Liegt eine öffentliche Zugänglichmachung vor, wenn ein Bild nur in Kenntnis der konkreten URL abrufbar ist?

03. Juni 2019
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Webseiten Design und Entwicklung Urteil des LG Frankfurt vom 24.01.2018, Az: 2-03 O 140/18

Eine Unterlassungserklärung richtet sich nicht nur darauf, Bilder nicht erneut öffentlich zugänglich zu machen. Vielmehr muss auch dafür gesorgt werden, dass bereits öffentlich zugängliche Bilder nicht mehr öffentlich zugänglich gemacht werden. Dabei reicht es nicht aus, dass ein Bild von einer Webseite entfernt wird und nur noch über eine ganz bestimmte URL abrufbar ist, wenn man die URL kennt. Denn über Bildersuchmaschinen ist das Foto dann trotzdem noch zu finden, somit liegt auch dann noch eine Zugänglichmachung vor.

Landgericht Frankfurt

Urteil vom 24.01.2018

Az: 2-03 O 140/18

 

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Vertragsstrafe in Höhe von 5.100,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.06.2016 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, vorgerichtliche Kosten in Höhe von 480,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.06.2018 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um urheberrechtliche Ansprüche, einerseits auf Unterlassung, andererseits auf Zahlung einer Vertragsstrafe sowie Erstattung von Abmahnkosten.

Der Kläger ist Berufsfotograf. Er fertigte die aus dem Klageantrag zu 1. ersichtlichen Fotografien „1“ und „2“.

Die Beklagte ist im Bereich der Aktienanalyse tätig.

Jedenfalls im Jahr 2016 verwendete die Beklagte die Fotografien des Klägers zur Bebilderung ihrer Webseite www….. Für die Erstellung dieser Webseite bediente sich die Beklagte eines Baukastensystems mit Content Management System der Firma W… Ltd. Hierbei wurden die von der Beklagten veröffentlichten Inhalte inklusive der streitgegenständlichen Fotografien sowohl auf der Webseite www…..com als auch auf den Servern der W… Ltd. veröffentlicht. Die streitgegenständlichen Fotografien wurden – jedenfalls auch – unter den im Klageantrag zu 1. ersichtlichen URLs unter der Sub-Domain „static.w…“ gespeichert bzw. angeboten.

Die Firma W… Ltd nutzt – was den Parteien zuvor unbekannt war – zur Auslieferung von Inhalten die Dienste der Firma A…, die ein Content Delivery Network, auch Webbeschleuniger oder Caching Server genannt, betreibt. Hierbei handelt es sich laut Wikipedia um ein Netz regional verteilter und über das Internet verbundener Server, mit dem Inhalte ausgeliefert werden. Ein solches Netzwerk besteht aus einem Ursprungsserver, auf dem der Inhalteanbieter die zu verteilenden Inhalte ablegt, einer großen Zahl an Replica-Servern, die Kopien dieser Inhalte vorhalten, und einem Distribution System, das die Inhalte auf den Replica-Servern verteilt. Für die Umleitung der Benutzeranfragen auf die einzelnen Replica-Server ist ein Request-Routing-System zuständig (https://de.wikipedia.org/wiki/Content_Delivery_Network).

Der Kläger ließ die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 24.03.2016 abmahnen (Anlage K2, Bl. 13 d.A.). In diesem Schreiben rügte der Kläger, dass die Beklagte seine Fotografien „als Hintergrund“ verwende, wobei er URLs auf der Domain der Beklagten, z.B. „http://www…./#!ueber-uns/…“, angab. Die Beklagte gab unter dem 05.04.2016 eine Unterlassungserklärung mit einem Vertragsstrafeversprechen in Höhe von 5.100,- EUR ab (Anlage K3, Bl. 24 d.A.), die der Kläger mit Schreiben vom 07.04.2018 annahm (Anlage K4, Bl. 29 d.A.).

In diesem Zuge entfernte die Beklagte die Fotografien von ihrer Webseite und löschte sie im Content Management System, wobei der Vortrag der Parteien zum Umfang der Handlungen der Beklagten voneinander abweicht. Die Beklagte hat insoweit vorgetragen, dass sie die „Fotografien allumfassend und restlos von ihrer Webseite www…..com entfernt … [und] sämtliche beanstandeten Fotografien auch im Webcontent-Managementsystem gelöscht“ habe. Der Kläger hat sodann darauf hingewiesen, dass die Beklagte gerade nicht vorgetragen habe, dass sie vor Abgabe der Unterlassungserklärung auch die Löschung der Bilddaten von dem Server ihrer Webseite veranlasst habe. Die Entfernung im Content Management System beseitige nicht die auf dem Server befindlichen Bilder oder Videos. Die Beklagte hat hierauf erwidert, dass sie die „Fotografien von der Webseite der Beklagten sowie aus dem CMS [Content Management System] gelöscht“ habe.

Der Kläger prüfte im Nachgang, ob die streitgegenständlichen Fotografien noch unter den URLs, unter denen sie ursprünglich (unter der Sub-Domain „static.w….com“) abrufbar waren und die der Kläger im Rahmen seiner ursprünglichen Abmahnung nicht angegeben hatte, abgerufen werden konnten. Sodann ließ der Kläger die Beklagte mit weiterem anwaltlichem Schreiben vom 12.05.2016 zur Zahlung der vereinbarten Vertragsstrafe und zur Abgabe einer erneuten Unterlassungserklärung auffordern (Anlage K6, Bl. 35 d.A.). Die Beklagte lehnte dies ab, die Parteien führten insoweit umfangreichen Schriftverkehr, auf Anlagen K7 bis K 12 (Bl. 42 ff. d.A.) wird Bezug genommen.

Die Beklagte wandte sich am 30.06.2016 wegen einer der streitgegenständlichen URLs an die Firma W… Ltd. Diese antwortete, dass das Bild mit dem entsprechenden Link bereits erfolgreich von den Servern der W… Ltd. entfernt worden sei (Anlage B1, Bl. 91 d.A.).

Ferner wandte sich die Beklagte am 30.06.2016 an den Support der Firma A… (Anlage B3, Bl. 93 d.A.) und fragte, ob die Möglichkeit bestehe, dass eine der Fotografien unter einer der streitgegenständlichen URLs der Sub-Domain „static.w….com“ gelöscht werden könne. A… antwortete am selben Tag um 12:25 Uhr, und erklärte, dass die Beklagte sich üblicherweise an ihren Dienstleister wenden und dort die entsprechende Löschung veranlassen müsse, dies dauere in der Regel 24 Stunden bzw. einen Arbeitstag. Die Löschung sei aber nunmehr dennoch veranlasst worden. A… sei in diesem Fall nur ein Mittelsmann mit Caching Servern zwischen den Servern von W….com und dem Endbenutzer, der die Seite anfrage. Der Inhalt bleibe daher nur bedingt bei A…, sei aber auf Anfrage immer noch bei W… abrufbar und werde dann wieder für eine bestimmte Zeit bei A… gecached. Daher müsse W… den Inhalt zunächst bei sich löschen und anschließend müsse W… die Löschung bei A… veranlassen.

Der Kläger behauptet, dass die streitgegenständlichen Fotografien – jedenfalls auch – auf den Servern der W… Ltd. gespeichert waren.

Der Kläger weist im Übrigen darauf hin, dass die Beklagte auch nach der zweiten Abmahnung sich lediglich wegen der Löschung einer der streitgegenständlichen Fotografien an A… gewandt habe.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte schuldhaft nicht dafür Sorge getragen habe, dass die streitgegenständlichen Fotografien nicht mehr über die URLs unter der Sub-Domain „static.w….com“ abrufbar waren. Hierzu sei die Beklagte aufgrund der zwischen den Parteien abgegebenen Unterlassungserklärung verpflichtet gewesen. Die Beklagte habe prüfen müssen, ob die streitgegenständlichen Fotografien nach der Löschung aus dem Content Management System noch unter den ursprünglichen URLs abrufbar gewesen seien.

Hieraus ergebe sich zum einen, dass trotz der zuvor abgegebenen Unterlassungserklärung Wiederholungsgefahr für eine weitere Verletzung bestehe. Zum anderen sei die vereinbarte Vertragsstrafe verwirkt, wobei die Beklagte mindestens fahrlässig gehandelt habe.

Der Kläger macht ferner die Kosten der erneuten Abmahnung in Höhe einer 1,3-Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 5.100,- EUR zuzüglich Pauschale, insgesamt 480,20 EUR, geltend.

Der Kläger hat mit seiner am 21.06.2018 zugestellten Klage zunächst mit seinem Klageantrag zu 1. beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, die nachfolgend wiedergegebenen Fotografien des Klägers

„1“sowie

„2“unbefugt zu vervielfältigen/vervielfältigen zu lassen und/oder öffentlich zugänglich zu machen/öffentlich zugänglich machen zu lassen, wie unter … geschehen.

Die Beklagte hat im Termin zur mündlichen Verhandlung (Bl. 117 ff. d.A.) eine Unterlassungserklärung abgegeben. Die Parteien haben sodann den Klageantrag zu 1. übereinstimmend für erledigt erklärt.

Der Kläger beantragt nunmehr noch,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine Vertragsstrafe in Höhe von 5.100,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.06.2016 zu zahlen,

die Beklagte zu verurteilen, vorgerichtliche Kosten in Höhe von 480,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, dass die streitgegenständlichen Fotografien auf Servern der Firma A… gespeichert gewesen seien.

Die Beklagte trägt weiter vor, dass die streitgegenständlichen Fotografien nicht öffentlich abrufbar gewesen seien, weil ein Zugriff nur mit Kenntnis der jeweiligen URL möglich sei.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass jedenfalls eine schuldhafte Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungserklärung nicht vorliege. Es sei Aufgabe des Klägers gewesen, sich für die Löschung an die Firma A… zu wenden, da eine entsprechende Löschung nach den AGB von A… nur dem Rechteinhaber möglich sei. Dem Kläger sei jedenfalls eine Verletzung seiner Schadensminderungspflicht nach § 254 BGB vorzuwerfen. Nachdem die Beklagte von den weiteren URLs Kenntnis erlangt habe, habe sie alle ihr bekannten Hebel in Bewegung gesetzt, um eine Löschung der Aufnahmen zu erreichen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist bis auf einen Teil der Zinsforderung begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Vertragsstrafe aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Unterlassungsvertrag ( Antrag zu 2. ). Die Vertragsstrafe ist nach § 339 BGB verwirkt.

Hierbei ist die Kammer nach dem Vortrag der Parteien davon überzeugt, dass die streitgegenständlichen Fotografien zum Zeitpunkt der zweiten Abmahnung durch den Kläger jedenfalls auf dem Server des Vertragspartners der Beklagten, der W… Ltd, unter den aus dem Antrag ersichtlichen URLs noch abrufbar waren.

Die Beklagte hat insoweit nicht hinreichend konkret bestritten, dass die Dateien zu diesem Zeitpunkt bei der W… Ltd. gelöscht waren. Ferner ergibt sich aus den Anlagen, dass die Beklagte nach der zweiten Abmahnung – also nach Abgabe der Unterlassungserklärung – bei der W… Ltd. und bei A… auf die Löschung der Dateien hingewirkt hat. Dies wäre nicht erforderlich gewesen, wenn die Dateien dort nicht mehr vorhanden gewesen wären (vgl. insoweit auch AG Hannover, Urt. v. 26.02.2015 – 522 C 9466/14, BeckRS 2015, 6028).

Die streitgegenständlichen Fotografien waren zum Zeitpunkt der zweiten Abmahnung auch noch öffentlich zugänglich im Sinne von § 19a UrhG. Auch wenn die Beklagte vorträgt, die Bilder seien nicht öffentlich zugänglich gemacht worden, da sie nur über einen Direktlink aufrufbar gewesen seien, folgt die Kammer dem für den hier vorliegenden Fall nicht.

Es entspricht der Rechtsprechung, dass maßgeblich für eine derartige Zugänglichmachung ist, dass aus Nutzersicht einer „unbestimmten Zahl potenzieller Leistungsempfänger und recht vielen Personen“ Zugang verschafft wird (EuGH GRUR 2012, 597 Rn. 42 – Phonographic Performance; EuGH GRUR 2012, 593 Rn. 83 ff. – SCF; Wandtke/Bullinger, UrhG, 4. Aufl. 2014, § 19a Rn. 4a sowie 6). Der Unterlassungsanspruch und ebenso die Pflicht aus einem Vertragsstrafeversprechen richtet sich daher nicht darauf, es zu unterlassen, Lichtbilder erneut im Internet öffentlich zugänglich zu machen, vielmehr kann auch verlangt werden, dass durch geeignete Maßnahmen sichergestellt wird, dass die bereits in das Internet eingestellten Lichtbilder dort nicht mehr öffentlich zugänglich sind (vgl. BGH GRUR 2015, 258 Rn. 67 – CT-Paradies; unter Verweis auf OLG Karlsruhe GRUR-RR 2013, 206 und MMR 2013, 122 ; ebenso OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 11.12.2018 – 11 U 88/17).

Unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des Internets ist daher das bloße Nicht-in-Kenntnis-Setzen der Öffentlichkeit über den Auffindeort nicht hinreichend geeignet, um zu bestimmen, wem Zugang zum Werk gewährt wird, da das Internet gerade für den unbegrenzten und öffentlichen Zugang konzipiert ist, so dass ein „Ins-Netz-Stellen“ eines Werkes solange eine öffentliche Zugänglichmachung darstellt, wie keine geeigneten technischen Zugriffshindernisse eingerichtet werden (Wandtke/Bullinger, a.a.O., § 19a Rn. 6a). Daher ist auch das Bereithalten eines Werkes zum Aufruf bei Direkteingabe der URL eine öffentliche Zugänglichmachung (OLG Karlsruhe GRUR-RR 2013, 206; OLG Karlsruhe, MMR 2013, 122 ; LG Berlin MMR 2015, 538; LG Frankfurt a.M., Urt. v. 04.02.2016 – 2-03 O 106/15), da jeder, der die URL kennt, das Bild noch abrufen kann.

Die Kammer hat insoweit erwogen, ob unter Berücksichtigung der EuGH-Rechtsprechung in Sachen „GS Media“ (EuGH GRUR 2016, 1152 – GS Media) diese Rechtsprechung zur öffentlichen Zugänglichmachung bzw. zur öffentlichen Wiedergabe anders zu bewerten wäre. Der Begriff „öffentliche Wiedergabe“ vereint zwei kumulative Tatbestandsmerkmale, nämlich eine „Handlung der Wiedergabe“ eines Werkes und seine „öffentliche“ Wiedergabe. Der Begriff „öffentliche Wiedergabe“ erfordert eine individuelle Beurteilung. Im Rahmen einer derartigen Beurteilung sind eine Reihe weiterer Kriterien zu berücksichtigen, die unselbständig und miteinander verflochten sind. Da diese Kriterien im jeweiligen Einzelfall in sehr unterschiedlichem Maß vorliegen können, sind sie einzeln und in ihrem Zusammenwirken mit den anderen Kriterien anzuwenden (EuGH GRUR 2016, 1152 Rn. 32 ff. – GS Media m.w.N.).

Ein Nutzer nimmt eine Wiedergabe vor, wenn er in voller Kenntnis der Folgen seines Verhaltens tätig wird, um seinen Kunden Zugang zu einem geschützten Werk zu verschaffen, und zwar insbesondere dann, wenn ohne dieses Tätigwerden die Kunden das ausgestrahlte Werk grundsätzlich nicht empfangen könnten. „Öffentlichkeit“ in diesem Sinne bedeutet eine unbestimmte Zahl potenzieller Leistungsempfänger, die aus recht vielen Personen bestehen muss. Darüber hinaus ist es erforderlich, dass ein geschütztes Werk unter Verwendung eines technischen Verfahrens, das sich von dem bisher verwendeten unterscheidet, oder, ansonsten, für ein neues Publikum wiedergegeben wird, d.h. für ein Publikum, an das die Inhaber des Urheberrechts nicht gedacht hatten, als sie die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubten (EuGH GRUR 2016, 1152 Rn. 32 ff. – GS Media m.w.N.). Bei alledem ist es nicht unerheblich, ob eine öffentliche Wiedergabe Erwerbszwecken dient (EuGH GRUR 2016, 1152 Rn. 32 ff. – GS Media m.w.N.).

Hierbei wäre zu fragen, ob die Beklagte durch die Nichtentfernung weiterhin bzw. erneut eine öffentliche Wiedergabe bzw. öffentliche Zugänglichmachung unternommen hat. Es könnte fraglich sein, ob nach Entfernung durch die Beklagte auf der Webseite unter der Domain www….de die Bilddateien unter den – kryptischen – URLs auf der Sub-Domain „static.w….com“ noch geeignet waren, eine „unbestimmte Zahl von Personen, die aus recht vielen Personen bestehen muss“ zu erreichen. Denn zwar waren die Fotografien weiterhin abrufbar, aber eben nur unter einer anderen Domain als der der Beklagten und unter einer völlig kryptischen und nichtssagenden Nummernfolge. Man könnte daher davon ausgehen, dass der Abruf nur demjenigen möglich, der die URL tatsächlich kannte oder auf anderem Wege zu den Dateien gelangen konnte.

Die Kammer erachtet in der hier streitgegenständlichen Konstellation jedoch die öffentliche Zugänglichmachung aus folgenden Gründen dennoch als gegeben:

Bilder werden – wie der Kammer bekannt und was im Termin angesprochen worden ist – auch über Bildersuchmaschinen indiziert und können dementsprechend auch über solche aufgefunden werden. Dies gilt grundsätzlich auch für Bilder, die später möglicherweise von einer Webseite entfernt werden, aber über die URL weiterhin abrufbar sind. Die Kammer hat diese Frage im Termin ausdrücklich mit den Parteivertretern erörtert. Wenn aber Bilder trotz Entfernung von der Webseite nicht nur über die URL, sondern auch über eine Bildersuchmaschine gefunden werden können und es sich zudem – wie hier – um ein relativ bekanntes Motiv („…“) handelt, sieht die Kammer auch unter Berücksichtigung der gewerblichen Tätigkeit der Beklagten hier das Merkmal der öffentlichen Wiedergabe als erfüllt an.

Die Beklagte handelte insoweit auch schuldhaft, nämlich in Form der Fahrlässigkeit. Die Beklagte hat sich darauf zurückgezogen, dass sie ein Baukastensystem in Form eines Content Management Systems verwendet habe, um ihre Webseite zu erstellen. Aus dem Vortrag der Beklagten ergibt sich, dass die Beklagte die Löschung der streitgegenständlichen Fotografien auch nur in diesem Content Management System bewirkt und sich insoweit insbesondere nicht an ihren Vertragspartner, die W… Ltd., gewandt hat. Denn dies hat sie erst nach nochmaligem Hinweis des Klägers getan.

Dieser Einwand verhilft der Verteidigung der Beklagten jedoch nicht zum Erfolg. Die Kammer hat hierbei berücksichtigt, dass es grundsätzlich dem Verletzer obliegt, eine Rechtsverletzung umfassend abzustellen. Dies kann auch die Pflicht umfassen, auf Dritte einzuwirken, um eine Perpetuierung der Rechtsverletzung dort abzustellen, z.B. im Google Cache (BGH GRUR 2018, 1183 – „Wirbel um Bauschutt“; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2016, 259; OLG Celle MMR 2015, 408 ; KG Berlin MMR 2010, 715 ) oder Google Maps, Gelbe Seiten etc. (vgl. LG Kaiserslautern, Urt. v. 08.07.2014 – HK O 33/13, BeckRS 2014, 18134). Die Situation ist insoweit mit der hiesigen vergleichbar, wobei es die Beklagte ist, die sich für ihre Webseite des Systems der W… Ltd. bedient hat. Es hätte ihr vor diesem Hintergrund jedenfalls oblegen, zu überprüfen und ggf. nachzufragen, ob durch die Löschung der Inhalte aus ihrem Content Management System auch die Löschung der entsprechenden Dateien vom Server bewirkt ist bzw. wird. Dies hat die Beklagte jedoch auch nach ihrem eigenen Vortrag – jedenfalls vor Abgabe der Unterlassungserklärung und bis zur zweiten Abmahnung – nicht getan.

Die Kammer hat insoweit auch berücksichtigt, dass der Kläger in seiner Abmahnung nur die URLs der jeweiligen Webseiten mitgeteilt hat, auf denen die streitgegenständlichen Fotografien als Hintergrundbilder hinterlegt waren, nicht aber die entsprechenden URLs auf dem Server der W… Ltd. (static.w….com). Dies oblag dem Kläger jedoch nicht, da er im Rahmen seiner Abmahnung nur gehalten war, die Rechtsverletzung hinreichend konkret zu bezeichnen (vgl. Teplitzky/Bacher, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 12. Aufl. 2019, Kap. 41 Rn. 14 ff.). Dass der Kläger der Beklagten die streitgegenständlichen URLs nicht mitgeteilt hat und dass der Beklagten offenbar nicht bewusst war, dass durch ihre Entfernung keine Löschung der Dateien bewirkt wurde, führt zu einer Reduktion des Verschuldens der Beklagten. Dies wirkt sich auf die Frage der Verwirkung der Vertragsstrafe jedoch nicht aus, da insoweit eine fahrlässige Verwirkung hinreichend ist (vgl. zum Grad der Fahrlässigkeit BeckOK-BGB/Lorenz, 48. Ed. 2018, § 276 Rn. 17 ff.) und die Beklagte auch für fahrlässige Verstöße gegen das Unterlassungsversprechen einen fixen Betrag von 5.100,- EUR versprochen hat.

Der Zinsanspruch ist unter dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß §§ 286, 288 Abs. 2 BGB begründet.

Der Kläger kann von der Beklagten auch die Erstattung der Kosten der ausgesprochenen Abmahnung gemäß § 97a Abs. 3 S. 1 UrhG verlangen, da die Beklagte seine Rechte verletzt hat. Der vom Kläger angesetzte Gegenstandswert begegnet keinen Bedenken. Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 288, 291 BGB. Die Zinshöhe war jedoch nicht § 288 Abs. 2 BGB zu entnehmen, da es sich vorliegend nicht um Entgeltforderungen im Sinne von § 288 Abs. 2 BGB handelte (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 288 Rn. 8, § 286 Rn. 27).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 2, 91a ZPO. Insoweit waren der Beklagten gemäß § 91a ZPO die Kosten auch im Hinblick auf den übereinstimmend erledigten ursprünglichen Klageantrag zu 1. die Kosten aufzuerlegen, da sie unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen aller Voraussicht nach unterlegen wäre, auf die obigen Ausführungen wird verwiesen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich jeweils aus § 709 ZPO.

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