordnen. Dem Vorbringen der Beklagten, es gebe in Deutschland eine Vielzahl anderer Verpackungen im Lebensmittel- und speziell auch im (alkoholfreien) Getränkebereich kann keine Bedeutung beigemessen werden. Es geht hier nicht ganz allgemein um Verpackungen im Lebensmittel-, sondern speziell um Produktformen im Fruchtgetränkebereich. Dass die diesbezüglich aufgeführten Erzeugnisse (B 3 & B 4) auch in Deutschland angeboten werden, stellt lediglich eine Spekulation dar. Zahlreiche, vom Vorsitzenden selber vorgenommene „Feldversuche“ (, die natürlich – juristisch korrekt – nicht verwertbar sind,) haben im Übrigen ergeben, dass Standbeutel (zumindest) im Fruchtgetränkebereich nahezu ausschließlich der Capri-Sonne zugeordnet werden.

Unter Berücksichtigung der Verkehrsbekanntheit ist daher von einer erhöhten Kennzeichnungskraft des zu Gunsten der Klägerin eingetragenen Standbeutels in Deutschland auszugehen.

Hieraus folgt dann weiter, dass im Hinblick darauf, dass der angegriffene Standbeutel von seinen Maßen her auf den ersten Blick hin keinerlei Unterschiede zur Marke der Klägerin aufweist, von einer markenmäßigen Verwendung auszugehen ist.

Soweit die Beklagte die Ansicht vertritt, eine herkunftsmäßige Verknüpfung scheide zumindest deshalb aus, weil die angesprochenen Verkehrskreise aufgrund der Aufmachung des Beutels allenfalls die Marke „Sonniger“ und nicht die Form der Verpackung selber als Herkunftshinweis ansähen, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Abgesehen davon, dass die angesprochenen Verkehrskreise bereits den Standbeutel an sich der „Capri-Sonne“ aufgrund deren Bekanntheit zuordnen werden, führen auch der plakative Aufdruck „Sonniger“ und die weiteren Kennzeichnungselemente dazu, dass die Beutel einem bestimmten Hersteller zugeordnet werden, wobei es (- als Zweitmarke – zwar nahe liegt aber letztlich) keine Rolle spielt, ob dies der der „Capri-Sonne“ – also die Klägerin – ist.

3. Es besteht auch Verwechselungsgefahr zwischen der Marke der Klägerin und den von der Beklagten in Verkehr gebrachten Standbeuteln.

a) Das Vorliegen einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. EuGH GRUR Int. 2009. 397, 401 – OBELIX/MOBILIX; BGH GRUR 2010, 235 – AIDA/AIDU; 2008, 258 – INTERCONNECT/T-InterConnect).

b) Bei der Feststellung der Markenähnlichkeit ist auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen abzustellen (vgl. Fezer, a.a.O., § 14 Rn. 425). Da der Verbraucher die kollidierenden Marken regelmäßig nicht gleichzeitig nebeneinander wahrnimmt und miteinander vergleicht, die Frage der Markenähnlichkeit mithin anhand des blassen Erinnerungsbildes des Verbrauchers zu beantworten ist, welches sich wiederum regelmäßig mehr auf Grundlage der übereinstimmenden als der unterschiedlichen Markenbestandteile bestimmt, ist bei der Prüfung der Verwechselungsgefahr mehr auf die gegebenen Übereinstimmungen der zu vergleichenden Marken abzustellen als auf die Abweichungen (vgl. Fezer, a.a.O., § 14 Rn. 447). Die Standbeutel der Parteien sind nahezu identisch, sie sind sich insbesondere aufgrund ihrer verjüngenden Keilform, des ovalen, faltigen Bodens sowie ihren Schweißnähten äußerst ähnlich. Beide Parteien bieten in ihren Standbeuteln fruchthaltige Getränke und somit identische Waren an. Die aufgrund ihres Bekanntheitsgrades zumindest als erhöht zu qualifizierende Kennzeichnungskraft des „Capri-Sonne“ Standbeutels sowie die Ähnlichkeit von Marke und Produkt sind abschließend in einer Gesamtschau hinsichtlich einer Verwechselungsgefahr zu beurteilen. Bei einer dreidimensionalen Marke als Produktteil kommt es bei der Beurteilung der Verwechselungsgefahr nach dem Gesamteindruck der kollidierenden Marken zunächst darauf an, ob der Formmarke als Teil der Ware produktidentifizierende Unterscheidungskraft als Kennzeichnungsmittel zukommt oder ob die dreidimensionale Gestaltung innerhalb der Gesamtgestaltung des Produkts untergeht und nicht als Marke wirkt. Dabei ist Maßstab zur Beurteilung der Verwechselungsgefahr allein die als dreidimensionale Marke eingetragene Produktform (vgl. Fezer, a.a.O., § 14 Rn. 590). Demgemäß ist allein auf die beiderseitigen Zeichen selber abzustellen nicht aber auf außerhalb der Kennzeichnung liegende Begleitumstände, wie z.B. nicht zum Zeichen gehörende Hinweise und Aufdrucke (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 Rn. 837). Vorliegend handelt es sich zwar um eine bloße Verpackungsform, welche als dreidimensionale Marke eingetragen worden und auch nicht durch die besondere Form der darin vertriebenen Ware bedingt ist. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin über Jahre hinweg als einziger Anbieter alkoholfreier Fruchtsaftgetränke auf dem deutschen Markt diese Verpackungsform gewählt hat – schon früher konnte aber auch heute noch kann die „Capri-Sonne“ ohne Übertreibung als eine Art „Schul-Speisung“ bezeichnet werden – kommt dem charakteristischen Standbeutel aufgrund seines Bekanntheitsgrades eine als erhöht zu qualifizierende Kennzeichnungskraft zu. Im Gesamteindruck geht der Beutel auch keineswegs unter, sondern er kennzeichnet viel mehr die Herkunft der „Capri-Sonne“ und bestimmt damit geradezu die Wahrnehmung des Produkts aufgrund seiner für den deutschen Markt besonderen Verpackungsform. Angesichts der Nähe zum Standbeutel der Beklagten und der Warenidentität ist eine Verwechselungsgefahr zu bejahen.

3. Rechtsfolge ist, dass die Klägerin von der Beklagten Unterlassung einer markenmäßigen Kennzeichnung verlangen kann.

a) Soweit die Beklagte geltend macht, hierdurch werde zu Gunsten der Klägerin eine bestimmte Verpackungsart monopolisiert, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Hier geht es nämlich allenfalls um eine bestimmte Verpackungsart in einem bestimmten Bereich, nämlich dem der alkoholfreien Frucht(saft)getränke. In diesem Sektor ist die Klägerin seit Jahrzehnten die einzige Herstellerin in Deutschland, welche viel Geld und großen Aufwand in die Darstellung und Präsentation ihrer Verpackung gesteckt hat. Unter diesen Umständen erscheint es durchaus nicht unbillig, ihr aufgrund ihrer rechtsgültig eingetragenen Marke auch einen entsprechenden Schutz zuzubilligen.

Dass es durchaus zahlreiche andere Möglichkeiten gibt, Frucht(saft)getränke in Standbeuteln zu präsentieren, ergibt sich aus den folgenden, völlig unterschiedlichen Darstellungen von Standbeuteln im Fruchtgetränkebereich.

Abbildungen

Die Ausführungen der Beklagten, die Herstellung der Standbeutel in einer anderen als der von ihr gewählten Form sei in den von ihr angekauften Maschinen nicht möglich, stellen mithin kein tragfähiges Argument für die Benutzung von zu Gunsten der Klägerin geschützten (quasi-)identischen Standbeuteln dar, sondern sind vielmehr Hinweis darauf, dass es der Beklagten bei der Annäherung an die „Marken-Standbeutel“ darum ging, Kosten zu sparen (vgl. auch S. 17 der Klagerwiderung). Demgemäß verfängt auch die Argumentation der Beklagen nicht, § 3 Abs. 4 VerpackungsVO spreche dafür, dass der von der Klägerin hergestellte Standbeutel keine Exklusivität beanspruchen können. Es geht hier nicht um Standbeutel ganz allgemein, sondern um einen Standbeutel in einer bestimmten Form. Die Beklagte ist hierdurch nicht gehindert, Standbeutel in anderen Formen auf den Markt zu bringen.

b) Soweit es die konkrete Unterlassungstenorierung betrifft, hat das Gericht zur Präzisierung die Maße hinzugefügt, um zu verdeutlichen, dass der von der Klägerin vertriebene Stand(boden)beutel mit einer Füllmenge von 330 ml (B 5), dessen Schutz hier aber auch offensichtlich nicht verlangt wird, nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist. Demgemäß stellt diese Konkretisierung auch kein Teilunterliegen dar. Gleiches gilt für die „Straffung“ der Verben am Ende der Tenorierung von 1. a) aa).

Die A.ohung von Ordnungsmitteln beruht auf § 890 ZPO.

II. Die Abbildung des Standbodenbeutels auf den in den Verkehr gebrachten Umverpackungen durch die Beklagte stellt gleichfalls eine Markenrechtsverletzung gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar.

Bei unterschiedlichen Zeichenkategorien besteht keine Identität sondern Ähnlichkeit, wenn, wie vorliegend, eine dreidimensionale Marke vom Verletzer in einer zweidimensionalen Abbildung wiedergegeben wird (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Auflage 2012, § 14 Rn. 257). Dreidimensionale Marken können ohne weiteres aber auch durch die Verwendung zweidimensionaler Zeichen i.S.d.. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG rechtsverletzend benutzt werden, sofern die Abbildung nach den allgemeinen Regeln als herkunftshinweisend einzuordnen ist. Fehlen besondere Anhaltspunkte für ein herkunftshinweisendes Verständnis, so wird der Verkehr auch die Abbildung der Warenform auf der Verpackung nur als eine bildliche Beschreibung des Produkts und nicht als Herkunftshinweis verstehen (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 Rn. 193). Wie zuvor dargelegt kommt dem Standbeutel der „Capri-Sonne“ mit einem Flüssigkeitsinhalt von 200 ml in Deutschland die Funktion eines Herkunftshinweises zu mit der Folge, dass eine ihn auf den 10er Umkartons zeigende Abbildung gleichfalls als herkunftsweisend einzustufen ist. Dabei spielt es keine Rolle, dass der Standbeutel nicht in vollem Umfang abgebildet ist. Wesentliche Merkmale der typischen Gestaltungsmerkmale – Schweißnähte an den Seiten und vor allem Verjüngung nach oben – sind deutlich erkennbar, so dass die angesprochenen Verkehrskreise die Abbildung ohne weiteres mit der „Capri-Sonne“ in Verbindung bringen werden.

Entsprechend den zuvor gemachten Ausführungen unter I. 2. ist auch eine Verwechselungsgefahr zu bejahen.

Hinsichtlich der Tenorierung kann auf den vorletzten Satz der Ausführungen von I. verwiesen werden.

Die Androhung von Ordnungsmitteln beruht auf § 890 ZPO.

B. Der Auskunftsanspruch ist bis auf das Art und Umfang der Werbung betreffende Begehren begründet.

a) Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten gemäß § 19 Abs. 1 MarkenG sowohl hinsichtlich des Stand(boden)beutels als auch hinsichtlich der Umkartons, auf welchen ein entsprechender Beutel abgebildet ist, ein Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg zu. Der Umfang der Auskunftspflicht richtet sich nach § 19 Abs. 2 Markengesetz. Die Tenorierung entsprechend dem Antrag der Klägerin 1. b) bb) entspricht dem Gesetzeswortlaut.

b) Der neben dem Auskunftsanspruch bestehende, im Ergebnis auf §§ 242, 259 BGB beruhende Rechnungslegungsanspruch (vgl. hierzu Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 19 Rn. 74) ist nur zum überwiegenden Teil begründet. Weshalb der Klägerin ein Anspruch auf Auskunft bzw. Rechnungslegung hinsichtlich der von der Beklagten betriebenen Werbung zustehen soll, erschließt sich dem Gericht nicht. Eine solche Information hat keinerlei Ausfluss auf irgendwelche der Klägerin möglicherweise noch zustehende Folgeansprüche (Schadensersatz). Das Gericht kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass im Rahmen von Auskunfts-/ Rechnungslegungsbegehren einfach Anträge (- möglicherweise aus irgendwelchen Formularbüchern -) gestellt werden, über welche sich niemand mehr Gedanken macht und die auch weder von Klägerseite näher begründet noch von Seiten der Beklagten in Frage gestellt werden. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass das Gericht die „einschlägige“ Literatur und Rechtsprechung durchaus gesichtet hat. Erhellendes hat sich nicht ergeben. Meist erfolgen nur Verweise auf „nicht wirklich“ begründete andere Kommentatoren usw..

C. Der Rückruf-/Entfernungsanspruch ergibt sich aus § 18 Abs. 2 MarkenG.

D. Ferner steht der Klägerin gegenüber der Beklagten gemäß § 14 Abs. 6 Markengesetz auch ein Anspruch auf Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens zu. Die Beklagte hat die Marke der Klägerin schuldhaft im Sinne jener Vorschrift verletzt. Bei Anwendung der gehörigen Sorgfalt hätte die Beklagte erkennen können, dass sie durch den Vertrieb des „Sonniger“- Standbeutels inklusive Umverpackung, auf welchem er abgebildet ist, in den Schutzbereich der Marke der Klägerin eingegriffen hat.

Das für eine Feststellung des Schadensersatzanspruches notwendige Feststellungsinteresse ist hier gegeben, da die Klägerin ihren Schaden noch nicht insgesamt beziffern kann, denn die Berechnung ist vom Inhalt der Auskunftserteilung der Beklagten abhängig.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 2 und 709 ZPO.

Dabei hat das Gericht das Teil-Unterliegen der Klägerin mit einem Streitwert von bis zu € 500,– bewertet. Eine Berufung der Klägerin wird insoweit nicht zugelassen.

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