Keine Haftung des Anschlussinhabers bei unautorisierter Nutzung des Telefonanschlusses für ein „Pay by Call-Verfahren“

02. Juni 2017
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100-Euro-Scheine fliegen aus Smartphone Urteil des BGH vom 06.04.2017, Az.: III ZR 368/16

1. Die Verlängerung einer Rechtsmittelbegründungsfrist durch Verfügung des Vorsitzenden bedarf keiner Unterschrift.

2. § 45i Abs. 4 Satz 1 TKG findet auf Zahlungsdienste keine Anwendung, auch wenn die Zahlung über eine Premiumdienstnummer veranlasst wurde und die Abrechnung über die Telefonrechnung erfolgen soll. Eine solche Nutzung des Telefonanschlusses durch einen Dritten wird dem Anschlussinhaber deshalb nicht über § 45i Abs. 4 Satz 1 TKG zugerechnet.

Bundesgerichtshof

Urteil vom 06.04.2017

Az.: III ZR 368/16

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg – 1. Zivilkammer – vom 30. Juni 2016 aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Delmenhorst vom 12. Mai 2015 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits aller Instanzen zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen die Beklagte als Inhaberin eines Festnetztelefonanschlusses einen Anspruch auf Vergütung für die Nutzung von 0900er-Nummern geltend.

Die Klägerin ist eine Telefongesellschaft, die unter anderem für Premiumdienstanbieter, so auch für die D. , ihr Telefonnetz zur Verfügung stellt und die technische Vermittlung von eingehenden Anrufen durchführt. Sie macht im eigenen Namen auf Grundlage einer Einziehungsermächtigung Forderungen der D. geltend. Diese ist Inhaberin kostenpflichtiger Nummern der Rufnummerngasse 0900, die sie für die Abwicklung von Bezahlvorgängen anbietet.

Der damals 13-jährige Sohn der Beklagten rief zwischen Dezember 2010 und März 2011 in 21 Fällen von dem Festnetzanschluss der Beklagten 0900er-Nummern der D. an. Die Klägerin verlangt von der Beklagten hierfür 1.253,93 €.

Hintergrund der Anrufe des Sohnes der Beklagten war, dass er für ein Computerspiel, das von der N.  betrieben wurde, das auf ihn registrierte Benutzerkonto mit sogenannten Credits aufladen wollte. Das Computerspiel war kostenfrei, allerdings konnten im Spielverlauf gegen „Credits“ zusätzliche Funktionen freigeschaltet werden. Die „Credits“ konnten gegen „Echtgeld“ erworben werden. Im Rahmen eines solchen Erwerbsvorgangs wurde der Spieler auf eine gesonderte Internetseite geleitet, die ihm unterschiedliche Bezahlmöglichkeiten – EC-Karte, Kreditkarte oder telefonischer Premium-dienst – aufzeigte. Der Sohn der Beklagten entschied sich für die Bezahlung der „Credits“ mittels Nutzung eines Premiumdienstes. Ihm wurde auf der Internetseite hierfür ein Code sowie eine der mit 0900 beginnenden Telefonnummern der D.  angezeigt. Nach der Anwahl dieser Nummer konnte er über das Tastenfeld des Telefons zwischen verschieden hohen Beträgen für die Aufladung auswählen und musste den Code eingeben. Nach Beendigung des Anrufs standen dem Sohn der Beklagten unter seinem Benutzerkonto „Credits“ in Höhe des entsprechenden Gegenwerts zu dem angegebenen Geldbetrag zur Verfügung. Der Betrag wurde jeweils in die Telefonrechnung der Beklagten eingestellt. Dort war unter „Beträge anderer Anbieter“ die Klägerin aufgeführt und ohne Angabe der angerufenen Telefonnummern und der genutzten Dienste ein Gesamtbetrag für Verbindungen aus dem Abrechnungszeitraum angegeben sowie vermerkt, dass sich „D.“ für die Zahlung bedanke. In den von der Klägerin mit Schreiben vom 16. August 2013 übersandten Einzelverbindungsnachweisen war die jeweils angerufene Telefonnummer angegeben sowie die D.  als Diensteanbieter genannt.

Das Amtsgericht hat der Klage mit der Beklagten am 4. Juni 2015 zugestelltem Urteil stattgegeben. Hiergegen hat sie rechtzeitig Berufung eingelegt und zugleich die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 4. September 2015 beantragt. Eine Verfügung des Vorsitzenden der Berufungskammer, die Begründungsfrist zu verlängern, ist in der in Papier geführten Prozessakte nicht enthalten. Mit am 3. September 2015 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat die Beklagte ihr Rechtsmittel begründet. Hinter der Berufungs-begründung ist ein Vermerk des Kammervorsitzenden abgeheftet, nach dem der „elektronischen Datenpflege“ entnommen werden könne, dass dem Fristverlängerungsantrag der Beklagten mit Verfügung vom 21. Juli 2015 entsprochen worden sei. Dahinter befindet sich in der Akte ein nicht unterschriebener Ausdruck des Doppels einer entsprechenden, im Computer vorbereiteten Verfügung. Nach anschließender mündlicher Verhandlung hat das Landgericht das Rechtsmittel der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt sie die Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage.

I.

Das Berufungsgericht hat die Klage für zulässig gehalten. Die Klägerin sei berechtigt, in gewillkürter Prozessstandschaft des Mehrwertdienstleisters D. dessen Ansprüche gegen die Beklagte gerichtlich geltend zu machen.

Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus § 45i Abs. 4 Satz 1 TKG iVm § 675c BGB bejaht. Durch die Wahl der 0900er-Nummern habe der Sohn der Beklagten den von der D. vorgehaltenen Premiumdienst in Anspruch genommen. Hierdurch sei es gemäß § 45i Abs. 4 Satz 1 TKG zu entsprechenden Verträgen über die Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen zwischen der D. und der Beklagten als Inhaberin des Telefonanschlusses gekommen. Deren Haftung entfalle nicht, weil nicht sie selbst, sondern ihr minderjähriger Sohn die Anrufe getätigt habe. Die Inanspruchnahme des Telefonanschlusses durch ihren Sohn sei der Beklagten nach § 45i Abs. 4 Satz 1 TKG zuzurechnen. Dessen Handeln habe in der Risikosphäre der Beklagten gelegen, da diese nicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt habe walten lassen. Es sei technisch mit zumutbarem Aufwand problemlos möglich, einen Telefonanschluss für derartige kostenträchtige Verbindungen sperren zu lassen. Hinzu komme, dass der Beklagten spätestens seit der ersten Rechnung vom 11. Januar 2011 Anhaltspunkte für eine aus ihrer Sicht nicht gewollte Nutzung ihres Anschlusses vorgelegen hätten und sie gleichwohl nichts unternommen habe, um eine weitere Nutzung künftig zu unterbinden. Das Ergebnis sei sachgerecht, weil es sich bei der Bezahlung über eine 0900er-Nummer um ein vollständig technisiertes, anonymes Massengeschäft handele und der Dienstanbieter nicht kontrollieren könne, wer die Nummer gewählt habe, der Anschlussinhaber aber sehr wohl.

Die Beklagte könne dem Anspruch auch nicht entgegenhalten, dass das zu Grunde liegende Kausalgeschäft – der Kauf der Funktionen durch ihren minderjährigen Sohn – unwirksam sei. Dieses Geschäft sei zwischen der N. als Spielebetreiberin und dem Sohn der Beklagten als Inhaber des von ihm eröffneten Spieleraccounts zustande gekommen. Der Mehrwert-dienstanbieter trete hingegen nicht als Verkäufer der Funktionen auf. Bereits daraus, dass deren Bezahlung unter Inanspruchnahme des Mehrwertdienstes für den Spieler nur eine von mehreren Möglichkeiten sei, folge zwingend, dass die Leistung der D. ausschließlich darin bestanden habe, die Zahlfunktion zu übernehmen.

Das Kausalgeschäft zwischen der N. und dem Sohn der Beklagten sei zwar nichtig. Ein Einwendungsdurchgriff auf das hiervon zu trennende Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und der D. über die Ausführung von Zahlungsdiensten finde aber nicht statt.

Das Deckungsgeschäft zur Abwicklung der Zahlung verstoße auch nicht gegen die guten Sitten. Der entsprechende Einwand könne allenfalls gegenüber dem Spielebetreiber, nicht aber gegenüber der D. geltend gemacht werden. Der Telefondienstvertrag stelle ein wertneutrales Hilfsgeschäft dar, so dass sowohl die Wirksamkeit des Vertrags als auch der Entgeltanspruch davon unberührt blieben, wozu der Fernsprechteilnehmer die durch das Anwählen der Anschlussnummer hergestellte Fernsprechverbindung nutze.

II.

Diese Erwägungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte besteht nicht.

1. Zutreffend allerdings hat die Vorinstanz die Berufung der Beklagten als zulässig behandelt, obgleich die Berufungsbegründung nach Ablauf der in § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO bestimmten Frist einging und in der Verfahrensakte eine vom Kammervorsitzenden unterschriebene Fristverlängerungsverfügung gemäß § 520 Abs. 2 Satz 2, 3 ZPO nicht enthalten ist.

Die Zulässigkeit der Berufung ist eine Prozessvoraussetzung, von der das gesamte weitere Verfahren nach Einlegung der Berufung, also auch noch das Verfahren in der Revisionsinstanz, in seiner Gültigkeit und Rechtswirksamkeit abhängt. Sie ist deshalb auch vom Revisionsgericht unabhängig von den Anträgen der Parteien von Amts wegen zu prüfen (z.B. Senatsurteil vom 10. Februar 2011 – III ZR 338/09, NJW 2011, 926 Rn. 7; BGH, Urteile vom 19. November 2014 – VIII ZR 79/14, NJW 2015, 873 Rn. 12; vom 14. November 2007 – VIII ZR 340/06, NJW 2008, 218 Rn. 8; vom 26. Januar 2006 – I ZR 121/03, NJW-RR 2006, 1044 Rn. 23; vom 30. September 1987 – IVb ZR 86/86, BGHZ 102, 37, 38 und vom 26. Juni 1952 – IV ZR 36/52, BGHZ 6, 369, 370; MüKo-ZPO/Krüger, 5. Aufl., § 557 Rn. 26; Musielak/Ball, ZPO, 14. Aufl., § 557 Rn. 15; Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl., § 557 Rn. 8; siehe auch Senatsurteil vom 21. Juni 1976 – III ZR 22/75, NJW 1976, 1940 zum Einspruch gegen ein Versäumnisurteil). Dabei hat es den für die Frage der Zulässigkeit der Berufung maßgebenden Sachverhalt selbständig festzustellen und zu würdigen, ohne an Feststellungen des Berufungsgerichts gebunden zu sein (Senatsurteile vom 10. Februar 2011 und vom 21. Juni 1976 sowie BGH, Urteil vom 26. Juni 1952 jew. aaO und Urteil vom 13. Mai 1959 – V ZR 151/58, BGHZ 30, 112, 114; Musielak/Ball aaO).

Die Berufungsbegründung der Beklagten ist rechtzeitig beim Landgericht eingegangen, da die in § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO bestimmte Frist wirksam gemäß Satz 3 dieser Vorschrift verlängert wurde. Zwar ist nach Aktenlage nicht feststellbar, dass der Vorsitzende der Berufungskammer eine entsprechende Verfügung unterschrieben hat. Es steht aufgrund seines Vermerks lediglich fest, dass er eine entsprechende – den Parteien spätestens mit Verfügung vom 3. September 2015 bekannt gegebene – Verfügung getroffen hat und diese im elektronischen Datenbestand des Gerichts niedergelegt ist. Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass versäumt wurde, das am Computer ausgefüllte Formular der Verfügung für die führende Papierakte auszudrucken oder das ausgedruckte Exemplar zu unterschreiben. Dies ist jedoch unschädlich, ohne dass weitere Ermittlungen erforderlich sind, da die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nach § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO (gleiches gilt für § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 ZPO) durch Verfügung nicht der Unterschrift des Vorsitzenden bedarf. Es genügt, wenn – wie hier aufgrund des Vermerks des Vorsitzenden der Berufungskammer – aktenkundig feststeht, dass der Vorsitzende die Frist tatsächlich verlängert hat.

Der Bundesgerichtshof hat es bislang offen gelassen, ob die Verlängerungsverfügung für die Frist zur Rechtsmittelbegründung der Unterschrift bedarf (BGH, Beschlüsse vom 22. Oktober 1997 – VIII ZB 32/97, NJW 1998, 1155, 1156 und vom 23. Januar 1985 – VIII ZB 18/84, BGHZ 93, 300, 304 f). Eine vom erkennenden Senat hierzu im Hinblick auf die bei ihm auszuweitende elektronische Vorgangsbearbeitung und die Formerfordernisse des § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 ZPO vorgenommene Umfrage bei den übrigen Zivilsenaten und dem Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat ein etwa hälftig geteiltes Meinungsbild ergeben.

In der Kommentarliteratur wird das Unterschriftserfordernis allerdings überwiegend, wenn auch ohne nähere Begründung, bejaht (z.B. MüKo-ZPO/Stackmann, 5. Aufl., § 225 Rn. 9; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 23. Aufl., § 225 Rn. 6; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 37. Aufl., § 329 Rn. 11, 14; Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl. § 225 Rn. 5; Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl., § 520 Rn. 17a iVm § 551 Rn. 3; anders hingegen: MüKoZPO/Krüger, 5. Aufl., § 551 Rn. 16; Stein/Jonas/Jacobs, ZPO, 22. Aufl., § 551 Rn. 14). Diese Auffassung vermag der Senat nicht zu teilen. Ein Unterschriftserfordernis für die Verfügung zur Verlängerung der Rechtsmittelbegründungsfrist ergibt sich aus dem Gesetz nicht.

a) Der für Vorsitzendenverfügungen maßgebliche § 329 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO verweist auf § 312 und § 317 Abs. 2 Satz 1, 2 und Abs. 3 und 4 ZPO. Die Bestimmung enthält indessen keine Verweisung auf § 315 Abs. 1 Satz 1 ZPO, der das Unterschriftserfordernis für Urteile statuiert. Soweit nach § 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften vor Unterschrift nicht erteilt werden dürfen, bestimmt dies nicht die Form der Entscheidung selbst, sondern nur, ab wann ein unterschriebener Beschluss beziehungsweise eine unterschriebene Verfügung herausgegeben werden darf. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass auf der Grundlage der Ansicht des Senats die Verweisung des § 329 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO auf § 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO für Verfügungen ins Leere liefe, weil für sie kein Anwendungsbereich mehr verbliebe, mithin die letztgenannte Bestimmung das Unterschriftserfordernis für alle Verfügungen implizit voraussetze. Denn für eine Vielzahl von Verfügungen mit einem anderen Inhalt als Rechtsmittelbegründungsfristverlängerungen verbleibt es beim Unterschriftserfordernis. Dies trifft etwa zu auf Verfügungen, mit denen gemäß § 276 Abs. 3 ZPO eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt (nicht verlängert) wird (BGH, Urteil vom 13. März 1980 – VII ZR 147/79, BGHZ 76, 236, 241) oder Verhandlungstermine bestimmt werden (Musielak/Voit/Stadler, ZPO, 14. Aufl., § 216 Rn. 10; MüKoZPO/Stackmann, 5. Aufl., § 216 Rn. 10; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 23. Aufl., § 216 Rn. 7).

Auch dem in § 329 Abs. 1 Satz 2 ZPO enthaltenen Verweis auf § 317 Abs. 3 ZPO ist keine Formvorschrift zu entnehmen. Vielmehr trifft die Bestimmung lediglich eine Regelung für den Fall, dass ein in der Form des § 130b ZPO gezeichnetes elektronisches Dokument vorliegt.

Allerdings sind die Bezugnahmen in § 329 Abs. 1 ZPO auf andere Vorschriften nicht abschließend (Musielak in Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl., § 329 Rn. 1; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 23. Aufl., § 329 Rn. 1). Ob auch dort nicht ausdrücklich genannte Bestimmungen, die für Urteile gelten, auf Beschlüsse und Verfügungen sinngemäß zu übertragen sind, muss jeweils nach dem Normzweck der in Betracht kommenden Vorschriften beurteilt werden (Musielak und Roth jew. aaO). Hieraus lässt sich indessen kein anderes Ergebnis ableiten. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Normzweck des § 315 Abs. 1 Satz 1 ZPO, nach dem das Urteil von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterschreiben ist, für Verfügungen, mit denen eine Rechtsmittelbegründungsfrist verlängert wird, ebenfalls eingreift und die Unterschrift des Vorsitzenden erforderlich ist. § 315 Abs. 1 Satz 1 ZPO bezweckt die interne Kontrolle, durch die überprüft werden soll, ob die schriftliche Fassung des Urteils mit der von den Richtern beschlossenen Entscheidung übereinstimmt. Zudem soll nach außen dokumentiert werden, dass die unterschriebene Fassung mit dem gefällten Urteil identisch ist (MüKoZPO/Musielak, aaO, § 315 Rn. 1; ders. in Musielak/Voit, aaO, § 315 Rn. 1; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 23. Aufl., § 315 Rn. 1). Dies beruht darauf, dass der Inhalt von Urteilen mit seinen tatbestandlichen Feststellungen, den ihnen zugrundeliegenden Sachverhaltswürdigungen und seinen Rechtsausführungen vielfach komplex ist und daher bei der Kontrolle und Dokumentation der Entscheidung erhöhte Anforderungen zu stellen sind. Damit ist die Fristverlängerungsverfügung für die Rechtsmittelbegründung mit ihrem einfachen und übersichtlichen Inhalt nicht vergleichbar, so dass auch bei der aktenmäßigen Bearbeitung und Niederlegung nur geringere Erfordernisse bestehen.

b) Weiterhin ist die Notwendigkeit einer Unterschrift des Vorsitzenden nicht daraus abzuleiten, dass die Fristverlängerungsverfügung gemäß § 329 Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. ZPO der Zustellung bedürfte, um den neuen Endtermin wirksam festzusetzen. Die entsprechende Judikatur zum Zustellungserfordernis (BGH, Beschluss vom 5. Juli 1989 – IVa ZB 11/89, NJW-RR 1989, 1404, 1405) ist ausdrücklich aufgegeben worden (BGH, Beschluss vom 14. Februar 1990 – XII ZB 126/89, NJW 1990, 1797 unter Hinweis darauf, dass der IV. Zivilsenat auf Anfrage erklärt hat, an der Rechtsprechung des IVa-Zivilsenats nicht festzuhalten). Mit der Fristverlängerung wird keine Frist in Gang gesetzt, sondern lediglich eine bereits laufende verlängert (BGH, Beschlüsse vom 14. Februar 1990 aaO m. umfangr. w.N. und vom 23. Januar 1985 – VIII ZB 18/84, BGHZ 93, 300, 305).

c) Auch aus der Rechtsprechung anderer Oberster Gerichtshöfe des Bundes ergibt sich nichts Abweichendes.

Zwar ist das Bundesarbeitsgericht in zwei Urteilen von einem Unterschriftserfordernis für die Verlängerung der Revisions- beziehungsweise Berufungsbegründungsfrist ausgegangen (Urteile vom 19. Juli 2011 – 3 AZR 571/09, BeckRS 2012, 65495 Rn. 10 und vom 14. März 1979 – 4 AZR 435/77, juris Rn. 13). Diese Entscheidungen betrafen jedoch nicht Vorsitzendenverfügungen, sondern Beschlüsse, mit denen die jeweilige Frist verlängert wurde. Für diese Entscheidungsform gilt anerkanntermaßen das Unterschriftserfordernis (z.B. Senatsurteil vom 17. Oktober 1985 – III ZR 105/84, ZIP 1986, 319, 321; BGH, Urteil vom 23. Oktober 1997 – IX ZR 249/96, BGHZ 137, 49, 51 f), da Beschlüsse eine vergleichbare inhaltliche Komplexität wie Urteile aufweisen können. Für die Formerfordernisse von Verfügungen, mit denen Rechtsmittelbegründungsfristen verlängert werden, lässt sich aus den zitierten Urteilen des Bundesarbeitsgerichts somit nichts ableiten. Dementsprechend hat auf eine Anfrage des erkennenden Senats im Zusammenhang mit der bei ihm auszuweitenden elektronischen Vorgangsbearbeitung der Vorsitzende des 3. Senats des Bundesarbeitsgerichts mitgeteilt, dass sein Spruchkörper nach Beratung keinen Widerspruch zwischen seinem Urteil vom 19. Juli 2011 (aaO) und der hier vertretenen Auffassung sehe. Der Vorsitzende des 4. Senats des Bundesarbeitsgerichts hat auf die entsprechende Anfrage zum Urteil vom 14. März 1979 ebenfalls erklärt, keine Einwände gegen die Ansicht des in dieser Sache erkennenden Senats zu haben.

Soweit im Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 26. September 2007 (III R 18/05, juris Rn. 15 f) ausgeführt wird, die Revisionsbegründungsfristverlängerungen würden dort schriftlich verfügt, wird nicht deutlich, ob die Verfügungen unterschrieben oder nur paraphiert werden. Zudem wird lediglich die tatsächlich geübte Praxis des Bundesfinanzhofs referiert, ohne zu den rechtlichen Anforderungen Stellung zu nehmen.

Ergänzend ist für die elektronische Vorgangsbearbeitung anzumerken, dass es hiernach für eine wirksame Verlängerung der Rechtsmittelbegründungsfrist genügt, wenn durch technische und organisatorische Vorkehrungen die Sicherheit und Klarheit des Rechtsverkehrs durch die Verbürgung der Herkunft der Entscheidung und ihres Zustandekommens gewährleistet sind (vgl. zu diesem Erfordernis Senatsurteil vom 17. Oktober 1985 aaO und BGH, Beschluss vom 12. Juni 2001 – X ZB 10/01, BGHZ 148, 55, 59), ohne dass es der qualifizierten elektronischen Signatur gemäß § 130b ZPO bedarf.

2. Zutreffend ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, dass die Klägerin zur Geltendmachung des streitgegenständlichen Anspruchs prozess-führungsbefugt ist. Die Revision rügt in diesem Zusammenhang ohne Erfolg, dass das Berufungsgericht nicht geprüft habe, ob eine Legitimation der D. aus deren Verhältnis zur N. bestehe. Die Klägerin macht im Wege der Prozessstandschaft lediglich Ansprüche der D. geltend, ausdrücklich jedoch nicht Forderungen der N. Für die Frage der Prozessführungsbefugnis der Klägerin ist somit lediglich die Herleitung ihres Rechts zur Geltendmachung des Anspruchs der D. entscheidend, nicht jedoch das Rechtsverhältnis zwischen diesem Unternehmen und der N. Die Befugnis der Klägerin, die behauptete Forderung der D. geltend zu machen, hat das Berufungsgericht zutreffend bejaht, ohne dass dies von der Revision beanstandet wird.

3. Ein Anspruch der D. gegen die Beklagte besteht indes nicht.

a) Eine Forderung aus einem Vertrag über den Erwerb von „Credits“ wird von der Klägerin nicht geltend gemacht.

b) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht einen Anspruch der D. in Höhe der Klagesumme gegen die Beklagte aus § 675c BGB iVm § 45i Abs. 4 Satz 1 TKG bejaht. Ein Anspruch aus einem Zahlungsdienstevertrag besteht nicht.

aa) Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob durch die Bereitstellung der Premiumdienstenummer durch die D. und die Anwahl dieser Nummer durch den Sohn der Beklagten überhaupt konkludente, auf den Abschluss eines Vertrags mit dem Unternehmen gerichtete Willenserklärungen abgegeben wurden oder ob in den Anrufen nur die rein tatsächliche Wahl des Bezahlmittels für den Vertrag über den Erwerb der „Credits“ lag und sich die D. – wie die Revision meint – aus Sicht des Anrufenden lediglich als Hilfsperson der Spielebetreiberin darstellte (vgl. AG Wolfsburg, Urteil vom 24. Juni 2009, 22 C 85/09, juris Rn. 20 ff, aufgehoben durch LG Braunschweig, Urteil vom 26. Februar 2010 – 8 S 289/09, juris, siehe insbes. Rn. 15; für den Regelfall so auch: Zimmermann MMR 2011, 516, 518 sowie K&R 2012, 731, 734; offen gelassen von Buchwitz, VuR 2010, 378, 379). Im zweiten Fall würde ein vertraglicher Anspruch der Klägerin von vornherein ausscheiden. Jedoch ist die geltend gemachte Forderung auch dann unbegründet, wenn die in Rede stehenden Vorgänge als auf einen Vertragsschluss mit der D. gerichtete Willenserklärungen aufzufassen sind.

bb) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht einen solchen Vertrag als Zahlungsdienstevertrag im Sinne von § 675c Abs. 1 BGB ein-geordnet. Ein Zahlungsdienst kann nach § 675c Abs. 3 BGB iVm § 1 Abs. 2 Nr. 5 ZAG auch vorliegen, wenn – wie hier – die Zustimmung des Zahlers zur Ausführung des Zahlungsvorgangs über das Telefon übermittelt wird und die Abrechnung über die Telefonrechnung erfolgen soll (vgl. hierzu Koch/Reinicke, ZAG, 3. Aufl., § 1 zu Nr. 5; Schwennicke in Schwennicke/Auerbach, KWG mit ZAG und FKAG, 3. Aufl., § 1 ZAG Rn. 44 f). Der Zahlungsdienstleister verpflichtet sich durch den Vertrag, einen Zahlungsvorgang auszuführen (§ 675f Abs. 1 BGB), der hier in der Übermittlung des Entgelts für die Zusatzfunktionen an die Spielebetreiberin lag. Der Zahlungsdienstnutzer ist im Gegenzug zum Ersatz der Aufwendungen nach § 675c Abs. 1, § 670 BGB oder zur Zahlung eines Vorschusses nach § 675c Abs. 1, § 669 BGB verpflichtet. Daneben kann er – abhängig von der Vereinbarung zwischen ihm und dem Zahlungsdienstleister – zur Zahlung eines Entgelts für die Zahlungsdienstleistung verpflichtet sein (§ 675f Abs. 4 BGB).

Bei dem hier geltend gemachten Anspruch handelt es sich um einen Aufwendungsersatz- oder Vorschussanspruch gerichtet auf Erstattung des seitens der D. an die Spielebetreiberin bereits gezahlten oder noch zu zahlenden Betrags, nicht jedoch um ein seitens des Zahlungsdienstnutzers geschuldetes Entgelt für die Erbringung der Zahlungsdienstleistung. Denn Gegenstand des Rechtsstreits ist nicht ein bei der Zahlungsdienstleisterin verbleibendes, von dem Zahlungsdienstnutzer geschuldetes Entgelt für die Durchführung der Zahlungsdienstleistung, sondern ein Betrag in Höhe des Preises der „Credits“, der im Verhältnis zu dem Zahlungsdienstnutzer von dem beauftragten Zahlungsdienstleister als Gegenstand des geschuldeten Zahlungsvorgangs nach § 675q Abs. 1 BGB ungekürzt weiterzuleiten ist.

cc) Jedoch sind (etwaige) auf den Abschluss eines Zahlungsdienstevertrags gerichtete konkludente Willenserklärungen des Sohnes der Beklagten dieser nicht zuzurechnen.

(1) Der Sohn der Beklagten war nicht bevollmächtigt, einen solchen Vertrag zu schließen. Unstreitig wusste die Beklagte von den Telefonanrufen nichts und hat ihrem Sohn nicht gestattet, ihren Telefonanschluss für die Bezahlung von Spielewährung für das von ihm genutzte Computerspiel zu verwenden.

(2) Eine Zurechnung etwaiger Erklärungen auf Grund einer Anscheins-vollmacht scheidet ebenfalls aus. Eine Anscheinsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene das Handeln des Scheinvertreters, anders als bei der Duldungsvollmacht, zwar nicht kennt, es jedoch bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können und der andere darauf vertraut hat und vertrauen durfte, der Vertretene dulde und billige das Handeln des Vertreters (st. Rspr., z.B. Senat, Urteil vom 16. März 2006 – III ZR 152/05, BGHZ 166, 369 Rn. 17 mwN). Die Rechtsgrundsätze der Anscheinsvollmacht greifen dabei in der Regel nur dann ein, wenn das Verhalten des einen Teils, aus dem der Geschäftsgegner auf die Bevollmächtigung eines Dritten schließen zu können glaubt, von einer gewissen Dauer und Häufigkeit ist (vgl. Senat, Urteil vom 16. März 2006, aaO). Hier fehlt es an dem erforderlichen Vertrauenstatbestand. Es ist weder vom Berufungsgericht festgestellt noch vorgetragen, dass die Beklagte das Handeln ihres Sohnes bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen können und dass die D. darauf vertraute und vertrauen durfte, die Beklagte dulde und billige dieses. Allein die Tatsache, dass die Klägerin mehrere Rechnungen erhalten und nach der ersten eine weitere entsprechende Nutzung ihres Anschlusses nicht verhindert hat, begründet eine Anscheinsvollmacht nicht. Dies gilt schon deshalb, weil auf den von der Klägerin vorgelegten Rechnungen der Grund der zu ihren Gunsten eingestellten Beträge nicht ersichtlich ist, sich insbesondere nicht ergibt, dass Entgelte für die mehrfache Anwahl von 0900er-Nummern geltend gemacht wurden, so dass die Beklagte aus den Rechnungen diese Nutzung nicht erkennen konnte. Dies folgte erst aus den der Beklagten mit Schreiben vom 16. August 2013 und damit deutlich nach der letzten Anwahl der Premiumdienstnummern übersandten Einzelverbindungsnachweisen. Zudem gab allein der Erhalt der Rechnungen durch die Beklagte der D. keinen Anlass, darauf zu vertrauen, dass die Beklagte mit den nachfolgenden Einwahlen durch ihren Sohn einverstanden war, zumal sie die in die Telefonrechnungen eingestellten Beträge bis auf einen kleinen Teilbetrag aus der ersten Rechnung nicht beglichen hat. Dass sich aus der Begleichung dieser Teilsumme ein für die Anscheinsvollmacht ausreichender Vertrauenstatbestand im Hinblick auf die weiteren, in zeitlich engem Zusammenhang zu den vorangegangenen Anrufen getätigten Anwahlen ergeben hätte, ist nicht ersichtlich. Es ist schon nicht dargetan und vom Berufungsgericht festgestellt, dass die Zahlung dieses Teilbetrags vor der weiteren Verwendung der 0900-Nummern erfolgte, die D.      hiervon vor dieser Kenntnis erlangte und damit überhaupt ein Vertrauenstatbestand entstehen konnte. Zudem reicht allein die einmalige Bezahlung eines geringen Teilbetrags der für die Premiumdienstnutzung in Rechnung gestellten Beträge nicht, um den Vertrauenstatbestand für eine Anscheinsvollmacht zu erfüllen.

(3) Eine Zurechnung der Erklärung des Sohnes der Beklagten nach § 45i Abs. 4 Satz 1 TKG scheidet entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts aus. Hiernach hat der Anbieter keinen Anspruch auf Entgelt gegen den Teilnehmer, wenn dieser nachweist, dass ihm die Inanspruchnahme von Leistungen des Anbieters nicht zugerechnet werden kann. Der der Anscheinsvollmacht zu Grunde liegende Rechtsgedanke, nach dem ein Teilnehmer am Rechtsverkehr für das seiner Risikosphäre zuzurechnende Verhalten Dritter einzustehen hat, ist hierdurch zwar über die herkömmlichen Fallgruppen hinaus anwendbar (Senat, Urteil vom 16. März 2006 – III ZR 152/05, BGHZ 166, 369 Rn. 19 zum bis zum 23. Februar 2007 gültigen § 16 Abs. 3 Satz 3 der Telekommunikations-Kundenschutzverordnung – TKV – vom 11. Dezember 1997, BGBl. I S. 2910; zum Außerkrafttreten siehe Art. 5 Nr. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Vorschriften vom 18. Februar 2007, BGBl. I S. 106). Auf einen Zahlungsdienstauftrag und die sich hieraus ergebenden Ansprüche des Dienstleisters gegen den Nutzer findet diese Regelung indes keine Anwendung, auch wenn die Zahlung über eine Premiumdienstnummer veranlasst wird und die Abrechnung nach der gewählten Bezahlmethode über die Telefonrechnung erfolgen soll (ebenso Zimmermann, MMR 2011, 516, 519; Kiparski in BeckOK Informations- und Medienrecht, 13. Aufl., § 45i Rn. 21.1.: Geltung nur für Verbindungsleistungen; ebenso wohl auch Ditscheid/Rudloff in Beck’scher TKG-Kommentar, 4. Aufl., § 45i Rn. 8 und 11; vgl. auch Mankowski, MMR 2009, 808 ff für eine eingeschränkte Reichweite von § 45i Abs. 4 TKG; aA Buchwitz, VuR 2010, 378, 380).

Hiergegen spricht bereits der Wortlaut der Vorschrift (so auch Kiparski aaO). § 45i TKG nennt als Adressaten der Regelung den Anbieter von Telekommunikationsdiensten und den Teilnehmer. Im Verhältnis zur Beklagten ist die D.        aber nicht Anbieterin von Telekommunikationsdiensten, sondern von Zahlungsdiensten.

Der vom Gesetzgeber vorgesehene Anwendungsbereich von § 45i Abs. 4 Satz 1 TKG streitet ebenfalls gegen dessen Geltung für Zahlungsdienste und hierauf beruhende Ansprüche eines telefonisch beauftragten Zahlungsdienstleisters. Die Regelung ist Bestandteil der Kundenschutzvorschriften des Telekommunikationsgesetzes (Teil 3, §§ 43a bis 47b). Diese Bestimmungen zielen nach der Gesetzesbegründung speziell auf die Inanspruchnahme von Telekommunikationsdiensten. Das Kundenschutzrecht soll die Rahmenbedingungen hierfür festlegen und die Rechte und Pflichten der Anbieter dieser Dienste und ihrer Kunden regeln (vgl. Regierungsbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Vorschriften, BR-Drucks. 359/06 Seite 33). Telekommunikationsdienste sind nach der Legaldefinition in § 3 Nr. 24 TKG in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen. Entscheidend ist, dass die Leistung des Diensteanbieters zumindest überwiegend in der technischen Übertragung besteht (vgl. Fetzer in Arndt/Fetzer/Scherer/Graulich, TKG, 2. Aufl., § 3 Rn. 103; Schütz in Beck’scher TKG-Kommentar, 4. Aufl., § 3 Rn. 79). Unabhängig von der Frage, ob und in welchem Umfang die Kundenschutzvorschriften des Telekommunikationsgesetzes auch für telekommunikationsgestützte Dienste im Sinne von § 3 Nr. 25 TKG gelten, also für Dienste, die keinen räumlich und zeitlich trennbaren Leistungsfluss auslösen, sondern bei denen die Inhaltsleistung noch während der Telekommunikationsverbindung erfüllt wird (vgl. hierzu Kiparski in BeckOK Informations- und Medienrecht, Stand 01.08.2016, § 45i TKG Rn. 21.1 mwN; Ditscheid, Beck’scher TKG-Kommentar, 4. Aufl., § 3 Rn. 81 und Ditscheid/Rudloff, Beck’scher TKG-Kommentar, 4. Aufl., Vorb. zu §§ 43a ff. Rn. 9 und § 45i Rn. 8, 11 und 69; Vogt/Rayermann, MMR 2012, 207 für mobile Mehrwertdienste; Mankowski, MMR 2009, 808 ff.; Buchwitz, VuR 2010, 378 ff.), spricht die Stellung des § 45i Abs. 4 TKG im Rahmen der Kundenschutzvorschriften jedenfalls gegen eine Anwendung auf Zahlungsdienste, auch wenn diese über eine Premiumdienstnummer veranlasst werden. Denn bei diesen erfolgt lediglich die Beauftragung über die Telekommunikationsverbindung. Die inhaltliche Leistung des Dienstleisters in Form der Zahlung an den Empfänger – hier den Spielebetreiber – aber wird nicht innerhalb der Telekommunikationsverbindung zum Anrufenden, also über die durch Anwahl der 0900er-Nummer bestehende Verbindung erbracht, sondern durch eine außerhalb der Telefonverbindung durchzuführende Transaktion.

Vor allem aber verdrängen die für Zahlungsdienste geltenden speziellen Regelungen für nicht rechtsgeschäftlich autorisierte Zahlungsvorgänge § 45i Abs. 4 Satz 1 TKG (vgl. auch Zimmermann, MMR 2011, 516, 519). Nach § 675u Satz 1 BGB hat der Zahlungsdienstleister im Falle eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs keinen Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen. Diese Vorschrift enthält mithin eine spezielle Regelung für den Fall von durch den Berechtigten nicht gemäß § 675j BGB autorisierten, das heißt ihm auch nach den allgemeinen Vertretungsregeln nicht zuzurechnenden (siehe hierzu OLG Schleswig, NJW-RR 2014, 741; Palandt/Sprau, BGB, 76. Aufl., § 675j Rn. 2) Zahlungsvorgängen. Der Berechtigte des Zahlungsmittels wird bei dessen unberechtigter Nutzung nicht zur Erstattung von Aufwendungen verpflichtet, er schuldet allenfalls Schadensersatz. Dies wird bestätigt durch § 675v BGB, wonach im Falle einer nicht autorisierten Zahlung auch bei missbräuchlicher Nutzung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments nur die dort geregelten Schadensersatz-, nicht jedoch Aufwendungsersatzansprüche bestehen. Die Regelungen über nicht autorisierte Zahlungsvorgänge würden bei Anwendung von § 45i Abs. 4 Satz 1 TKG auf durch die Inanspruchnahme eines Premiumdienstes veranlasste Zahlungsvorgänge unterlaufen.

Findet mithin § 45i Abs. 4 Satz 1 TKG auf Zahlungsdienste keine Anwendung, scheiden Aufwendungsersatzforderungen aus. Die hierfür maßgebenden Erwägungen gelten für etwaige Vorschussansprüche gemäß § 675c Abs. 1, § 669 BGB ebenso.

Ob Schadensersatzansprüche im Hinblick auf die nicht autorisierte Nutzung des Telefonanschlusses in Betracht kommen könnten, kann dahingestellt bleiben, da die Klägerin derartige Forderungen jedenfalls nicht geltend macht.

4. Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).

Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, kann der Senat auf die Berufung der Beklagten die Klage insgesamt abweisen (§ 563 Abs. 3 ZPO).

Vorinstanzen:
LG Oldenburg , 30.06.2016 – Az.: 1 S 315/15
AG Delmenhorst, 12.05.2015 – Az.: 45 C 5298/13 (VI)

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