Voraussetzungen für Geldentschädigung bei Persönlichkeitsrechtsverletzung

12. Mai 2017
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Ein Mann und eine Frau sitzen gemeinsam beim Essen. Der Mann trinkt gerade Rotwein. Urteil des OLG Köln vom 03.11.2016, Az.: 15 U 66/16

Die ungewollte Veröffentlichung von Bildnissen ist ein Eingriff in die Privatsphäre. Für die Rechtsfolge Geldentschädigung bedarf es aber einer schwerwiegenden Verletzung. An einer solchen fehlt es, wenn das Bild lediglich die Klägerin mit ihrem Lebensgefährten beim Essen zeigt. Auch der allgemein gehaltene Wortzusatz „Schock-Fotos – Ist diese Liebe noch zu retten?“ ändert daran nichts, da er auf eine Vielzahl von Berichterstattungen passen würde und keine intimen Details enthält. Gegen eine schwerwiegende Verletzung spricht auch das zwanglose, unauffällige Verhalten des Paares in der konkreten Situation.

Oberlandesgericht Köln

Urteil vom 03.11.2016

Az.: 15 U 66/16

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 6.4.2016 (28 O 398/15) abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung wegen der Veröffentlichung zweier Bildnisse geltend, die am 8.7.2015 im Rahmen eines Artikels mit dem Titel „Schock-Fotos – Ist diese Liebe noch zu retten?“ in der von der Beklagten verlegten Zeitschrift „W T“ auf Seite 4 f. abgedruckt wurden. Die beiden Bildnisse zeigen die Klägerin mit ihrem Lebensgefährten bei einem gemeinsamen Abendessen im Urlaub auf N und die begleitende Wortberichterstattung spekuliert über den Verlauf der zwischen den beiden bestehenden Beziehung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes, des erstinstanzlichen Vortrages der Parteien sowie der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 67 ff. d.A.) Bezug genommen.

Mit Urteil vom 6.4.2016 (28 O 398/15) hat das Landgericht der auf Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 7.500 Euro gerichteten Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die streitgegenständliche Bildberichterstattung greife rechtswidrig in die Privatsphäre der Klägerin ein, weil das gemeinsame Abendessen mit ihrem Lebensgefährten einen rein privaten Moment betreffe. Dabei könne offen bleiben, ob es sich bei dem Ort, an dem das Foto aufgenommen wurde, um einen Innenhof handelte, in den sich die Klägerin absichtlich zurückgezogen habe. Die Situation des Urlaubs unterfalle in besonderer Weise dem Schutz der Privatsphäre. Die Beklagte habe auch schuldhaft gehandelt, weil sie bei Beachtung der journalistischen Sorgfalt habe erkennen können, dass es sich nicht um ein zeitgeschichtliches Ereignis handele. Die Schwere des Eingriffs beruhe zum einen auf dem hohen Grad des Verschuldens der Beklagten und zum anderen auf dem Umstand, dass die Fotos heimlich aufgenommen worden seien. Darüber hinaus sei der Anlass der Berichterstattung von der Beklagten konstruiert worden, weil weder die Bildnisse noch die Wortberichterstattung Anhaltspunkte dafür bieten würden, von einer Beziehungskrise der Klägerin auszugehen. Die Beklagte berichte nicht neutral über die vermeintliche Krise, sondern prognostiziere ein mögliches Ende und werte die Bildnisse als „Schock-Fotos“ ab. Es bestehe auch ein unabweisbares Bedürfnis für eine Geldentschädigung, weil die Persönlichkeit der Klägerin in ihren Grundlagen betroffen sei. Durch die Veröffentlichung von Fotografien, die einen Moment der Zweisamkeit zeigten, werde bei der Klägerin ein besonderes Gefühl des Ausgeliefertseins hervorgerufen und dies durch die begleitenden Spekulationen über das Schicksal ihrer Beziehung noch verstärkt. Die von der Beklagten abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung könne die Persönlichkeitsrechtsverletzung der Klägerin nicht befriedigend auffangen.

Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie macht geltend, der angeblich hohe Grad des Verschuldens der Beklagten könne nicht damit begründet werden, dass das gemeinsame Abendessen der Klägerin mit ihrem Lebensgefährten kein zeitgeschichtliches Ereignis darstelle. Denn hierbei handele es sich um eine Abwägungsfrage. Die Beklagte habe im Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht wissen können, zu welchem Ergebnis die Kammer bei dieser Abwägung gelangen werde. Auch der Umstand, dass die Fotos angeblich heimlich aufgenommen worden seien, könne keine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung begründen. Zum einen sei es lediglich so gewesen, dass die Klägerin und ihr Lebensgefährte den Fotografen nicht bemerkt hätten, was keine Heimlichkeit begründe. Zum anderen sei dieser Gesichtspunkt nur im Rahmen der Feststellung einer unzulässigen Veröffentlichung des Bildnisses nach § 23 Abs. 2 KUG von Bedeutung und könne kein zusätzliches Argument für einen Entschädigungsanspruch darstellen. Auch die – zwischen den Parteien streitige – Frage, ob die Ausführungen der Beklagten zur Beziehungskrise der Klägerin konstruiert seien sowie die weitere Frage, ob die Wertung der Bildnisse als „Schock-Fotos“ angemessen sei, könne nur im Rahmen der Prüfung eines Unterlassungsanspruchs herangezogen werden, nicht aber einen Anspruch auf Entschädigung begründen. Schließlich sei die Klägerin auch nicht einem Gefühl des Ausgeliefertseins unterworfen gewesen, weil – so die Behauptung der Beklagten – sie sich nicht zu dem Essen zurückgezogen habe, um ungestört zu sein. Allein der Umstand, dass es sich vorliegend um ein „Paparazzi-Foto“ handele, rechtfertige auch unter Berücksichtigung des Präventionsgedankens keine Geldentschädigung.

Soweit die Klägerin erst mit der Berufungserwiderung Entscheidungen vorgelegt habe, in denen die Beklagte zur Unterlassung der Veröffentlichung von (Urlaubs-) Fotos der Klägerin verurteilt worden sei oder sich sonst verpflichtet habe, könne die erstinstanzliche Verurteilung nicht auf den damit vermeintlich bestehenden Gesichtspunkt der Hartnäckigkeit gestützt werden. Mit der Konstruktion eines neuen Klagegrundes sei die Klägerin präkludiert, weil eine entsprechende Klageänderung in zweiter Instanz unzulässig sei.

Die Beklagte beantragt,

das am 6.4.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Köln (28 O 398/15) aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt die angefochtene Entscheidung. Das Landgericht habe nach zutreffender Abwägung aller Umstände des Einzelfalls eine Geldentschädigung zuerkannt. Dabei habe die Kammer insbesondere berücksichtigt, dass die Beklagte vorsätzlich gehandelt habe, das Foto einen besondere geschützten Bereich – sowohl in räumlicher als auch thematischer Hinsicht – gezeigt habe, die Art und Weise der Aufnahme (Heimlichkeit) zu beanstanden sei und schließlich im Rahmen der Wortberichterstattung eine nicht existente Beziehungskrise herbeigeredet worden sei. Der Beklagten sei aufgrund ihrer Erfahrungen in presserechtlichen Fragen sowie den früher gegen sie erfolgreich geltend gemachten Unterlassungsansprüchen (Anlage BK 1 – 4) bekannt, dass die Veröffentlichung von Aufnahmen wie den streitgegenständlichen unzulässig sei. Auch die begleitende Wortberichterstattung, die eine normale und vertraute Situation zwischen der Klägerin und ihrem Lebensgefährten abwerte und haltlose Spekulationen enthalte, könne im Rahmen der Gesamtabwägung für die Geldentschädigung berücksichtigt werden. Aufgrund des Umstandes, dass die Beklagte wiederholt und vorsätzlich rechtswidrig berichtet habe, sei ein Berufen auf die Präventivfunktion ebenso zulässig.

Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist begründet und führt unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zur Klageabweisung.

Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung zu, weil sie durch die Veröffentlichung der beiden Bildnisse zwar in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt wird, diese Verletzung jedoch nicht so schwerwiegend ist, dass unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls eine Entschädigung unabweisbar geboten ist. Dies gilt auch in Ansehung des von der Klägerin in zweiter Instanz zulässigerweise eingeführten Gesichtspunktes eines hartnäckigen Verhaltens der Beklagten.

Im Einzelnen:

1. Die Veröffentlichung der beiden Bildnisse stellt – wie die Beklagte letztlich selbst nicht in Abrede stellt – einen rechtswidrigen Eingriff in die Privatsphäre der Klägerin dar, den die Beklagte gemäß §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 2 i.V.m. §§ 22, 23 KUG, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG zu unterlassen hat. Der Beklagten ist auch ein Verschulden anzulasten, da sie schon angesichts des Inhalts der streitgegenständlichen Bildnisse und erst recht unter Berücksichtigung der in der Vergangenheit erfolgten Verbote und Unterlassungserklärungen zu vergleichbaren Urlaubsbildnissen der Klägerin zumindest billigend in Kauf genommen hat, deren Persönlichkeitsrecht zu verletzen, weil es erkennbar an einem Ereignis der Zeitgeschichte fehlt. Die Beklagte kann sich in diesem Zusammenhang insbesondere nicht darauf berufen, sie habe im Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht wissen können, zu welchem Ergebnis die Abwägung im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommt, weil es zunächst allein Aufgabe der Beklagten selbst ist, unter Anwendung der ihr als Presseorgan obliegenden Sorgfalt eine Abwägung zwischen den Persönlichkeitsrechten des Betroffenen sowie dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit durchzuführen.

2. Jedoch fehlt es im Rahmen der Veröffentlichung dieser Bildnisse an einer hinreichend schwerwiegenden Verletzung der Rechte der Klägerin als Voraussetzung für einen Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung.

a. Die Bildnisse an sich enthalten keine eigenständige Verletzung, die bei der Frage eines schwerwiegenden Eingriffs mit herangezogen werden könnte. Denn beide Fotos zeigen die Klägerin aus Sicht des durchschnittlichen Rezipienten in einer neutralen Pose beim Abendessen mit ihrem Lebensgefährten. Auf dem einen Foto hält die Klägerin ein Weinglas in der Hand und blickt mit neutralem/ernstem Gesichtsausdruck auf den Tisch, auf dem anderen Foto führt sie – mit einem vergleichbaren Gerichtsausdruck – ein Besteck in eine auf dem Tisch vor ihr stehende Schüssel. Weder die Kleidung noch der Gesichtsausdruck der Klägerin, etwaige sichtbare körperliche Unzulänglichkeiten oder sonstige Umstände enthalten aus Sicht eines durchschnittlichen Rezipienten auf diesen Bildnissen eine ihrer Person abträgliche Darstellung. Die Klägerin wird weder aus einer nachteiligen Perspektive noch in einer unvorteilhaften Pose oder in einer Umgebung gezeigt, in der sie nicht mit Fotoaufnahmen rechnen musste; die Bildnisse enthüllen auch kein privates oder gar intimes Geheimnis der Klägerin. Dass es sich bei der auf den Fotos abgebildeten Situation, nämlich dem privaten Abendessen der Klägerin mit ihrem Lebensgefährten in einem Restaurant, um ihre Privatsphäre handelt, führt zur Unzulässigkeit der Bildberichterstattung, jedoch für sich allein betrachtet (noch) nicht zu einem schwerwiegenden Eingriff.

b. Auch die begleitende Wortberichterstattung rechtfertigt es nicht, eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung als Voraussetzung eines Entschädigungsanspruchs zu bejahen. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass die gesamte Berichterstattung aus reiner Spekulation besteht; selbst die Beklagte behauptet mit der Berufungsbegründung nicht, dass sie im Zeitpunkt der Berichterstattung über konkrete Anhaltspunkte für eine Beziehungskrise zwischen der Klägerin und ihrem Lebensgefährten bzw. ein baldiges Ende dieser Beziehung verfügte oder aber heute verfügt. Jedoch enthalten diese Spekulationen weder ehrenrührige oder sonst abträgliche Aussagen über die Klägerin noch gegen sie gerichtete Vorwürfe wegen des vermeintlichen Scheiterns ihrer Beziehung oder aber private bzw. intime Details ihres (Beziehungs-)Lebens. Vielmehr beschränkt sich die Wortberichterstattung auf allgemein gehaltene Ausführungen, wie sie auf nahezu jede (prominente) Beziehung passen würden, soweit diese Gegenstand einer entsprechenden Berichterstattung durch die Boulevardpresse wäre.

Soweit der Senat in seiner Entscheidung vom 25.2.2014 (15 U 101/13) hinsichtlich der Veröffentlichung eines Bildnisses von einem privaten Abendessen des dortigen Klägers einen schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht bejaht hat, lag dies in den speziellen Umständen des Einzelfalls begründet und ist nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar. Zwar hält der Senat an den in dieser Entscheidung dargelegten Grundsätzen fest, wonach bei der Prüfung einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung Berücksichtigung finden muss, ob die im Wortbeitrag gegebenen Informationen das bildlich fixierte Verhalten des Betroffenen und sein optisches Erscheinungsbild insgesamt in schlechtem Licht erscheinen lassen und ihn abwerten. Insofern wurde in diesem Fall berücksichtigt, dass die begleitenden Wortberichterstattung von fehlender Frisur, fehlenden Manieren, lichtem Haar, einer leichten „Plautze“ sowie Gesichtsspeck des Klägers sprach und sich mit hämischen Kommentaren über seine psychische Erscheinung ausließ. Eine vergleichbare Wortberichterstattung findet sich im vorliegenden Fall nicht. Zwar wird über ein Ende der Beziehung der Klägerin spekuliert und diese Spekulation mit den streitgegenständlichen Bildnissen unterlegt. Die Beschreibung dieser Bildnisse in der Wortberichterstattung beschränkt sich jedoch auf die Darlegung, dass die Klägerin und ihr Lebensgefährte sich anschweigen und sich ihre Blicke nicht kreuzen. Anders als im Verfahren 15 U 101/13 ist auf den betreffenden Bildnissen aber gerade nicht der Inhalt der weiteren Wortberichterstattung zum angeblichen Ende der Beziehung der Klägerin zu verifizieren, da eben nicht erkennbar ist, dass diese Beziehung gefährdet oder sogar schon beendet wäre. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, sind die Haltung und der Gesichtsausdruck der Klägerin und ihres Lebensgefährten zwanglos dem Erscheinungsbild einer langjährigen Beziehung (mit Gesprächspausen, teilweise auch ernsten Blicken, einem nicht permanentem In-die-Augen-schauen etc.) zuzuordnen. Ein durchschnittlicher Rezipient ist daher auch vor dem Hintergrund der begleitenden Wortberichterstattung nicht in der Lage, den streitgegenständlichen Fotos konkrete Hinweise auf eine vermeintliche Beziehungskrise zu entnehmen.

c. Weiter vermag auch der vom Landgericht herangezogene Umstand der Heimlichkeit der Aufnahme keine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin zu begründen. Dabei kann dahinstehen, ob es sich vorliegend tatsächlich um eine objektiv heimliche Aufnahme handelte, die – was die Beklagte in Abrede stellt – mittels eines Teleobjektivs aus großer Entfernung aufgenommen wurde oder ob die Klägerin und ihr Begleiter schlicht den gegebenenfalls in ihrer Nähe sitzenden Fotografen nicht bemerkt haben. Denn der Anfertigung der Aufnahme ging unstreitig keine dauerhafte Belagerungs- oder Verfolgungssituation voraus und die Fotos wurden auch nicht in einer Örtlichkeit gefertigt, in der objektiv kein Anlass für die Annahme bestand, vor Fotografen „sicher“ zu sein. Selbst wenn es sich nämlich – wie die Klägerin vorträgt – um einen Platz im hinteren Bereich des Innenhof des Restaurants gehandelt haben sollte, auf dem die Gäste wenig Aufmerksamkeit auf sich ziehen, so bleibt es dabei, dass sich die Klägerin und ihr Lebensgefährte unstreitig in einem öffentlich zugänglichen Restaurant aufhielten. Die Klägerin hat weder Einlasskontrollen noch eine sonstige Beschränkung des Zutritts zu dieser Örtlichkeit bzw. zu dem betreffenden Innenhof behauptet; vielmehr war es auch nach ihrem Vortrag so, dass in dem Innenhof noch einige andere (wenn auch wenige) Plätze mit Gästen besetzt waren (vgl. Bl. 4 d.A.). Wenn auch diese örtliche und thematische Abgeschiedenheit bei der Frage eine Rolle spielt, ob die Örtlichkeit bzw. der Anlass das Geschehen der Privatsphäre zuordnen sind und damit eine Bildberichterstattung nach §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG unzulässig ist, kann dieser Umstand nicht gleichzeitig als Argument für einen aufgrund der konkreten Umstände vermeintlich schwerwiegenden Eingriff in die Privatsphäre herangezogen werden.

d. Der Senat hat geprüft, ob eine Geldentschädigung zugunsten der Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Hartnäckigkeit als gerechtfertigt anzusehen ist, dies aber letztlich verneint.

aa. Entgegen der Ansicht der Beklagten stehen allerdings der Berücksichtigung des klägerischen Vortrags, wonach die Beklagte bereits in der Vergangenheit Bildnisse von Urlaubsaufenthalten der Klägerin veröffentlicht hat und jeweils zur Unterlassung verurteilt wurde bzw. Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben hat, keine Präklusionsvorschriften entgegen. Eine Anwendung von § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Beklagte die insoweit von der Klägerin behaupteten Tatsachen nicht bestritten hat und unstreitiger Vortrag im Berufungsverfahren auch dann zu berücksichtigen ist, wenn er erstmals erfolgt. Auch liegt in dem Vorbringen der Klägerin keine ggf. unzulässige Klageänderung im Sinne von § 533 ZPO, weil die Klägerin ihre Klageforderung nicht in zweiter Instanz auf einen anderen Lebenssachverhalt stützt, sondern lediglich ein Tatbestandsmerkmal des Geldentschädigungsanspruchs, nämlich das Vorliegen einer schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechts, mit weiterem tatsächlichen und unstreitigen Tatsachenvortrag füllt.

bb. Dieser Gesichtspunkt führt jedoch in der Sache nicht dazu, einen Entschädigungsanspruch der Klägerin zu bejahen, weil der Senat das Vorliegen einer hartnäckigen Verletzung des klägerischen Persönlichkeitsrechts durch die Beklagte unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falls nicht zu bejahen vermag.

Eine wiederholte und hartnäckige Verletzung des Rechts am eigenen Bild, die um des wirtschaftlichen Vorteils willen erfolgt, kann sich zwar als schwere, eine Geldentschädigung rechtfertigende Verletzung darstellen, auch wenn die einzelne Bildveröffentlichung, jeweils für sich betrachtet, nicht als schwerwiegend einzustufen ist. Die Besonderheit einer Verletzung des Rechts am eigenen Bild besteht nämlich darin, dass dem Verletzten gegen die unzulässige Veröffentlichung keine anderen Abwehrmöglichkeiten als ein Anspruch auf eine Geldentschädigung zur Verfügung stehen. Daraus folgt, dass in einem solchen Fall an die Zubilligung eines Entschädigungsanspruchs geringere Anforderungen als in anderen Fällen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung zu stellen sind. Lässt die Vorgehensweise des Presseorgans eine besondere Hartnäckigkeit erkennen, indem wiederholt Bildveröffentlichungen vorgenommen werden, obwohl nach dem jeweiligen Erscheinen der Fotos zeitnah abgemahnt wird, eine Unterlassungserklärung abgegeben wird bzw. einstweilige Verfügungen erlassen werden, dann kann eine Entschädigung gerechtfertigt sein (vgl. BGH, Urt. 5.10.2004 – VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298).

Eine solche Hartnäckigkeit der Beklagten kann jedoch auch nach dem Vortrag der Klägerin (noch) nicht angenommen werden. Zwar hat die Beklagte insgesamt dreimal in jährlichen Abständen, nämlich im August 2013, im Juli 2014 sowie durch die streitgegenständliche Berichterstattung im Juli 2015 Bildnisse aus dem Urlaub der Klägerin auf N veröffentlicht, die entweder Fotos von Restaurantbesuchen, Strandleben oder Einkaufstouren der Klägerin zeigen und jeweils mit Spekulationen über ihre Beziehung verbunden waren. Jedoch ist sowohl der zeitliche Abstand zwischen den einzelnen Bildberichterstattungen als auch die absolute Häufigkeit derselben unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falles (noch) nicht geeignet, ein hartnäckiges Verhalten der Beklagten anzunehmen, das eine Geldentschädigung zugunsten der Kläger als gerechtfertigt erscheinen lässt. Soweit der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 5.10.2004 (VI ZR 255/03) ein hartnäckiges Verhalten bejaht hat, hatte er insgesamt neun Bildberichterstattungen in zwölf Monaten zu bewerten, die ein minderjähriges Kind betrafen, welches als solches nicht in der Öffentlichkeit stand. Dagegen erreicht die Bildberichterstattung der Beklagten über die Klägerin weder eine vergleichbare zahlenmäßige Häufigkeit noch die inhaltliche Intensität dieser Eingriffe. Dabei verkennt der Senat nicht, dass durchaus eine gewisse Gleichförmigkeit im Verhalten der Beklagten dahingehend zu erkennen ist, dass sie jeweils im Sommer eines jeden Jahres Urlaubsfotos der Klägerin bzw. ihres Lebensgefährten veröffentlicht, ohne sich um die in den Vorjahren ergangenen Verbote bzw. die von ihr abgegebenen Unterlassungserklärungen zu kümmern; im Jahre 2015 hat sie dies nach der streitgegenständlichen Berichterstattung schon einen Monat später, nämlich im August 2015 fortgeführt. Jedoch ist bei der Frage eines hartnäckigen und damit eine Geldentschädigung rechtfertigenden Verhaltens der Beklagten auch die Stellung der Klägerin zu berücksichtigen. Bei dieser handelt es sich nicht um ein minderjähriges Kind, welches als solches nicht in der Öffentlichkeit steht und in seiner kindlichen Entwicklung geschützt werden muss. Vielmehr steht die Klägerin aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit als Sängerin in erheblichem Maße in der Öffentlichkeit, tritt dort auch in Begleitung ihres Lebensgefährten auf und ist nicht zuletzt in ihren beruflichen und finanziellen Erfolgen von ihrem Auftreten in eben dieser Öffentlichkeit abhängig. Dies ist nach Ansicht des Senats ein entscheidender Gesichtspunkt dafür, im vorliegenden Fall ein hartnäckiges und damit entschädigungswürdiges Verhalten der Beklagten (noch) zu verneinen.

e. Selbst wenn man – dem Vortrag der Klägerin folgend – im Hinblick auf eine (unterstellte) Hartnäckigkeit im Verhalten der Beklagten einen hinreichend schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin bejahen würde, steht einem Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung entgegen, dass es dafür an einem unabweisbaren Bedürfnis mangelt. Zwar kann die erfolgte Veröffentlichung der Bildnisse und die damit ausgelöste Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin nicht mehr rückgängig gemacht werden und auch die strafbewehrte Unterlassungserklärung der Beklagten kann insofern keinen Ausgleich bieten. Jedoch ist nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls weder die Persönlichkeit der Klägerin in ihren Grundlagen betroffen noch wird durch die Veröffentlichung der Bildnisse bei der Klägerin ein Gefühl des Ausgeliefertseins hervorgerufen, womit ein unabweisbares Bedürfnis für eine Geldentschädigung begründet wäre.

In diesem Zusammenhang hat der Senat insbesondere in Rechnung gestellt, dass die Klägerin sich zwar bei einem privaten Abendessen befand, sich dabei jedoch in einem öffentlich zugänglichen Restaurant aufhielt und die Bildnisse – wie bereits ausgeführt – auch im Übrigen nach Art und Inhalt der Darstellung der Klägerin und ihres Lebensgefährten keine Anhaltspunkte dafür enthalten, dass die Grundlagen der Persönlichkeit der Klägerin betroffen würden. Insofern ist wiederum zu berücksichtigen, dass die Klägerin in der Vergangenheit durchaus auch Teile ihres Privatlebens – insbesondere die Beziehung zu ihrem Lebensgefährten – der öffentlichen Erörterung zugänglich macht, indem sie sich der Presse stellt bzw. diese informiert.

3. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 91 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10 S. 1, 711, 713 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, da die Beurteilung des Rechtsstreits auf der Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und im Übrigen auf den Einzelfallumständen beruht. Höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den konkreten Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, haben sich nicht gestellt und waren nicht zu entscheiden.

Streitwert: 7.500 Euro

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