Kommentar

EuGH – Internationale Zuständigkeit für Rechtsverletzungen bei bloßer Zugänglichkeit

20. Februar 2015
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Brauner Richterhammer schlägt auf die Zeichen "www", die von zwölf gelben Sternen umrandet sind. Kommentar zum Urteil des EuGH vom 22.01.2015, Az.: C-441/13

Gerade bei Rechtsverletzungen im Internet kommt es häufig vor, dass diese grenzübergreifend stattfinden. Findet eine Rechtsverletzung beispielsweise unter der deutschen Top-Level-Domain .de statt, verletzt dies aber einen im europäischen Ausland sitzenden Rechteinhaber, fragt sich, ob dieser ausschließlich in Deutschland oder auch in seinem eigenen Mitgliedsstaat die Rechtsverletzung geltend machen kann. Einen solchen Fall hatte nun der EuGH zu entscheiden.

Was ist passiert?

Eine Wiener Architektur-Fotografin hatte Fotografien zum architektonischen Werk des österreichischen Architekten Georg W. Reinberg angefertigt. Diese wurden im Rahmen einer Tagung im September 2004 bei einer Düsseldorfer Agentur – entsprechend der Vereinbarung zwischen Fotografin und Architekt – ausgestellt.

Ohne dass die Düsseldorfer Agentur jedoch um Erlaubnis bei der Fotografin gefragt hatte, wurden die Lichtbilder in der Folge auch auf deren Webseite eingestellt, und zwar ohne jeden Hinweis auf die Urheberin. Die Fotografin sah darin eine Verletzung Ihrer Urheberrechte an den Lichtbildern und beschritt deswegen in der Folge den Klageweg vor dem Handelsgericht in Wien und verlangte Schadensersatz in Höhe von 4.050.- Euro.

Die Beklagte hingegen sah das Handelsgericht in Wien als nicht zuständig an, da die Webseite schon gar nicht auf Österreich ausgerichtet war und eine bloße Abrufbarkeit in einem Mitgliedsstaat keine Zuständigkeit eines Gerichts begründen könne. Das Handelsgericht Wien in Österreich legte daraufhin dem EuGH die Frage vor, ob nur das Gericht am Ort der Niederlassung des Verletzers zuständig sowie ob maßgebend ist, auf welchen Mitgliedsstaat die Inhalte der Website ausgerichtet sind.

Entscheidung des Gerichts

Der Europäische Gerichtshof entschied mit Urteil von Ende Januar 2015 (Urteil vom 22.01.2015 – Az.: C-441/13), dass als zuständiges Gericht auch das Gericht am Ort des Geschädigten, hier das Handelsgericht in Wien in Frage kommt. Dies gilt allerdings nur für Schäden, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates entstanden sind.

Begründet wurde die Entscheidung damit, dass der eng auszulegende Art. 5 Nr. 3 der VO Nr. 44/2001 als besonderer Gerichtsstand der unerlaubten Handlung vorsieht, dass eine Person – die ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedsstaat hat – auch am Gerichtsstand des Ortes verklagt werden kann, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Gemeint ist damit der Ort, an dem sich der Schadenserfolg verwirklicht als auch der Ort, an dem ursächlich gehandelt wurde.

Als „ursächliche Handlung“ in diesem Sinne ist zwar im vorliegenden Falle der technische Vorgang des Uploads bzw. der öffentlichen Zugänglichmachung auf der Webseite der Beklagten anzusehen. Allerdings genügt nach Ansicht des EuGH auch die „Verwirklichung des Schadenserfolgs“, jedenfalls dann, wenn das Recht im Mitgliedsstaat geschützt ist. Bei der vorliegend in Frage stehenden Verletzung von Urheberrechten gilt das Territorialprinzip, womit Urheberrechte nach dem im jeweiligen Land anwendbaren Recht geltend gemacht werden können. Dies war im vorliegenden Sachverhalt der Fall, da der Klägerin auch in Österreich entsprechende Urheberrechte zustanden.

Auf eine Ausrichtung der fraglichen Webseite unter der .de Domain auf den Mitgliedsstaat des angerufenen Gerichts kommt es nach Ansicht der EuGH-Richter gerade nicht an. Es ist unerheblich, dass die in Frage stehende Webseite nicht für den Mitgliedsstaat des angerufenen Gerichts bestimmt ist. Maßgeblich ist vielmehr die reine Zugänglichkeit der Bilder im Bezirk des angerufenen Gerichts.

Fazit

Nach der Entscheidung des EuGH ist ein Gericht in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union jedenfalls auch dann zuständig, wenn das Urheber- oder Schutzrecht in dem jeweiligen Mitgliedsstaat geschützt ist und die Rechtsverletzung im Bezirk des zuständigen Gerichts zugänglich wurde. Auf die Ausrichtung einer unter einer .de-Top Level Domain befindlichen Webseite kommt es damit gerade nicht an.

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