Anforderungen an die Preisangabe der Flughafengebühr bei Flugbuchungen

05. Juni 2015
[Gesamt: 0   Durchschnitt:  0/5]
2514 mal gelesen
0 Shares
Weltkarte mit Modellflugzeug, Geld und Reisepässen Urteil des LG Berlin vom 28.04.2015, Az.: 16 O 175/14

Flugpreise müssen stets als Gesamtpreise ausgewiesen werden, welche alle unvermeidbaren und vorhersehbaren Gebühren beinhalten. Die im Gesamtpreis enthaltenen Steuern, Flughafengebühren und sog. „sonstigen Zuschläge“ müssen hierbei gem. Art. 23 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 gesondert ausgewiesen werden. Die Zusammenfassung aller dieser neben dem reinen Beförderungspreis anfallenden Kosten unter dem Punkt „Steuern & Gebühren“ in einer Summe ist unzulässig.

Landgericht Berlin

Urteil vom 28.04.2015

Az.: 16 O 175/14

 

In dem Rechtsstreit

der Verbraucherzentrale Bundesverband

gegen

die Air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG

hat die Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin in Berlin – Mitte, Littenstraße 12-17, 10179 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 10.03.2015 durch die Richter (…) für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten,

zu unterlassen,

im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern auf der Internetseite mit der Adresse www.airberlin.com Preise für buchbare Flüge,
insbesondere wie in der nachfolgend wiedergegebenen Anlage abgebildet anzugeben, ohne die Flughafengebühren gesondert auszuweisen:

(Abbildung der Angebotsseite)

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 214,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.06.2014 zu zahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

4. Das Urteil ist hinsichtlich des Tenors zu 1. gegen Sicherheitsleistung In Höhe von 15.000,00 EUR und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger ist der bundesweit tätige Dachverband der Verbraucherzentralen sowie weiterer Verbraucherschutzorganisationen, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben es gehört, Interessen der Verbraucher zu wahren. Er ist in die Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß § 4 UKIaG aufgenommen.

Die Beklagte ist ein Flugverkehrsuntemehmen mit Sitz in Berlin. Sie betreibt die Internetseite www.airberlin.com, deren Startseite wie aus der Anlage K 1 ersichtlich gestaltet ist.

Bei Eingabe einer gewünschten Flugverbindung in das auf der Startseite befindliche Feld und nach Betätigung der Schaltfläche „Suchen“ werden mögliche Flugverbindungen unter Angabe von Flugpreisen und geordnet nach verschiedenen Tarifkategorien dargestellt, die sich der Nutzer durch Betätigung eines Auswahlknopfes gesondert anzeigen lassen kann, wobei der entsprechende Gesamtpreis wie aus dem Tenor zu 1. ersichtlich angezeigt wird. Durch die Betätigung des Ausklappfensters „Preisdetails anzeigen“ werden einzelne Preisbestandteile des Gesamtpreises gesondert angezeigt, u.a. die Positionen „Flugpreis (Netto)“ und „Steuern und Gebühren“.

Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 12.03.2014 erfolglos ab. Einen in der Folge zum Az. 16 0 128/14 eingereichten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nahm der Kläger nach gerichtlichem Hinweis auf Bedenken hinsichtlich der Dringlichkeit zurück.

Der Kläger meint, ihm stehe ein Unterlassungsanspruch nach § 2 UKlaG sowie nach UWG zu. Die Darstellung der Flugpreise verstoße gegen Art. 23 VO (EG) 1008/2008. Die Beklagte weise „Steuern und Gebühren“ in einer Summe und nicht, wie erforderlich, differenziert nach Steuern, den Flughafengebühren und den sonstigen Gebühren und Zuschlägen aus.

Der Kläger beantragt,

was erkannt wurde.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie meint, der Klageantrag zu 1 sei unbestimmt, da der Kläger den Begriff der Flughafengebühr nicht näher definiere. Es sei unklar, ob der Kläger darunter sämtliche von der Beklagten an den Flughafen abzuführenden Gebühren umfasse oder nur passagierbezogene Flughafengebühren.

Die Beklagte meint zudem, die Klage verhalte sich nicht dazu, ob sich der Unterlassungsantrag auf sämtliche buchbaren Flüge beziehe oder nur auf die Flugverbindung Wien-Hamburg.

Der Antrag sei zudem unbegründet, weil er auf eine unmögliche Leistung gerichtet sei. Die Flugentgeltverordnungen der unterschiedlichen Flughäfen (Anlagen B 1 bis B 5) zeigten, dass die Höhe der Flughafengebühren im Buchungszeitpunkt noch nicht feststehe, weil sie von verschiedenen Imponderabilien abhingen, u.a. vom eingesetzten Flugzeugtyp, vom exakten Landezeitpunkt, der Landeposition, dem Sitzladefaktor, der Zahl der Passagiere, der Erforderlichkeit einer Enteisung oder Wachstums-/Destinationsförderbeiträge. Diese Faktoren stünden im Buchungszeitpunkt nicht fest, so dass der Ausweis einer Flughafengebühr fiktiv wäre.

Im Übrigen verstoße sie, die Beklagte, nicht gegen Art. 23 der VO 1008/2008. Denn die Pflicht zum gesonderten Ausweis von Flughafengebühren bestehe nicht, wenn die in der Vorschrift genannten Posten, mithin auch die Flughafengebühren, nicht dem Flugpreis hinzugerechnet wurden. Tatsächlich seien diese im Flugpreis der Beklagten bereits inkludiert.

Schließlich bestehe nach Art. 23 VO 1008/2008 keine Pflicht, die Gliederung der Buchstaben a) bis d) aus dieser Vorschrift exakt zu übernehmen und alle Kasten einer dieser Gruppen konkret zuzuordnen. Denn nicht alle Kosten seien stets klar voneinander abzugrenzen.

Zwischen den Parteien war im Verhandlungstermin am 10.03.2015 unstreitig, dass im Rahmen der ausgewiesenen Preisdetails der Beklagten unter der Position „Steuern und Gebühren“ auch ein Teil der Flughafengebühren einbezogen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig.

Die Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit des Klageantrags überzeugen nicht. Der Kläger verwendet den Begriff „Flughafengebühren“ ohne Einschränkung. Daher ist er so zu verstehen, dass hierunter sämtliche Flughafengebühren zu verstehen sind, also unabhängig davon, um es sich um passagierunabhängige oder passagierabhängige Gebühren handelt.

Ferner ist der Unterlassungsantrag, insbesondere nach der Klarstellung des ursprünglich angekündigten Klageantrags im Verhandlungstermin am 10.03.2015, dahingehend auszulegen, dass er sich auf sämtliche Flugverbindungen bezieht und nicht nur auf die Verbindung Wien-Hamburg. Durch den Zusatz „insbesondere wie in Anlage Antrag…“ ist klargestellt, dass es dem Kläger generell um die erforderlichen Angaben und die Zusammensetzung des Flugpreises geht und die Anlage zum Antrag lediglich beispielhaft anhand der Strecke Wien-Hamburg darstellen soll, wie die Suche nach Flugverbindungen und die Darstellung des Gesamtpreises durch die Beklagte erfolgt.

Die Klage ist auch begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. Art. 23 VO 1008/2008.

Bei dem Kläger handelt es sich um eine qualifizierte Einrichtung im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG, da er in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG aufgenommen ist.

Die Beklagte verstößt mit ihrem Ausweis der Preisdetails des Gesamtpreises eines gebuchten Flugs gegen Art. 23 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1008/2008. Sie hat im Verhandlungstermin am 10.03.2015 ausgeführt, dass Flughafengebühren zum Teil in der separat ausgewiesenen Position „Steuern und Gebühren“ enthalten sind. Dies hat der Kläger unstreitig gestellt. Eine solche Aufspaltung der anfallenden Flughafengebühren ist jedenfalls mit Art. 23 VO 1008/2008 unvereinbar. Denn nach Art. 23 Abs. 1 Satz 3 lit. c) stellt der Posten „Flughafengebühren“ ein eigens auszuweisender Posten dar, der nicht unter anderen Posten zusammen gefasst werden kann. Die Verpflichtung zum gesonderten Ausweis von Flughafengebühren entfällt nach dem Wortlaut der Vorschrift nur, wenn sie dem Flugpreis nicht hinzugerechnet wurden. Daraus folgt, dass die Verpflichtung entfällt, wenn sie im Flugprels bereits enthalten sind (siehe auch Urteil der Kammer vom 20.04.2010, 16 0 27/09, Seiten 14/15).

Lediglich in dem Fall, dass etwaige Flughafengebühren insgesamt in den ausgewiesenen Flugpreis einbezogen sind, was die Beklagte zunächst behauptet hat, liegt kein Verstoß gegen Art. 23 VO 1008/2008 vor.

Auf die Frage, ob nach Art. 23 VO 1008/2008 eine Pflicht besteht, die Gliederung der Buchstaben a) bis d) aus dieser Vorschrift exakt zu übernehmen und alle Kosten einer dieser Gruppen konkret zuzuordnen, kommt es daher nicht an.

Bei Art. 23 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1008/2008 handelt es sich zudem um eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG (BGH GRUR Int. 2014, 64, 65 – EuGH-Vorlage Buchungssystem).

Der Einwand der Unmöglichkeit Überzeugt nicht. Die Beklagte bestreitet nicht, dass Teil des ausgewiesenen Gesamtpreises auch Flughafengebühren sind. Sofern sie für zu zahlende Flughafengebühren eine Pauschale im Wege einer Mischkalkulation ansetzt, muss sie diesen Betrag gesondert ausweisen. Nach ihrer betriebswirtschaftlichen Kalkulation muss ein bestimmter Betrag feststehen, den sie der Preisbildung zugrunde legt. Dies ist auch dann der Fall, wenn sich die Flughafengebühren zum Teil noch am Tag der Durchführung des Flugs ändern, wie die Beklagte vorträgt. Jedenfalls sind die im Zeitpunkt der Veröffentlichung der Flugpreise ,,unvermeidbarern“ und ,,unvorhersehbaren“ Gebühren anzugeben (vgl. KG, Urteil vom 12.08.2014 – 5 U 2/12 -, Seite 8 f., vorgelegt als Anlage K 7).

Der Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten ergibt sich aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Jetzt zum Newsletter anmelden!

Erlaubnis zum Versand des Newsletters: Ich möchte regelmäßig per E-Mail über aktuelle News und interessante Entwicklungen aus den Tätigkeitsfeldern der Anwaltskanzlei Hild & Kollegen informiert werden. Diese Einwilligung zur Nutzung meiner E-Mail-Adresse kann ich jederzeit für die Zukunft widerrufen, in dem ich z. B. eine E-Mail an newsletter [at] kanzlei.biz sende. Der Newsletter-Versand erfolgt entsprechend unserer Datenschutzerklärung.

n/a