E-Mail-Werbung für ähnliche Produkte einer Onlinepartnerbörse zulässig

25. Juni 2018
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Mann Frau Toilettensymbol auf Tastatur unter Lupe Urteil des OLG München vom 15.02.2018, Az.: 29 U 2799/17

Eine Dating-Plattform darf ihren Nutzern unter den Voraussetzungen von § 7 Abs. 3 UWG Werbung für eine kostenpflichtige Mitgliedschaft per E-Mail zusenden. Bereits in der kostenlos gewährten Mitgliedschaft bei einer Onlinepartnerbörse liegt eine Dienstleistung des Plattformbetreibers, wenn sich der Kunde auf dem Portal unter Angabe seiner persönlichen Daten registriert. Deshalb darf der Betreiber der Partnerschaftsbörse die E-Mail-Adressen der kostenlos registrierten Nutzer zur Direktwerbung für eigene ähnliche Dienstleistungen verwenden, wenn die Kunden der Verwendung ihrer Daten jederzeit widersprechen können und für sie dadurch keine zusätzlichen Kosten entstehen.

Oberlandesgericht München

Urteil vom 15.02.2018

Az.: 29 U 2799/17

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 26.07.2017 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind hinsichtlich der vom Kläger zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115% des zu voll-streckenden Betrags leistet.

Entscheidungsgründe

I.

Der Kläger begehrt in der Berufungsinstanz noch die Unterlassung der Übersendung bestimmter Werbe-E-Mails.

Der Kläger ist ein in die Liste gemäß § 4 Abs. 2 UKlaG eingetragener Verbraucherverband.

Die Beklagte betreibt im Internet auf der Website www.xxxx.de eine Partnerschaftsbörse und ist mit 11 Mio. Mitgliedern Marktführer in Deutschland.

Bei der Beklagten kann man sich als kostenloses Mitglied registrieren lassen. Hierzu muss man in dem Fenster „Jetzt kostenlos anmelden“ zunächst sein Geschlecht sowie sein Geburtsdatum angeben und auf „Weiter“ drücken. Sodann muss man angeben, wen man sucht und das Geburtsdatum wird abgefragt, auf der nächsten Seite dann die Stadt. Nach einem weiteren Klick auf den Button „Weiter“ gibt man sein Pseudonym, seine E-Mail-Adresse sowie ein Passwort ein und kann sich bei einem weiteren Klick auf dieser entsprechend der nachfolgenden Einblendung gestalteten Seite (Anlage K 8) bei der Beklagten kostenlos registrieren:

Nach einem Klicken des Buttons „Kostenlos registrieren“ wird der Nutzer aufgefordert, weitere Fragen zu beantworten. Er erhält später eine der nachfolgend eingeblendeten entsprechende E-Mail (Anlage K 7):

Aufgrund der kostenlosen Registrierung kann der Verbraucher Fotos von anderen bei der Beklagten registrierten Partnersuchenden sehen.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die kostenlose Registrierung keinen Mehrwert für die Beklagten habe und der registrierte Nutzer abgesehen von der Möglichkeit, Fotos zu betrachten, keine Dienste der Beklagten in Anspruch nehmen könne.

Die Beklagte führt aus, dass es für sie ein Wert sei, wenn die Anzahl der Profile möglichst groß ist. Sie behauptet, dass kostenlos registrierte Nutzer von registrierten Nutzern angeschrieben werden könnten. Die Zulässigkeit der E-Mail-Werbung ergebe sich aus § 7 Abs. 3 UWG.

Das Landgericht hat die Klage im Hinblick auf die E-Mail-Werbung mit Urteil vom 26.07.2017, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, abgewiesen.

Hiergegen wendet sich unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags der Kläger mit seiner Berufung. Er beantragt,

Das Urteil des LG München I vom 28.06.2017 wird im Kostenpunkt aufgehoben und wie folgt abgeändert:

1. Der Beklagten wird untersagt, gegenüber Verbrauchern für die von ihr angebotenen Dienstleistungen im Internet mit einem Testsiegel zu werben, wenn die Angaben, auf welcher Grundlage der Test erfolgt ist, sowie die Fundstelle nicht leicht lesbar sind, wie geschehen in Bezug auf das „TESTSIEGER“-Testsiegel „Stiftung Warentest“ nach Anlage K 2.

2. Der Beklagten wird weiter untersagt, in einer Online-Partnerbörse Verbrauchern gegen Entgelt Mitglied-schaften anzubieten, wenn der Verbraucher vor Abgabe seiner Buchungserklärung über das ihm zu-stehende Widerrufsrecht nur mit der Formulierung belehrt wird:

„Sie haben das Recht, binnen vierzehn Tagen ohne Angabe von Gründen diesen Vertrag zu wi-derrufen. Die Widerrufsfrist beträgt vierzehn Tage ab dem Tag des Vertragsschlusses.“, und sich die vollständige Widerrufsbelehrung lediglich in den Allgemeinen Geschäftsbedingung der Beklagten befindet, die der Verbraucher nur über einen Hyperlink erreichen kann, wie geschehen nach Anlage K 4.

3. Der Beklagten wird weiter untersagt, in einer Online-Partnerbörse Verbrauchern die Buchung von Mit-gliedschaften gegen monatliches Entgelt mit einer Mindestvertragslaufzeit bei automatischer Verlänge-rung für den Fall einer unterbleibenden Kündigung anzubieten, wenn der Verbraucher nicht unmittelbar vor seiner Bestellaufgabe klar und verständlich in hervorgehobener Weise über den Gesamtpreis des Abonnements und die Mindestlaufzeit des Vertrags sowie die Verlängerungs- und Kündigungsmodalitä-ten informiert wird, wie geschehen nach Anlage K 6.

4. Der Beklagten wird weiter untersagt, an Verbraucher Werbe-E-Mails zu versenden, wie geschehen nach Anlage K 7, ohne dass der Beklagten hierfür eine ausdrückliche Einwilligung des Verbrauchers vorliegt.

5. Der Beklagten wird für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung gegen die in Ziffer I. bis IV. ge-nannten Verbote ein Ordnungsgeld bis zu € 250.000,00 (ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Wochen) oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken an deren Geschäftsführer, angedroht.

Die Beklagte beantragt,

Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 28. Juni 2017, Az. 37 O 1987/17 wird zurückgewiesen.

Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.02.2018 Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Die Versendung der angegriffenen Werbe-E-Mail stellt gemäß § 7 Abs. 3 UWG keine unzumutbare Belästigung dar.

Die Werbe-E-Mail entsprechend Anlage K 7 wird von der Beklagten an ihre kostenlos registrierten Mitglieder ohne deren ausdrückliche Einwilligung versandt (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG). Eine unzumutbare Belästigung ist aber gemäß § 7 Abs. 3 UWG gleichwohl nicht anzunehmen.

1. Die Beklagte hat die E-Mail-Adressen von den Kunden, an die sie die streitgegenständlichen E-Mails versendet, im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Dienstleistung erhalten (§ 7 Abs. 3 Nr. 1 UWG). Als „Verkauf“ im Sinne des § 7 Abs. 3 UWG ist nicht nur der Kaufvertrag im Sinne des § 433 BGB, sondern jeder Austauschvertrag anzusehen. Unter Verkauf ist daher der Vertragsschluss zu verstehen (Köhler/Bomkamm/Feddersen, UWG, 36. Aufl. § 7 Rn. 204a). Die Beklagte erhält die E-Mail-Adressen der Kunden im Zusammenhang mit einem Vertragsschluss. Der Kunde stellt bei der Registrierung der Beklagten seine Daten zur Verfügung. Die Beklagte gewinnt den Kunden als Mitglied und kann ihn somit bei der Bewerbung ihres Portals, das durch eine größere Anzahl an Mitgliedern für potentielle Kunden interessanter wird, mit-zählen und kann ihm überdies, wenn er sich auf ihrem Portal aufhält, Werbebotschaften schicken. Der Kunde erhält im Gegenzug jedenfalls die Möglichkeit, auf dem Portal Bilder anderer Mitglieder, somit anderer Personen, die über das Portal einen Partner suchen, anzuschauen. Selbst wenn – entgegen dem Vortrag der Beklagten – es den für die Mitgliedschaft zahlenden Mitgliedern der Beklagten tatsächlich nicht möglich sein sollte, mit nur kostenlos registrierten Mitgliedern in Kontakt zu treten, erhält der kostenlos registrierte Kunde für seine mit der Preisgabe seiner Daten verbundenen Registrierung eine Leistung der Beklagten. Mit der kostenlosen Registrierung kommt somit ein Austauschvertrag zwischen dem Kunden und der Beklagten zustande.

2. Die Beklagte verwendet die E-Mail-Adresse der kostenlos registrierten Kunden auch zur Direktwerbung für eigene ähnliche Dienstleistungen (§ 7 Abs. 3 Nr. 2 UWG). Die Ähnlichkeit muss sich auf die bereits „gekauften“ Waren oder Dienstleistungen beziehen und dem gleichen typischen Verwendungszweck oder Bedarf des Kunden entsprechen (vgl. OLG Jena MMR 2011, 101). Die Voraussetzung ist regelmäßig erfüllt, wenn die Produkte austauschbar sind oder dem gleichen oder zumindest einem ähnlichen Bedarf oder Verwendungszweck dienen. Zum Schutz des Kunden vor unerbetener Werbung ist diese Ausnahmeregelung eng auszulegen (KG Beschluss vom 18.03.2011 – 5 W 59/11, BeckRS 2011, 09678).

Vorliegend dienen die Leistungen, die der Kunde mit der kostenlosen Registrierung „gekauft“ hat und die Leistungen, die der Kunde bei einer kostenpflichtigen Mitgliedschaft erhält, dem-selben Verwendungszweck. Durch die kostenlose Registrierung erhält der Kunde die Möglich-keit, Fotos der anderen auf dem Portal registrierten Mitglieder anzuschauen und somit die Möglichkeit, zu prüfen, ob er über das Portal eventuell einen Partner finden kann. Genau diesen Zweck würde der Kunde auch mit der mit der E-Mail beworbenen kostenpflichtigen Mitgliedschaft verfolgen, nur in wesentlich effizienterer Weise, da er dann nicht nur die Möglichkeit hat, Bilder der anderen Mitglieder zu sehen, sondern auch, diese zu kontaktieren. Sowohl die kostenlose als auch die kostenpflichtige Mitgliedschaft haben den Zweck, über die Plattform einen potentiellen Partner zu finden. Die kostenlose Mitgliedschaft ist ein erster Schritt in diese Richtung und mit der kostenpflichtigen Mitgliedschaft wird dieses Ziel dann intensiver verfolgt.

3. Eine Versendung der streitgegenständlichen Werbe-E-Mail auch an Mitglieder, die der Ver-wendung der E-Mail-Adresse widersprochen haben (vgl. § 7 Abs. 3 Nr. 3 UWG), ist nicht streitgegenständlich.

4. Die Beklagte hat die Kunden bei Erhebung der Adresse und auch bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen, dass sie der Verwendung jederzeit widersprechen können und es entstehen für die Übermittlung auch keine anderen Kosten als nach den Basistarifen (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG).

a) Die Beklagte hat ihre Kunden bei Erhebung der Adresse klar und deutlich unter Angabe der entsprechenden Adresse darauf hingewiesen, dass sie der Zusendung von Informationen zu […] per E-Mail jederzeit wiedersprechen können (Anlage K 8).

b) In den streitgegenständlichen E-Mails der Beklagten findet sich der Hinweis

„Um diese Mail nicht mehr zu erhalten, klicken Sie hier.“

Entgegen der Auffassung des Klägers ist dieser Hinweis ohne weiteres verständlich und auch ausreichend. Da sich der Hinweis schon denklogisch nicht auf die bereits erhaltene Mail bezie-hen kann, ist dem Empfänger klar, dass sich der Hinweis darauf bezieht, dass er durch einen entsprechenden Klick veranlassen kann, dass er nicht demnächst wiederum mit einer entspre-chenden Mail zu einer Aktivierung seines Profils aufgefordert wird.

Streitgegenständlich sind allein die E-Mails der Beklagten entsprechend der Anlage K 7. Es genügt den Anforderungen des § 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG, wenn die Beklagte die Kunden bei deren Versendung darauf hinweist, dass sie veranlassen können, dass sie diese E-Mails nicht mehr erhalten. In diesem Zusammenhang ist ein Hinweis darauf, dass sie jeglicher Verwendung der E-Mail-Adresse, etwa auch der Verwendung der Weitergabe der E-Mail-Adresse an Dritte wi-dersprechen können, sogar missverständlich, da er impliziert, dass eine solche Verwendung ohne Widerspruch zulässig wäre. Tatsächlich ist eine Verwendung der E-Mail-Adresse jedoch ohne ausdrückliche Einwilligung ohnehin nur in dem engen Umfang des § 7 Abs. 3 Nr. 1-3 UWG zulässig, und auch in diesem nur, wenn der Kunde darauf hingewiesen wird, dass er auch dieser ausnahmsweise zulässigen konkreten Verwendung jederzeit widersprechen kann, was vorliegend erfolgt ist.

III.

Zu den Nebenentscheidungen:

1. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

3. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor.

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