Schraubkopf-Applikationen an einer Armbanduhr sind nicht zur Herkunftskennzeichnung geeignet
Oberlandesgericht Köln
Urteil vom 14.08.2015
Az.: 6 U 9/15
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 10.12.2014 verkündete Urteil des Landgerichts Köln – 84 O 157/14 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Dieses Urteil und das des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klägerin vertreibt seit über einem Jahrhundert hochwertige Schreibgeräte sowie seit einigen Jahren auch andere Produkte, u.a. seit 1997 Armbanduhren. Als Unternehmenskennzeichen und Herkunftshinweis verwendet sie seit Jahrzehnten praktisch in unveränderter Form den sog. Montblanc-Snowcap, einen Stern mit 6 abgerundeten Zacken, der den schneebedeckten Gipfel des Mont Blanc symbolisieren soll. Der Stern ist u.a. über die folgenden Bildmarken geschützt:
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Alle drei Marken sind u.a. für Uhren eingetragen. Die Klägerin verwendet den Stern in ihrer hochpreisigen Montblanc-Uhrenkollektion in Kombination mit der Marke „Montblanc“ an verschiedenen Stellen (Ziffernblatt, Krone, Zeiger, Gehäuse, Armband). Sie nimmt – auch – für ihre Uhrenkollektion eine hohe Bekanntheit und einen ausgezeichneten Ruf in Anspruch.
Die Beklagte, eine seit Jahrzehnten tätige Uhrenherstellerin, ist ein Unternehmen der M Group und vertreibt im mittleren Preissegment Armbanduhren der Marke Pierre Petit, u.a. in der Serie „Le Mans“. Diese Uhren weisen auf dem Rand des Gehäuses an vier Stellen schraubenartige Applikationen auf. Die Klägerin sieht die Köpfe dieser Applikationen als unzulässige nahezu identische Nachbildung ihres Snowcaps bzw. Sterns an. Dies hat sie u.a. wie folgt verdeutlicht:
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Die Klägerin hat die Beklagte nach erfolgloser Abmahnung auf Unterlassung, Auskunft, Schadensersatzfeststellung und Kostenerstattung in Anspruch genommen. Den Unterlassungsanspruch hat sie in erster Linie auf eine Verletzung ihrer Markenrechte gestützt, bezüglich acht von zehn streitgegenständlichen „Le Mans“-Uhrengestaltungen mit silbernem Gehäuse auf die Marke DE302012046387 und bezüglich der beiden übrigen mit dunklem Gehäuse auf die Marke DE302012046391. In zweiter Linie hat sie wettbewerbsrechtliche Ansprüche geltend gemacht; die „Le Mans“-Uhren ähnelten insbesondere ihrer „Time-Walker“-Kollektion. In dritter Linie hat sich die Klägerin auf Rechte aus der Marke DE01166995 berufen.
Die Beklagte hat dagegen eingewandt, dass es sich bei den angegriffenen Elementen lediglich um Torxschrauben-Applikationen handele, in denen der Verkehr ein auf dem Uhrenmarkt übliches Gestaltungsmerkmal erblicke, nicht aber einen Herkunftshinweis. Im Übrigen seien die Applikationen mit dem Snowcap nicht verwechslungsfähig.
Mit Urteil vom 10.12.2014, auf das wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Markenrechtliche Ansprüche schieden schon deshalb aus, weil die angesprochenen Verkehrskreise den angegriffenen Gestaltungselementen auf den Uhren der Beklagten keinen Herkunftshinweis entnehmen, sondern diese als technische oder dekorative Elemente ansehen würden. Insoweit schieden auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche aus. Dass die Uhren der Parteien als solche verwechslungsfähig seien, behaupte die Klägerin selbst nicht.
Mit ihrer hiergegen gerichtete Berufung wiederholt die Klägerin ihr Begehren aus erster Instanz. Das Landgericht habe nichts zu den relevanten Verkehrskreisen ausgeführt und warum es sich zu ihnen zähle. Außerdem habe es offenbar ihren umfangreichen Vortrag zur extrem hohen Bekanntheit des Montblanc Snowcap, den Kennzeichnungsgewohnheiten bei Luxusuhren und der Üblichkeit mehrfacher Herkunftshinweise nicht zur Kenntnis genommen; es sei in erster Instanz vorgetragen und belegt worden, dass sie und andere Anbieter von hochpreisigen Uhren schraubenartige Elemente herkunftshinweisend verwendeten. Auch mit ihren wettbewerblichen Ansprüchen habe sich das Landgericht nur unzureichend befasst.
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Gerade die Vielzahl der von der Klägerin angeführten Uhren mit äußerst ähnlichen Schraubenelementen schließe aus, dass der durchschnittliche Verbraucher diese Elemente als Herkunftshinweis auffasse.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
1. Die Klägerin hat keinen Unterlassungsanspruch aus dem Gesichtspunkt der Verletzung von Markenrechten, weder bezüglich der an erster Stelle geltend gemachten Marken DE…387 und DE…391 (weißer und schwarzer Stern), noch bezüglich der hilfsweise an dritter Stelle geltend gemachten Marke DE…995 (Snowcap). Grundlage für die markenrechtlichen Unterlssungsansprüche ist § 14 Abs. 5 MarkenG. Danache kann derjenige, der ein Zeichen entgegen § 14 Abs. 2 MarkenG benutzt, vom Inhaber der Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Vorliegend ist keine unzulässige Zeichenbenutzung feststellbar.
a) Bezüglich der Marken DE…387 und DE…391 (weißer und schwarzer Stern) stützt sich die Klägerin auf eine unzulässige Benutzung nach § 14 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 MarkenG. Keiner dieser drei Tatbestände ist indes erfüllt.
aa) Eine Rufausnutzung-/beeinträchtigung nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG liegt nicht vor. Es ist nicht feststellbar, dass die Marken DE…387 und DE…391 (weißer bzw. schwarzer Stern) einem bedeutenden Teil des angesprochenen inländischen Publikums bekannt sind. Die Ausführungen der Klägerin zur Bekanntheit ihrer Marke beziehen sich ausschließlich auf die ältere – und unstreitig bekannte – Marke DE…995, den eigentlichen Snowcap. Die Bildmarken DE …387 und DE…391 sind dagegen erst Ende 2012 eingetragen worden. Zum Umfang ihrer Verwendung, insbesondere im Zusammenhang mit Armbanduhren, ist von der Klägerin nichts Konkretes dargetan. Auch allgemein ist der Vortrag der Klägerin zur Bekanntheit ihrer Armbanduhren bzw. ihrer Marken im Zusammenhang mit Armbanduhren unzureichend. Die Angaben zu den Verkaufszahlen sind in sich widersprüchlich (Bl. 11 GA: mehr als 100.000 Uhren pro Jahr; Bl. 559 GA: jährlich zwischen 2.500 und 3.000 Montblanc-Uhren), detaillierte Angaben zu den Werbeaufwendungen und den Marktanteilen fehlen. Die Klägerin hat lediglich einige – als solche nicht aussagekräftige – Umsatzzahlen angegeben (Bl. 559 GA: Umsatz mit den Montblanc-Uhren in Deutschland 7,3 Mio. € in 2012/13 und 5,3 Mio. € in 2011/12).
bb) Der Beklagte hat auch nicht gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG ein mit der Marke identisches Zeichens für identische Ware verwendet. Zeichenidentität zwischen einer zweidimensionalen Bildmarke und einem dreidimensionalen Objekt ist grundsätzlich ausgeschlossen (s. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 14 Rn. 279).
cc) Für den Tatbestand der Verwechslungsgefahr fehlt es bereits an der erforderlichen markenmäßigen Benutzungshandlung. Eine Markenverletzung kommt im Rahmen des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nur dann in Betracht, wenn durch die Benutzung des angegriffenen Zeichens in die Herkunftsfunktion der Marke eingegriffen wird, d.h. wenn der Zeichenverwender das angegriffene Zeichen aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise jedenfalls auch dazu benutzt, um seine Waren von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (s. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 14 Rn. 106, 116). Ob ein Zeichen vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden und daher markenmäßig verwendet wird, beurteilt sich nach dem Verständnis des angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsabnehmers, wobei auf die gattungsmäßige Produktart als solche abzustellen und eine Verengung auf die tatsächlichen Käufer unzulässig ist; auch auf anderweitige Einzelheiten wie z.B. den Preis kommt es nicht an (s. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., Rn. 138; die Time-Walker-Uhren der Klägerin kosten zwischen 2.900 € und 6.300 €, die Armbanduhren der Le Mans-Serie zwischen 300 € und 700 €; beides ist für einen Durchschnittsverdiener finanzierbar). Zu der Gruppe der hier angesprochenen Durchschnittsabnehmer von Armbanduhren gehören auch die Mitglieder des Senats, so dass die Verkehrsauffassung aus eigener Sachkunde beurteilt werden kann.
Die angegriffenen Gestaltungselemente werden hier nicht als betriebliches Herkunftszeichen aufgefasst. Der Durchschnittsabnehmer nimmt sie – nur – als den zylindrischen Kopf einer Schraube wahr, die in einer Schraubenhülse zu stecken und das Gehäuse der Uhr zusammenzuhalten scheint. Dass dieser Eindruck tatsächlich unrichtig ist – es handelt sich unstreitig nicht um eine Schraube, sondern um ein rein dekoratives Element – ist für das maßgebliche Verkehrsverständnis ohne Belang.
Die sternförmige Ausgestaltung des verhältnismäßig kleinen und blickfangmäßig nicht herausgestellten Schein-Schraubenkopfes fällt allenfalls bei scharfem Hinsehen auf und wird selbst dann aufgrund ihrer Ähnlichkeit zu den bekannten Torx-Schrauben und Inbusschrauben nicht als eine Besonderheit wahrgenommen. Außerdem scheint der „Schraubenkopf“ aus einem Material zu bestehen und weist keine Farbkontraste oder sonstige besondere, kennzeichentypische Elemente auf; geringfügige Farb-/Helligkeitsunterschiede ergeben sich nur aus der Perspektive / Dreidimensionalität und einem minimalen matt-glänzend-Effekt.
Der Verkehr erwartet bei Armbanduhren in der unauffälligen Ausgestaltung eines (Schein-)Schraubenkopfes keinen Herkunftshinweis. Ein Schraubenkopf ist keine übliche Stelle für ein Herkunftszeichen, auch nicht bei Armbanduhren. Herkunftshinweise befinden sich dort in aller Regel auf dem Ziffernblatt, dem Boden der Lünette und/oder der Krone.
Soweit die Klägerin Hersteller aufzählt, die ihrer Ansicht nach schraubenartige Elemente auf dem Gehäuse von Armbanduhren als Herkunftshinweis einsetzen, bleibt offen, warum der Verkehr aus der Gestaltung dieser Schraubenköpfe tatschlich auf eine bestimmte Herkunft schließen soll. So sind z.B. die Schraubenköpfe am Gehäuserand einer Uhr von Oris (s. Abb. Bl. 403 GA) in Anordnung und Gestalt denen der Beklagten sehr ähnlich. In der Ausgestaltung ähnlich sind ferner die Schrauben auf den Lünetten von Uhren von Chopard (s. Abb. Bl. 404 GA – möglicherweise mit „echter“ Torx-Schraube), TW Steel, AirField, LindeWerdelin und Ingersoll (s. Abb. Bl. 404, 406, 408, 411, 414 GA, – jeweils möglicherweise mit „echten“ Inbusschrauben). Diese zahlreichen ähnlichen Schraubengestaltungen sprechen gerade dagegen, dass der Durchschnittsabnehmer von Armbanduhren Schraubenköpfe als einen Herkunftshinweis wahrnimmt.
Selbst auffallende und „besonders“ gestaltete Schraubenköpfe auf den Lünetten einiger anderer Armbanduhren (wie z.B. die H-Köpfe von Hublot, s. Abb. Bl. 403, 669, 670 GA, oder das nach Ansicht der Klägerin stilisierte Steuerrad von Rebellion, s. Bl. Abb. 402, 410 GA) werden vom Verkehr jedenfalls zunächst nur als technisch funktionale und/oder dekorative Elemente wahrgenommen. Die Vorstellung, es bestehe eine Verbindung zu einem bestimmten Hersteller, kommt allenfalls dann in Betracht, wenn eine auffallende Besonderheit in der Schraubenkopfgestaltung sich in einem unmittelbar daneben angebrachten Herstellerkennzeichen widerspiegelt. Nur bei einer solchen unmittelbaren Bezugnahme kann der Betrachter möglicherweise auf den Gedanken kommen, dass die Schraubenkopfgestaltung ein Herstellerkennzeichen aufgreift.
Auch bei den Armbanduhren der Klägerin selbst kann der Durchschnittsabnehmer allein in der Ausgestaltung der Schraubenköpfe an den Seiten der Bänderhörner noch keinen Herkunftshinweis sehen (s.o. Abb. Seite 3). Er wird durch die Linien des Schraubenkopfs zwar möglicherweise an den Snowcap von Montblanc erinnert, aber nur deshalb, weil sich diese bekannte Marke in unmittelbarer Nähe auf der Krone befindet; isoliert betrachtet würde auch der Schraubenkopf der Klägerin nicht als Herkunftshinweis verstanden.
Die Feststellung des Landgerichts, dass gegen eine markenmäßige Verwendung schließlich die Zahl und Anordnung der Schein-Schraubenköpfe spricht, ist nicht zu beanstanden, auch wenn die Klägerin zu Recht darauf hinweist, dass gerade bei hochpreisigen Gütern Markenembleme vielfacht gehäuft und als dekorative Elemente verwendet werden. Der Betrachter hat keine Veranlassung, in einfach gestalteten (Schein-)Schraubenköpfen, deren Design sich an keiner anderen Stelle des Produkts dekorativ oder kennzeichentypisch wiederholt, mehr zu sehen als ein (scheinbar) technisches Detail.
Unabhängig von der Frage einer markenmäßigen Benutzungshandlung ist aber auch Verwechslungsgefahr i.S.d. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht feststellbar. Abzustellen ist dabei auf die Wechselbeziehung insbesondere der Zeichenähnlichkeit, der Warenähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke. Hier liegt Warenidentität vor. Davon, dass die Marken DE …387 und DE…391 (weißer bzw. schwarzer Stern) wegen ihrer Bekanntheit auf dem Markt von hoher Kennzeichnungskraft sind, kann nicht ausgegangen werden (s.o.). Die Zeichenähnlichkeit ist gering. Das durch die Marken DE…387 und DE…391 geschützte Bild eines Sterns mit schwarzer Umrisslinie in weißem Kreis bzw. mit einer weiße Umrisslinie in einem schwarzen Kreis ergibt sich bei Betrachtung der Schraubenkopf-Attrappen nicht. Die durch die Einsenkung gebildete Umrisslinie eines Sterns ist aufgrund der perspektivischen Verzerrung im monochromen Material mit unregelmäßigen Schattenkanten nur unklar zu erkennen. Es fehlt die für die beiden Bildmarken typische scharfe Umrisslinie im schwarz-weiß-Kontrast.
b) Den an dritter Stelle geltend gemachten Anspruch aus der Marke DE…995 (Snowcap) stützt die Klägerin auf eine unzulässige Benutzung nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 MarkenG. Beide Tatbestände greifen nicht.
Für § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkG fehlt es aus den o.a. Gründen bereits an der erforderlichen markenmäßigen Benutzungshandlung.
Eine Rufausbeutung/-beeinträchtigung liegt ebenfalls nicht vor, auch wenn die Marke DE…995 (Snowcap) als bekannt i.S.d. § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG gewertet werden kann und im Rahmen des Bekanntheitsschutzes nicht notwendig zu prüfen ist, ob das angegriffene Zeichen als Herkunftshinweis aufgefasst wird. Erforderlich ist jedoch, dass es durch die Benutzung des angegriffenen Zeichens beim angesprochenen Verkehr zu einer gedanklichen Verknüpfung mit der bekannten Marke kommt, die zu einer Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der bekannten Marke führt (s. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 14 Rn. 112, 113, 116, m.w.N.). Ob eine solche gedankliche Verknüpfung vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, zu denen der Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen, die Art der Waren einschließlich des Grades ihrer Nähe, das Ausmaß der Bekanntheit der Klagemarke, ihre Unterscheidungskraft und das Bestehen von Verwechslungsgefahr zählen (s. Senat, GRURPrax 2014, 202, – Haribo-Goldbär/Lindt-Teddy, juris-Tz. 38, m.w.N.). Hier besteht zunächst Warenidentität, und dem Snowcap ist auch ein hoher Bekantheitsgrad mit entsprechend hoher Kennzeichnungskraft zuzubilligen, nicht nur in Zusammenhang mit Schreibwaren. Gleichwohl haben das geschützte Zeichen und das als markenverletzend angesehene Element selbst zu wenig Ähnlichkeit, als dass beim Betrachten des Schraubenkopfes die Gefahr einer gedanklichen Verknüpfung zur Marke der Klägerin bestünde. Der die Gletscher auf dem Gipfel des Mont Blancs symbolisierende Snowcap ist geprägt durch den starken Kontrast einer schwarzen und einer weißen Fläche. In der nahezu kontrastlosen Schraubenkopf-Attrappe, die den Umriss des Monblanc-Sterns aufgrund einer Absenkung allenfalls im direkten Vergleich erahnen lässt, ist der Snowcap nicht wiederzuerkennen; der Vortrag der Klägerin zu einer Unterfütterung der gerügten Gestaltungselemente mit einer weißen/perlmuttartigen Einlage in Sternform (Bl. 656, 658 GA), ist in tatsächlicher Hinsicht gerade unrichtig. Wie bereits oben ausgeführt, versteht der angesprochene Verkehr die (Schein)Schraubenaplikationen ausschließlich als ein dekoratives technisches Element.
2. Die Klägerin hat ferner keinen Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 UWG. Danach kann ein Mitbewerber, der eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Eine geschäftliche Handlung ist nach § 3 Abs. 1 UWG unzulässig, wenn sie unlauter und geeignet ist, die Interessen von Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. Die Klägerin beruft sich hier auf die Unlauterkeitstatbestände des § 4 Nr. 9 lit. a) und lit. b) UWG, des § 4 Nr. 10 UWG und des § 5 UWG. Keiner dieser Tatbestände ist erfüllt.
a) Eine unzulässige Nachahmung nach § 4 Nr. 9 lit. a) oder b) UWG setzt voraus, dass das angegriffene Produkt oder ein Teil davon von wettbewerblicher Eigenart ist und mit dem Originalprodukt übereinstimmt oder ihm zumindest so ähnlich ist, dass es sich in diesem wiedererkennen lässt (s. Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 4 Rn. 9.24, 9.34). Die Uhren der Klägerin und die Uhren der Beklagten sind zwar war als solche jeweils von wettbewerblicher Eigenart, einander aber keineswegs ähnlich. Die Feststellung des Landgerichts, dass insoweit keine Verwechslungsgefahr besteht, wird von der Klägerin im Berufungsverfahren auch nicht in Frage gestellt.
Bei einer nur teilweisen Übernahme von Gestaltungselementen muss sich die wettbewerbliche Eigenart des Originals gerade aus dem übernommenen Teil ergeben, es müssen also gerade die übernommenen Gestaltungsmerkmale geeignet sein, die wettbewerbliche Eigenart zu begründen (s. Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 4 Rn. 9. 24, 9.34). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die wettbewerbliche Eigenart der Uhren der Klägerin mag sich auch aus der Ausgestaltung der Schrauben z.B. am Bänderhorn ergeben, wesentliche Bedeutung kommt diesen dabei jedoch nicht zu.
b) Aus welchen Tatsachen eine gezielte Mittbewerberbehinderung, § 4 Nr. 10 UWG, folgen soll, hat die Klägerin weder in erster Instanz noch im Berufungsverfahren vorgetragen.
c) Aus dem Irreführungstatbestand des § 5 UWG kann die Klägerin grundsätzlich keine weitergehenden Rechte herleiten als aus dem bereits durch das MarkenG gewährleisteten Irreführungsschutz (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 5 Rn. 1.77). Soweit die Klägerin auf § 5 Abs. 2 UWG verweist, der dem Gesamteindruck des Produkts mitsamt seiner Vermarktung besonderen Raum schenke, bleibt unklar, durch welche geschäftliche Handlung im Zusammenhang mit der Vermarktung ihrer Uhren die Beklagte eine Verwechslungsgefahr mit den Uhren oder den Marken der Klägerin hervorgerufen haben soll. Die Klägerin trägt auch sonst keine Tatsachen vor, aus denen sich außerhalb der – nicht bestehenden – markenrechtlichen Verwechslungsgefahr trotz der unübersehbaren Kennzeichnungen mit den jeweiligen Herkunftszeichen Montblanc bzw. Pierre Petit eine lauterkeitsrechtliche Verwechslungsgefahr ergeben soll.
3. Die Annexansprüche auf Auskunft, Schadensersatzfeststellung und Erstattung der Abmahnkosten folgen dem Schicksal des Unterlassungsanspruchs.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Das Urteil betrifft die tatrichterliche Übertragung allgemein anerkannter Auslegungs- und Rechtsanwendungsgrundsätze auf einen Einzelfall, so dass kein Anlass besteht, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen. Der Senat weicht auch nicht von der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte ab. Die vorliegende Entscheidung steht vielmehr inhaltlich in Einklang mit dem vom OLG Hamburg im Verfahren 3 W 61/12 mit – den Parteien bekanntem – Beschluss vom 11.07.2012 vertretenen Ansicht. Das Verfahren vor dem OLG Hamburg betraf einen vergleichbaren Sachverhalt. Die Klägerin hatte dort erfolglos versucht, wegen einer hinsichtlich der angegriffenen Scheinschraubenelemente identischen Uhrengestaltung eine Unterlassungsverfügung gegen die M GmbH, ein mit der Beklagten verbundenes Unternehmen, zu erwirken, gestützt auf die Marke DE01166995.
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 84 O 157/14