Fotograf willigt bei Verkauf von Fototapeten konkludent in die übliche Nutzung ein

06. Mai 2024
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Ausschnitt aus dem Urheberrechtsgesetz Urteil des OLG Düsseldorf vom 08.02.2024, Az.: 20 U 56/23

Nachdem es in letzter Zeit häufiger zu Abmahnungen von Fotografen gegen Hoteliers kam, die deren Fototapeten auf ihrer Webseite in den Fotos der Räume abbildeten, mussten sich auch die Gerichte mit diesen Fällen befassen. Das OLG Düsseldorf hat nun herausgearbeitet, dass es durch die Bilder auf der Webseite des Hotels zwar zu einer Vervielfältigung gem. §§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 16 UrhG und einer öffentlichen Zugänglichmachung nach §§ 15 Abs. 2 Nr. 2, 19a UrhG gekommen sei, aber dadurch nicht die Rechte des Fotografen der infragestehenden Fototapete verletzt worden seien. Vielmehr würde der Fotograf durch seine Klage gegen das Gebot von Treu und Glauben verstoßen, da durch den Verkauf der Fototapete eine konkludente Einwilligung in die übliche Nutzung erfolge, worunter auch das Fotografieren des Zimmers mit der Tapete fiele. Eine höchstrichterliche Entscheidung zu solch einem Sachverhalt steht noch aus.

Oberlandesgericht Düsseldorf

Urteil vom 08.02.2024

Az.: 20 U 56/23

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 19. April 2023 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf – Az. 12 O 129/22 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteilsvollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe:

A.

Die Klägerin, eine von ihrem CEO und geschäftsführenden Gesellschafter, dem Fotografen X., gegründete Gesellschaft mit Sitz in A.., macht aus abgetretenem Recht Ansprüche wegen Urheberrechtsverletzungen gegen die Beklagte geltend, nachdem sie festgestellt hatte, dass die Beklagte die nachfolgend eingeblendeten Innenraumaufnahmen des von ihr betriebenen Hotels „Y. Resort & Spa“, auf denen zwei verschiedene Motive einer Fototapete zu sehen sind, sowohl auf ihrer Webseite www.y.-hotel.de (Anlage K6) als auch auf mehreren Hotelbuchungsportalen (Anlage K 7), nutzt und auch eine Innenraumaufnahme, auf denen eine der beiden Fototapeten zu sehen ist, in ihrer nachfolgend eingeblendeten SPA-Broschüre, die als pdf-Dokument auf ihrer Webseite zum Download bereitsteht, verwendet (Anlage K 8):

Die 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf hat mit am 19. April 2023 verkündeten Urteil, auf das hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes erster Instanz gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, die auf Unterlassung, Auskunft, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Erstattung von Abmahnkosten gerichtete Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, eine urheberrechtswidrige Nutzung durch das Ablichten der Räume mit der an der Wand angebrachten Fototapete und das öffentliche Zugänglichmachen dieser Lichtbilder könne – die Aktivlegitimation der Klägerin unterstellt – nicht festgestellt werden. Die Beklagte habe mit dem Erwerb des Sacheigentums an den Fototapeten ein einfaches Nutzungsrecht dahingehend erworben, dass sie Lichtbilder der Fototapete im Rahmen von Lichtbildern der Räume habe fertigen bzw. fertigen lassen dürfen. Es sei von einer konkludenten Rechteeinräumung auszugehen, weil bei sachgerechter Würdigung der Gesamtumstände davon ausgegangen werden müsse, dass der Fotograf X. „autorisierten Herstellern“ die Rechte zur Herstellung der Fototapete und die urheberrechtlichen Nutzungsrechte zum Zwecke der Weiterübertragung an die Endkunden (ggf. über Zwischenhändler) übertragen habe, die zur vertragsgemäßen Nutzung der Fototapete erforderlich seien. Da die vertragsgemäße Nutzung der Fototapete eine feste Verbindung der Fototapete mit den Räumen vorsehe und eine Beseitigung der Fototapete im Rahmen der vertraglich vorausgesetzten Nutzung von vornherein ausscheide, sei aus Sicht eines redlichen Unternehmers anzunehmen, dass autorisierte Hersteller den Abnehmern die Rechte einräumen sollten, die auch urheberrechtlich zu einer vertragsgemäßen Nutzung der Fototapete erforderlich gewesen seien. Hierzu sei – unabhängig von einer Nutzung der Fototapete in privaten oder gewerblichen Räumen – auch das Recht erforderlich, Vervielfältigungen der Fototapete im Rahmen der Erstellung von Lichtbildern der Räume zu fertigen sowie diese Lichtbilder zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen. Von dem Erwerber einer Fototapete könne üblicherweise nicht erwartet werden, dass dieser sicherstelle, dass keine Fotos in den mit der Fototapete ausgestatteten Räumen gefertigt werden oder die Fototapete jeweils abgedeckt werde. Sowohl bei dem Einsatz der Fototapete in gewerblich genutzten Räumen als auch bei der Verwendung in Privaträumen komme es nahezu zwangsläufig dazu, dass Lichtbilder aus unterschiedlichsten Motiven gefertigt würden. Dabei präge eine Fototapete den Gesamteindruck eines Raumes maßgeblich. Würde der Eigentümer einer gewerblich genutzten Räumlichkeit die Fototapete retuschieren, so würde er sich in der Öffentlichkeit der Kritik aussetzen, seine Räumlichkeiten anders zu bewerben, als diese sich in der Realität darstellten. Auch bei Privatpersonen sei ohne Weiteres vorhersehbar, dass z.B. bei privaten Feiern oder auch bei der Weiterveräußerung des Objektes, in welchem die Fototapete angebracht sei, Lichtbilder erstellt und in sozialen Netzwerken geteilt würden. Niemand könne erwarten, dass im Rahmen von Familienfeiern oder einer Weiterveräußerung Lichtbilder gefertigt werden, auf denen die Fototapete beseitigt, verhängt oder retuschiert sei. Da eine Fototapete regelmäßig das Raumbild bestimme, werde der dahingehende Konflikt im Übrigen nicht über § 57 UrhG aufgelöst.

Nach Auffassung des Landgerichts sei es als branchenüblich anzusehen, dass keine gesonderte Vergütung für Rechte an der öffentlichen Zugänglichmachung und Vervielfältigung von Lichtbildern der mit Fototapeten ausgestatteten Räumlichkeiten bezahlt werde. Die Inaugenscheinnahme von Baumärkten oder anderen Fototapeten-Vertreibern ergebe, dass keine Branchenübung bestehe, die Rechte gegen eine zusätzliche Vergütung auf dem Markt anzubieten, was dafür spreche, dass Rechte mit der Grundvergütung abgegolten und auch übertragen würden. Der Urheber – X. – sei sich der weitereichenden stillschweigenden Einräumung auch bewusst gewesen. Er habe als Geschäftsführer der B. GmbH & Co. KG trotz der sich aufdrängenden urheberrechtlichen Konsequenzen im Rahmen der üblichen Nutzung der Fototapeten keine Hinweise auf ein „Fotografierverbot“ oder die Notwendigkeit einer weiteren Lizensierung aufgenommen. Auch habe er nicht vorgetragen, von ihm autorisierte Hersteller zu entsprechenden Hinweisen veranlasst zu haben.

In jedem Fall aber sei die Rechtswidrigkeit einer etwaigen Verletzungshandlung durch eine vorherige Einwilligung ausgeschlossen. Denn dem Verhalten des Urhebers sei jedenfalls die objektive Erklärung zu entnehmen, dass er mit der Nutzung der auf der Fototapete bearbeiteten Lichtbilder in Form von Lichtbildern der mit der Fototapete ausgestatteten Räume und deren Veröffentlichung im Internet einverstanden sei. Für diese Rechtsauffassung spreche auch der in § 17 Abs. 2 UrhG zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke, dass das Urheberrecht ebenso wie andere Schutzrechte gegenüber dem Interesse an der Verkehrsfähigkeit der mit Zustimmung der Berechtigten in Verkehr gesetzten Ware zurücktreten müsse (vgl. BGH GRUR 2001, 51 – Parfumflakon). Zwar betreffe die vorliegende Konstellation nicht den Weitervertrieb der Fototapete selbst, sondern ihre bestimmungsgemäße Nutzbarkeit. Der Rechtsgedanke sei indessen auf die vorliegende Konstellation zu übertragen, weil ein Verbot, Räume, die mit der Fototapete ausgestattet seien, zu fotografieren, die Verkehrsfähigkeit von Fototapeten maßgeblich einschränken würde.

Jedenfalls stehe den mit der Klage geltend gemachten Ansprüchen der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gem. § 242 BGB entgegen. X., der der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche aus §§ 97, 97a UrhG abgetreten habe, habe diese Ansprüche durch sein eigenes vertragswidriges Verhalten erlangt. Soweit er über die von ihm autorisierten Hersteller Fototapeten vertrieben habe, ohne den Erwerbern entsprechende urheberrechtliche Nutzungsrechte für Nutzungshandlungen, die jedenfalls den äußeren Umständen nach ohne weiteres vorhersehbar gewesen seien (Vervielfältigung durch Erstellen von Lichtbildern der mit den Fototapeten ausgestatteten Räumen und deren öffentliches Zugänglichmachen), einzuräumen, habe er sich vertragswidrig verhalten. Die Erwerber der Fototapeten hätten im Hinblick auf die notwendige untrennbare Verbindung der Fototapeten mit den Wänden davon ausgehen dürfen, dass sie Lichtbilder der Räume fertigen und diese auch öffentlich zugänglich machen durften, soweit kein gegenteiliger Hinweis erfolgt sei. Da es X. als Geschäftsführer der B. GmbH & Co. KG oder im Rahmen der Autorisierung anderer Hersteller in der Hand gehabt habe, einen entsprechenden Hinweis zu erteilen, habe er die urheberrechtlichen Verletzungshandlungen, aus denen die geltend gemachten Ansprüche hergeleitet werden sollen, selbst provoziert.

Schließlich könne die Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auch nicht aus einer Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts in Gestalt des Urheberbenennungsrechts gem. § 13 UrhG herleiten, weil davon auszugehen sei, dass X. im Rahmen des Vertriebs der Fototapete auf das Urheberbenennungsrecht durch schlüssiges Verhalten verzichtet habe, weil er keinen Hinweis auf die Notwendigkeit der Urheberbenennung auf die von B. GmbH & Co. KG vertriebenen Fototapeten habe anbringen lassen und auch etwaige von ihm autorisierte Hersteller nicht zu einem Hinweis veranlasst habe.

Hiergegen richtet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und innerhalb der Berufungsbegründungsfrist begründeten Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiterverfolgt.

Sie macht geltend, mit dem angefochtenen Urteil sei ihr Recht auf rechtliches Gehör verletzt worden. Soweit das Landgericht erstmals im Urteil anführe, dass es ihr einfaches Bestreiten in Bezug auf den Vertragspartner der Beklagten, über den sie die Fototapete bezogen habe, die C. Group, für nicht ausreichend halte, hätte es spätestens in der mündlichen Verhandlung einen rechtlichen Hinweis dahingehend erteilen müssen, dass es ihr Bestreiten für nicht ausreichend halte, um der Klägerin anschließend Gelegenheit zu geben, weitergehend zu ihrer Vertriebsstruktur vorzutragen. Die Klägerin bestreitet in diesem Zusammenhang, dass es sich bei der auf den streitgegenständlichen Innenraumaufnahmen ersichtlichen Fototapeten um solche handele, die mit Zustimmung von Herrn X. in den Verkehr gebracht worden seien. Die hier in Rede stehenden Bilder „Calm Temple Dancer“ und „Wavebreaker at Baltic Sea“ seien frei im Internet abrufbar, so dass nicht ausgeschlossen sei, dass diese Bilder von der Beklagten oder Dritten genutzt worden seien, um selbst eine Fototapete erstellen zu lassen. Zudem böten zahlreiche gewerbliche Anbieter Fototapeten an. Es sei deshalb auch nicht ausgeschlossen, dass Anbieter Fototapeten mit urheberrechtlich geschützten Motiven anböten, obgleich sie hierzu nicht berechtigt seien.

Zu Unrecht sei das Landgericht zudem davon ausgegangen, dass Herrn X. der B. GmbH & Co. KG die Rechte zur Herstellung der Fototapete und die urheberrechtlichen Nutzungsrechte zum Zwecke der Weiterübertragung an die Endkunden konkludent übertragen habe. Da die konkludente Überlassung eines urheberrechtlichen Nutzungsrechts dinglichen Charakter habe, setze die betreffende Willenserklärung voraus, dass unter Berücksichtigung der gesamten Begleitumstände nach dem objektiven Inhalt der Erklärung unzweideutig zum Ausdruck gekommen sei, der Erklärende wolle über sein Urheberrecht in der Weise verfügen, dass er einem Dritten daran ein bestimmtes Nutzungsrecht einräume. Diese Voraussetzungen lägen indes nicht vor, weil der allein auf der Hand liegende Vertragszweck beim Verkauf/Kauf einer Fototapete die Ermöglichung der Gestaltung, im besten Fall der Verschönerung von Räumen durch Anbringen der Fototapete an Wände, Türen etc. sei. Die vertragsgemäße Nutzung einer Fototapete erschöpfe sich daher in einer festen Verbindung der Fototapete mit den Räumen. Urheberrechtlicher Nutzungsrechte hierfür bedürfe es für diese vertragsgemäße Nutzung gerade nicht. Die Beklagte sei auch nicht darauf angewiesen gewesen, unbedingt Lichtbilder aus dem Spa-Bereich des Hotels zu nutzen, auf denen die Fototapete zu sehen gewesen sei, denn die Darstellung des Wellnessbereichs sei auch ohne die streitgegenständliche Innenraumaufnahme ansprechendgewesen. Gleiches gelte für die Innenraumaufnahme mit der weiteren Fototapete. Zudem wäre es für die Beklagte ein Leichtes gewesen, die Innenraumaufnahmen zu retuschieren bzw. den Hintergrund (hier: Fototapete) etwas verschwimmen zu lassen.

Soweit das Landgericht der Auffassung sei, ohne die Annahme einer stillschweigenden Nutzungsrechtseinräumung sei die Beklagte eingeschränkt, Fotos ihrer Räumlichkeiten zu Werbezwecken anzufertigen und im Internet zu veröffentlichen, basiere diese Einschränkung auf der autonomen Entscheidung der Beklagten, ihre Räume mit urheberrechtlich geschützten Fototapeten zu dekorieren. Dass Fototapeten fest mit den Räumen verbunden würden, sei der Beklagten beim Kauf und Abringen der Fototapete klar gewesen. Entscheide sie sich dennoch dafür, so treffe sie die privatautonome Entscheidung, dass ihr der wirtschaftliche Mehrwert, den sie aus der Dekoration mit der Fototapete ziehe, wichtiger sei als die Möglichkeit, beliebige Innenraumaufnahmen anzufertigen und damit im Internet zu werben. Die unternehmerische Entscheidung der Beklagten, die Fototapete anzubringen, stelle daher ein einseitiges Verwendungsrisiko der Beklagten dar.

Gegen eine Einräumung (nach Ansicht des Landgerichts) sogar „umfassender“ urheberrechtlicher Nutzungsrechte spreche zudem auch der geringe Kaufpreis (jeweils 110,00 €), den die Beklagte für die Fototapeten bezahlt habe. Es sei völlig fernliegend anzunehmen, ein Fotograf (dem dieser Kaufpreis nicht einmal 1:1 zufließe), würde Käufern von Fototapeten zu einem solchen Preis gestatten, diese in urheberrechtsrelevanter Weise umfassend für Werbezwecke zu nutzen.

Schließlich könne entgegen der Ansicht des Landgerichts auch nicht deshalb auf einen objektivierten rechtsgeschäftlichen Willen hinsichtlich der konkludenten weitreichenden Einräumung von urheberrechtlichen Nutzungsrechten für Werbezwecke geschlossen werden, nur weil keine Branchenübung bestehe, gesonderte Lizenzen für Werbezwecke bei Fototapeten anzubieten. Das Fehlen eines etablierten Lizenzierungsmodells am Markt lasse nicht den Schluss zu, dass beim Kauf einer Fototapete stillschweigend das Recht eingeräumt werde, diese zu Werbezwecken öffentlich zugänglich zu machen. Auch wenn eine Lizenzierung nicht aktiv vom Urheber oder der Verkäuferin beim Verkauf der Fototapete angeboten worden sei, hätte sich der Käufer ohne Weiteres wegen einer Lizenzierung an die Verkäuferin wenden können. Auch beim Kauf von Filmen oder Musik auf DVD’s oder CD’s im Einzelhandel dürfe der Käufer nicht automatisch davon ausgehen, dass er durch den Erwerb des Werkes berechtigt sei, es gewerblich zu vervielfältigen oder öffentlich zugänglich zu machen. Das Fehler einer Option zum Erwerb einer separaten Lizenz im Rahmen des Kaufes bedeute nicht automatisch, dass solche Rechte eingeschlossen seien.

Zu Unrecht sei das Landgericht zudem davon ausgegangen, es liege eine (schlichte) Einwilligung zur urheberrechtsrelevanten Nutzung vor. Sofern die Kammer insoweit auf das BGH-Urteil „Vorschaubilder“ verwiesen habe, habe es verkannt, dass die dortige Konstellation mit der hier vorliegenden nicht vergleichbar sei, denn der BGH habe in jener Entscheidung eine „schlichte Einwilligung“ nur aufgrund eines gezielten Verhaltens der Klägerin angenommen, denn diese habe den Zugriff von Suchmaschinen auf ihre Webseite durch die Verwendung von Metatags gezielt erleichtert. Damit vergleichbare zielgerichtete oder anlockende Handlungen hätten vorliegend jedoch weder Herr X., noch die Verkäufer der Fototapeten vorgenommen. Herr X. habe der B. GmbH & Co. KG lediglich erlaubt, seine Fotos zur Herstellung von Fototapeten zu nutzen und diese zu verkaufen, nicht jedoch den Eindruck erweckt, diese dürften Fototapeten in urheberrechtsrelevanter Weise nutzen. Damit habe er auch nicht rechnen müssen, denn der Zweck einer Fototapete bestehe allein in der Anbringung an eine Wand oder Tür. Für eine besonders zurückhaltende Annahme einer konkludenten Einwilligung im Hinblick auf vermeintlich schutzwürdige Interessen der Beklagten spreche im vorliegenden Fall zudem die Schranke des § 57 UrhG. Während im BGH-Fall „Vorschaubilder I“ von vornherein keine geeignete Schranke für die streitgegenständliche Nutzung bestanden habe, komme im vorliegenden Fall § 57 UrhG grundsätzlich als rechtfertigende Schranke in Betracht, scheitere jedoch an der gebotenen engen Auslegung. Wenn der Gesetzgeber einen Interessenkonflikt erkenne und abschließend regele, verstoße es gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung, wenn die Rechtsprechung diese gesetzgeberische Entscheidung umgehe. Der Beklagten stehe es frei zu entscheiden, ob sie Aufnahmen anfertige, in denen die Fototapete nur als unwesentliches Beiwerk (§ 57 UrhG) oder gar nicht zu sehen sei.

Die vom Gesetzgeber definierten Schranken des Urheberrechts dürften zudem nicht nach Gutdünken durch die Fiktion einer schlichten Einwilligung überspielt werden. Nach der die hier in Rede stehende Grundkonstellation abdeckenden gesetzlichen Schrankenregelung des § 57 UrhG sei es der Beklagten gestattet, Innenraumaufnahmen zu nutzen, auf denen die Fototapeten nur als unwesentliches Beiwerk zu sehen seien. Anders als beim Weitervertrieb von Waren, die der Rechteinhaber in den Verkehr gebracht habe, genüge eine solche Nutzung, um Hotels angemessen zu vermarkten. Es bestehe dagegen kein Grund zur Annahme, dass Hotels nur vermarktet werden können, wenn in der Werbung Innenraumaufnahmen des Hotels genutzt werden, auf denen Fototapeten mit urheberrechtlich geschützten Fotografien prominent in einer Größe, die 50% und mehr der Innenraumaufnahme einnähmen, zu sehen seien. Eine erweiternde Auslegung des § 17 Abs. 2 UrhG dahingehend, dass auch Verwertungshandlungen zulässig seien, die nicht der Präsentation von Waren (d.h. dem Weitervertrieb der Ware) dienten, sei ebenfalls nicht geboten, weil das Urheberrechtsgesetz mit der Regelung in § 57 UrhG bereits eine Schranke vorsehe, die sich Konstellationen der vorliegenden Art – „Bild im Bild“ – widme.

Schließlich sei die Geltendmachung der Ansprüche durch die Klägerin auch nicht rechtsmissbräuchlich. Herr X. habe sich gegenüber der Beklagten weder vertragswidrig noch gesetzeswidrig oder sittenwidrig verhalten.

Es liege auch ein Verstoß gegen das Urheberbenennungsrecht vor. Es sei unerheblich, ob Herr X. im Rahmen des Vertriebs auch mit Wirkung für Käufer auf sein Urheberbenennungsrecht verzichtet habe. Denn ein solcher Verzicht hätte nur die Nennung im Rahmen der bestimmungsgemäßen Nutzung der Fototapete umfasst, nicht jedoch im Rahmen der öffentlichen Zugänglichmachung zu Werbezwecken. Selbst wenn es eine Branchenübung dahingehend gäbe, beim Vertrieb von Fototapeten im Rahmen ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung als Wanddekoration auf die Urheberangabe zu verzichten, hätte die Beklagte gegen § 13 UrhG verstoßen. Weder das Landgericht noch die Beklagte hätten eine Branchenübung behauptet oder belegt, wonach ein Urheber eines Werkes, welches zu Werbezwecken verwendet werde, nicht zu benennen sei. Eine solche Branchenübung existiere auch nicht. So habe das OLG Köln in dem der BGH-Entscheidung „Möbelkatalog“ zugrundeliegenden Sachverhalt keinen Verzicht auf das Urheberbenennungsrecht festgestellt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 19. April 2023 aufzuheben und

  1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, künftig zu unterlassen, nachstehende Lichtbildwerke durch Einbindung in einen Internetauftritt und/oder einer Broschüre zu vervielfältigen und/oder öffentlich zugänglich zu machen bzw. dies durch Dritte vornehmen zu lassen, wie nachstehend geschehen auf www.y.-hotel.de, www.booking.com, www.agoda.com, www.holidaycheck.de, www.hotels.com und aus den Anlagen K 6, 7 und 8 ersichtlich:
  2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin schriftlich und unter Vorlage aussagekräftiger Belege Auskunft zu erteilen über Art und Umfang der Handlungen gemäß Ziffer 1, insbesondere darüber

– auf welchen Internetseiten von wann bis wann die in Ziff. 1 angeführten Bilder bzw. Innenraumaufnahmen durch sie bzw. von ihr beauftragte Dritte öffentlich zugänglich gemacht wurden,

– ob und ggf. in welchen weiteren Nutzungsarten außer der vorstehenden Art von wann

bis wann diese durch sie bzw. von ihr beauftragte Dritte verwendet wurden;

  1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeglichen über den in Anlage K 11 geltend gemachten Mindestschadensersatz hinausgehenden Schaden zu ersetzen, der dieser infolge von Verletzungshandlungen gem. Ziff. 1 bereits entstanden ist bzw. zukünftig noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie verteidigt das klageabweisende Urteil des Landgerichts und hält ihr Bestreiten in Bezug auf die Rechteinhaberschaft der Klägerin und hinsichtlich der Urhebereigenschaft des Herrn X. ausdrücklich auch in der Berufungsinstanz aufrecht.

Sie ist der Auffassung, es sei treuwidrig, ein angebliches Recht geltend zu machen, um sozialübliches Verhalten zu verbieten, noch dazu, wenn eigene Verwertungsinteressen nicht tangiert seien. Es sei lebensfremd, dass Käufer von Fototapeten für „Raum-Lizenzen“ bezahlen würden. Vielmehr würden diese Personen dann keine derartigen Fototapeten mehr kaufen.

 

B.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer entscheidungserheblichen Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO durch das Landgericht, noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine abweichende Entscheidung, § 513 Abs. 1 ZPO.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht vollumfänglich abgewiesen. Der Klägerin stehen – ihre Aktivlegitimation und die Urheberschaft ihres CEO, Herrn X., an den streitgegenständlichen Fotografien mit den Titeln „Calm Table Dancer“ und „Wavebreaker at Baltic Sea“ unterstellt – die geltend gemachten Ansprüche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

Die Beklagte hat zwar die zumindest als Lichtbild gemäß § 72 UrhG geschützten Fotografien ohne Urheberbenennung (§ 13 UrhG) vervielfältigt, §§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 16 UrhG, und öffentlich zugänglich gemacht, §§ 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, 19a UrhG. Sie hat aber durch dieses Verhalten weder die – insoweit unterstellten – Rechte der Klägerin noch das – unterstellt in Prozessstandschaft geltend gemachte – Urheberpersönlichkeitsrecht des Herrn X. widerrechtlich verletzt.

 

I.

Durch die Veröffentlichung der streitgegenständlichen Fotografien zur Bewerbung des von ihr betriebenen Hotels hat die Beklagte keine Urheberrechte der Klägerin verletzt.

1.

Es kann offen bleiben, ob die Fototapeten als unwesentliches Beiwerk der auf den angegriffenen, von der Beklagten für die Bewerbung ihres Hotels verwendeten Aufnahmen eines Gastzimmers und eines Raums im Spa-Bereich im Sinne des § 57 UrhG anzusehen sind, weil sie weggelassen oder ausgetauscht werden könnte, ohne dass dies dem durchschnittlichen Betrachter auffiele und ohne dass die Gesamtwirkung des Hauptgegenstandes in irgendeiner Weise beeinflusst würde (siehe dazu BGH, Urteil vom 17. November 2014, Az.: I ZR 177/13, NJW 2015, 2119 Rn. 27 – Möbelkatalog; zur Frage der Auslegung des § 57 UrhG in diesem Zusammenhang: Wyphol, ZUM 2023, 688, 692). Denn der Beklagten sind mit Erwerb der streitgegenständlichen Fototapeten konkludent urheberrechtliche Nutzungsrechte an den Tapeten eingeräumt worden. Zur Begründung kann zunächst vollumfänglich auf die zutreffenden Erwägungen des Landgerichts Bezug genommen werden, auf die zwecks Vermeidung von Wiederholungen umfassend verwiesen wird und die sich der Senat nach eigener Prüfung zu eigen macht.

Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist ergänzend das Folgende auszuführen:

a.

Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die von der Beklagten erworbenen, zur Dekoration der Räumlichkeiten des Hotels „Y. Resort & Spa“ verwendeten und auf den öffentlich zugänglich gemachten Fotografien der Räumlichkeiten sichtbaren Fototapeten mit der Zustimmung und auf Veranlassung von Herrn X. in den Verkehr gelangt sind.

Dem steht auch nicht der Umstand entgegen, dass die Beklagte die streitgegenständlichen Fototapeten von einem Unternehmen erworben hat, an dem Herr X. nach dem Vortrag der Klägerin nicht beteiligt ist und bei dem es sich auch nicht um einen von Herrn X. autorisierten Vertriebspartner handelt. Denn es ist davon auszugehen, dass die Fa. „C. Group“, von der die Beklagte ausweislich der vorgelegten Rechnung vom 11. Januar 2011 (Anlage B1) die in Rede stehenden Fototapeten erworben hat, diese als Zwischenhändlerin von einem von Herrn X. betriebenen Unternehmen – z.B. der B. GmbH & Co. KG – erworben und dann über ihren Webshop „D.“ weiterverkauft hat. Diese Annahme ist zum einen aufgrund des Umstands gerechtfertigt, dass die beiden auf den Fototapeten abgebildeten Motive den Lichtbildern, für die die Klägerin Urheberrechte beansprucht, genau entsprechen,

insbesondere keinen anderen Ausschnitt, eine andere Farbwahl oder eine sonstige Bearbeitung zeigen und Fototapeten mit genau diesen Motiven nach dem eigenen Vortrag der Klägerin mit Zustimmung von Herrn X. angefertigt und in großer Stückzahl verkauft worden sind. Die Klägerin hat auch nicht geltend gemacht und dargelegt, dass und ggf. wie sich die von der Beklagten erworbenen, streitgegenständlichen Fototapeten von denen unterscheiden, die von der B. GmbH & Co. KG mit denselben Motiven vertrieben wurden. Auch zu der Vertriebsstruktur der B. GmbH & Co. KG bzw. zur generellen Vertriebsstruktur für die von Herrn X. autorisierten Fototapeten im relevanten Zeitraum – Januar 2011 – hat die Klägerin nicht vorgetragen. Daher ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die streitgegenständlichen Fototapeten, welche die Beklagte in dem von ihr betriebenen Hotel verwendet hat, nicht mit Zustimmung und auf Veranlassung des Herrn X. auf den Markt gelangt sind.

Soweit die Klägerin mutmaßt, die Beklagte habe die „frei im Internet verfügbaren“ Fotos von Herrn X. genutzt, um selbst Fototapeten mit diesen Motiven anfertigen zu lassen, ist dies aufgrund der schlechten Auflösung von im Internet frei verfügbaren Fotos zum einen unwahrscheinlich, zum anderen spricht die als Anlage B1 vorgelegte Rechnung der „C. group“, in der die einzelnen Fototapeten jeweils mit einem Titel näher bezeichnet werden, gegen eine solche Annahme. Denn die Rechnung weist hinsichtlich jedenfalls einer der beiden Fototapeten genau den von dem vermeintlichen Urheber, Herrn X., verwendeten, individuellen Titel „Calm Temple Dancer“ auf. Wieso die Beklagte genau denselben Bildtitel für von ihr gestaltete und in Auftrag gegebene Fototapeten gewählt haben sollte, ist dabei nicht erklärlich. Schließlich lässt auch der Umstand, dass die Beklagte zwei Fototapeten bei der Fa. „C. group“ erworben hat, die beide jeweils ein Lichtbild des Herrn X. wiedergeben, die Schlussfolgerung zu, dass die Fototapeten mit Einverständnis des Herrn X. in den Vertrieb gekommen und von einem von Herrn X. beauftragten Unternehmen – z.B. der B. GmbH & Co. KG – an die „C. group“ weitervertrieben worden sind. Andernfalls ließe sich nicht erklären, warum die Beklagte ausgerechnet zwei Lichtbilder des Herrn X. irgendwo im Internet gefunden und diese für die Anfertigung einer Fototapete benutzt haben sollte.

b.

Die Annahme des Landgerichts, Herr X. habe – über eine seiner Vertriebsgesellschaften für auf der Grundlage seiner Fotografien angefertigten Fototapeten –, z.B. die B. GmbH & Co. KG – den Käufern der Fototapeten konkludent ein einfaches Nutzungsrecht mit dem Inhalt eingeräumt, dass diese zur Ablichtung des Raumes mit der an der Wand angebrachten Fototapete und zum öffentlichen Zugänglichmachung dieser Lichtbilder berechtigt seien, weist keine Rechtsfehler auf.

Die vertragsgemäße Nutzung einer Fototapete sieht ihre untrennbare Verbindung mit dem Raum vor. Nachdem sie mit der Wand verklebt wurde, dient sie zum einen der Dekoration des Raumes. Darüber hinaus gehört zu ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung – sowohl in privaten, als auch in gewerblichen Räumen –, dass von dem mit der Fototapete ausgestatteten Raum Lichtbilder gefertigt sowie diese verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden. Denn bei lebensnaher Betrachtung kann von dem Erwerber einer Fototapete im Rahmen einer vertragsgemäßen Nutzung nicht erwartet werden sicherzustellen, dass keine Lichtbilder in dem mit der Fototapete ausgestattetem Raum gefertigt werden oder die Fototapete abgedeckt oder auf den gefertigten Lichtbildern nachträglich retuschiert wird. Hätte der Erwerber um diese gravierende Einschränkung der bestimmungsgemäßen Nutzung gewusst, so ist zu erwarten, dass er die Fototapete niemals erworben hätte; die Fototapeten wären schlicht unverkäuflich. Angesichts dieser Sach- und Rechtslage kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob sich der Fotograf einer stillschweigenden Einräumung einfacher Nutzungsrechte im dargestellten Umfang bewusst war. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist jedenfalls davon auszugehen und Gegenteiliges trägt auch die Klägerin nicht vor, dass der Fotograf ein wirtschaftliches Interesse an dem Verkauf der Rechte an den von ihm gefertigten Fotos und damit letztlich auch an dem Verkauf der Fototapeten hatte. Eine Vertragsauslegung, die faktisch zu einer Unverkäuflichkeit der Fototapeten führt, widerspricht den allgemein anerkannten Auslegungsgrundsätzen gemäß §§ 133, 157 BGB, da sie schlicht nicht sach- und interessengerecht ist.

2.

Zudem ist die Klägerin – wie ebenfalls bereits vom Landgericht mit zutreffender Begründung angenommen – infolge des Inverkehrbringens der Fototapeten nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB daran gehindert, Ansprüche wegen der streitgegenständlichen Veröffentlichung von Innenaufnahmen des von der Beklagten betriebenen Hotels, auf denen die Fototapeten zu sehen sind, geltend zu machen, weil sie sich durch ihre Rechtsausübung in rechtsmissbräuchlicher Art und Weise in Widerspruch zu ihrem vorherigem Verhalten setzt.

Ein widersprüchliches Verhalten (venire contra factum proprium) ist rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (vgl. Urteil vom 16. März 2017, Az.: I ZR 39/15, GRUR 2017, 702). Eine Rechtsausübung ist unzulässig, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenseite deshalb vorrangig schutzwürdig erscheinen (vgl. BGH, Urteil vom Urteil vom 16. März 2017, Az.: I ZR 39/15, GRUR 2017, 702 Rn. 96 – PC mit Festplatte I mit Hinweis auf BGH, Beschluss vom 28. Juli 2015, Az.: XII ZB 508/14, MDR 2015, 1101 Rn. 12; Urteil vom 12. Juli 2016, Az.: XI ZR 501/15, WM 2016, 138 Rn. 20).

Vorliegend lassen die Gesamtumstände die Rechtsausübung durch die Klägerin als treuwidrig erscheinen. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin wurden die auf den streitgegenständlichen Fototapeten abgebildeten Fotos mit Zustimmung ihres Geschäftsführers und CEOs Herrn X., der nach dem Vortrag der Kläger auch Urheber der Fotos ist, für die Herstellung und den Vertrieb von Fototapeten benutzt, die sich großer Beliebtheit erfreuten. Als Erwerber der streitgegenständlichen Fototapeten durfte die Beklagte jedoch davon ausgehen, dass sie die Fototapeten nicht nur bestimmungsgemäß in dem von ihr betriebenen Hotel fest mit der Wand verkleben durfte, sondern auch Lichtbilder der Hotel-Räumlichkeiten, auf denen (auch) die Fototapeten zu sehen waren, anfertigen und öffentlich zugänglich machen durfte, weil dieses Vorgehen im Digitalzeitalter üblich ist.

Durch das Inverkehrbringen der Fototapeten hat der vermeintliche Urheber der hierfür genutzten Fotos einen Vertrauenstatbestand geschaffen, weil die Beklagte vernünftigerweise davon ausgehen durfte, dass die nunmehr angegriffene Nutzung der Fototapete von der Einwilligung des Urhebers bzw. Rechteinhabers gedeckt sei und sich dieser auch nicht in seinen Interessen beeinträchtigt fühlen würde (vgl. Urteil des LG Stuttgart vom 25. Oktober 2022, Az. 17 O 39/22, GRUR-RS 2022, 48323). Dies gilt jedenfalls solange der Erwerber der Fototapete keinen gegenteiligen Hinweis auf eine nur eingeschränkte Nutzung oder eine Verpflichtung zur Zahlung von Lizenzgebühren erhält und solange die Nutzung der Fototapete über eine naheliegende und nach der allgemeinen Lebenserfahrung zu erwartenden Nutzung nicht hinausgeht. Diese Ausnahmen liegen jedoch nicht vor. Die Klägerin behauptet selbst nicht, bei der Vermarktung ihrer Fototapeten die Erwerber darauf hingewiesen zu haben, dass keine Befugnis zur Vervielfältigung durch Erstellen von Lichtbildern der mit der Fototapete ausgestattete Räume und deren öffentliches Zugänglichmachen besteht, obwohl dies ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen wäre.

Überdies geht die angegriffene Nutzung der Fototapeten durch die Beklagte auch nicht über die übliche Nutzung hinaus, weil die Beklagte die Räumlichkeiten ihres Hotels, in denen die streitgegenständlichen Fototapeten verwendet wurden, zu naheliegenden Werbezwecken fotografiert und diese Fotos zum Vertrieb ihres Hotels verwendet hat.

Die Fototapeten standen – ihrem Wesen entsprechend – dabei nicht im Mittelpunkt der Lichtbilder, und sie sind überdies klar als solche zu erkennen. Hätte die Beklagte darum gewusst, dass die Klägerin in der Vervielfältigung durch Erstellen von Lichtbildern der mit der Fototapete ausgestatteten Räume und deren öffentliches Zugänglichmachen eine Urheberrechtsverletzung erblickt und sich zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in einer den Kaufpreis der Fototapete um ein Vielfaches übersteigenden Höhe berechtigt sieht, so ist anzunehmen, dass sie die Fototapete niemals erworben hätte.

Zu dem insoweit geschaffenen Vertrauenstatbestand setzt sich die Klägerin in Widerspruch, wenn sie sich nunmehr auf eine Verletzung von Urheberrechten wegen der Veröffentlichung von Fotos, auf denen die Fototapeten zu sehen sind, beruft und handelt somit treuwidrig gem. § 242 BGB.

 

II.

Aus den vom Landgericht dargelegten Gründen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird und denen sich der Senat anschließt, kann die Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auch nicht auf eine Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts in Gestalt des Urheberbenennungsrechts gemäß § 13 UrhG stützen.

1.

Allerdings ergibt sich aus § 13 UrhG ein Recht des Urhebers auf Namensnennung, dessen widerrechtliche Verletzung Ansprüche auf Unterlassung und Schadenersatz, § 97 UrhG, sowie Ersatz von Abmahnkosten, § 97a Abs. 3 UrhG, begründen kann. Auch ist das Recht des Urhebers auf Anbringung der Urheberbezeichnung in seinem Kern unverzichtbar (BGH GRUR 2023, 1619 – Microstock-Portal; Schulze, in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 7. Auflage, § 13 Rn. 24). Außerhalb seines unverzichtbaren Kerns ist das Recht des Urhebers auf Anbringung der Urheberbezeichnung indes vertraglichen Einschränkungen zugänglich (BGH a.a.O.). Daraus, dass der Urheber nach § 13 Satz 2 UrhG bestimmen kann, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen und welche Bezeichnung zu verwenden ist, ergibt sich, dass es ihm grundsätzlich freisteht, auf die Ausübung dieses Rechts zu verzichten (Schulze, a.a.O.) oder in dieses Recht beeinträchtigende Nutzungen einzuwilligen (Peukert, in: Schricker/Loewenheim/, UrhG, 6. Auflage, vor §§ 12 ff. Rn. 17). Das Recht auf Anbringung der Urheberbezeichnung kann grundsätzlich durch ausdrücklich oder stillschweigend getroffene vertragliche Vereinbarung zwischen Urheber und Werkverwerter eingeschränkt werden.

2.

Dies berücksichtigend ist im Streitfall jedenfalls von einem stillschweigenden Verzicht auszugehen. So ist zwar der konkrete Inhalt der vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Urheber Herrn X. und dem von ihm zur Fertigung von Fototapeten autorisierten Unternehmen – z.B. der B. GmbH & Co. KG – nicht bekannt. Unstreitig ist indes, dass die Fototapeten selbst keinerlei Urheberbezeichnung enthalten, was mangels gegenteiliger Anhaltspunkte den Schluss rechtfertigt, dass Herr X. auf sein Recht auf Anbringung der Urheberbezeichnung durch schlüssiges Verhalten verzichtet hat.

 

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war gem. § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Hinblick auf die abweichende Rechtsprechung des Landgerichts Köln (Urteil vom 18. August 2022, Az. 14 O 125/21) zuzulassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird entsprechend der nicht angegriffenen erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung auf 22.000,00 € festgesetzt.

1 Kommentar

  1. Rolandd Bär, 8. Mai 2024

    Tatsächlich endlich einmal ein verständliches Urteil!

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