Gentechnisch veränderter Honig
Eigener Leitsatz:
Zukünftig müssen alle Lebensmittel, die auch nur geringste Rückstände von Genpflanzen beispielsweise in Form von Pollen enthalten, vor Bereitstellung zum Handel geprüft und zugelassen werden. Auch wenn die Pollen einer genetisch veränderten Pflanze keinen genetisch veränderten Organismus darstellen, müssen nun Produkte wie Honig oder Nahrungsergänzungsmittel, die derartige Stoffe enthalten, gesondert gekennzeichnet und überwacht werden. Zudem werden genaueste Überprüfungen notwendig sein, um festzustellen, ob es sich um gentechnisch veränderte Pflanzen oder um solche aus konventionellem oder ökologischen Anbau handelt.
Europäischer Gerichtshof
Urteil vom 06.09.2011
Az.: C-442/09
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)
6. September 2011(*)
In der Rechtssache C‑442/09
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 26. Oktober 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 13. November 2009, in dem Verfahren
Karl Heinz Bablok,
Stefan Egeter,
Josef Stegmeier,
Karlhans Müller,
Barbara Klimesch
gegen
Freistaat Bayern,
Beigeladene:
Monsanto Technology LLC,
Monsanto Agrar Deutschland GmbH,
Monsanto Europe SA/NV,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten A. Tizzano, J. N. Cunha Rodrigues, K. Lenaerts, J.‑C. Bonichot und J.‑J. Kasel, der Richter G. Arestis, A. Borg Barthet, M. Ilešič, J. Malenovský und L. Bay Larsen (Berichterstatter), der Richterin C. Toader und des Richters M. Safjan,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. Dezember 2010,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– von Herrn Bablok, Herrn Egeter, Herrn Stegmeier, Herrn Müller und Frau Klimesch, vertreten durch Rechtsanwälte A. Willand und G. Buchholz,
– der Monsanto Technology LLC, der Monsanto Agrar Deutschland GmbH und der Monsanto Europe SA/NV, vertreten durch Rechtsanwälte M. Kaufmann, J. Dietrich und P. Brodbeck,
– der griechischen Regierung, vertreten durch I. Chalkias und K. Marinou als Bevollmächtigte,
– der polnischen Regierung, vertreten durch M. Szpunar als Bevollmächtigten,
– der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Pignataro-Nolin und B. Schima als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 9. Februar 2011
folgendes
Urteil
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Nrn. 5 und 10, Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel (ABl. L 268, S. 1).
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen den Imkern Bablok, Egeter, Stegmeier, Müller und Klimesch und dem Freistaat Bayern, unterstützt durch die Monsanto Technology LLC, die Monsanto Agrar Deutschland GmbH und die Monsanto Europe SA/NV (im Folgenden: Monsanto Technology, Monsanto Agrar Deutschland und Monsanto Europe oder zusammen Monsanto), über den Eintrag von Pollen aus genetisch verändertem Mais in Imkereiprodukte.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Die Richtlinie 2001/18/EG
Die Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90/220/EWG des Rates (ABl. L 106, S. 1) in der durch die Verordnung Nr. 1829/2003 und die Verordnung (EG) Nr. 1830/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 (ABl. L 268, S. 24) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2001/18) regelt neben der absichtlichen Freisetzung genetisch veränderter Organismen (im Folgenden: GVO) in die Umwelt das Inverkehrbringen von GVO als Produkte oder in Produkten, wenn die beabsichtigte Verwendung der Produkte die absichtliche Freisetzung der Organismen in die Umwelt voraussetzt.
Der vierte Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/18 lautet:
„Lebende Organismen, die in großen oder kleinen Mengen zu experimentellen Zwecken oder in Form von kommerziellen Produkten in die Umwelt freigesetzt werden, können sich in dieser fortpflanzen und sich über die Landesgrenzen hinaus ausbreiten, wodurch andere Mitgliedstaaten in Mitleidenschaft gezogen werden können. Die Auswirkungen solcher Freisetzungen können unumkehrbar sein.“
Im fünften Erwägungsgrund der Richtlinie heißt es, dass der Schutz der menschlichen Gesundheit eine gebührende Kontrolle der Risiken infolge der absichtlichen Freisetzung von GVO in die Umwelt erfordert.
Im achten Erwägungsgrund der Richtlinie wird hinzugefügt, dass der Grundsatz der Vorsorge bei der Ausarbeitung dieser Richtlinie berücksichtigt wurde und bei ihrer Umsetzung berücksichtigt werden muss.
Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/18 bestimmt, dass GVO nur im Einklang mit Teil B bzw. Teil C dieser Richtlinie absichtlich freigesetzt oder in den Verkehr gebracht werden dürfen, also vor allem nach Übermittlung einer entsprechenden Anmeldung, einer Prüfung der Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt und einer anschließenden Zulassung durch die zuständige Behörde.
Nach Art. 4 Abs. 3 sind Gegenstand der Prüfung mögliche schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt, die unmittelbar oder mittelbar durch den Gentransfer von GVO auf andere Organismen auftreten können.
Die Verordnung Nr. 1829/2003
Die Verordnung Nr. 1829/2003 regelt die Zulassung und Überwachung genetisch veränderter Lebensmittel und Futtermittel sowie ihre Kennzeichnung.
Im ersten Erwägungsgrund dieser Verordnung heißt es, dass der freie Verkehr mit sicheren und gesunden Lebensmitteln und Futtermitteln ein wichtiger Aspekt des Binnenmarkts ist und wesentlich zur Gesundheit und zum Wohlergehen der Bürger und zu ihren sozialen und wirtschaftlichen Interessen beiträgt.
Im zweiten Erwägungsgrund der Verordnung wird hervorgehoben, dass bei der Durchführung der Politiken der Gemeinschaft ein hohes Maß an Schutz für Leben und Gesundheit des Menschen gewährleistet werden sollte.
Im dritten Erwägungsgrund ist demgemäß vorgesehen, dass genetisch veränderte Lebensmittel einer Sicherheitsprüfung nach einem Gemeinschaftsverfahren unterzogen werden sollten, bevor sie in Verkehr gebracht werden.
Der 16. Erwägungsgrund lautet:
„Diese Verordnung sollte Lebensmittel und Futtermittel abdecken, die ‚aus‘ einem GVO, jedoch nicht solche, die ‚mit‘ einem GVO hergestellt sind. Entscheidend dabei ist, ob das Lebensmittel oder Futtermittel einen aus dem genetisch veränderten Ausgangsmaterial hergestellten Stoff enthält. Technische Hilfsstoffe, die nur während der Herstellung des Lebensmittels oder Futtermittels verwendet werden, entsprechen nicht der Definition der Lebensmittel oder Futtermittel und fallen daher auch nicht in den Geltungsbereich dieser Verordnung. Ebenso fallen Lebensmittel und Futtermittel, die mithilfe eines genetisch veränderten technischen Hilfsstoffes hergestellt wurden, nicht in den Geltungsbereich dieser Verordnung. Dies bedeutet, dass Produkte, die aus Tieren gewonnen worden sind, welche mit genetisch veränderten Futtermitteln gefüttert oder mit genetisch veränderten Arzneimitteln behandelt wurden, weder den Zulassungsbestimmungen noch den Kennzeichnungsbestimmungen dieser Verordnung unterliegen.“
In Art. 1 der Verordnung Nr. 1829/2003 wird als Ziel genannt, „ein hohes Schutzniveau für Leben und Gesundheit des Menschen … sicherzustellen“.
In Art. 2 der Verordnung wird für die Zwecke ihrer Anwendung eine Liste von Definitionen relevanter Begriffe aufgestellt, gegebenenfalls unter Verweisung auf die Definitionen der entsprechenden Begriffe in der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür (ABl. L 109, S. 29), die Richtlinie 2001/18 oder die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31, S. 1).
Diese Liste enthält u. a. folgende Definitionen:
– „Lebensmittel“: alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden (Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 178/2002);
– „Organismus“: jede biologische Einheit, die fähig ist, sich zu vermehren oder genetisches Material zu übertragen (Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2001/18);
– „GVO“: ein Organismus mit Ausnahme des Menschen, dessen genetisches Material so verändert worden ist, wie es auf natürliche Weise durch Kreuzen und/oder natürliche Rekombination nicht möglich ist (Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie 2001/18);
– „absichtliche Freisetzung“: jede Art von absichtlichem Ausbringen eines GVO oder einer Kombination von GVO in die Umwelt, bei dem keine spezifischen Einschließungsmaßnahmen angewandt werden, um ihren Kontakt mit der Bevölkerung und der Umwelt zu begrenzen und ein hohes Sicherheitsniveau für die Bevölkerung und die Umwelt zu erreichen (Art. 2 Nr. 3 der Richtlinie 2001/18);
– „Umweltverträglichkeitsprüfung“: Bewertung der direkten oder indirekten, sofortigen oder späteren Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt, die mit der absichtlichen Freisetzung oder dem Inverkehrbringen von GVO verbunden sein können (Art. 2 Nr. 8 der Richtlinie 2001/18);
– „genetisch veränderte Lebensmittel“: Lebensmittel, die GVO enthalten, daraus bestehen oder hergestellt werden (Art. 2 Nr. 6 der Verordnung Nr. 1829/2003);
– „hergestellt aus GVO“: vollständig oder teilweise aus GVO abgeleitet, aber keine GVO enthaltend oder daraus bestehend (Art. 2 Nr. 10 der Verordnung Nr. 1829/2003);
– „Zutat“: jeder Stoff, einschließlich der Zusatzstoffe, der bei der Herstellung oder Zubereitung eines Lebensmittels verwendet wird und – wenn auch möglicherweise in veränderter Form – im Enderzeugnis vorhanden bleibt (Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 2000/13).
Art. 3 („Geltungsbereich“) der Verordnung Nr. 1829/2003, der sich in Abschnitt 1 („Zulassung und Überwachung“) ihres Kapitels II („Genetisch veränderte Lebensmittel“) befindet, bestimmt in Abs. 1:
„Dieser Abschnitt findet Anwendung auf
a) zur Verwendung als Lebensmittel/in Lebensmitteln bestimmte GVO,
b) Lebensmittel, die GVO enthalten oder aus solchen bestehen,
c) Lebensmittel, die aus GVO hergestellt werden oder Zutaten enthalten, die aus GVO hergestellt werden.“
Art. 4 Abs. 2 der Verordnung untersagt das Inverkehrbringen eines zur Verwendung als Lebensmittel/in Lebensmitteln bestimmten GVO oder eines Lebensmittels, das GVO enthält oder aus solchen besteht oder aus GVO hergestellt wird oder Zutaten enthält, die aus GVO hergestellt werden, wenn das fragliche Erzeugnis nicht über eine gemäß dieser Verordnung erteilte Zulassung verfügt.
Art. 4 Abs. 3 macht die Erteilung einer Zulassung insbesondere von dem Nachweis abhängig, dass der GVO oder das Lebensmittel keine nachteiligen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier oder die Umwelt hat.
Art. 13 stellt Kennzeichnungsanforderungen auf, die nach Art. 12 Abs. 1 für Lebensmittel gelten, die
– GVO enthalten oder daraus bestehen oder
– aus GVO hergestellt werden oder Zutaten enthalten, die aus GVO hergestellt werden.
Nach Art. 12 Abs. 2 gelten diese Anforderungen indessen nicht für Lebensmittel, die Material enthalten, das GVO enthält, aus solchen besteht oder aus solchen hergestellt ist, mit einem Anteil, der nicht höher ist als 0,9 % der einzelnen Lebensmittelzutaten oder des Lebensmittels, wenn es aus einer einzigen Zutat besteht, vorausgesetzt, dieser Anteil ist zufällig oder technisch nicht zu vermeiden.
Art. 47 der Verordnung Nr. 1829/2003 bestimmt als Übergangsmaßnahme für die Dauer von drei Jahren, dass das Vorhandensein von Material in Lebensmitteln, das GVO enthält, aus solchen besteht oder aus solchen hergestellt ist, mit einem Anteil, der nicht höher ist als 0,5 %, nicht als Verstoß gegen Art. 4 Abs. 2 gilt, sofern es insbesondere zufällig oder technisch nicht zu vermeiden ist.
Die Richtlinie 2001/110/EG
Art. 1 der Richtlinie 2001/110/EG des Rates vom 20. Dezember 2001 über Honig (ABl. 2002, L 10, S. 47) bestimmt:
„Diese Richtlinie gilt für die in Anhang I beschriebenen Erzeugnisse. Diese Erzeugnisse müssen den in Anhang II festgelegten Anforderungen entsprechen.“
Anhang I Ziff. 1 der Richtlinie enthält folgende Begriffsbestimmung:
„Honig ist der natursüße Stoff, der von Bienen der Art Apis mellifera erzeugt wird, indem die Bienen Nektar von Pflanzen oder Absonderungen lebender Pflanzenteile oder sich auf den lebenden Pflanzenteilen befindliche Sekrete von an Pflanzen saugenden Insekten aufnehmen, durch Kombination mit eigenen spezifischen Stoffen umwandeln, einlagern, dehydrieren und in den Waben des Bienenstockes speichern und reifen lassen.“
In Anhang II Abs. 1 bis 3 der Richtlinie wird näher ausgeführt:
„Honig besteht im Wesentlichen aus verschiedenen Zuckerarten, insbesondere aus Fructose und Glucose sowie aus organischen Säuren, Fermenten und beim Honigsammeln aufgenommenen festen Partikeln. …
Dem Honig dürfen weder Lebensmittelzutaten noch Lebensmittelzusatzstoffe noch andere Stoffe als Honig beigegeben worden sein, soll er als Honig in Verkehr gebracht oder in einem für den menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnis verwendet werden. Der Honig muss, soweit möglich, frei von organischen und anorganischen Fremdstoffen sein. …
Unbeschadet des Anhangs I Ziffer 2 Buchstabe b) Ziffer viii) [über die Definition von gefiltertem Honig] dürfen dem Honig weder Pollen noch honigeigene Bestandteile entzogen werden, es sei denn, dass dies beim Entziehen von anorganischen oder organischen Fremdstoffen unvermeidbar ist.“
Nationales Recht
§ 36a des Gesetzes zur Regelung der Gentechnik (Gentechnikgesetz, im Folgenden: GenTG), der durch das Gesetz vom 21. Dezember 2004 (BGBl. 2005 I S. 186) eingefügt worden ist, lautet:
„(1) Die Übertragung von Eigenschaften eines Organismus, die auf gentechnischen Arbeiten beruhen, oder sonstige Einträge von genetisch veränderten Organismen stellen eine wesentliche Beeinträchtigung im Sinne von § 906 des Bürgerlichen Gesetzbuchs [im Folgenden: BGB] dar, wenn entgegen der Absicht des Nutzungsberechtigten wegen der Übertragung oder des sonstigen Eintrags Erzeugnisse insbesondere
1. nicht in Verkehr gebracht werden dürfen oder
2. nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder nach anderen Vorschriften nur unter Hinweis auf die gentechnische Veränderung gekennzeichnet in den Verkehr gebracht werden dürfen …“
§ 906 Abs. 2 BGB in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. 2002 I S. 42) bestimmt:
„Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.“
Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen
Im Jahr 1998 erhielt Monsanto Europe in Durchführung der Entscheidung 98/294/EG der Kommission vom 22. April 1998 über das Inverkehrbringen von genetisch verändertem Mais (Zea mays L., Linie MON 810) gemäß der Richtlinie 90/220/EWG des Rates (ABl. L 131, S. 32) eine Genehmigung für das Inverkehrbringen des genetisch veränderten Maises MON 810.
Der Anbau des Maises MON 810 wurde in Deutschland mit Bescheid des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit vom 17. April 2009 verboten; darin wurde das vorläufige Ruhen der Genehmigung für das Inverkehrbringen angeordnet.
Monsanto Technology ist Inhaberin der saatgutrechtlichen Sortenzulassungen. Monsanto Agrar Deutschland ist für den Vertrieb des auf der Maislinie MON 810 beruhenden Saatguts in Deutschland zuständig.
Der Mais MON 810 enthält ein Gen des Bodenbakteriums Bacillus thuringiensis (Bt), das in der Maispflanze zur Bildung von Bt-Toxinen führt. Diese Toxine richten sich gegen die Raupen des Maiszünslers, einer für Mais schädlichen Schmetterlingsart, deren Larven bei einem Befall die Maispflanze in ihrer Entwicklung schwächen. Die Bt-Toxine zerstören Zellen im Verdauungstrakt der Insektenlarven und führen dadurch zu deren Tod.
Der Freistaat Bayern ist Eigentümer verschiedener Grundstücke, auf denen in den vergangenen Jahren zu Forschungszwecken MON 810‑Mais angebaut wurde. Er schließt es nicht aus, diesen Anbau wieder aufzunehmen, sobald das für das Bundesgebiet erlassene Anbauverbot außer Kraft tritt.
Herr Bablok ist Betreiber einer Liebhaberimkerei. Er produziert in der Nähe der Grundstücke des Freistaats Bayern Honig zum Verkauf und für den Eigenbedarf. Ferner produzierte er bis zum Jahr 2005 Pollen zum Verkauf als Lebensmittel in Form von Nahrungsergänzungsmitteln. Er beabsichtigt die Wiederaufnahme der Pollenproduktion, sobald das Risiko des Eintrags von genetisch verändertem Pollen nicht mehr besteht.
Herr Egeter, Herr Stegmeier, Herr Müller und Frau Klimesch traten dem nationalen Verfahren im Stadium der Berufung bei. Sie betreiben ebenfalls Liebhaberimkereien, teilweise nur zum Eigenbedarf. Ihre Bienenhäuser sind zwischen 1 km und 3 km von den Grundstücken des Freistaats Bayern entfernt.
Pollen, der von den Bienen gesammelt und in bestimmten Teilen des Bienenstocks als Nahrung gelagert wird, kann entweder zufällig bei der Bildung des Honigs durch die Bienen in den Honig gelangen oder technisch bedingt bei dessen Ernte durch den Imker infolge des Schleuderns der Waben, durch das neben dem Inhalt der Honigzellen auch der Inhalt benachbarter Pollenzellen extrahiert wird.
Im Jahr 2005 wurden im Maispollen, der von Herrn Bablok in Bienenstöcken geerntet worden war, die sich in 500 m Entfernung von den Grundstücken des Freistaats Bayern befanden, MON 810-DNA, und zwar 4,1 % in Relation zur Gesamt-Mais-DNA, sowie transgene Proteine (Bt-Toxine) festgestellt.
Ferner wurden in einzelnen Proben des Honigs von Herrn Bablok sehr geringe Mengen der DNA von MON 810-Mais nachgewiesen, die von dem Eintrag von Pollen dieses Maises stammt.
In den Imkereiprodukten von Herrn Egeter, Herrn Stegmeier, Herrn Müller und Frau Klimesch war zum Zeitpunkt des Erlasses der Vorlageentscheidung keine DNA von MON 810-Mais nachgewiesen worden.
Im Ausgangsverfahren muss das vorlegende Gericht über den Antrag entscheiden, festzustellen, dass die betroffenen Imkereiprodukte durch das Vorhandensein von Pollen des Maises MON 810 nicht mehr verkehrs‑ oder gebrauchsfähig und damit „wesentlich beeinträchtigt“ im Sinne der §§ 36a GenTG und 906 Abs. 2 BGB sind.
Diesem Antrag wurde in erster Instanz vom Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 30. Mai 2008 stattgegeben. Dieses Gericht war der Ansicht, dass der Eintrag von Pollen des Maises MON 810 den Honig und die Nahrungsergänzungsmittel auf der Grundlage von Pollen zu zulassungspflichtigen Lebensmitteln mache, so dass diese Erzeugnisse gemäß Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1829/2003 ohne eine solche Zulassung nicht in den Verkehr gebracht werden dürften.
Das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg vertrat den Standpunkt, der Honig und die Nahrungsergänzungsmittel auf der Grundlage von Pollen, die Herr Bablok erzeuge, seien wesentlich beeinträchtigt, weil sich darin Pollen von MON 810-Mais befinde.
Monsanto Technology, Monsanto Agrar Deutschland und der Freistaat Bayern haben gegen das Urteil Berufung zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingelegt und diese Analyse angegriffen.
Vor diesem Gericht tragen sie vor, dass die Verordnung Nr. 1829/2003 auf Pollen der Maislinie MON 810, der in Honig enthalten sei oder als Nahrungsergänzungsmittel verwendet werde, nicht anwendbar sei. Die Folgen eines natürlichen Eintrags in Lebensmittel seien nämlich in der Entscheidung 98/294 geprüft und daher genehmigt worden.
Im Übrigen stelle Pollen in Honig oder als Nahrungsergänzungsmittel keinen GVO im Sinne der Verordnung Nr. 1829/2003 dar, weil der Pollen zu dem Zeitpunkt, zu dem er in den Honig gelange oder zur Verwendung als Lebensmittel/Nahrungsergänzungsmittel bestimmt werde, keine konkret-individuelle Fortpflanzungsfähigkeit mehr besitze und das bloße Vorhandensein transgener DNA und/oder transgener Proteine hierfür nicht ausreiche.
Falls die Verordnung Nr. 1829/2003 anwendbar sein sollte, müssten die darin enthaltenen Zulassungsvorschriften einschränkend ausgelegt werden. Bei einem zufälligen Eintrag von in der Natur rechtmäßig vorhandenem Pollen von MON 810-Mais wäre dann eine Genehmigung für das Inverkehrbringen des Honigs erst ab einem Schwellenwert von 0,9 % wie demjenigen, der im Bereich der Kennzeichnung in Art. 12 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1829/2003 vorgesehen sei, erforderlich.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führt aus, dass der Anbau von MON 810-Mais, der in der Vergangenheit erfolgt sei und künftig wieder aufgenommen werden könnte, vorbehaltlich der Erneuerung der Genehmigung für das Inverkehrbringen rechtlich zulässig und folglich von den Klägern gemäß § 906 Abs. 2 BGB zu dulden sei.
Im Hinblick auf diese Bestimmung erläutert das vorlegende Gericht, dass es für die im Ausgangsrechtsstreit entscheidungserhebliche Frage, ob eine wesentliche Beeinträchtigung der Imkereiprodukte vorliege, darauf ankomme, ob diese Produkte bei einem Eintrag von Pollen von MON 810-Mais aufgrund von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1829/2003 als genetisch veränderte Lebensmittel mangels Zulassung nicht mehr oder jedenfalls gemäß § 36a GenTG nur unter Hinweis auf die genetische Veränderung gekennzeichnet in den Verkehr gebracht werden dürften.
Das vorlegende Gericht hebt hervor, dass das Vorhandensein von Pollen von MON 810-Mais solche Folgen nur dann haben könne, wenn die Imkereiprodukte, die diesen Pollen enthielten, in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1829/2003 fielen.
Dies hänge zunächst davon ab, ob es sich bei Maispollen wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden um einen „Organismus“ im Sinne von Art. 2 Nr. 4 der Verordnung Nr. 1829/2003 und um einen „GVO“ im Sinne von Art. 2 Nr. 5 dieser Verordnung handele, wobei in diesen Bestimmungen auf die Definitionen dieser beiden Begriffe in der Richtlinie 2001/18 verwiesen werde.
Bei Maispollen handele es sich um einen „Organismus“, da er sich zwar nicht selbst vermehren, aber unter natürlichen Bedingungen als männliche Geschlechtszelle genetisches Material auf die weiblichen Geschlechtszellen übertragen könne.
Der Maispollen verliere seine Fähigkeit zur Befruchtung einer weiblichen Maisblüte allerdings innerhalb relativ kurzer Zeit aufgrund von Austrocknung, so dass er kein funktionsfähiger lebender Organismus mehr sei, nachdem der Honig, in dem der Pollen eingeschlossen sei, von den Bienen in Waben eingelagert und gedeckelt werde und bis zur Erntefähigkeit reifen müsse. Gleiches gelte für den Pollen in Pollenprodukten zu dem Zeitpunkt, zu dem diese zur Verwendung als Lebensmittel/Nahrungsergänzungsmittel bestimmt würden.
Fraglich sei daher in erster Linie, welche Folgen mit dem Verlust der Fortpflanzungsfähigkeit des streitigen Pollens verbunden seien.
Vor diesem Hintergrund hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Ist der Begriff „GVO“ gemäß Art. 2 Nr. 5 der Verordnung Nr. 1829/2003 so auszulegen, dass er auch Material genetisch veränderter Pflanzen (hier Pollen der genetisch veränderten Maislinie MON 810) erfasst, das zwar genetisch veränderte DNA und genetisch veränderte Proteine (hier Bt-Toxin) enthält, aber zu dem Zeitpunkt, in dem es in ein Lebensmittel (hier Honig) gelangt oder zur Verwendung als Lebensmittel/Nahrungsergänzungsmittel bestimmt wird, keine konkret-individuelle Fortpflanzungsfähigkeit (mehr) besitzt?
2. Für den Fall, dass Frage 1 zu verneinen ist:
a) Ist es jedenfalls für Lebensmittel, die im Sinne von Art. 2 Nr. 10 der Verordnung Nr. 1829/2003 „hergestellt aus GVO“ sind, ausreichend, dass das Lebensmittel Material aus genetisch veränderten Pflanzen enthält, das zu einem früheren Zeitpunkt eine konkret-individuelle Fortpflanzungsfähigkeit besessen hat?
b) Falls dies zu bejahen ist:
Ist der Begriff „hergestellt aus GVO“ im Sinne von Art. 2 Nr. 10, Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1829/2003 so auszulegen, dass er in Bezug auf GVO keinen bewussten zielgerichteten Produktionsprozess verlangt und auch den ungewollten und zufälligen Eintrag von (früheren) GVO in ein Lebensmittel (hier Honig bzw. Pollen als Nahrungsergänzungsmittel) erfasst?
3. Für den Fall, dass Frage 1 oder Frage 2 zu bejahen ist:
Ist Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1829/2003 so auszulegen, dass jeglicher Eintrag von in der Natur rechtmäßig vorhandenem genetisch verändertem Material in tierische Lebensmittel wie Honig deren Zulassungs- und Überwachungspflicht auslöst, oder können anderweitig geltende Schwellenwerte (z. B. nach Art. 12 Abs. 2 der Verordnung) entsprechend herangezogen werden?
Zu den Vorlagefragen
Zur ersten Frage
Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der Begriff des GVO im Sinne von Art. 2 Nr. 5 der Verordnung Nr. 1829/2003 so auszulegen ist, dass ein Stoff wie der Pollen einer genetisch veränderten Maissorte ungeachtet dessen, dass er weiterhin genetisch verändertes Material enthält, nicht oder nicht mehr von diesem Begriff erfasst wird, weil er jede konkret-individuelle Fortpflanzungsfähigkeit verloren hat.
Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass sich der Begriff des GVO nach einer möglichen Auslegung nur auf eine funktionstüchtige, also eine lebende biologische Einheit bezieht. Es reiche daher nicht aus, dass die abgestorbenen Maispollen transgene DNA oder transgene Proteine enthielten. Nach den Definitionen des Organismus und des GVO in der Richtlinie 2001/18 sei es erforderlich, dass die enthaltene Erbinformation auch an einen entsprechenden Empfänger zur Rekombination konkret weitergegeben werden könne. Der vierte Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/18 bestätige diese Analyse. Die Richtlinie scheine somit entscheidend auf zwei Kriterien abzustellen, und zwar auf die Lebensfähigkeit und die damit verbundene Fortpflanzungsfähigkeit, und nicht auf den bloßen Transport von DNA, die bei der Fortpflanzung keine Rolle mehr spielen könne.
Das vorlegende Gericht fragt sich jedoch, ob eine dahin gehende Auslegung nicht gegen den Schutzzweck der Verordnung Nr. 1829/2003 verstößt. Mit ihm könnte es unvereinbar sein, Lebensmittel, die genetisch veränderte DNA oder genetisch veränderte Proteine in unbegrenzter Höhe enthalten, aus dem Geltungsbereich der Verordnung auszunehmen. Für die Lebensmittelsicherheit könnte demnach weniger die Fortpflanzungsfähigkeit des GVO als das Vorhandensein von genetisch verändertem Material von Relevanz sein.
Art. 2 Nr. 5 der Verordnung Nr. 1829/2003 definiert den GVO durch eine Verweisung auf die Definition dieses Begriffs in Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie 2001/18 als „Organismus …, dessen genetisches Material so verändert worden ist, wie es auf natürliche Weise durch Kreuzen und/oder natürliche Rekombination nicht möglich ist“.
Das genetische Material des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Pollens ist unstreitig unter den in der Definition des GVO genannten Bedingungen verändert worden.
Das vorlegende Gericht kann diesen Pollen somit nur dann als GVO einstufen, wenn dieser Stoff noch einen „Organismus“ im Sinne von Art. 2 Nr. 4 der Verordnung Nr. 1829/2003 darstellt, der den „Organismus“ unter Verweisung auf Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2001/18 definiert als „jede biologische Einheit, die fähig ist“, entweder „sich zu vermehren“ oder „genetisches Material zu übertragen“.
Da sich der Streit auf den zweiten Teil dieser Definition – die Fähigkeit zur Vermehrung oder zur Übertragung von genetischem Material – konzentriert und da feststeht, dass der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Pollen jede konkret-individuelle Fortpflanzungsfähigkeit verloren hat, hat das vorlegende Gericht zu prüfen, ob er in anderer Weise fähig ist, „genetisches Material zu übertragen“, wobei es die verfügbaren wissenschaftlichen Daten gebührend zu berücksichtigen und jede wissenschaftlich erwiesene Form der Übertragung von genetischem Material in Betracht zu ziehen hat.
Sollte das vorlegende Gericht nach dieser Beurteilung feststellen, dass der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Pollen nicht oder nicht mehr zur Übertragung von genetischem Material fähig ist, so dass er nicht als Organismus und damit nicht als GVO im Sinne der Verordnung Nr. 1829/2003 angesehen werden könnte, hätte dies nicht unbedingt zur Folge, dass der Pollen vom Geltungsbereich dieser Verordnung ausgenommen ist. Denn er wird in diesem Fall zwar nicht von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 1829/2003 erfasst, doch kann er, wie das vorlegende Gericht in seiner zweiten Vorlagefrage selbst in Betracht zieht, gleichwohl unter Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung fallen.
Daher ist auf die erste Frage zu antworten, dass der Begriff des GVO im Sinne von Art. 2 Nr. 5 der Verordnung Nr. 1829/2003 so auszulegen ist, dass ein Stoff wie der Pollen einer genetisch veränderten Maissorte, der seine Fortpflanzungsfähigkeit verloren hat und in keiner Weise fähig ist, in ihm enthaltenes genetisches Material zu übertragen, nicht mehr von diesem Begriff erfasst wird.
Zur zweiten Frage
In seiner zweiten Frage bezieht sich das vorlegende Gericht, das den Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1829/2003 präzisiert wissen möchte, auf Art. 2 Nr. 10 dieser Verordnung, in dem der Begriff „hergestellt aus GVO“ definiert wird.
Für Lebensmittel wird der Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1829/2003 in ihrem Art. 3 Abs. 1 abgegrenzt; dieser nennt
„a) zur Verwendung als Lebensmittel/in Lebensmitteln bestimmte GVO,
b) Lebensmittel, die GVO enthalten oder aus solchen bestehen,
c) Lebensmittel, die aus GVO hergestellt werden oder Zutaten enthalten, die aus GVO hergestellt werden.“
Die Tragweite von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a und b hängt im Wesentlichen von dem Begriff „GVO“ ab.
Sofern das vorlegende Gericht im Ausgangsrechtsstreit feststellt, dass der in Rede stehende Pollen nicht oder nicht mehr zur Übertragung von genetischem Material fähig ist, so dass er nicht als GVO angesehen werden kann, kann dieser Rechtsstreit nur dann der Verordnung Nr. 1829/2003 unterliegen, wenn die in ihrem Art. 3 Abs. 1 Buchst. c genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
Unter Umständen wie denen des vorliegenden Rechtsstreits, die Produkte betreffen, die den streitigen Pollen „enthalten“, hängt die Tragweite von Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1829/2003 ab von dem Begriff „Lebensmittel“, der in Art. 2 Nr. 1 dieser Verordnung unter Verweisung auf Art. 2 der Verordnung Nr. 178/2002 definiert wird, sowie von dem Begriff „Zutaten“, der in Art. 2 Nr. 13 der Verordnung Nr. 1829/2003 unter Verweisung auf Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 2000/13 definiert wird, und dem Begriff „hergestellt aus GVO“, der in Art. 2 Nr. 10 der Verordnung Nr. 1829/2003 definiert wird.
Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht demnach wissen, ob
– Art. 2 Nrn. 1, 10 und 13 sowie Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1829/2003, Art. 2 der Verordnung Nr. 178/2002 und Art. 6 Abs. 4 Buchst. a der Richtlinie 2000/13 so auszulegen sind, dass dann, wenn ein Stoff wie Pollen, der genetisch veränderte DNA und genetisch veränderte Proteine enthält, nicht als GVO angesehen werden kann, Produkte wie Honig und Nahrungsergänzungsmittel, die einen solchen Stoff enthalten, „Lebensmittel, die … Zutaten enthalten, die aus GVO hergestellt werden“, im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1829/2003 darstellen;
– diese Einstufung unabhängig davon erfolgen kann, ob der fragliche Stoff absichtlich hinzugefügt oder zufällig eingetragen wurde.
Produkte wie der Honig und die Nahrungsergänzungsmittel auf der Grundlage von Pollen, die Gegenstand des Ausgangsverfahrens sind, sind dazu bestimmt, von Menschen aufgenommen zu werden. Es handelt sich somit um „Lebensmittel“ im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Verordnung Nr. 1829/2003 und Art. 2 der Verordnung Nr. 178/2002.
Der Pollen, um den es im Ausgangsverfahren geht, stammt von MON 810‑Mais, d. h. von einem GVO.
Dieser Pollen ist als „hergestellt aus GVO“ im Sinne von Art. 2 Nr. 10 der Verordnung Nr. 1829/2003 anzusehen, wenn er nicht mehr als GVO eingestuft werden kann, weil er in diesem Fall nicht mehr aus einem GVO besteht und keinen GVO mehr enthält.
Zur Beantwortung der zweiten Frage ist somit in erster Linie zu prüfen, ob der Pollen als „Zutat“ eingestuft werden kann.
Nach Art. 2 Nr. 13 der Verordnung Nr. 1829/2003 und Art. 6 Abs. 4 Buchst. a der Richtlinie 2000/13 ist eine Zutat „jeder Stoff …, der bei der Herstellung oder Zubereitung eines Lebensmittels verwendet wird und – wenn auch möglicherweise in veränderter Form – im Enderzeugnis vorhanden bleibt“.
Der Pollen, der in den Nahrungsergänzungsmitteln auf der Grundlage von Pollen enthalten ist, ist als „Zutat“ einzustufen, da er ihnen bei ihrer Herstellung oder Zubereitung hinzugefügt wird.
In Bezug auf den im Honig enthaltenen Pollen ist festzustellen, dass Honig nach Anhang II Abs. 1 der Richtlinie 2001/110 nicht nur aus verschiedenen Zuckerarten, sondern auch aus anderen Stoffen wie insbesondere „beim Honigsammeln aufgenommenen festen Partikeln“ besteht.
Pollen sind feste Partikel, die bei der Honiggewinnung aufgenommen werden, was zum Teil auf die Bienen und hauptsächlich auf das vom Imker vorgenommene Zentrifugieren zurückzuführen ist. Nach Anhang II Abs. 3 der Richtlinie 2001/110 „dürfen dem Honig [keine] Pollen … entzogen werden, es sei denn, dass dies beim Entziehen von anorganischen oder organischen Fremdstoffen unvermeidbar ist“.
Der Pollen ist somit kein Fremdstoff und keine Verunreinigung des Honigs, sondern dessen normaler Bestandteil, der nach dem Willen des Unionsgesetzgebers grundsätzlich nicht entzogen werden darf, auch wenn die Regelmäßigkeit seiner Aufnahme und die Mengen, in denen er im Honig vorhanden ist, von einigen Unwägbarkeiten während der Erzeugung abhängen.
In diesem Zusammenhang ist Pollen, der Bestandteil der Definition von Honig in der Richtlinie 2001/110 ist, im Sinne von Art. 6 Abs. 4 Buchst. a der Richtlinie 2000/13 als Stoff anzusehen, „der bei der Herstellung oder Zubereitung eines Lebensmittels verwendet wird und … im Enderzeugnis vorhanden bleibt“.
Er ist daher auch als „Zutat“ im Sinne von Art. 2 Nr. 13 der Verordnung Nr. 1829/2003 und Art. 6 Abs. 4 Buchst. a der Richtlinie 2000/13 einzustufen.
Die Europäische Kommission hält dieser Schlussfolgerung eine Unterscheidung entgegen, die zwischen dem Begriff „Zutat“ und dem Begriff „natürlicher Bestandteil“ vorzunehmen sei. Pollen sei ein natürlicher Bestandteil von Honig und keine Zutat, so dass Honig, der Pollen enthalte, nicht von Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1829/2003 erfasst werde. Dieses Ergebnis stehe im Übrigen im Einklang mit dem 16. Erwägungsgrund dieser Verordnung, aus dem abzuleiten sei, dass Lebensmittel tierischen Ursprungs nur dann als aus einem GVO hergestellt anzusehen seien, wenn das Tier selbst genetisch verändert sei.
Bei der angeführten Unterscheidung werden jedoch die besonderen Umstände, unter denen der Pollen in den Honig gelangt, und die bewusste Belassung des Pollens in der Zusammensetzung des Endprodukts nicht berücksichtigt.
Mit der vorgeschlagenen Auslegung würde das Ziel des Schutzes der menschlichen Gesundheit beeinträchtigt, da ein Lebensmittel wie Honig keiner Kontrolle hinsichtlich seiner Unbedenklichkeit unterläge, auch wenn er in hohen Mengen genetisch verändertes Material enthalten würde.
Damit würde das für die Anwendung der Verordnung Nr. 1829/2003 entscheidende, in ihrem 16. Erwägungsgrund genannte Kriterium außer Acht gelassen, ob nämlich „das Lebensmittel … einen aus dem genetisch veränderten Ausgangsmaterial hergestellten Stoff enthält“.
Die von der Kommission herausgearbeitete Analyse wird durch diesen 16. Erwägungsgrund nicht bestätigt; darin wird erläutert, dass Lebensmittel, die nicht „aus“ einem GVO, sondern „mithilfe“ eines genetisch veränderten technischen Hilfsstoffs hergestellt wurden, vom Geltungsbereich der Verordnung ausgenommen sind.
Die in diesem Erwägungsgrund als Beispiel angeführten Lebensmittel, die aus Tieren gewonnen worden sind, die mit genetisch veränderten Futtermitteln gefüttert wurden, dienen nämlich nur dazu, die Kategorie der „mit“ einem GVO hergestellten Lebensmittel zu veranschaulichen, bei denen sich nicht feststellen lässt, dass sie einen aus dem genetisch veränderten Ausgangsmaterial hergestellten Stoff enthalten.
Sie können daher nicht als Grundlage dafür dienen, ein Lebensmittel wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Honig, der tatsächlich einen solchen Stoff enthält, vom Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1829/2003 auszunehmen.
Schließlich kann auch dem Vorbringen von Monsanto nicht gefolgt werden, dass Honig vom Geltungsbereich dieser Verordnung auszunehmen sei, weil das Vorhandensein des Pollens nicht das Ergebnis eines bewussten Produktionsprozesses sei.
Sein Vorhandensein ist vielmehr gerade die Folge eines bewussten und gewollten Produktionsprozesses des Imkers, der das durch die Unionsgesetzgebung als Honig eingestufte Lebensmittel herstellen möchte. Es geht zudem im Wesentlichen auf das Handeln des Imkers selbst zurück, nämlich auf den materiellen Vorgang des Zentrifugierens, den er zu Erntezwecken durchführt.
Jedenfalls darf die absichtliche Hinzufügung eines Stoffs wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Pollens zu einem Lebensmittel nicht zur Voraussetzung für die Anwendung der in der Verordnung Nr. 1829/2003 vorgesehenen Zulassungsregelung gemacht werden, da die Gefahr für die menschliche Gesundheit, der mit dieser Verordnung vorgebeugt werden soll, nicht davon abhängt, ob der betreffende Stoff absichtlich hinzugefügt oder zufällig eingetragen wurde.
Überdies ließe eine Auslegung in dem von Monsanto vorgeschlagenen Sinne Art. 12 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1829/2003 gegenstandslos werden, der eine Abweichung von der in Art. 13 dieser Verordnung aufgestellten Kennzeichnungspflicht vorsieht, wenn der Anteil des betreffenden Materials 0,9 % der einzelnen Zutat nicht übersteigt, „vorausgesetzt, dieser Anteil ist zufällig oder technisch nicht zu vermeiden“.
Die Berücksichtigung der Tatsache, dass das Vorhandensein der Zutat zufällig oder technisch nicht zu vermeiden ist, würde nämlich als solche dazu führen, dass das Lebensmittel von der Anwendung der Verordnung Nr. 1829/2003 und damit von jeder Kennzeichnungspflicht ausgenommen wäre.
Somit ist auf die zweite Frage zu antworten, dass
– Art. 2 Nrn. 1, 10 und 13 sowie Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1829/2003, Art. 2 der Verordnung Nr. 178/2002 und Art. 6 Abs. 4 Buchst. a der Richtlinie 2000/13 so auszulegen sind, dass dann, wenn ein Stoff wie Pollen, der genetisch veränderte DNA und genetisch veränderte Proteine enthält, nicht als GVO angesehen werden kann, Produkte wie Honig und Nahrungsergänzungsmittel, die einen solchen Stoff enthalten, „Lebensmittel, die … Zutaten enthalten, die aus GVO hergestellt werden“, im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1829/2003 darstellen;
– diese Einstufung unabhängig davon erfolgen kann, ob der fragliche Stoff absichtlich hinzugefügt oder zufällig eingetragen wurde.
Zur dritten Frage
Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1829/2003 so auszulegen sind, dass, soweit sie eine Pflicht zur Zulassung und Überwachung eines Lebensmittels implizieren, auf diese Pflicht eine Toleranzschwelle, wie sie in Bezug auf die Kennzeichnung in Art. 12 Abs. 2 dieser Verordnung vorgesehen ist, entsprechend angewandt werden kann.
Monsanto und die polnische Regierung meinen, dass dann, wenn ein GVO gemäß der Richtlinie 2001/18 oder – wie im Ausgangsrechtsstreit – gemäß der durch die Richtlinie 2001/18 aufgehobenen und ersetzten Richtlinie 90/220/EWG des Rates vom 23. April 1990 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt (ABl. L 117, S. 15) zugelassen worden sei, die erteilte Zulassung auch den zufälligen Eintrag von geringen Spuren genetisch veränderten Materials in andere Erzeugnisse umfasse, der die bloße Folge der Umsetzung dieser Zulassung sei; eine solche Folge sei bei der Prüfung des GVO berücksichtigt worden.
Dem kann nicht gefolgt werden.
Die Richtlinien 90/220 und 2001/18 wurden nacheinander erlassen, um die absichtliche Freisetzung von GVO in die Umwelt und das Inverkehrbringen von GVO als Produkte zu regeln, womit das Ziel verfolgt wurde, die nachteiligen Auswirkungen zu vermeiden, die sich aus diesen GVO für die Gesundheit des Menschen und die Umwelt ergeben könnten.
Die Verordnung Nr. 1829/2003 gilt für den speziellen Bereich der Lebensmittel und Futtermittel. Was Lebensmittel betrifft, besteht ihr in Art. 4 Abs. 1 genanntes Hauptziel ebenfalls darin, nachteilige Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen und die Umwelt zu vermeiden.
Bei dem Ansatz, der in den Richtlinien 90/220 und 2001/18 verfolgt wird, wird indessen vor allem auf den Aspekt des Begriffs „absichtliche Freisetzung“ abgestellt, der in Art. 2 Nr. 3 jeder dieser Richtlinien definiert wird als das absichtliche Ausbringen eines GVO in die Umwelt ohne spezifische Einschließungsmaßnahmen zur Begrenzung ihres „Kontakts“ mit der „Bevölkerung“ und der „Umwelt“.
Dieser Ansatz erweist sich somit als allgemeiner, auch in Bezug auf das Inverkehrbringen eines GVO als Produkt. Insoweit wird nämlich das Erfordernis der Aufstellung eines Bewertungs‑ und Genehmigungsverfahrens in den Erwägungsgründen 12, 13 und 14 der Richtlinie 90/220 sowie in den Erwägungsgründen 25, 28 und 32 der Richtlinie 2001/18 daran geknüpft, dass das Inverkehrbringen eine absichtliche Freisetzung in die Umwelt impliziert.
Die Verordnung Nr. 1829/2003 enthält zwar, insbesondere in Art. 5 Abs. 5 und Art. 6 Abs. 4, ebenfalls Aspekte, die sich auf die Bewertung der Risiken von Lebensmitteln für die Umwelt beziehen, beruht aber in Bezug auf diese überwiegend auf einem Ansatz, der, anknüpfend an den besonderen Umstand, dass Lebensmittel per Definition zur Aufnahme durch den Menschen bestimmt sind, auf den Schutz der Gesundheit des Menschen abstellt. So müssen Lebensmittel, die aus GVO bestehen, diese enthalten oder daraus hergestellt werden, nach dem dritten Erwägungsgrund dieser Verordnung zum Schutz der Gesundheit des Menschen einer „Sicherheitsprüfung“ unterzogen werden.
In der Verordnung Nr. 1829/2003 wird dadurch ein zusätzliches Kontrollniveau eingeführt.
Diese Verordnung würde gegenstandslos, wenn man davon ausginge, dass Bewertungen und Zulassungen, die in Anwendung der Richtlinie 90/220 oder der Richtlinie 2001/18 vorgenommen bzw. erteilt wurden, alle anschließenden potenziellen Risiken für die Gesundheit des Menschen und die Umwelt abdeckten.
Wenn die in Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1829/2003 genannten Voraussetzungen erfüllt sind, besteht die Zulassungs‑ und Überwachungspflicht unabhängig vom Anteil des genetisch veränderten Materials in dem fraglichen Erzeugnis.
In Bezug auf diese Pflicht wurde nämlich nur in Art. 47 der Verordnung Nr. 1829/2003 eine Toleranzschwelle von 0,5 % vorgesehen. Nach Art. 47 Abs. 5 galt diese Schwelle jedoch nur während eines Zeitraums von drei Jahren nach dem Geltungsbeginn der Verordnung.
Die in Art. 12 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1829/2003 festgelegte Toleranzschwelle von 0,9 % pro Zutat bezieht sich auf die Kennzeichnungspflicht und nicht auf die Zulassungs‑ und Überwachungspflicht.
Würde sie auf die letztgenannte Pflicht entsprechend angewandt, würde die Vorschrift, in der sie vorgesehen ist, sinnlos, da das fragliche Lebensmittel dadurch vom Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1829/2003 ausgenommen würde.
Ihre entsprechende Anwendung stünde jedenfalls im Widerspruch zu dem in Art. 1 dieser Verordnung angeführten Ziel, „ein hohes Schutzniveau für Leben und Gesundheit des Menschen“ sicherzustellen.
Somit ist auf die dritte Frage zu antworten, dass Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1829/2003 so auszulegen sind, dass, soweit sie eine Pflicht zur Zulassung und Überwachung eines Lebensmittels implizieren, auf diese Pflicht eine Toleranzschwelle, wie sie in Bezug auf die Kennzeichnung in Art. 12 Abs. 2 dieser Verordnung vorgesehen ist, nicht entsprechend angewandt werden kann.
Kosten
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:
1. Der Begriff des genetisch veränderten Organismus im Sinne von Art. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel ist so auszulegen, dass ein Stoff wie der Pollen einer genetisch veränderten Maissorte, der seine Fortpflanzungsfähigkeit verloren hat und in keiner Weise fähig ist, in ihm enthaltenes genetisches Material zu übertragen, nicht mehr von diesem Begriff erfasst wird.
2. Art. 2 Nrn. 1, 10 und 13 sowie Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003, Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit und Art. 6 Abs. 4 Buchst. a der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür sind so auszulegen, dass dann, wenn ein Stoff wie Pollen, der genetisch veränderte DNA und genetisch veränderte Proteine enthält, nicht als genetisch veränderter Organismus angesehen werden kann, Produkte wie Honig und Nahrungsergänzungsmittel, die einen solchen Stoff enthalten, „Lebensmittel, die … Zutaten enthalten, die aus GVO hergestellt werden“, im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1829/2003 darstellen. Diese Einstufung kann unabhängig davon erfolgen, ob der fragliche Stoff absichtlich hinzugefügt oder zufällig eingetragen wurde.
3. Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1829/2003 sind so auszulegen, dass, soweit sie eine Pflicht zur Zulassung und Überwachung eines Lebensmittels implizieren, auf diese Pflicht eine Toleranzschwelle, wie sie in Bezug auf die Kennzeichnung in Art. 12 Abs. 2 dieser Verordnung vorgesehen ist, nicht entsprechend angewandt werden kann.