Zu den Anforderungen an eine Markennennung in einem Werbemittel

07. Februar 2017
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Markengesetz mit farblicher Markierung Urteil des OLG Frankfurt a. M. vom 03.11.2016, Az.: 6 U 63/16

Ein zu Werbezwecken verwendetes Zeichen einer fremden Marke kann im Rahmen einer Markennennung nach § 23 Nr. 3 MarkenG nur dann gerechtfertigt sein, wenn das streitgegenständliche Zeichen aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise zweifelfrei als fremde Marke und somit nicht als eigene Marke für das Produkt des Verwenders zu verstehen ist. Ein entsprechender Sternchen-Hinweis scheidet hierfür schon grundsätzlich aus, wenn die Auflösung in nahezu unlesbar kleiner Schrift und statt unmittelbar neben der Markennennung erst am unteren Rand der Seite oder durch Einbindung in den Fließtext der Produktinformation erfolgt.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Urteil vom 03.11.2016

Az.: 6 U 63/16

Tenor

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 16.03.2016 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Entscheidungsgründe

Von der Darstellung des Sachverhalts wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin richtet sind lediglich gegen ihre Verurteilung nach den Eilanträgen zu 1) (Verwendung der Marke „Lube-Shuttle“) und zu 6) (Werbung mit der Aussage „Der Allrounder für jedes System“). Die Berufung hat keinen Erfolg, weil das Landgericht mit Recht den Unterlassungsanträgen der Antragstellerin stattgegeben hat:

1. Der Antragstellerin steht aus § 14 Abs. 5, Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch wegen Verletzung ihrer Marke „LUBE-SHUTTLE“ (Anlage AST 1a) zu.

a) Das Landgericht hat mit Recht festgestellt, dass kein Fall der Doppelidentität vorliegt (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Beide Parteien vertreiben zwar identische Produkte, nämlich handbetriebene Pressen, mit denen Fette und Schmierstoffe in der Produktion, der Instandhaltung oder der Wartung von Geräten bereitgestellt werden können (sog. „Fettpressen“). Das Zeichen wird von der Antragsgegnerin aber in sämtlichen Verletzungsformen innerhalb einer stilisierten Kartusche abgebildet und daher eindeutig auf solche Produkte bezogen. Für „Fettkartuschen“, die in die Fettpressen eingelegt werden, ist die Klagemarke nicht eingetragen.

b) Eine Markenverletzung gem. § 14 II 2 MarkenG setzt voraus, dass das angegriffene Zeichen markenmäßig benutzt wird (Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., Rn. 106 zu § 14 MarkenG m. w. N.). Das richtet sich nach dem Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise. Die Werbung richtet sich zwar in erster Linie an Gewerbetreibende und Landwirte. Diese wenden aber zum Verständnis der Aussage keine Spezialkenntnisse an, so dass auch die Senatsmitglieder das Verkehrsverständnis aus eigener Anschauung beurteilen können.

In den angegriffenen Werbemitteln wird das Zeichen „Lube Shuttle“ eindeutig als Marke erkannt. Die Positionierung des Zeichens innerhalb der stilisierten Kartusche vermittelt das Verständnis, es handle sich um die Marke dieser Kartusche. Tatsächlich werden mit Lizenz der Antragstellerin von Drittfirmen auch 400 g Schraubkartuschen unter der Marke „Lube Shuttle“ vertrieben. Die Antragsgegnerin hat das Zeichen um den Zusatz „®“ ergänzt, der grundsätzlich die Erwartungshaltung begründet, dass das Zeichen eine eingetragene Marke des Verwenders darstellt (BGH GRUR 2009, 888, [BGH 26.02.2009 – I ZR 219/06] Tz 16 – Thermoroll). Selbst wenn der Zusatz „®“ wegen der kleinen Schriftgröße bei einigen Werbemitteln nicht erkannt werden sollte, so ist es jedenfalls ausgeschlossen, dass der Leser annimmt, es handle sich bei „Lube Shuttle“ um eine beschreibende Angabe. „Lube“ (engl.: Gleitmittel, Schmiere) und „Shuttle“ (engl.: Pendelvorrichtung) haben auch für einen der englischen Sprache mächtigen Leser keine unmittelbar einleuchtende inhaltliche und damit glatt beschreibende Bedeutung.

c) Eine kennzeichenmäßige Nutzung wird angenommen, wenn durch die Verwendung des fremden Zeichens dessen Herkunftsfunktion beeinträchtigt wird. Das ist immer dann der Fall, wenn der angesprochene Verkehr durch die Verwendung der Marke den Eindruck erhalten kann, das Markenprodukt stamme aus dem eigenen Haus des Werbenden oder es bestünden zwischen ihm und dem Markeninhaber vertragliche oder organisatorische Verbindungen.

Davon abzugrenzen sind die Fälle der Markennennung, d. h. die offene Nutzung eines Zeichens „als fremde Marke“. Das ist mittlerweile üblich im Dienstleistungsbereich (EuGH WRP 1999, 407 – BMW/Deenik) aber auch im Ersatzteilgeschäft (BGH GRUR 2005, 423, Tz. 18 – Staubsaugerfiltertüten). In diesem Fall liegt eine Benutzung der Marke für die eigenen Waren oder Dienstleistungen darin, dass mit der Markennennung der Absatz der eigenen Leistungen – auf andere Weise als durch einen herkunftshinweisenden Gebrauch – gefördert wird (EuGH GRUR 2008, 698 Tz. 35, 36 – O 2 Holdings).

d) Die Antragsgegnerin will ihre Werbemittel in diesem Sinne verstanden wissen („in unsere Fettpressen passen auch die mit der Marke „Lube-Shuttle“ gekennzeichneten Kartuschen“). Eine Markennennung, die durch § 23 Nr. 3 MarkenG gerechtfertigt sein kann, setzt allerdings voraus, dass der Adressat das Zeichen zweifelsfrei als „fremde Marke“ erkennt. Daran fehlt es bei allen Verletzungsformen:

Keines der Werbemittel enthält eine ausdrückliche Aussage, dass die Fettpressen für die „Lube-Shuttle“-Kartuschen bestimmt oder verwendbar sind („…passend für…“ „…bestimmt für“, „…geeignet für…“). In keinem der Werbemittel wird hinreichend deutlich, dass es sich bei „Lube-Shuttle“ um eine fremde Marke handelt.

Bei der Produktverpackung (Anlage AST 4 g) ist auf der Vorderseite überhaupt kein entsprechender Hinweis angebracht. Die Werbemittel gem. Anlage AST 4a) (Home-Page der Antragsgegnerin), Anlage AST 4b) (Ausschnitt aus der Homepage-Produktseite), AST 4c) (Produktdatenblätter), Anlage AST 4e) (Messeprospekt C als Download) und Anlage AST 4f) (Flyer) sind jeweils mit einem sog. „Sternchen“ bzw. einer Fußnote versehen, die durch die Aussage „eingetragene Marke der Fa. A“ aufgelöst werden.

Der Senat bezweifelt, ob der aus den oben geschilderten Umständen abzuleitende Eindruck eines Herkunftshinweises durch einen „Sternchenhinweis“ überhaupt noch ausgeräumt werden kann. Das kann hier allerdings offen bleiben, denn der Hinweis ist entweder so klein gedruckt, dass er nicht lesbar ist (Anlage AST 4a) oder die Auflösung befindet sich nicht unmittelbar neben der Markennennung sondern am unteren Rand der Seite oder er ist in den Fließtext mit den Produktinformationen eingebunden, wo der Verkehr keine Hinweise auf die fremde Marke eines Zubehörteils vermutet. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die Ausführungen des Landgerichts, denen er folgt.

Ein Sonderfall stellt der Messeprospekt gem. Anlage AST 4d) dar, den der Geschäftsführer der Antragstellerin, Herr B, am Messestand der Antragsgegnerin auf der C mitgenommen hat. Hier will die Antragsgegnerin glaubhaft machen, dass es sich um einen Fehldruck handelt und dass sie alle Prospekte erst nach einer entsprechenden handschriftlichen Ergänzung an Interessenten ausgegeben hat. Der Senat kann dem nicht folgen:

Dass es sich bei Anlage AST 4d) um einen Fehldruck des Messeprospekts handelt, ist schon deshalb zweifelhaft, weil die Antragsgegnerin kein Exemplar eines in ihrem Sinne „korrekten“ Messeprospekts vorgelegt hat sondern nur solche, bei denen handschriftliche Änderungen vorgenommen worden sind. Es ist unstreitig, dass dieser Prospekt am Messestand der Antragsgegnerin verfügbar war. Die eidesstattlich versicherte Aussage des Geschäftsführers der Antragsgegnerin, Herr D, diese Prospekte seien erst kurz vor dem Besuch von Herrn B „frisch“ angeliefert worden, wird durch die eidesstattlichen Versicherungen der eigenen Mitarbeiter E und G nicht bestätigt (Anlagen AG 15 und AG 16) und sie steht im Widerspruch zum Inhalt der gegnerischen eidesstattlichen Versicherung von Herrn G (Anlage AST 42). Die Feststellungen des Landgerichts werden daher durch die Berufung nicht in Zweifel gezogen.

e) Das Landgericht hat mit Recht angenommen, dass Verwechslungsgefahr besteht. Das Zeichen „LUBE-Shuttle“ ist aus den o. g. Gründen zumindest durchschnittlich kennzeichnungskräftig. Es besteht Zeichenidentität. Diese setzt grundsätzlich eine vollständige Übereinstimmung der kollidierenden Zeichen voraus. Unschädlich sind aber so geringfügige Unterschiede zwischen den Zeichen, dass sie einem Durchschnittsverbraucher entgehen können (BGH GRUR 2015, 607 [BGH 12.03.2015 – I ZR 188/13] Tz. 22 – Uhrenankauf im Internet; BGH GRUR 2015, 1009 [BGH 12.03.2015 – I ZR 153/14] Tz. 15 – BMW – Enblem). Dies ist hier der Fall, da sich die gegenüberstehenden Zeichen lediglich in der Groß – und Kleinschreibung und im Weglassen des „Bindestrichs“ unterscheiden. Die gegenüberstehenden Waren „Fettpressen“ und „Fettkartuschen“ sind hochgradig ähnlich, weil es sich um Komplementärprodukte handelt, die ohne Verwendung des „Gegenstücks“ keinen eigenen Nutzen haben (vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., Rn 93 zu § 9 MarkenG, vgl. zuletzt EuGH GRUR-RR 2016, 274 – Carrera).

f) Die Antragsgegnerin kann sich nicht darauf berufen, dass der Geschäftsführer der Antragstellerin, Herr B gegenüber dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin, Herrn D, die Verwendung der Werbemittel anlässlich seines Besuchs auf der Messe „C“ gebilligt hätte. Dieses Einverständnis könnte sich ohnehin nur auf die Werbematerialien bzw. die Verpackung gem. Anlagen AST 4 d), f) und g) erstrecken, da nur diese Materialien am Werbestand vorhanden waren. Die Antragsgegnerin hat eine solche Billigung nicht glaubhaft machen können:

Herr B und Herr D haben unstreitig am Messestand eine Auseinandersetzung wegen der Kennzeichnung des Messeprospekts und des darin enthaltenen Prospektblatts geführt. Es liegt schon nach der Lebenserfahrung fern, dass der Geschäftsführer eines Unternehmens fremde Werbematerialien, in denen das eigene Logo enthalten ist, „freizeichnet“, ohne sich zuvor rechtlichen Rat eingeholt zu haben. Es gab auch hier keinen vernünftigen Grund, warum Herr B dies hier hätte tun sollen.

Die Schilderung der verbalen Auseinandersetzung durch Herrn B ist lebensnah und einleuchtend. Die Schilderung von Herrn D ist dagegen weniger plausibel und sie wird in dem o. g. Punkt durch die eidesstattlichen Versicherungen der eigenen Mitarbeiter nicht bestätigt. Es spricht ferner gegen die Antragsgegnerin, dass sie diese Rechtsverteidigung nicht schon in der vorgerichtlichen Korrespondenz sondern erstmals in ihrem Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung vorgebracht hat. Die Antragsgegnerin kann nicht vorbringen, dass sie Herrn B in Bezug auf vorangegangene eidesstattliche Versicherungen der Lüge überführt worden wäre. Mit dessen eidesstattlicher Versicherung vom 15.3.2016 (Anlage AST 32) werden die vorangegangenen Aussagen zur Existenz weiterer 400 g Schraubkartuschen hinreichend aufgeklärt.

2. Das Landgericht hat der Antragsgegnerin mit Recht die Werbung mit der Aussage „Der Allrounder für jedes System“ untersagt, denn sie ist in dem hier verwendeten Kontext irreführend (§ 5 Abs. 1 UWG). Auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung wird verwiesen. Die Berufungsbegründung rechtfertigt keine davon abweichende Beurteilung:

Maßstab der Beurteilung ist zunächst der Wortlaut der Aussage, der ohne weitere Konkretisierung oder Einschränkung so verstanden wird, dass das Produkt für jedes am Markt befindliche Kartuschensystem verwendet werden kann. Das wird auch durch den Produktnamen „X“ unterstrichen.

In den Anlagen AST 4 d)- f) wird die Aussage isoliert, d. h. nicht in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit der Abbildung der drei Kartuschen verwendet. Der Verkehr bezieht sie deshalb auf alle am Markt befindlichen Kartuschen, also auch auf die 500g-Kartuschen des Herstellers Y, mit denen die X nicht kompatibel ist. Auch in den anderen Werbematerialien, wo die Aussage in das orange hinterlegte Piktogramm eingebettet ist, wird nicht hinreichend deutlich, dass die Aussage in einem einschränkenden Sinn gemeint ist. Selbst wenn der Verkehr weiß, dass es DIN-Normen gibt, wird er nicht wissen, welchen genauen Inhalt sie haben und er wird deshalb auch nicht wissen, dass es neben den „UMETA“, den „DIN 1284“, und den LUBE Shuttle-Kartuschen noch andere am Markt befindliche Kartuschen gibt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

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