Zur Urheberrechtsverletzung an einem geschützten Werk durch die Präsentation auf einer Messe
Bundesgerichtshof
Urteil vom 23.02.2017
Az.: I ZR 92/16
Tenor
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Februar 2017
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. April 2016 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der Gebrüder T. AG, die zuletzt im Jahre 1978 mit Mart Stam einen unbefristeten Lizenzvertrag zur Herstellung und zum Vertrieb von hinterbeinlosen Stahlrohrstühlen (Freischwingern) nach dem Vorbild des von ihm im Jahre 1926 geschaffenen – nachfolgend abgebildeten – Stuhls geschlossen hat:
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Die Beklagte, ein in Polen ansässiges Unternehmen, stellte in der Zeit vom 21. bis 25. Oktober 2014 auf der internationalen und an Fachbesucher gerichteten Büromöbelmesse ORGATEC in Köln das von Paul Brooks geschaffene Stuhlmodell „Zoo“ in verschiedenen Ausführungsformen aus. Auf dem Boden des Messestandes der Beklagten befand sich neben den ausgestellten Stühlen jeweils der Hinweis „Prototype“. Nachfolgend sind die beiden als Freischwinger ausgeführten Varianten dieses Stuhlmodells abgebildet:
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Ferner verteilte die Beklagte auf der Messe die Werbemappe „Latest Collections“. Diese enthält einen Werbeträger für das Stuhlmodell „Zoo“. Auf dessen Vorderseite befindet sich die Aufschrift „Zoo by Paul Brooks“ und die Abbildung verschiedener Ausführungen dieses Modelltyps. Auf der Rückseite wird in deutscher und englischer Sprache damit geworben, in welchen Konfigurationen die Modellreihe erhältlich sei (Farbe, Polsterung, mit/ohne Armlehne, Freischwinger). Auf der Rückseite der Werbemappe, in die der Werbeträger für das Stuhlmodell eingelegt war, befindet sich der Hinweis „Kolektionen [sic] ab 2015 bestellbar. Bitte beachten Sie, dass sich die Produktspezifikationen während des Entwicklungsprozesses ändern können.“ Weiterhin war auf der Messe ein Produktkatalog erhältlich, aus dem sich ergibt, dass die Modellreihe „Zoo“ noch in der Entwicklungsphase sei.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe das Urheberrecht an dem als Werk der angewandten Kunst urheberrechtlich geschützten Mart-Stam-Stuhl verletzt. Die beiden als „Freischwinger“ ausgeführten Varianten des Stuhlmodells „Zoo“ fielen in den Schutzbereich des Mart-Stam-Stuhls. Die Beklagte habe durch das Ausstellen dieser Stühle auf der Messe in das ausschließliche Recht zum Verbreiten des Mart-Stam-Stuhls eingegriffen. Ferner habe das Verteilen und Veröffentlichen von Werbematerial mit Abbildungen der Stühle das ausschließliche Recht zum Verbreiten und Öffentlich-Zugänglichmachen des Mart-Stam-Stuhls verletzt. Es bestehe zudem die naheliegende Gefahr, dass die Beklagte in Deutschland Werbematerial mit Abbildungen der Stühle herstellen lasse und dadurch in das ausschließliche Recht zum Vervielfältigen des Mart-Stam-Stuhls eingreife.
Die Klägerin hat die Beklagte durch anwaltliches, dem Geschäftsführer der Beklagten am 21. Oktober 2014 auf der Messe übergebenes Schreiben unter Fristsetzung bis 20 Uhr desselben Tages abgemahnt. Hierdurch entstanden ihr Kosten in Höhe einer 1, 3-fachen Geschäftsgebühr aus einem Streitwert von 150.000 € zuzüglich der Auslagenpauschale von 20 €.
Die Klägerin nimmt die Beklagte – soweit noch von Bedeutung – auf Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von 2.305,40 € nebst Zinsen in Anspruch.
Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von 1.141,90 € nebst Zinsen verurteilt. Es hat angenommen, die Abmahnung sei zwar bezüglich des Verbreitens und Öffentlich-Zugänglichmachens von Abbildungen der Stühle, nicht aber bezüglich des Vervielfältigens von Abbildungen der Stühle und auch nicht bezüglich des Anbietens und Verbreitens der Stühle berechtigt gewesen. Das Landgericht hat der Klägerin daher (nur) Abmahnkosten in Höhe einer 1, 3-fachen Geschäftsgebühr aus einem anteiligen Streitwert von 30.000 € zuzüglich der Auslagenpauschale von 20 € zuerkannt. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstrebt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung weiterer Abmahnkosten in Höhe von 1.163,50 € nebst Zinsen.
Entscheidungsgründe
A. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erstattung weiterer Anwaltskosten. Die Abmahnung sei weder hinsichtlich des Verbreitens von Stühlen im Inland noch bezüglich des Vervielfältigens von Abbildungen der Stühle im Inland berechtigt gewesen. Dazu hat es ausgeführt:
Die beiden auf der Messe präsentierten und als Freischwinger gestalteten Varianten des Stuhlmodells „Zoo“ verletzten das Urheberrecht an dem von Mart Stam geschaffenen Stahlrohrstuhl. Die Klägerin sei als Rechtsnachfolgerin der Lizenznehmerin und Inhaberin der ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte aktivlegitimiert.
Die Beklagte habe nicht in das Verbreitungsrecht am Mart-Stam-Stuhl eingegriffen. Sie habe auf der Messe keine Stühle in Verkehr gebracht. Die Ausstellung der Stuhlmodelle auf der Messe und die begleitende Prospektwerbung stellten kein Anbieten an die Öffentlichkeit dar. Die beiden ausgestellten Stühle seien ersichtlich nicht zur Abgabe bestimmt gewesen. Die genaue Beschaffenheit der später zu vermarktenden Modelle sei zum Zeitpunkt der Ausstellung noch nicht bekannt gewesen. Die Ausstellung der Stuhlmodelle habe auch nicht die Gefahr begründet, die Beklagte werde in naher Zukunft in Deutschland entsprechende Stühle anbieten und vertreiben.
Die Beklagte habe das Vervielfältigungsrecht am Mart-Stam-Stuhl nicht verletzt. Sie habe das Werbematerial mit Abbildungen der beiden Stuhlmodelle nicht in Deutschland herstellen lassen. Es sei nicht zu befürchten, dass sie ihre Werbematerialien künftig in Deutschland herstellen lasse.
B. Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.
I. Die Revision ist uneingeschränkt zulässig. Der Entscheidungssatz des Berufungsurteils enthält keine Beschränkung der Revisionszulassung. Eine solche Beschränkung ergibt sich auch nicht aus den Entscheidungsgründen. Das Berufungsgericht hat dort ausgeführt, es habe die Revision zugelassen, weil der Frage, unter welchen Umständen das Ausstellen eines Prototyps auf einer Messe das Verbreitungsrecht des Urhebers verletze oder zumindest eine Erstbegehungsgefahr begründe, grundsätzliche Bedeutung zukomme und jedenfalls für das Urheberrecht noch nicht höchstrichterlich geklärt sei. Damit ist lediglich der Grund für die Zulassung der Revision genannt. Das genügt nicht, um mit der notwendigen Sicherheit von einer nur beschränkten Zulassung des Rechtsmittels auszugehen (BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 – I ZR 63/06, GRUR 2009, 515 Rn. 17 = WRP 2009, 445 – Motorradreiniger; Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 7/14, GRUR 2016, 184 Rn. 11 = WRP 2016, 66 – Tauschbörse II, mwN). Die Zulassung der Revision erstreckt sich daher entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch auf die Beurteilung des Berufungsgerichts, der im Hinblick auf das Herstellen von Werbematerial mit Abbildungen der Stühle erhobene Unterlassungsanspruch sei unbegründet.
II. Die Revision ist nicht begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Ersatz weiterer Abmahnkosten zu. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Abmahnung hinsichtlich der damit geltend gemachten Unterlassungsansprüche wegen einer Verletzung des ausschließlichen Rechts zum Verbreiten (dazu B II 3) und Vervielfältigen (dazu B II 4) des Mart-Stam-Stuhls unberechtigt war.
1. Nach § 97a Abs. 3 Satz 1 UrhG kann der Ersatz der für eine Abmahnung erforderlichen Aufwendungen verlangt werden, soweit die Abmahnung berechtigt ist und – was hier nicht in Frage steht – den Anforderungen des § 97a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4 UrhG entspricht. Eine Abmahnung ist berechtigt, wenn der mit der Abmahnung geltend gemachte Unterlassungsanspruch besteht. Nach § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG kann derjenige, der das Urheberrecht widerrechtlich verletzt, von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Nach § 97 Abs. 1 Satz 2 UrhG besteht der Anspruch auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.
2. Das Berufungsgericht ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass es sich bei dem von Mart Stam geschaffenen Stahlrohrstuhl um ein in Deutschland nach § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG urheberrechtlich geschütztes Werk der angewandten Kunst handelt (vgl. auch BGH, Urteil vom 27. Februar 1961 – I ZR 127/59, GRUR 1961, 635, 637 f. – Stahlrohrstuhl I; Urteil vom 27. Mai 1981 – I ZR 102/79, GRUR 1981, 820, 822 f. – Stahlrohrstuhl II). Es hat weiter ohne Rechtsfehler angenommen, dass die beiden von der Beklagten auf der Messe präsentierten, als Freischwinger gestalteten Varianten des Stuhlmodells „Zoo“ in den Schutzbereich des Urheberrechts an dem von Mart Stam geschaffenen Stahlrohrstuhl fallen. Es ist ferner zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Lizenznehmerin und Inhaberin der ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte berechtigt ist, Ansprüche wegen einer Verletzung des Urheberrechts an dem von Mart Stam geschaffenen Stahlrohrstuhl geltend zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 1999 – I ZR 65/96, BGHZ 141, 267, 272 f. – Laras Tochter).
3. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Abmahnung hinsichtlich der damit geltend gemachten Unterlassungsansprüche wegen einer Verletzung des ausschließlichen Rechts zum Verbreiten des Mart-Stam- Stuhls nicht berechtigt war, weil zum Zeitpunkt der Abmahnung weder eine die Wiederholungsgefahr begründende Verletzungshandlung vorlag (dazu B II 3 a) noch eine Erstbegehungsgefahr bestand (dazu B II 3 b).
a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass hinsichtlich des ausschließlichen Rechts zum Verbreiten des Mart-Stam-Stuhls keine die Wiederholungsgefahr begründende Verletzungshandlung vorlag. Die Beklagte hat durch das Ausstellen der beiden als Freischwinger gestalteten Varianten des Stuhlmodells „Zoo“ auf der Messe nicht in das ausschließliche Recht des Urhebers aus § 17 Abs. 1 UrhG zum Verbreiten von Vervielfältigungsstücken des in Deutschland urheberrechtlich geschützten Stahlrohrstuhls eingegriffen.
aa) Das Verbreitungsrecht im Sinne von § 17 Abs. 1 UrhG ist das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen. Da es sich bei dem Verbreitungsrecht um ein nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft harmonisiertes Recht handelt, ist die Bestimmung des § 17 Abs. 1 UrhG richtlinienkonform auszulegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Richtlinie 2001/29/EG das Verbreitungsrecht vollständig harmonisiert und die Mitgliedstaaten das dadurch begründete Schutzniveau daher weder unterschreiten noch überschreiten dürfen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2009 – I ZR 247/03, GRUR 2009, 840 Rn. 19 f. = WRP 2009, 1127 – Le-Corbusier- Möbel II, mwN; Urteil vom 5. November 2015 – I ZR 91/11, GRUR 2016, 490 Rn. 32 = WRP 2016, 596 – Marcel-Breuer-Möbel II; Urteil vom 5. November 2015 – I ZR 76/11, GRUR 2016, 487 Rn. 30 = WRP 2016, 599 – Wagenfeld- Leuchte II; zum Recht der öffentlichen Wiedergabe vgl. EuGH, Urteil vom 13. Februar 2014 – C-466/12, GRUR 2014, 360 Rn. 33 bis 41 – Svensson/Retriever Sverige; BGH, Urteil vom 9. Juli 2015 – I ZR 46/12, GRUR 2016, 171 Rn. 17 = WRP 2016, 224 – Die Realität II).
bb) Nach Art. 4 Abs. 1 Richtlinie 2001/29/EG sehen die Mitgliedstaaten vor, dass den Urhebern in Bezug auf das Original ihrer Werke oder auf Vervielfältigungsstücke davon das ausschließliche Recht zusteht, die Verbreitung an die Öffentlichkeit in beliebiger Form durch Verkauf oder auf sonstige Weise zu erlauben oder zu verbieten. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat Art. 4 Abs. 1 Richtlinie 2001/29/EG dahin ausgelegt, dass der Inhaber des ausschließlichen Verbreitungsrechts an einem geschützten Werk Angebote zum Erwerb oder gezielte Werbung in Bezug auf das Original oder auf Vervielfältigungsstücke des Werkes auch dann verbieten kann, wenn nicht erwiesen ist, dass es aufgrund dieser Werbung zu einem Erwerb des Schutzgegenstands durch einen Käufer aus der Union gekommen ist, sofern die Werbung die Verbraucher des Mitgliedstaats, in dem das Werk urheberrechtlich geschützt ist, zu seinem Erwerb anregt (EuGH, Urteil vom 13. Mai 2015 – C-516/13, GRUR 2015, 665 Rn. 35 = WRP 2015, 849 – Dimensione und Labianca/Knoll).
cc) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe nach diesen Maßstäben nicht in das Verbreitungsrecht am Mart-Stam-Stuhl eingegriffen. Sie habe auf der Messe keine Stühle im Sinne von § 17 Abs. 1 Fall 2 UrhG in Verkehr gebracht. Die Ausstellung der Stuhlmodelle und die begleitende Prospektwerbung auf der Messe stelle auch kein Anbieten an die Öffentlichkeit im Sinne des § 17 Abs. 1 Fall 1 UrhG dar. Die beiden ausgestellten Stühle seien ersichtlich nicht zur Abgabe bestimmt gewesen. Die genaue Beschaffenheit der später zu vermarktenden Modelle sei zum Zeitpunkt der Ausstellung noch nicht bekannt gewesen. Die beiden ausgestellten Stühle seien als Prototypen gekennzeichnet gewesen. Dem begleitenden Prospektmaterial habe sich entnehmen lassen, dass die gesamte Serie „Zoo“, zu der auch die beiden von der Klägerin beanstandeten Freischwinger gehörten, noch nicht bestellbar sei und die Beklagte sich Veränderungen der Stuhlmodelle ausdrücklich vorbehalte. Die Beklagte habe daher nicht für den Erwerb der später noch herzustellenden Stühle geworben. Es habe nicht festgestanden, dass die Stühle in ihrer endgültigen Gestaltung in den Schutzbereich des Mart-Stam-Stuhls fallen. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand.
(1) Die Revision macht vergeblich geltend, nach der Lebenserfahrung sei entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts davon auszugehen, dass auf einer Messe ausgestellte Produkte gezielt beworben würden, um die Messebesucher zu ihrem (späteren) Erwerb anzuregen.
Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung „Keksstangen“ im Rahmen der Prüfung eines auf lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutz (§ 4 Nr. 9 UWG aF; § 4 Nr. 3 UWG) gestützten Unterlassungsanspruchs ausgeführt, eine Erstbegehungsgefahr könne nicht mit einem allgemeinen Erfahrungssatz begründet werden, wegen der Präsentation eines Produkts oder einer Produktverpackung auf einer Messe im Inland sei auch von einem bevorstehenden Anbieten, Vertreiben und sonstigen Inverkehrbringen im Inland auszugehen (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2014 – I ZR 133/13, GRUR 2015, 603 Rn. 21 bis 24 = WRP 2015, 717 – Keksstangen). Entgegen der Ansicht der Revision können diese Ausführungen zu der Frage, wie die Präsentation eines Produkts auf einer Messe von den Besuchern aufgefasst wird, im Streitfall herangezogen werden, auch wenn sie wettbewerbsrechtliche Ansprüche und das Tatbestandsmerkmal der Begehungsgefahr und nicht urheberrechtliche Ansprüche und das Tatbestandsmerkmal der Verbreitung betreffen. Der Umstand, dass es im vorliegenden Fall um den absoluten Schutz geistigen Eigentums und bei wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen um reines Handlungsunrecht geht, steht dem nicht entgegen.
Danach gibt es keinen Erfahrungssatz, dass die Präsentation eines Produkts auf einer Messe im Inland die Besucher stets zum Erwerb dieses Produkts im Inland anregen soll (vgl. BGH, GRUR 2015, 603 Rn. 21 – Keksstangen). So wird es regelmäßig bereits an einer gezielten Werbung für den Erwerb des ausgestellten Erzeugnisses fehlen, wenn nicht ein vertriebsfertiges Produkt, sondern lediglich ein Prototyp oder eine Designstudie ausgestellt wird, um die Reaktionen des Marktes auf ein erst im Planungszustand befindliches Produkt zu testen (BGH, GRUR 2015, 603 Rn. 22 – Keksstangen). Ferner ist in der Präsentation eines Produkts auf einer internationalen Messe nicht ohne weiteres eine gezielte Werbung für den Erwerb des ausgestellten Erzeugnisses im Inland zu sehen. Für international ausgerichtete Fachmessen ist es charakteristisch, dass sich dort Aussteller aus verschiedenen Staaten an in- und ausländische Interessenten wenden. Bei internationalen Messen geht es mithin gerade auch um die Anbahnung von Geschäftsbeziehungen zwischen ausländischen Parteien ohne Inlandsbezug (BGH, GRUR 2015, 603 Rn. 24 – Keksstangen). Weiter ist zu berücksichtigen, dass produktspezifische Besonderheiten – wie etwa eine besondere Gestaltungsnähe zu im Inland vertriebenen Konkurrenzprodukten oder andere rechtliche Risiken – einen Hersteller zu einer unterschiedlichen Vertriebsstrategie veranlassen können (BGH, GRUR 2015, 603 Rn. 29 – Keksstangen). Sie können ihn beispielsweise dazu bewegen, das Produkt lediglich im Ausland oder im Inland nur mit einem größeren Gestaltungsabstand zu den Konkurrenzprodukten zu vertreiben. Allein die Präsentation eines Erzeugnisses auf einer Messe im Inland rechtfertigt daher nicht in jedem Fall die Annahme, der Aussteller bewerbe das ausgestellte Produkt damit gezielt, um die Messebesucher zu seinem späteren Erwerb im Inland anzuregen.
(2) Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, aus der Bezeichnung der ausgestellten Stühle als „Prototype“ und der die Ausstellung der Stühle begleitenden Prospektwerbung ergebe sich, dass die Beklagte die Messebesucher mit der Ausstellung der in den Schutzbereich des Mart-Stam-Stuhls fallenden Freischwinger-Stuhlmodelle nicht gezielt zum Erwerb von diesen Stuhlmodellen entsprechenden, gleichfalls in den Schutzbereich des Mart-Stam-Stuhls eingreifenden Freischwinger-Stühlen angeregt habe.
Die Revision macht geltend, in der Bezeichnung der ausgestellten Stühle als „Prototype“ liege – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – eine gezielte Werbung der Beklagten für den Erwerb diesen Stühlen entsprechender Produkte. Bei einem „Prototyp“ handele es sich nach allgemeinem Sprachgebrauch (Duden) um eine „als Vorbild, Muster dienende charakteristische Ur- bzw. Grundform“, die jedenfalls dann, wenn – wie hier – eine konkrete (künftige) „Bestellbarkeit“ in Aussicht gestellt werde, ersichtlich als Grundlage für eine entsprechende Serienproduktion dienen solle.
Damit hat die Revision keinen Erfolg. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war dem die Ausstellung begleitenden Prospektmaterial zu entnehmen, dass die gesamte Serie „Zoo“, zu der auch die beiden Freischwinger gehörten, noch nicht bestellbar war und die Beklagte sich Veränderungen der Stuhlmodelle ausdrücklich vorbehielt. Das Berufungsgericht hat angenommen, unter diesen Umständen hätten die Messebesucher in der Ausstellung der Stühle keine gezielte Werbung der Beklagten für den Erwerb von mit den ausgestellten Stühlen identischen Produkten gesehen, die ebenso wie diese in den Schutzbereich des Mart-Stam-Stuhls fielen.
Die Revision wendet dazu ein, der Umstand, dass das spätere Serienprodukt mit den präsentierten Prototypen möglicherweise nicht vollständig identisch sei und die Beklagte in ihrer Werbemappe darauf hingewiesen habe, dass sich die Produktspezifikationen während des Entwicklungsprozesses ändern könnten, rechtfertige keine andere Beurteilung. Es bestehe die Gefahr, dass das Messepublikum allein im Hinblick auf die Möglichkeit einer Identität zwischen Prototyp und Serienprodukt von einem Erwerb des Originalproduktes absehe. Im Übrigen beträfen Änderungen von Produktspezifikationen bekanntlich lediglich Produktdetails und nicht die Grundform des Produkts. Die Hinweise im Werbematerial auf Änderungen der Produktspezifikationen seien widersprüchlich und daher unbeachtlich, weil an anderer Stelle des Werbematerials der Eindruck erweckt werde, dass der Entwicklungsprozess zum Zeitpunkt der Messepräsentation bereits abgeschlossen gewesen sei. Der angesprochene Verkehr messe derartigen Änderungsvorbehalten keine besondere Bedeutung zu, weil sie in Werbematerialien weithin üblich seien und ersichtlich vorrangig dem Zweck eines Ausschlusses möglicher Rechtsansprüche wegen Abweichungen zwischen dem Produkt und seinen Abbildungen im Werbematerial dienten. Die Hinweise auf mögliche Änderungen seien ferner unbeachtlich, weil nicht gewährleistet gewesen sei, dass die Messebesucher sie zur Kenntnis nehmen.
Damit dringt die Revision nicht durch. Sie versucht lediglich, die tatrichterliche Beurteilung durch ihre abweichende eigene zu ersetzen, ohne einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts darzulegen. Insbesondere zeigt sie keinen vom Berufungsgericht übergangenen Sachvortrag der Klägerin auf. Bei ihrem Vorbringen handelt es sich vielmehr weitgehend um neuen Sachvortrag, mit dem sie in der Revisionsinstanz nicht gehört werden kann (§ 559 Abs. 1 ZPO).Das Berufungsgericht hat seine Annahme, die Beklagte habe nicht gezielt für den Erwerb von den ausgestellten Freischwinger-Stuhlmodellen entsprechenden, gleichfalls in den Schutzbereich des Mart-Stam-Stuhls eingreifenden Freischwinger-Stühlen geworben, nicht allein mit möglichen Änderungen der Produktspezifikation des Freischwinger-Stuhlmodells begründet. Vielmehr hat es auch darauf abgestellt, dass die Serie „Zoo“ nicht nur aus den beiden von der Klägerin beanstandeten Freischwinger-Varianten der Stühle bestanden habe und zum Zeitpunkt der Messe unter Berücksichtigung des klaren Änderungsvorbehalts im begleitendenden Prospektmaterial denkbar gewesen sei, dass die Beklagte die Freischwinger-Varianten fallen lasse.
Die Revision macht vergeblich geltend, die rein formale Bezeichnung eines urheberrechtsverletzenden Messe-Exponats als „Prototyp“ oder ein Änderungsvorbehalt in begleitenden Werbematerialien könne die Annahme einer Verbreitung aus Rechtsgründen nicht ausschließen, weil andernfalls einer missbräuchlichen Verwendung derartiger Bezeichnungen und Hinweise erheblicher Vorschub geleistet werde. Das Berufungsgericht hat den die Ausstellung begleitenden Werbematerialien konkrete Anhaltspunkte dafür entnommen, dass es sich bei dem ausgestellten Stuhlmodell „Zoo“ um ein noch nicht vertriebsfertiges Produkt handelte und die Beklagte mit der Ausstellung der Stuhlmodelle nicht gezielt für den Erwerb mit den ausgestellten Modellen identischer Stühlen warb. Es gibt keinen Anhaltspunkt für die Annahme, die Beklagte habe durch die Verwendung der Bezeichnung „Prototyp“ oder den Änderungsvorbehalt in den Werbematerialien lediglich vorgespiegelt, dass es sich um ein noch nicht vertriebsfähiges Produkt handelt.
b) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Ausstellung des Stuhlmodells „Zoo“ auf der Messe keine Erstbegehungsgefahr hinsichtlich einer Verletzung des ausschließlichen Rechts zum Verbreiten des Mart-Stam-Stuhls begründet hat.
aa) Die Annahme einer Erstbegehungsgefahr setzt ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, dass der Anspruchsgegner sich in naher Zukunft rechtswidrig verhalten wird. Dabei muss sich die Erstbegehungsgefahr auf eine konkrete Verletzungshandlung beziehen. Die die Erstbegehungsgefahr begründenden Umstände müssen die drohende Verletzungshandlung so konkret abzeichnen, dass sich für alle Tatbestandsmerkmale zuverlässig beurteilen lässt, ob sie verwirklicht sind. Da es sich bei der Begehungsgefahr um eine anspruchsbegründende Tatsache handelt, liegt die Darlegungs- und Beweislast beim Anspruchsteller (vgl. BGH, GRUR 2015, 603 Rn. 17 – Keksstangen, mwN).
bb) Ob die Ausstellung eines Produkts auf einer Messe ein hinreichend konkreter Umstand für die Erwartung ist, der Aussteller werde das fragliche Produkt in naher Zukunft in Deutschland anbieten und vertreiben, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Allein die Präsentation eines Erzeugnisses auf einer Messe reicht nicht in jedem Fall für die Annahme einer Erstbegehungsgefahr aus (für markenrechtliche Ansprüche vgl. BGH, Urteil vom 22. April 2010 – I ZR 17/05, GRUR 2010, 1103 1 bis 23 = WRP 2010, 1508 – Pralinenform II; für wettbewerbsrechtliche Ansprüche aus lauterkeitsrechtlichem Nachahmungsschutz vgl. BGH, GRUR 2015, 603 Rn. 19 – Keksstangen). Eine Erstbegehungsgefahr kann nicht mit einem allgemeinen Erfahrungssatz begründet werden, wegen der Präsentation eines Produkts auf einer Messe im Inland sei auch von einem bevorstehenden Anbieten oder Inverkehrbringen im Inland auszugehen. Diese Betrachtungsweise wird dem Umstand nicht gerecht, dass es verschiedene Formen von Messen und der Präsentation von Produkten auf Messen gibt (vgl. BGH, GRUR 2015, 603 Rn. 21 – Keksstangen).
cc) Das Berufungsgericht hat angenommen, nach diesen Maßstäben habe die Ausstellung der in den Schutzbereich des Mart-Stam-Stuhls fallenden Freischwinger-Variante des Stuhlmodells „Zoo“ auf der Messe nicht die Gefahr begründet, die Beklagte werde in naher Zukunft in Deutschland entsprechende, gleichfalls in den Schutzbereich des Mart-Stam-Stuhls eingreifende Stühle anbieten und vertreiben. Die beiden ausgestellten Stühle seien deutlich als Prototypen gekennzeichnet gewesen. Dem begleitendenden Prospektmaterial habe sich ein klarer Hinweis darauf entnehmen lassen, dass die Beklagte sich Änderungen vorbehalte. Da die Serie „Zoo“ nicht nur aus den beiden von der Klägerin beanstandeten Freischwinger-Varianten der Stühle bestanden habe, sei zum Zeitpunkt der Messe denkbar gewesen, dass die Beklagte diese Varianten fallen lasse. Auch diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand.
(1) Die Revision macht geltend, aus der Bezeichnung der ausgestellten Stühle als „Prototype“ und der die Ausstellung der Stühle begleitenden Prospektwerbung ergebe sich nicht, dass eine Erstbegehungsgefahr zu verneinen sei. Vielmehr sei im Hinblick darauf, dass auf der Messe bereits mit der Bestellbarkeit der Stühle geworben worden sei, davon auszugehen gewesen, dass die Stühle jedenfalls in der vom ausgestellten Prototyp charakterisierten Grundform in den Verkehr gebracht würden. Angesichts der bereits auf der Messe angekündigten Bestellbarkeit der Stuhlmodelle erweise sich auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, zum Zeitpunkt der Messe sei denkbar gewesen, dass die Beklagte die beanstandeten Freischwinger-Varianten der Stühle fallen lasse, als erfahrungswidrig. Aus denselben Gründen habe die Messepräsentation der Beklagten nicht nur dem Zweck gedient, eine Vertriebsentscheidung vorzubereiten. Das ergebe sich aus dem Brief des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten vom 4. Februar 2015, in dem es heiße „[…] zusätzlich haben alle gewusst, dass es ein Prototyp ist und wir hatten einige Monate für die Abänderung des Gestells, falls wir tatsächlich das Urheberrecht verletzt haben und die Firma T. [die Klägerin] mit Verlusten gefährden.“
Damit dringt die Revision nicht durch. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wurde auf der Messe nicht mit der sofortigen Bestellbarkeit der ausgestellten Stühle geworben, sondern mit der künftigen Bestellbarkeit der gegebenenfalls während des Entwicklungsprozesses hinsichtlich ihrer Produktspezifikationen geänderten Stühle. Auf der Grundlage dieser Feststellung ist die Annahme des Berufungsgerichts, zum Zeitpunkt der Messe hätten keine greifbaren Anhaltspunkte dafür bestanden, dass die Beklagte in naher Zukunft in Deutschland Stühle anbietet und vertreibt, die wie die ausgestellten Freischwinger in den Schutzbereich des Mart-Stam-Stuhls eingreifen, und es sei denkbar gewesen, dass die Beklagte die beanstandeten Freischwinger- Varianten der Stühle fallen lasse, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Aus dem von der Klägerin zitierten Schreiben des Vorstandvorsitzenden der Beklagten ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision, dass die Messepräsentation der Beklagten auch dem Zweck diente, eine Vertriebsentscheidung vorzubereiten, nämlich die Entscheidung, die ausgestellten Stühle im Falle einer Verletzung von Urheberrechten der Klägerin mit einem anders gestalteten Gestell zu vertreiben.
(2) Die Revision macht geltend, das Berufungsgericht habe damit, dass es die Entscheidung „Keksstangen“ des Senats zur Begründung seiner Entscheidung herangezogen habe, verkannt, dass sich diese Entscheidung ausschließlich zur Frage der Begehungsgefahr bei wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen verhalte, und das Tatbestandsmerkmal der Begehungsgefahr im Urheberrecht wegen des urheberrechtlichen Schutzgedankens in einem weiteren Sinne auszulegen sei als im Recht des unlauteren Wettbewerbs oder bei einer Verletzung von gewerblichen Schutzrechten. Das habe zur Folge, dass eine Messepräsentation im Zweifel für die Annahme einer urheberrechtlichen Erstbegehungsgefahr für ein Inverkehrbringen im Inland und somit für eine Verbreitung im Sinne von § 17 Abs. 1 UrhG und Art. 4 Abs. 1 Richtlinie 2001/29/EG ausreiche, sofern im jeweiligen Einzelfall nicht konkrete Anhaltspunkte gegen eine solche Gefahr sprächen.
Damit hat die Revision keinen Erfolg. Es gibt keinen sachlichen Grund, den Begriff der Begehungsgefahr im Wettbewerbsrecht und im Urheberrecht unterschiedlich auszulegen, je nachdem, ob der Unterlassungsanspruch wegen der Verletzung einer Produktgestaltung auf lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutz oder auf Urheberrecht gestützt wird. Im Übrigen hat das Berufungsgericht im vorliegenden Fall konkrete Anhaltspunkte festgestellt, die gegen die Gefahr eines Inverkehrbringens von Stühlen des Stuhlmodells „Zoo“ sprechen, die in den Schutzbereich des urheberrechtlich geschützten Mart-Stam- Stuhls fallen.
4. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Abmahnung hinsichtlich des damit geltend gemachten Unterlassungsanspruchs wegen einer Verletzung des ausschließlichen Rechts zum Vervielfältigen des Mart- Stam-Stuhls durch Herstellen von Werbematerial mit Abbildungen der beiden Freischwinger-Stuhlmodelle nicht berechtigt war, weil insofern weder eine die Wiederholungsgefahr begründende Verletzungshandlung vorlag (dazu B II 4 a) noch eine Erstbegehungsgefahr bestand (dazu B II 4 b).
a) Das Herstellen von Werbematerial mit Abbildungen der beiden Freischwinger-Stuhlmodelle kann grundsätzlich in das ausschließliche Recht des Urhebers aus § 16 Abs. 1 UrhG zur Vervielfältigung des Mart-Stam-Stuhls eingreifen. Dem steht nicht entgegen, dass der Mart-Stam-Stuhl damit nicht in seiner plastischen Körperform, sondern als Flächenabbildung vervielfältigt wird. Jede körperliche Festlegung eines Werkes, die geeignet ist, das Werk den menschlichen Sinnen auf irgendeine Art mittelbar oder unmittelbar wahrnehmbar zu machen, stellt eine Vervielfältigung im Sinne des § 16 Abs. 1 UrhG dar (BGH, Urteil vom 1. Juli 1982 – I ZR 119/80, GRUR 1983, 28, 29 – Presseberichterstattung und Kunstwerkwiedergabe II, mwN). Dazu gehört auch die Vervielfältigung von körperlichen Kunstwerken durch bildhafte Wiedergabe (BGH, Urteil vom 4. Mai 2000 – I ZR 256/97, BGHZ 144, 232, 234 f. – Parfumflakon I).
b) Das Berufungsgericht hat angenommen, es liege keine die Wiederholungsgefahr begründende Verletzungshandlung der Beklagten vor; sie habe das Werbematerial mit Abbildungen der beiden Stuhlmodelle nicht in Deutschland herstellen lassen. Die Revision hat insoweit keine Rügen erhoben.
c) Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, insoweit bestehe auch keine Erstbegehungsgefahr. Es sei nicht zu befürchten, dass die in Polen ansässige Beklagte ihre Werbematerialien in Deutschland herstellen lasse. Werbematerial für Messen werde typischerweise vor der Messe und am Sitz des Unternehmens beschafft. Die Herstellung von Werbematerial in Polen begründe nicht die Gefahr der Herstellung von Werbematerial in Deutschland. Insoweit komme es nicht darauf an, ob der Mart-Stam-Stuhl in Polen urheberrechtlich geschützt sei. Die Verletzung des polnischen Urheberrechts würde jedenfalls keine Erstbegehungsgefahr für eine Verletzung des deutschen Urheberrechts begründen. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Rügen der Revision haben keinen Erfolg.
aa) Die Revision macht vergeblich geltend, es gebe keinen Erfahrungssatz, dass ein Unternehmen Werbematerial für eine Messe üblicherweise nicht am Sitz der Messe, sondern am Sitz des Unternehmens herstellen lasse; es sei vielmehr eher vom Gegenteil auszugehen. Damit versucht die Revision erneut, die tatrichterliche Beurteilung durch ihre abweichende eigene zu ersetzen, ohne einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts darzutun. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Annahme des Berufungsgerichts erfahrungswidrig ist. Die Revision kann mit dieser Rüge auch deshalb keinen Erfolg haben, weil es sich bei der Begehungsgefahr um eine anspruchsbegründende Tatsache handelt und die Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen einer Erstbegehungsgefahr bei der Klägerin als Anspruchstellerin liegt (vgl. BGH, GRUR 2015, 603 Rn. 17 – Keksstangen, mwN). Die Revision hat keinen vom Berufungsgericht übergangenen Sachvortrag der Klägerin aufgezeigt, aus dem sich ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Beklagte in naher Zukunft Werbematerial in Deutschland herstellen lässt.
bb) Das Berufungsgericht hat sich entgegen der Darstellung der Revision nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gesetzt. Der Bundesgerichtshof ist allerdings in einem Fall, in dem ein Unternehmen seine Erzeugnisse außerhalb des Gebiets der Europäischen Union herstellen ließ, im Hinblick darauf, dass die Frage des Produktionsstandorts oder einer Eigen- oder Auftragsfertigung bei einem produzierenden Unternehmen in erster Linie eine Kostenfrage ist, die sich fortlaufend ändern kann, von einer Begehungsgefahr für ein Herstellen oder Herstellenlassen innerhalb der Europäischen Union durch dieses Unternehmen ausgegangen (BGH, Urteil vom 28. September 2011 – I ZR 23/10, GRUR 2012, 512 Rn. 52 = WRP 2012, 558 – Kinderwagen I).
Die Annahme, ein Unternehmen könne den Standort für die Produktion seiner Erzeugnisse aus Kostengründen ändern, steht jedoch nicht in Widerspruch zu der Annahme, ein Unternehmen lasse Werbematerial für Messen typischerweise am Sitz des Unternehmens herstellen. Die Revision hat keinen vom Berufungsgericht übergangenen Sachvortrag der Klägerin aufgezeigt, aus dem sich ergibt, dass die Beklagte aus Kostengründen bestrebt sein könnte, die Herstellung des Werbematerials von Polen nach Deutschland zu verlagern. Da die Kosten für die Herstellung von Werbematerial erfahrungsgemäß wesentlich geringer sind als die Kosten für die Produktion der Erzeugnisse, besteht kein vergleichbarer Anreiz, durch eine Verlagerung der Herstellung des Werbematerials Kostenvorteile zu erzielen.
cc) Die Revision macht vergeblich geltend, das Berufungsgericht hätte die Frage des urheberrechtlichen Schutzes des Mart-Stam-Stuhls in Polen nicht offenlassen dürfen. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass es auf diese Frage nicht ankommt, weil die Verletzung des polnischen Urheberrechts keine Erstbegehungsgefahr für eine Verletzung des deutschen Urheberrechts begründen würde. Eine Verletzungshandlung, die in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union begangen wird, begründet zwar bei einem unionsweit wirkenden Schutzrecht in der Regel eine Begehungsgefahr für das gesamte Gebiet der Europäischen Union und damit einen unionsweiten Unterlassungsanspruch (zum Gemeinschaftsgeschmacksmuster vgl. BGH, GRUR, 2012, 512 Rn. 49 – Kinderwagen I, mwN). Die Verletzung eines nur im Gebiet eines Mitgliedstaats wirkenden Schutzrechts – wie hier des Urheberrechts – begründet jedoch für sich genommen keine Erstbegehungsgefahr für die Verletzung eines nur im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wirkenden Schutzrechts.
5. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 – C-283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 – C. I. L. F. I. T.). Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt ist oder nicht zweifelsfrei zu beantworten ist. Die von der Revision aufgeworfene Frage, ob für die Annahme einer Verbreitungshandlung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Richtlinie 2001/29/EG ein Zusammenhang mit einer Eigentumsübertragung zu fordern ist, ist nicht entscheidungserheblich und zudem bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt. Das Berufungsgericht hat eine Verletzung des Verbreitungsrechts wegen fehlenden Eingriffs in den Schutzbereich des urheberrechtlich geschützten Werkes und nicht wegen eines fehlenden Zusammenhangs mit einer Eigentumsübertragung verneint. Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass eine Verbreitung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Richtlinie 2001/29/EG nur bei einer Übertragung des Eigentums am Original oder einem Vervielfältigungsstück des Werkes vorliegt (EuGH, Urteil vom 17. April 2008 – C-456/06, Slg. 2008, I-2731 = GRUR 2008, 604 – Peek & Cloppenburg/Cassina; vgl. BGH, GRUR 2009, 840 – Le-Corbusier-Möbel II).
C. Danach ist die Revision gegen das Berufungsurteil auf Kosten der Klägerin (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen.
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 18.06.2015 – 14c O 184/14 –
OLG Düsseldorf, Entscheodung vom 19.04.2016 – I-20 U 99/15 –