Verantwortlichkeit Amazons für urheberrechtsverletzende Inhalte

15. Juni 2016
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transparenter schlichter Parfum-Flakon steht inmitten weißer Frühlings-Blumen Urteil des LG Berlin vom 27.01.2015, Az.: 16 O 279/14

Amazon selbst kann auch dann für Urheberrechtsverletzungen verantwortlich sein, wenn die rechtsverletzenden Inhalte zur Bewerbung eines Angebots nicht von Amazon, sondern von einem Händler hochgeladen wurden. Dadurch, dass auf der Verkaufsplattform für ein Produkt immer nur eine Angebotsseite vorgehalten wird und Verkäufer sich an dieses eine Angebot mit eigenen Konditionen „anhängen“, letztlich jedoch Amazon mit Hilfe eines eigens entwickelten automatisierten Verfahrens darüber entscheidet, welche Artikelbeschreibung und welche Produktbilder für dieses eine Angebot tatsächlich angezeigt werden, kann das Unternehmen im Falle von Urheberrechtsverletzungen auch selbst als Täter haften.

Landgericht Berlin

Urteil vom 27.01.2015

Az.: 16 O 279/14

Tenor:

1. Der Antragsgegnerin wird bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-€, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer,

untersagt,

die im Folgenden eingeblendeten Produktbilder im Internet zu Werbezwecken zu verwenden:

(Abbildung der streitgegenständlichen Produktbilder)

2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Die Antragstellerinnen nehmen die Antragsgegnerin auf Unterlassung der Wiedergabe von Fotos der Produktreihe „Davidoff – The Game“ in dem unter „…“ erreichbaren Onlineshop in Anspruch.

Die Antragstellerin zu 1) stellt die Parfumprodukte her und vertreibt sie. Die Antragsstellerin zu 2) ist die Vertriebsgesellschaft für Deutschland.

Am 02. Juli 2014 erschien auf der eingangs genannten Internetseite ein Eigenangebot von „…“ („Verkauf und Versand durch … „), dem ein Foto des Flakons „Davidoff – The Game“, Eau de Toilette, 40 ml beigegeben war. Ein anderes, am selben Tag in gleicher Weise auf „…“ abrufbares Angebot des Anbieters … betraf das Eau de Toilette 60 ml Vaporisateur („Verkauf und Versand durch …“). Es enthielt ebenfalls eine Abbildung des Flakons. Die Einzelheiten sind den Anlagen AS 12 und 14 zu entnehmen. Als Betreiberin der unter „…“ abrufbaren Internetseite war im Impressum die Antragsgegnerin benannt („Diese Website wird von der … Europe Core S.a.r.l. … betrieben“). Nach Angaben der Antragsgegnerin erbringt sie nur technische Dienstleistungen für die … EU S.a.r.l., die zuvor im Impressum als Seitenbetreiberin ausgewiesen war und die … Services Europe S.a.r.l. Nach Angaben der Beklagten trägt die … EU S.a.r.l. die Verantwortung für die unter „…“ abrufbaren Eigenangebote, während die … Services Europe S.a.r.l. für die dem … Market Place vorbehaltenen Angebote Dritter zuständig ist. Die Darstellung der Angebote in beiden Bereichen (Eigen- und Drittangebote) folgt dem Prinzip der Produktdetailseite. Dort werden sämtliche Produktangaben hinterlegt, die die Händler für ein bestimmtes Produkt hochladen. Jeder Verkäufer kann bei der Erstellung eigener Angebote auf diese Angaben inkl. Fotos zugreifen. Sodann entscheidet ein Algorithmus automatisiert darüber, welche der von den Händlern zur Verfügung gestellten Informationen auf der Website tatsächlich angezeigt werden. Die Zusammenstellung ändert sich permanent und dynamisch.

Die Antragstellerinnen behaupten, die Antragstellerin zu 1) sei Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an den beiden Fotos, die bei den konkreten Angeboten erschienen seien. Sie halte auch die ausschließlichen Nutzungsrechte an den übrigen, aus dem Antrag ersichtlichen Fotos der Produktreihe „Davidoff – The Game“. Sie habe diese Rechte vom Fotografen P. F. über die Agentur R. L. erworben und der Antragstellerin zu 2) das Recht eingeräumt, diese exklusiven Nutzungsrechte an den Produktbildern gemeinsam mit ihr, der Antragstellerin zu 1), auszuüben. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen AS 1, AS 4 – 9 und AS 17 Bezug genommen. Die Antragstellerinnen behaupten, dass sie das Werbematerial nur ihren Vertragshändlern zur Nutzung in ihren stationären Ladengeschäften und autorisieren Online-Shops zur Verfügung stellten. Ein Recht zur Unterlizenzierung räumten sie ihnen nicht ein.

Die Antragstellerinnen beantragen,

was erkannt wurde.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 01.08.2014 kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie erhebt die Rüge der teilweise fehlenden internationalen Zuständigkeit, weil dem Antrag nicht mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen sei, ob die Antragstellerinnen eine Untersagung der Nutzung der Bilder „im Internet“ weltweit oder mit einer Beschränkung auf Angebote für deutsche Nutzer erstrebe. Der Verfügungsantrag sei auch zu weitgehend, da die Antragstellerinnen nur für zwei der insgesamt neuen Produktabbildungen Verletzungshandlungen vortrage. Außerdem umfasse er wegen der fehlenden Beschränkung auf die konkrete Verletzungsform auch zulässige Verwendungen der Fotos. Schließlich fehle eine zeitliche Begrenzung des Antrages auf die Zeit, für die die Antragstellerinnen die ausschließlichen Verwertungsrechte an den Produktfotos inne hielten und eine räumliche Begrenzung auf das Lizenzgebiet. Die Bildwiedergabe in den Anlagen AS 12, 14 und im Verfügungsantrag sei so schlecht, dass sie keinen zuverlässigen Vergleich mit den Schutzobjekten erlaube. Sie bestreite daher mit Nichtwissen, dass in den beiden Angeboten Fotos Verwendung gefunden hätten, die mit den im Antrag eingeblendeten Fotos bzw. den Fotos, an denen die Antragstellerinnen die ausschließlichen Verwertungsrechte beanspruchten, überein stimmten.

Sie sei nicht Täterin der behaupteten Rechtsverletzung. Nicht sie, sondern Dritte hätten die Produktfotos hochgeladen. Als technische Betreiberin genieße sie das Haftungsprivileg des § 10 TMG. Sie habe keine Auswahlentscheidung hinsichtlich der abrufbar gehaltenen Informationen getroffen, noch sich den Inhalt der Seite zu eigen gemacht, weil die dem konkreten Angebot zugeordneten Produktangaben mit Hilfe eines automatisierten Verfahrens ermittelt würden.

Sie hafte auch nicht als Störerin. Vor der Abmahnung habe sie keine Kenntnis von den vermeintlich produktverletzenden Bildern besessen. Für die Zeit nach der Abmahnung hätten die Antragstellerinnen kein weiteres Angebot benannt, in dem die beiden konkret beanstandeten Produktabbildungen erneut Verwendung gefunden hätten.

Schließlich meint die Antragsgegnerin, dass die Wiedergabe der beiden Fotos von den Flakons Eau de Toilette 40 ml und 60 ml Vaporisateur durch eine schlichte Einwilligung gedeckt gewesen sei. Dazu behauptet sie, dass die Fa. M. B. GmbH. eine Vertragshändlerin der Antragstellerin, die Abbildungen hochgeladen habe. Da die Vertragshändler nach dem Vorbringen der Antragstellerin berechtigt seien, die lizenzierten Fotos auch im Internet zu nutzen, wäre eine Untersagung kartellrechtswidrig. Zudem seien die Fotos bestimmungsgemäß zur Bewerbung des Duftes „Davidoff -The Game“ benutzt worden, so dass nach der Rechtsprechung des BGH GRUR 2010, 628 und BGH GRUR 2012, 602 – Vorschaubilder I und II – von einer schlichten Einwilligung der Antragstellerinnen in die Einbindung der Abbildungen in entsprechende Angebote im Internet auszugehen sei.

Schließlich fehle es auch an einem Verfügungsgrund. Die Antragstellerinnen hätten durch die Erhebung de Hauptsacheklage gegen … Europe Services S.a.r.l. beim Landgericht Berlin – 16 O 103/14 – bereits seit Anfang März 2014 Kenntnis von der Verwendung der Bilder erlangt. Zudem hätten sie gegen … Europe Services S.a.r.l. und … EU S.a.r.l. bereits zu früheren Zeitpunkten einstweilige Verfügungen erwirkt. Allein daraus, dass sie, die Antragsgegnerin, nunmehr technische Betreiberin der Internetseite sei, folge keine neue Eilbedürftigkeit.

Wegen des übrigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig und begründet.

Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin erweist er sich weder als zu weitgehend, noch als zu unbestimmt.

Die Kammer ist zur Entscheidung international nach dem im Zeitpunkt der Einreichung des Verfügungsantrages noch gültigen Art. 5 lit. 3 VO (EG) Nr.44 / 2001 (sog. Brüssel-I-VO) zuständig, weil der Verletzungserfolg der unerlaubten Handlung in Deutschland eingetreten ist. Die unter der Top-Level-Domain „de“ erreichbare Internetseite wendet sich zweifellos an ein deutsches Publikum. Einer ausdrücklichen Beschränkung des Verfügungsantrages bzw. jetzt des Unterlassungstenors auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland bedurfte es nicht, weil sich diese territoriale Begrenzung bereits aus dem Schutzlandprinzip ergibt. Im Übrigen kann dem Vorbringen der Antragstellerinnen auch kein Begehren dahin entnommen werden, dass die Antragstellerinnen eine weltweit gültige Untersagungsverfügung erstrebten. Eine Klarstellung war daher nicht erforderlich. Sollten sich im Zwangsvollstreckungsverfahren weitere Auslandsbezüge ergeben, so wäre dann dort darüber zu befinden, inwieweit noch eine kerngleiche Handlung angenommen werden kann.

Die gleichen Erwägungen gelten für die vermisste zeitliche Beschränkung des Verfügungsantrags (und ihm nachfolgend des Verfügungstenors) auf die Zeitdauer, während der die Antragstellerinnen die exklusiven Verwertungsrechte an den Fotos inne halten. Sollte sich im Zwangsvollstreckungsverfahren herausstellen, dass sie über diese Rechte im Zeitpunkt der erneuten Verletzungshandlung nicht mehr verfügten, stellte sich auch hier die Frage nach einer kerngleichen Verletzungshandlung.

Der Antrag und ihm folgend der Tenor genügen durch die Einblendung der Fotos dem Bestimmtheitsgebot, denn sie lassen die Fotos, die den Gegenstand des Unterlassungsgebotes bilden, hinreichend deutlich erkennen. Die Qualität der Wiedergabe in der Antragsschrift, aus der die in den Tenor eingeblendeten Abbildungen herauskopiert wurden, ist dazu ausreichend. Dass der Vergleich von Fotos gerade im Bereich der Produktfotografie erhebliche Mühe bereitet, führt nicht zur Unzulässigkeit des Unterlassungsantrages.

2. Den Antragstellerinnen steht der geltend gemachte Verfügungsanspruch gegen die Antragsgegnerin aus §§ 97, 2 Abs. 1 Nr. 5, 72, 19 a UrhG in Verbindung mit § 120 Abs. 2 Nr. 2 UrhG zu. Deutsches Recht ist nach Art. 8 der VO (EG) Nr. 864 / 2007 (sog. Rom-II-VO) anwendbar. Nach § 120 Abs. 2 Nr. 2 UrhG genießt der französische Fotograf für seine Rechte denselben urheberrechtlichen Schutz wie deutsche Staatsangehörige.

II.

Die Antragstellerin ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an allen Fotos, die den Gegenstand des Verfügungsantrags bilden. Sie wurden vom Fotografen P. F. angefertigt, wie durch seine eidesstattliche Versicherung vom 02. Juni 2014 (Anlage AS 8) und seine ausdrücklich als „Graphic Artist“ unterzeichnet Bestätigung vom 06. August 2013 (Anlage AS 7) glaubhaft gemacht ist. Dass die eidesstattliche Versicherung Anlage AS 8 nur als Fotokopie vorliegt, steht ihrer Verwertbarkeit nicht entgegen, weil ihr Inhalt mit den übrigen Dokumenten, insbesondere der Bestätigung des Herrn F. vom 06. August 2013 im Einklang steht. Nach dem für das Verfügungsverfahren geltenden Maßstabes der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ist die Urheberschaft damit hinreichend glaubhaft gemacht.

Die Verwertungsrechte räumte Herr F. sodann exklusiv, uneingeschränkt, weltweit und mit dem Recht zur Unterlizenzierung der Agentur R. L. ein. Auch diese Tatsache ist der Erklärung vom 06. August 2013 (Anlage AS 7) unmittelbar zu entnehmen.

Die Agentur R.L. räumte ihrerseits der Antragstellerin zu 1) mit der Rechnung N° 13/054 vom 03. April 2013 (Anlage AS 4) zunächst für den Zeitraum von einem Jahr, beginnend ab 01. Februar 2014, weltweite (Nutzungs-)rechte u. a. für das Internet ein. Durch Rechnung Nr. 13/124 vom 30. September 2013 (Anlage AS 6) verlängerte sie die Rechteeinräumung bis zum 31. Januar 2015 und durch die Rechnung Nr. 14/152 vom 23. Dezember 2014 (Anlage AS 17) wiederum bis zum 31. Januar 2016. Der letztgenannten Rechnung sind im paraphierten Anhang Abbildungen der Fotos beigegeben, auf die sich die Rechteeinräumung bezieht. Zudem ist sie ausdrücklich als Folgerechnung der beiden vorgenannten Rechnungen vom 03. April 2013 und 30. September 2013 bezeichnet. Damit ist klargestellt, dass sich auch diese Rechnungen auf dieselben Fotos bezogen, worauf im Übrigen auch schon die dortigen Rechnungstexte hindeuteten.

Die Antragstellerin zu 1) räumte der Antragstellerin zu 2) an diesen Rechten „Miteigentum” ein, wie sich aus der Erklärung der Antragstellerinnen vom 19. / 20. September 2013 (Anlage AS 9) ergibt. Die Antragstellerin zu 1) wollte der Antragstellerin zu 2) damit erkennbar dieselbe Rechtsposition zu verschaffen, die sie selbst innehält. Ob man dies rechtstechnisch als teilweise Rechteabtretung mit dem Ziel einer Mitinhaberschaft oder als Unterlizenzierung einordnet, kann an dieser Stelle offen bleiben.

Die Antragsgegnerin griff unerlaubt in das ausschließliche Nutzungsrecht der Antragstellerinnen aus § 19 a UrhG ein, indem sie Abbildungen der Flakons der Größen 40 ml und 60 ml Vaporisateur auf der unter „…“ erreichbaren Internetseite abrufbar hielt. Dass diese Abbildungen den Fotos entsprechen, an denen die Antragstellerinnen die ausschließlichen Nutzungsrechte inne halten, belegt der Vergleich der Fotos in den Angeboten Anlage 12 und 14 mit denjenigen, die der eidesstattlichen Versicherung des Herrn F. Anlage AS 8 beigefügt sind. Maßgebend ist die identische Perspektive, die den roten Schriftzug auf dem Deckel gerade noch erkennen lässt und die identische Verteilung der für die Gestaltung des Flakons charakteristischen hellen und dunklen Farbflächen, sowie die darauf erkennbaren Lichtreflexe. Letztere befinden sich bei dem 40 ml- Flakon (Anlage AS 8 unten rechts) direkt über dem „Band“ mit dem Schriftzug „Davidoff – The Game“ und beim 60 -ml Flakon (Anlage AS 8 oben links) in der Mitte des Behältnisses, wo sie durch eine bläuliche Färbung in Erscheinung treten. Alles dies findet sich bei den von der Antragsgegnerin verwendeten Lichtbildern identisch wieder. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin bedarf es zur Glaubhaftmachung der Identität der rechtsverletzenden mit der Schutzform auch keiner eidesstattlichen Versicherung des Fotografen. Vielmehr ist es ureigenste Aufgabe der Kammer, sich selbst durch den Vergleich der Bilder von deren Identität zu überzeugen

Die Antragsgegnerin haftet für die Rechtsverletzung als Täterin, weil sie durch den Einsatz des für die Informations- und damit auch für die Bilderauswahl eingesetzten Algorithmus selbst darauf einwirkt, welche Abbildungen bei den konkreten Angeboten erschienen. Der Einsatz des Algorithmus gehört zum technischen Betrieb der Seite, für den die Antragsgegnerin eingestandenermaßen verantwortlich ist. Dass der Algorithmus auf die Auswahl der Bilder Einfluss nimmt, ergibt sich aus Seite 12 der Antragserwiderung vom 22. Januar 2015 (Bl. 14 d. A.), wo die Antragsgegnerin im vierten Absatz 4 wörtlich vorträgt (Hervorhebung hier):

Die „Auswahl“ der Produktinformationen und der Bilder erfolgt in eine vollautomatischen Verfahren …

Die Antragsgegnerin greift damit in die Autonomie des konkreten Händlers ein, der möglicherweise ein ganz anderes (und nicht rechtsverletzendes) Foto hochgeladen hatte. Damit macht sie sich die Wiedergabe des dem Angebot beigegebenen Bildes zu eigen.

Die Antragsgegnerin kann sich nicht darauf zurückziehen, dass die Entscheidung darüber, welches Produktfoto auf dem Bildschirm erscheint, das Ergebnis eines vollautomatischen Verfahrens sei und sie bzw. ihre Mitarbeiter weder Kenntnis davon hätten, welches Foto den Angeboten beigegeben werde, noch auf die konkrete Entscheidung Einfluss nähmen. Es kommt nicht darauf an, auf welchem Weg die Antragsgegnerin dafür sorgt, welches Foto in den Angeboten erscheint. Entscheidend ist, dass sie es tut, also bildlich gesprochen das Band zwischen dem Händler, der ein beliebiges Foto auf ihren Server hochlädt und seinem Angebot zerschneidet. Sie beschränkt sich damit nicht darauf, nur die technische Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, derer sich der Händler bedient, um das von ihm gelieferte Foto seinem Angebot beizufügen. Vielmehr trifft sie selbst die Auswahl. Das kann dadurch geschehen, dass ein Mensch aus der Masse der Bilder nach bestimmten Kriterien eines auswählt. Es kann aber auch dadurch geschehen, dass die Auswahlkriterien Eingang in einen Algorithmus finden, der zwar automatisch ohne menschliche Intervention abläuft, der aber zuvor von einem Menschen programmiert wurde und über dessen Einsatz ebenfalls ein Mensch entscheidet. Der Algorithmus stellt nur das Mittel dar, mit dessen Hilfe die Auswahl getroffen wird. Die grundsätzliche Entscheidung darüber, dass gerade nicht jeder Händler sein eigenes Fotos sichtbar machen kann, stammt aus der Sphäre der Antragsgegnerin. Damit greift sie in den Entscheidungsprozess ein und macht ihn sich zu eigen.

Aus den genannten Gründen versagt daher auch der Hinweis der Antragsgegnerin, dass die Händler die Fotos hochladen. Das ist unstreitig. Darum geht es aber auch nicht. Die Täterschaft der Antragsgegnerin knüpft nicht daran an, woher das Foto stammt, sondern daran, dass ein beliebiges Foto auf dem Bildschirm erscheint, ohne dass die Händler darauf Einfluss nehmen können.

Schließlich vermag die Antragsgegnerin auch nicht mit ihrem in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Argument durchzudringen, die beiden konkret im Streit stehenden Fotos seien schon zu einem Zeitpunkt ausgewählt worden, als sie noch nicht die technische Verantwortung für den Internetauftritt getragen habe, was sich daraus ergebe, dass dasselbe Foto bereits den Gegenstand des gegen die … EU S.a.r.l. geführten Rechtsstreits 16 O 191/14 gebildet habe. Wann das Foto auf die Server gelangte, ist unerheblich. Die Antragsgegnerin als technische Betreiberin trägt die Verantwortung für das technische System so, wie sie es übernommen hat. Im Zeitpunkt der Verletzungshandlung war sie zudem unzweifelhaft verantwortlich für den Einsatz des Algorithmus, der den Anknüpfungspunkt für ihre täterschaftliche Haftung bildet. Die zu den Verletzungshandlungen eingereichten Ausdrucke AS 12 und 14 stammen vom 02. Juli 2014, ebenso der Ausdruck des Impressums Anlage A 3, das sei als Seitenbetreiber benennt. Es ist danach überwiegend wahrscheinlich, dass die Antragsgegnerin zu diesem Zeitpunkt für den technischen Betrieb der Internetseite verantwortlich war, zumal sie auch kein anderes Unternehmen benennt, welches dafür zuständig war. Das gilt völlig unabhängig davon, ob sie im Übrigen die Internetseite auch inhaltlich betreut, worauf das Impressum hindeutet und was sie bestreitet. Da sie zudem auf Seite 11 ihrer Antragserwiderung vom 22. Januar 2015 (Bl. 141 d. A.) am Ende selbst vorgetragen hat, dass sich die Zusammenstellung der Produktinformationen permanent und dynamisch ändert, kann die Kammer zudem ausschließen, dass die Zuordnung der beiden konkreten Fotos am 02. Juli 2014 auf einer fixen Auswahlentscheidung beruht, die zu einer Zeit getroffen wurde, als die Antragsgegnerin die Internetseite noch nicht technisch betreute. Im Übrigen hat sie auch weder in ihrem Schriftsatz, noch im Termin dazu konkrete Daten genannt und auch nicht mitgeteilt, wer zuvor für die technische Infrastruktur verantwortlich war.

Die öffentliche Zugänglichmachung der beiden Fotos geschah rechtswidrig. Da die Vertragshändler ausweislich der eidesstattlichen Versicherung des Herrn B… vom 29. Jul 2014, Anlage AS 1 zu einer Unterlizenzierung nicht berechtigt waren und die Antragsgegnerin substantiiert nichts anderes behauptet, ist es unerheblich, wer die Fotos auf ihren Server lud. Selbst wenn es Depositäre gewesen sein sollten, ergäbe sich daraus keine Berechtigung für die Antragsgegnerin, die Bilder nach eigenem Gutdünken anderen Angeboten zuzuordnen, egal, ob dies vollautomatisch geschieht oder nicht.

Die Entscheidung des LG Frankfurt vom 31. Juli 2014 – 2-03 O 128/13 – ist unbehelflich. Sie betrifft das Verhältnis zwischen den Antragstellerinnen und ihren Vertragshändlern und die Frage, ob die Antragstellerinnen berechtigt sind, deren Internethandel vertraglich zu beschränken. Selbst wenn derartige Restriktionen keinen Bestand haben sollten, folgt daraus nicht automatisch, dass auch die außerhalb dieses Vertragsverhältnisses stehende Antragsgegnerin die Fotos verwenden darf.

Ebensowenig kann sich die Antragsgegnerin mit Erfolg auf die Rechtsprechung des BGH zur schlichten Einwilligung – GRUR 2010, 628 und BGH GRUR 2012, 602 – Vorschaubilder I und II – berufen. Sie betrifft die Wiedergabe von Bildern in der Trefferliste von Internetsuchmaschinen. Der BGH geht hier davon aus, dass sich ein Nutzer widersprüchlich verhält, wenn er einerseits seine Werke im Internet präsentiert und die Seite suchmaschinenoptimiert gestaltet bzw. keine Vorkehrungen dagegen trifft, dass Dritte die Seite auffinden, sich dann aber andererseits dagegen wendet, dass sein Werk in der Trefferliste der Suchmaschine als Vorschaubild gezeigt wird. Um eine vergleichbare Interessenlage geht es hier nicht. Die Antragsgegnerin betreibt weder eine Suchmaschine, noch präsentiert sie die Fotos lediglich als Vorschaubild. Sie verwendet sie vielmehr als Illustration konkreter Angebote. Es besteht auch weder eine vergleichbare Interessenlage, noch eine Regelungslücke, die eine entsprechende Anwendung gebieten könnte. Die Suchmaschine nimmt im Verhältnis zwischen Nutzer und Anbieter lediglich die Rolle eines neutralen Mittlers ein, indem sie dafür sorgt, dass der Nutzer diejenige Seite auffindet, die die von ihm gesuchte Information, also bspw. eine bestimmtes Foto enthält. Ob dieses Foto auf der Zielseite zu Recht oder Unrecht erscheint, ist zwischen dem Fotografen und dem Seitenbetreiber zu klären. Hier betätigt sich die Antragsgegnerin schon nicht in einer vergleichbaren Rolle als neutraler Mittler, sondern sie ist der Sphäre der … EU S.a.r.l. und … Services Europe S.a.r.l. zuzuordnen. Diese Gesellschaften nehmen als – nach Angaben der Antragsgegnerin – Seitenbetreiberinnen auch beim … Market Place keine neutrale Mittlerrolle ein, sondern haben als Plattformbetreiber ein eigenes wirtschaftliches Interesse daran, dass die Angebote Dritter auf ihrer Plattform erscheinen. Dies ist Teil ihres Geschäftsmodells und ihrer Dienstleistung, die sie gegenüber den Händlern erbringen.

Die Wiederholungsgefahr wird aufgrund der eingetretenen Rechtsverletzung vermutet.

Sie kann nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung beseitigt werden (BGH GRUR 2008, 996 Rn. 33 – Clone-CD; BGH, Urteil vom 06. Februar 2014 – I ZR 86/12 – Peter Fechter – Rn 25).

Für die Fotos von anderen Gebindegrößen besteht Erstbegehungsgefahr (KG, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 24 W 70/14 = 16 O 235/14). Es ist weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich, dass sich die Händler des … Market Place oder … selbst in seinen eigenen Angeboten sich darauf beschränken, den Duft „Davidoff – The Game“ nur in Form eines 40 – ml- Flakons oder eines 60-ml- Flakons (Vaporisateur) zu präsentieren. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auch andere Gebindegrößen Gegenstand von Angeboten sein können, denen dann die entsprechenden Fotos der Reihe zugeordnet werden.

III.

Es besteht auch ein Verfügungsgrund, denn den Antragstellerinnen muss es möglich sein, Eingriffe in ihre absolut geschützten Rechte sofort zu unterbinden. Für ein dringlichkeitsschädliches Verhalten ist nichts ersichtlich. Es mag sein, dass dieselben Fotos schon den Gegenstand früherer, allerdings gegen andere Konzerngesellschaften geführte Verfügungsverfahren bildeten. Dass (auch) die Antragsgegnerin in den Prozess eingebunden ist, der dazu führt, dass die Fotos in Verbindung mit beliebigen Angeboten angezeigt werden, haben die Antragstellerinnen erst durch die Benennung der Antragsgegnerin im Impressum erfahren. Sie sind danach unmittelbar tätig geworden. Die übrige zeitliche Verzögerung beruht auf Zustellungsschwierigkeiten in Luxemburg, für die die Antragstellerinnen nicht verantwortlich sind.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

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