Handlungspflicht bei Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung

12. April 2016
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Hand mit Würfel, auf dem Paragraphenzeichen abgebildet ist Urteil des OLG Zweibrücken vom 19.11.2015, Az.: 4 U 120/14

Gibt ein Unternehmer eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab und verpflichtet sich damit, im geschäftlichen Verkehr eine Verbandsbezeichnung nicht mehr ohne Berechtigung zu verwenden, so treffen ihn grundsätzlich auch Handlungspflichten, insbesondere die Pflicht, über gängige Suchdienste zu recherchieren, ob eine weitere Verwendung der untersagten Bezeichnung stattgefunden hat und eine Löschung etwaiger Verwendungen zu veranlassen. Dem Unternehmer ist es jedoch nicht zumutbar, das Internet wochen- oder monatelang nach rechtsverletzenden Einträgen zu durchsuchen.

Oberlandesgericht Zweibrücken

Urteil vom 19.11.2015

Az.: 4 U 120/14

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Kaiserslautern vom 8. Juli 2014 geändert: Das Versäumnisurteil des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Kaiserslautern vom 9. Juli 2013 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen mit Ausnahme der durch die Säumnis des Rechtsvorgängers der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 9. Juli 2013 vor der Kammer für Handelssachen entstandenen Kosten, welche den Beklagten auferlegt werden.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Beklagten sind die Erben des nach Erlass des angefochtenen Urteils verstorbenen früheren Beklagten U… S… , des Ehemannes der Beklagten zu 1) und Vaters der übrigen Beklagten. Der Erblasser betrieb zu Lebzeiten ein Kfz-Sachverständigenbüro. Am 4. Januar 2011 unterschrieb er gegenüber dem Kläger, einem Wettbewerbsverein, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung, in welcher er sich verpflichtete, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr das „Z…-Logo“ und/oder die Verbandsbezeichnung „z… und a… h… K…  e.V.“ ohne Berechtigung zu verwenden. Hintergrund war eine Abmahnung des Klägers, weil der Erblasser im Briefkopf seines Sachverständigenbüros unrichtigerweise mit seiner Mitgliedschaft im „Z… e.V.“ warb. Bei dem Verein handelt es sich um einen Interessenverband von Kraftfahrzeugsachverständigen, der laut seinem Internetauftritt u.a. auch die Zertifizierung von Sachverständigen im Bereich „Fahrzeug-Schäden und – Bewertung“ fördert. Im Januar 2012 stellte der Kläger fest, dass sich auf der Internetseite „Stadtbranchenbuch K…“ in einer Anzeige für das Sachverständigenbüro des Erblassers die Angabe befand: „z… und a… h… K…  e.V.“. Der Kläger mahnte deshalb den Erblasser erneut ab und begehrt mit seiner vorliegenden Klage Zahlung der in der Unterlassungserklärung vom 4. Januar 2011 vereinbarten Vertragsstrafe von 4 000,00 € nebst Zinsen.

Der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Kaiserslautern hat den Erblasser durch Versäumnisurteil vom 9. Juli 2013 antragsgemäß verurteilt und durch das angefochtene Urteil, auf dessen Inhalt zur Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen wird, das Versäumnisurteil nach Beweisaufnahme aufrechterhalten.

Mit ihrer Berufung bekämpfen die nunmehrigen Beklagten als Erben das angefochtene Urteil. Sie rügen die Rechtsauffassung des Kammervorsitzenden, wobei sie im Wesentlichen das erstinstanzliche Vorbringen wiederholen.

Sie beantragen,

das angefochtene Urteil zu ändern und

die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Vertiefung seines dortigen Vortrags.

Auf die gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden wird zur Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten führt zum Erfolg.

1. Richtig hat der Erstrichter festgestellt, dass der Erblasser aufgrund seiner Verpflichtung aus der Vertragsstrafenvereinbarung nicht nur alles zu unterlassen hatte, was zu einer Verletzung führen konnte, sondern auch alles zu tun hatte, was im konkreten Fall erforderlich und zumutbar war, um künftige oder andauernde Verletzungen zu verhindern oder rückgängig zu machen, ihn also nicht nur Unterlassungs-, sondern auch Handlungspflichten trafen und dass es den Beklagten obliegt, insoweit den Entlastungsbeweis zu führen (vgl. BGH Urteil vom 18. September 2014 – I ZR 76/13 -; BGH, Urteil vom 13. November 2013 – I ZR 77/12 -).

2. Dieser Entlastungsbeweis ist entgegen der Auffassung des Landgerichts geführt.

a) Aufgrund der Aussage der Zeugin S…, einer Beschäftigten der Fa. b… steht fest, dass diese Firma die im Stadtbranchenbuch von K… enthaltene Anzeige, welche der Erblasser im Jahre 2006 bei der Fa. O… beauftragt hatte, die im Internet den Suchdienst „S… .com“ betrieb, im Mai 2011 aus eigenem Antrieb ergänzt hatte, indem sie die Anzeige um den „Geschäftsgegenstand … angereichert“ hatte. Diese Ergänzung enthielt die nunmehr von dem Kläger beanstandete Angabe „z… und a… h… K…  e.V.“.

Anderes ergibt sich auch nicht aus der Aussage der Zeugin R… , einer Mitarbeiterin der Fa. O… , welche lediglich in einem Schreiben vom 12. März 2012 an den Rechtsanwalt Dr. O… , einem Mitarbeiter des Klägers, geäußert hatte, dass die Anzeige im Jahre 2006 von dem Erblasser geschaltet worden sei und sich bei ihrer Zeugenvernehmung an die näheren Umständen des Schreibens nicht mehr erinnern konnte.

b) Zwar musste der Erblasser damit rechnen, dass Branchendienste seine Unternehmensbezeichnung mit der abgemahnten unrichtigen Bezeichnung in im Internet verfügbare Verzeichnisse aufnahmen. Dementsprechend war er aufgrund der von ihm übernommenen Unterlassungsverpflichtung gehalten, unverzüglich eigene Recherchen über die weitere Verwendung der untersagten Bezeichnung durchzuführen und jedenfalls die Betreiber der gängigen Dienste zu veranlassen, diese oder ähnliche Angaben aus ihren Verzeichnissen zu entfernen (vgl. BGH, aaO).

c) Die Beklagten machen aber mit Recht geltend, dass eine unverzügliche Recherche des Erblassers nach Abgabe der Unterwerfungserklärung vom 4. Januar 2011 den nunmehr inkriminierten Wettbewerbsverstoß nicht verhindert hätte.

Wie sich aus der Aussage der Zeugin S… ergibt, wurde die beanstandete Bezeichnung erst im Mai 2011 durch die Fa. b… der Anzeige des Erblassers hinzugefügt. Hätte der Erblasser in nahem zeitlichen Zusammenhang mit seiner Unterwerfungserklärung im Internet recherchiert, hätte er somit (noch) keinen rechtsverletzenden Eintrag gefunden. Dem Erblasser war nicht zumutbar, das Internet wochen- oder sogar monatelang zu überwachen, ob eine der Bezeichnungen, zu deren Unterlassung er sich verpflichtet hatte, im Zusammenhang mit der Nennung seines Sachverständigenbüros verwendet wurde.

Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der von der Fa. O… betriebenen Internetseite „B… .com“ um einen gängigen Suchdienst wie z. B. „G… .de“, „G…“ oder „1… .com“ (vgl. hierzu BGH aaO) handelt. Das behauptet noch nicht einmal der Kläger. Dem Erblasser war nicht zuzumuten, über die gängigen Suchdienste hinaus sämtliche Suchdienste im Internet ausfindig zu machen und zu kontrollieren.

3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

4. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

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