Bezugsquellen für Bachblüten

08. Juni 2015
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ein Fläschchen Tropfen vor bunten Blüten Urteil des BGH vom 11.12.2014, Az.: I ZR 113/13

Weist ein Unternehmen auf seiner Internetseite im Zusammenhang mit Angaben zu einer bestimmten Therapie (hier: Original Bach-Blütentherapie) auf die "Original Produkte" zu dieser Therapie hin und hält es für den Verbraucher einen elektronischen Verweis (Link) im Rahmen des Internetauftritts bereit, der zum Angebot der "Original Produkte" eines bestimmten Herstellers führt, liegt eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG vor.

Bundesgerichtshof

Urteil vom 11.12.2014

Az.: I ZR 113/13

 

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. …, die Richter …

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 29. Mai 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die in Österreich ansässige Klägerin vertreibt nach ihrem Vortrag auf dem deutschen Markt neben Nahrungsergänzungsmitteln auch sogenannte Bach-Blüten-Produkte. Diese werden von verschiedenen Herstellern angeboten, wobei die englische Bach Flower Remedies Ltd. und die für den Vertrieb in Deutschland zuständige N. GmbH für sich in Anspruch nehmen, die „Original Bach-Blüten“-Produkte zu vertreiben.

Die Beklagte zu 2, die Geschäftsführerin der Beklagten zu 1 ist, engagiert sich seit langem für die Verbreitung der Bach-Blüten-Lehre nach dem englischen Arzt Dr. Edward Bach. Die Beklagte zu 1 war Betreiberin der Internetseite „www.bach-bluetentherapie.de“, auf der das „Institut für Bach-Blütentherapie Forschung und Lehre M. S. “ vorgestellt und Informationen über die „Original Bach-Blütentherapie“ bereitgehalten wurden. Unter dem Stichwort „Bezugsquellen“ fanden sich auf der Internetseite folgende Angaben:

Seine letzten Lebensjahre verbrachte Edward Bach in „Mount Vernon“, einem kleinen Haus in der Grafschaft Oxfordshire in England. Das Haus ist inzwischen als „The Bach Centre“ bekannt geworden. Dort werden auch heute noch von den Kustoden des Werkes des Dr. Bach die sog. „Mothertinctures“ (die Urtinkturen der Bach-Blüten für die weitere Verdünnung und Abfüllung) wie zu seinen Lebzeiten zubereitet. Sie werden größtenteils von Pflanzen gewonnen, die hier in der Gegend natürlich wachsen, von Standorten, die vielfach von Bach selbst bestimmt wurden.

Abfüllung und weiterer Vertrieb sind in den Händen des homöopathischen Herstellers A. N. & Co in London. Die Original Bach-Blütenkonzentrate erkennen Sie am Original-Schriftzug Bach™.

Bezugsquellen in Deutschland

Die Original Bach-Blütenkonzentrate (Stockbottles = Verkaufsflaschen) können in jeder Apotheke rezeptfrei bestellt werden. Die Preise müssen dort erfragt werden.

Der Bezug der Original Bach-Blütenkonzentrate über das Institut für Bach-Blütentherapie, Hamburg, ist nicht möglich.

Alle Bachblüten können Sie auch direkt bestellen bei Amazon.

Das Wort „Amazon“ ist über einen elektronischen Verweis (Link) mit einer Internetseite des Versandhandelsunternehmens Amazon verbunden. Beim Anklicken öffnet sich eine Produktseite, auf der ausschließlich „Original Bach-Blüten“-Produkte der N. GmbH angeboten werden.

Die Klägerin meint, die Beklagten förderten den Wettbewerb der N. GmbH. Sie hat die Beklagten wegen behaupteter Verstöße gegen Vorschriften des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs und der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel auf Unterlassung einer Vielzahl von Aussagen auf deren Internetseite im Zusammenhang mit als „Bach-Blüten“ bezeichneten Tropfen in Anspruch genommen. Darüber hinaus hat die Klägerin die Bezeichnung „Institut für Bach-Blütentherapie Forschung und Lehre M. S. “ als irreführend beanstandet.

Die Beklagten sind der Klage unter anderem mit der Begründung entgegengetreten, die angegriffenen Aussagen stünden nicht in objektivem Zusammenhang mit dem Absatz von Waren, sondern dienten allein der Aufklärung und Information der Öffentlichkeit über die Bach-Blüten-Lehre.

Das Landgericht hat die Klage wegen Rechtsmissbrauchs als unzulässig abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es die Klage als unbegründet abgewiesen hat (OLG Köln, GRUR-RR 2013, 466). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Hierzu hat es ausgeführt:

Angesichts der geringen Umsätze und der Reaktion der Klägerin auf die von den Beklagten bei ihr veranlassten Testkäufe bestünden Zweifel, ob die Klägerin ernsthaft beabsichtige, Bach-Blüten-Produkte in Deutschland zu vertreiben. Bei einer Gesamtwürdigung der von den Beklagten vorgetragenen Umstände lasse sich aber nicht sicher feststellen, dass die Klägerin mit ihrer Klage rechtsmissbräuchliche Ziele verfolge.

Der Klägerin stünden die geltend gemachten Unterlassungsansprüche jedoch in der Sache nicht zu, weil die angegriffenen Äußerungen keine geschäftlichen Handlungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG darstellten. Soweit die Beklagten mit dem beanstandeten Internetauftritt eigene geschäftliche Interessen im Zusammenhang mit dem Angebot von Seminaren oder dem Vertrieb von Büchern zur Bach-Blüten-Therapie verfolgten, bestehe zwischen den Parteien kein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Ob ein solches Wettbewerbsverhältnis zwischen der Klägerin und der N. GmbH vorliege, könne offen bleiben, da nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Äußerungen der Beklagten im Rahmen ihres Internetauftritts vorrangig der Förderung fremden Wettbewerbs dienten. Aus den beanstandeten Äußerungen, die lediglich eine Darstellung der Grundgedanken der Bach-Blüten-Lehre enthielten, und den Begleitumständen lasse sich kein Hinweis auf die „Original“-Produkte und kein eigenes wirtschaftliches Interesse der Beklagten am Absatz der Produkte der N. GmbH feststellen. Ein hinreichender Bezug zu deren Produkten ergebe sich auch nicht aus den Hinweisen zu den Bezugsmöglichkeiten, weil gleichzeitig allgemein auf Apotheken als Bezugsquellen verwiesen werde. Allein das Setzen eines Links zu den Angeboten der N. GmbH stelle kein gewichtiges Indiz dafür dar, dass die Beklagten deren Absatz fördern wollten.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Dieses hat die Klage zwar zu Recht als zulässig angesehen (dazu unten unter II.1). Dem Berufungsgericht kann aber nicht darin gefolgt werden, die beanstandeten Äußerungen der Beklagten stellten keine geschäftlichen Handlungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar (dazu unten unter II.2).

1. Das Berufungsgericht hat die Klage mit Recht als zulässig angesehen.

a) Die Revisionserwiderung rügt ohne Erfolg, die Klage sei schon deshalb unzulässig, weil die Klägerin über keine ladungsfähige Anschrift verfüge. Sie beruft sich hierfür auf eine von der N. GmbH erfolglos betriebene Vollstreckung gegen die Klägerin aus einem in einem anderen Verfahren ergangenen Versäumnisurteil. Damit kann die Revisionserwiderung keinen Erfolg haben.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört zu der in jeder Lage des Verfahrens und damit auch noch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfenden Sachurteilsvoraussetzung der ordnungsgemäßen Klageerhebung (§ 253 Abs. 2 und 4, § 130 ZPO) grundsätzlich auch die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Klägers. Fehlt es daran, ist die Klage unzulässig, wenn die Angabe schlechthin und ohne zureichenden Grund verweigert wird (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 1987 IVb ZR 4/87, BGHZ 102, 332, 334 ff.; Urteil vom 17. März 2004 VIII ZR 107/02, NJW-RR 2004, 1503; Urteil vom 19. März 2013 – VI ZR 93/12, NJW 2013, 1681 Rn. 12 mwN).

bb) Die Revisionserwiderung macht allerdings nicht geltend, die Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Klageerhebung hätten im dafür maßgeblichen Zeitpunkt der Erhebung der Klage im Dezember 2010 nicht vorgelegen. Es ist nicht ersichtlich, dass Schriftstücke des Gerichts wie etwa Ladungen oder Gerichtskostenrechnungen die Klägerin unter der angegebenen Anschrift nicht erreicht haben. Sollte die Vollstreckung aus einem gegen die Klägerin am 14. September 2011 vor dem Landgericht Hamburg erwirkten Versäumnisurteil zu einem von den Beklagten nicht genannten Zeitpunkt unter der von der Klägerin angegebenen Anschrift erfolglos geblieben sein, folgt daraus nicht, dass die für eine wirksame Klageerhebung erforderliche ladungsfähige Anschrift der Klägerin bereits im Zeitpunkt der Klageerhebung im vorliegenden Verfahren nicht gegeben war. Der mögliche Wegfall der ladungsfähigen Anschrift nach Klageerhebung hat auf die Zulässigkeit der Klage grundsätzlich keinen Einfluss (vgl. BGH, NJW 2013, 1681 Rn. 13 mwN). Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Klägerin ihre Anschrift verbergen wollte, um sich negativen prozessualen Folgen zu entziehen (vgl. BGH, NJW 2013, 1681 Rn. 13).
b) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung steht der Zulässigkeit der Klage nicht der Missbrauchseinwand nach § 8 Abs. 4 Satz 1 UWG entgegen, der auch noch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2001 I ZR 215/98, GRUR 2002, 715, 717 = WRP 2002, 977 Scanner-Werbung, zu § 13 Abs. 5 UWG aF).
aa) Von einem Missbrauch im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG ist auszugehen, wenn sich der Gläubiger bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs allein oder zumindest überwiegend von sachfremden Motiven leiten lässt (vgl. BGH, Urteil vom 6. April 2000 I ZR 76/98, BGHZ 144, 165, 170 Missbräuchliche Mehrfachverfolgung, zu § 13 Abs. 5 UWG aF; Urteil vom 22. April 2009 I ZR 14/07, GRUR 2009, 1180 Rn. 20 = WRP 2009, 1510 0,00 Grundgebühr; Urteil vom 22. Oktober 2009 – I ZR 58/07, GRUR 2010, 454 Rn. 19 = WRP 2010, 640 – Klassenlotterie; Urteil vom 6. Oktober 2011 I ZR 42/10, GRUR 2012, 286 Rn. 13 = WRP 2012, 464 Falsche Suchrubrik). Die Annahme eines derartigen Rechtsmissbrauchs erfordert eine eingehende Prüfung und Abwägung der maßgeblichen Einzelumstände. Hierzu zählen die Art und Schwere des Wettbewerbsverstoßes sowie das Verhalten des Schuldners nach dem Verstoß. Vor allem ist aber auf das Verhalten des Gläubigers bei der Verfolgung dieses und anderer Verstöße abzustellen (vgl. BGHZ 144, 165, 170 Missbräuchliche Mehrfachverfolgung; BGH, Urteil vom 15. Dezember 2011 I ZR 174/10, GRUR 2012, 730 Rn. 15 = WRP 2012, 930 Bauheizgerät).

bb) Im Streitfall sind keine ausreichenden Anhaltspunkte vorhanden, die eine missbräuchliche Rechtsverfolgung durch die Klägerin belegen. Das Berufungsgericht hat eine umfassende Abwägung aller Umstände des Einzelfalls vorgenommen und dabei Gesichtspunkte einbezogen, die wie Zweifel an der Lieferbereitschaft der Klägerin und ihrer Absicht, Bach-Blüten-Produkte in Deutschland zu vertreiben für ein missbräuchliches Verhalten sprechen können. Es hat indes angenommen, die Umstände ließen in ihrer Gesamtschau nicht den Schluss zu, die Klägerin verfolge mit der Klage rechtsmissbräuchliche Ziele. Diese von den getroffenen Feststellungen getragene Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

Die Revisionserwiderung rügt ohne Erfolg, die Klägerin greife den Vertrieb der „Original Bach-Blüten“-Produkte mit einer Vielzahl koordinierter Verfahren an, wobei sie die Anspruchsgegner nicht nach sachlichen Kriterien auswähle, sondern sich allein gegen die N. GmbH wende, um dieser zu schaden. Damit kann die Revisionserwiderung schon deshalb nicht durchdringen, weil die Klägerin sich nicht allein gegen den Hersteller der „Original“-Produkte wendet, sondern wie im der Senatsentscheidung „Original Bach-Blüten“ zugrundeliegenden Fall (vgl. Urteil vom 24. Juli 2014 I ZR 221/12, GRUR 2014, 1013 = WRP 2014, 1184) auch gegen in den Vertriebsweg ein-geschaltete Dritte in jenem Fall gegen den Betreiber einer Apotheke vorgeht. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend und von der Revisionserwiderung unbeanstandet festgestellt, dass die von der Beklagten für ihren Standpunkt angeführten Verfahren von verschiedenen Parteien auf Klägerseite geführt werden und jedenfalls teilweise unterschiedliche (behauptete) Wettbewerbsverstöße zum Gegenstand haben. Dass die Klägerin dabei als Teil eines Unternehmensnetzwerks an Stelle eines Dritten vorgeht, der maßgeblichen Einfluss auf das Verfahren ausübt, hat das Berufungsgericht nicht festzustellen vermocht. Sonstige Anhaltspunkte, die eine im Vordergrund stehende Behinderung der Beklagten nahelegen, sind weder hinreichend dargetan noch ersichtlich.

Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung folgt eine andere Beurteilung nicht aus der unterbliebenen Ausführung der von den Beklagten veranlassten Testkäufe. Das Berufungsgericht hat diesen Gesichtspunkt in seine Betrachtung mit einbezogen, ohne dass es allein hieraus auf eine missbräuchliche Anspruchsverfolgung durch die Klägerin zu schließen vermocht hat. Ein Anhaltspunkt für eine missbräuchliche Geltendmachung der Unterlassungsansprüche ergibt sich im Streitfall weiterhin nicht aus dem Vortrag der Beklagten, die Klägerin versuche mit der vorliegenden Klage rechtsmissbräuchlich Einfluss auf eine zwischen den Parteien im Ausland geführte markenrechtliche Auseinandersetzung zu nehmen. Die Beklagten haben schon nicht näher dargelegt, inwiefern der vorliegende Rechtsstreit zu einer solchen Einflussnahme geeignet sein sollte.

2. Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht eine geschäftliche Handlung der Beklagten im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG verneint hat, halten der rechtlichen Nachprüfung hingegen nicht stand.

a) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Das Merkmal des „objektiven Zusammenhangs“ ist dabei funktional zu verstehen; es setzt voraus, dass die Handlung bei objektiver Betrachtung darauf gerichtet ist, durch Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung der Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer den Absatz oder Bezug von Waren oder Dienstleistungen des eigenen oder eines fremden Unternehmens zu fördern (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 10. Januar 2013 I ZR 190/11, GRUR 2013, 945 Rn. 17 = WRP 2013, 1183 Standardisierte Mandatsbearbeitung, mwN; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 2 Rn. 48; Erdmann in Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 4. Aufl., § 31 Rn. 59).

b) Von einer geschäftlichen Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG kann nur ausgegangen werden, wenn die Handlung bei der gebotenen objektiven Betrachtung vorrangig dem Ziel der Förderung des Absatzes oder Bezugs von Waren oder Dienstleistungen dient (vgl. BGH, GRUR 2013, 945 Rn. 18 Standardisierte Mandatsbearbeitung; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 2 Rn. 48 und 51; ähnlich Fezer/Fezer, UWG, 2. Aufl., § 2 Nr. 1 Rn. 168, wonach die Absatz- oder Bezugsförderung nicht nur eine Nebenfolge des Marktverhaltens sein darf; ebenso Sosnitza in Ohly/Sosnitza, UWG, 6. Aufl. § 2 Rn. 38). Soweit die Revision demgegenüber meint, für eine geschäftliche Handlung genüge es, wenn der Zweck der Förderung eigenen oder fremden Wettbewerbs nicht vollständig hinter anderen Beweggründen zurücktrete, bezieht sie sich auf die Rechtsprechung zu § 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung, in der dieses Gesetz bis zum 7. Juli 2004 gegolten hat (ebenso allerdings Keller in Harte/Henning, UWG, 3. Aufl., § 2 Rn. 73). Da die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG der Umsetzung von Art. 2 Buchst. d der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken dient, ist sie im Lichte des Wortlauts und des Zwecks dieser Richtlinienbestimmung auszulegen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 I ZR 218/12, GRUR 2014, 682 Rn. 16 =WRP 2014, 835 Nordjob-Messe; Urteil vom 30. April 2014 I ZR 170/10, GRUR 2014, 1120 Rn. 15 = WRP 2014, 1304 Betriebskrankenkasse II). Nach ihrem Erwägungsgrund 7 bezieht sich die Richtlinie nicht auf Geschäftspraktiken, die vorrangig anderen Zielen als der Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung von Verbrauchern in Bezug auf Produkte dienen und sich lediglich reflexartig auf die Absatz- oder Bezugsförderung auswirken (vgl. BGH, GRUR 2013, 945 Rn. 29 Standardisierte Mandatsbearbeitung; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2010, 47, 48).

c) Nach diesen Maßstäben kann eine geschäftliche Handlung der Beklagten nicht verneint werden.

aa) Das Berufungsgericht hat allerdings zutreffend und von der Revision unbeanstandet angenommen, dass eine Haftung der Beklagten für eine geschäftliche Handlung unter dem Gesichtspunkt der Förderung des eigenen Absatzes von Seminaren und Büchern zur Bach-Blüten-Therapie nicht in Betracht kommt. Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage nicht gegen den Vertrieb der eigenen Waren und Dienstleistungen der Beklagten, sondern gegen die Förderung des Wettbewerbs der N. GmbH.

bb) Nicht zugestimmt werden kann jedoch den Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht ein geschäftliches Handeln der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Förderung fremden Wettbewerbs abgelehnt hat.

(1) Eine geschäftliche Handlung kann sich nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG auch auf die Förderung des Absatzes oder Bezugs von Waren oder Dienstleistungen eines fremden Unternehmens beziehen. Die Richtlinie 2005/29/EG steht der Erstreckung des Anwendungsbereichs des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb auf Handlungen zur Förderung des Wettbewerbs zugunsten fremder Unternehmen nicht entgegen. Die Förderung des Absatzes eines anderen Unternehmens, die nicht in dessen Namen oder Auftrag erfolgt, fällt nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie (vgl. Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 2005/29/EG; EuGH, Urteil vom 17. Oktober 2013 – C-391/12, GRUR 2013, 1245 Rn. 40 = WRP 2013, 1575 – RLvS Verlagsgesellschaft/Stuttgarter Wochenblatt; BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 I ZR 123/06, GRUR 2009, 878 Rn. 11 = WRP 2009, 1082 Fräsautomat; Urteil vom 6. Februar 2014 I ZR 2/11, GRUR 2014, 879 Rn. 13 = WRP 2014, 1058 GOOD NEWS II; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 2 Rn. 8 und 54; GroßKomm.UWG/Peukert, 2. Aufl., § 2 Rn. 103).
(2) Im Streitfall besteht allerdings die Besonderheit, dass sich ein geschäftliches Handeln in Form der Förderung fremden Wettbewerbs nicht schon unmittelbar aus den beanstandeten Äußerungen als solchen ergibt. Hiervon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat angenommen, die Äußerungen der Beklagten enthielten allgemeine Darstellungen der Grundgedanken der Bach-Blüten-Lehre in Form einer Beschreibung der einzelnen Blüten und ihrer Wirkung, ohne dass ein Bezug zu den von der N. GmbH vertriebenen Produkten vorliege. Soweit einzelne Äußerungen den Bezug auf ein konkretes Produkt („Rescue“-Spray/-Tropfen) erkennen ließen, stehe dabei die Wirkweise im Vordergrund.

Diese Gegebenheiten stehen der Annahme einer geschäftlichen Handlung jedoch nicht entgegen. Die Frage, ob eine Handlung vorrangig der Förderung des eigenen oder fremden Absatzes oder Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder aber anderen Zielen dient, ist aufgrund einer Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Hierbei kommt es nicht nur auf die eigentlich in Rede stehende Handlung – wie vorliegend den Inhalt der angegriffenen Äußerungen – an, sondern auch auf die Begleitumstände. Der Umstand, dass der Handelnde ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidungen von Verbrauchern oder anderen Marktteilnehmern hat, stellt dabei nur ein wenngleich maßgebliches Indiz für das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar (vgl. OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2010, 47, 48; Erdmann in Gloy/Loschelder/Erdmann aaO § 31 Rn. 60; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 2 Rn. 51).

(3) Keiner abschließenden Entscheidung bedarf im Streitfall die Frage, ob die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen die Annahme der Revision tragen, die Beklagten hätten ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Absatz von „Original Bach-Blütenkonzentraten“ durch die N. GmbH, weil sie vom Absatz der Bücher und der Veranstaltung der Seminare über diese Produkte profitierten. Die Förderung fremden Wettbewerbs durch die Beklagten ergibt sich hier jedenfalls aus den Begleitumständen, unter denen die angegriffenen Äußerungen gefallen sind.

Nach den getroffenen Feststellungen enthält der Internetauftritt der Beklagten außer Informationen über die von diesen angebotenen Waren und Dienstleistungen im Zusammenhang mit der umfassend dargestellten „Originial-Bach-Blüten-Therapie“ auch Angaben dazu, wo entsprechende Bach-Blüten-Produkte erworben werden können. Ob allerdings bereits der durch einen einfachen „Klick“ auf der Unterseite „Bezugsquellen“ abrufbare Hinweis darauf, dass der weitere Vertrieb der „Original Bach-Blütenkonzentrate“ durch die englische A. N. & Co erfolgt, für sich genommen hinreichend geeignet ist, deren Vertrieb in Deutschland durch die N. GmbH zu fördern, erscheint zweifelhaft, weil die zwischen diesen beiden Unternehmen bestehende Verbindung sich aus dem angegriffenen Internetauftritt allein nicht erkennen lässt. Die Frage bedarf allerdings keiner abschließenden Entscheidung. Es ergibt sich bereits aus dem Gesamtzusammenhang, dass sich der Hinweis auf die Bezugsmöglichkeiten nicht auf alle auf dem Markt erhältlichen Bach-Blüten-Produkte, sondern nur auf die „Original Bach-Blütenkonzentrate“ der A. N. & Co und der Bach Flower Remedies Ltd. sowie in Deutschland der N. GmbH bezieht. Dies wird daraus deutlich, dass die Beklagten darauf hinweisen, die „Original Bach-Blütenkonzentrate“ seien am dort abgebildeten „Original-Schriftzug Bach™“ unstreitig eine Wort-Bild-Marke der Bach Flower Remedies Ltd. erkennbar. Außerdem wird der Bezug zur N. GmbH und den von ihr in Deutschland angebotenen „Original Bach-Blütenkonzentraten“ durch den dort gesetzten Link hergestellt. Dieser Link führt nicht zu der Ausgangsseite des Versandhandelsunternehmens Amazon, sondern zu einer Produktseite, auf der ausschließlich die Waren der N. GmbH aufgeführt sind. Damit wird ein objektiver Zusammenhang zur Absatzförderung nur eines bestimmten Unternehmens vorliegend der N. GmbH hergestellt (vgl. auch BGH, Urteil vom 26. Oktober 1989 I ZR 242/87, BGHZ 109, 153, 158 f. Anwaltsauswahl durch Mieterverein).

Die Beklagten weisen in ihrem Internet-Auftritt zwar auch auf Apotheken als mögliche Bezugsquellen hin. Dieser Umstand rechtfertigt jedoch nicht die Annahme des Berufungsgerichts, damit sei auch die Möglichkeit des Bezugs von Bach-Blüten-Produkten konkurrierender Anbieter angesprochen. Der Hinweis auf den Apothekenbezug ist im Zusammenhang mit den weiteren Informationen zu den Bezugsquellen zu sehen, die wie auch die übrigen Inhalte der Internetseite der Beklagten allein „Original Bach-Blüten“-Produkte zum Gegenstand haben. Der Verkehr wird dies dahin verstehen, dass die solchermaßen herausgestellten „Original-Produkte“ in Apotheken erworben werden können. Soweit das Berufungsgericht demgegenüber davon ausgegangen ist, dass der angesprochene Verkehr nicht zwischen den hier in Rede stehenden, als „Original-Produkte“ bezeichneten Erzeugnissen und Konkurrenzprodukten unterscheidet, fehlt es an Feststellungen, die diese Sichtweise stützen. Es liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte für ein solches Verkehrsverständnis vor. Die Revisionserwiderung geht selbst davon aus, dass die angesprochenen Verkehrskreise wegen der Bekanntheit und Verbreitung der Bach-Blüten-Produkte wissen, dass diese von unterschiedlichen Herstellern vertrieben werden.

Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen kann nicht angenommen werden, dass der Verweis auf die Produkte der N. GmbH eine bloße Reflexwirkung der auf der Internetseite enthaltenen Informationen über die „Original Bach-Blüten-Therapie“ darstellt und deshalb hinter diese zurücktritt. Das Verhalten der Beklagten ist im Zusammenhang mit den angegriffenen, auf die „Original-Bachblüten-Therapie“ bezogenen Äußerungen objektiv betrachtet maßgeblich darauf gerichtet, durch die Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung der Verbraucher in Richtung auf die „Original-Produkte“ den Absatz von Waren eines bestimmten Herstellers zu fördern.

(4) Die vom Berufungsgericht für seine gegenteilige Sichtweise angeführte Senatsentscheidung „Schöner Wetten“ (Urteil vom 1. April 2004 I ZR 317/01, BGHZ 158, 343) steht dem nicht entgegen.

Der Senat hat in dieser Entscheidung die Haftung eines Verlags für den Fall verneint, dass ein Artikel der Online-Ausgabe einer Zeitschrift einen Link zum Internetauftritt des Unternehmens enthielt, über das in dem Artikel berichtet wurde. Er hat ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs im Sinne des § 1 UWG aF als nicht gegeben angesehen, weil die Beklagte beim Setzen des Links nicht in der Absicht gehandelt hat, den Wettbewerb des Unternehmens zu fördern, auf das sich der Bericht bezog (BGHZ 158, 343, 347 f.). Dort war allerdings zu berücksichtigen, dass die beklagte Partei als Medienunternehmen unter dem besonderen Schutz der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) gehandelt hat.

Bei einem redaktionellen Beitrag ist ein objektiver Zusammenhang im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG mit der Förderung des Absatzes eines fremden Unternehmens zu verneinen, wenn der Beitrag allein der Information und Meinungsbildung seiner Adressaten dient (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 2011 I ZR 147/09, GRUR 2012, 74 Rn. 15 = WRP 2012, 77 Coaching-Newsletter; zur in solchen Fällen nach früherem Recht regelmäßigen Verneinung der Wettbewerbsförderungsabsicht vgl. etwa BGH, Urteil vom 20. März 1986 I ZR 13/84, GRUR 1986, 812, 813 = WRP 1986, 547 Gastrokritiker; Erdmann in Gloy/Loschelder/Erdmann aaO § 31 Rn. 67 mwN). Die für die Berichterstattung von Medienunternehmen geltenden speziellen Grundsätze finden im Streitfall auch dann keine Anwendung, wenn die beanstandeten Äußerungen der Beklagten im Zusammenhang mit der Information über die „Bach-Blüten-Therapie“ wie das Berufungsgericht angenommen hat als Meinungsäußerungen ebenfalls in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG fallen. Letzteres steht einer lauterkeitsrechtlichen Kontrolle von Äußerungen, die nicht ausschließlich wirtschaftlichen Zwecken dienen, nicht entgegen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Juli 2007 1 BvR 2041/02, GRUR 2008, 81, 82; BGH, GRUR 1986, 812, 813 Gastrokritiker). Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung besteht auch im Blick auf Art. 5 Abs. 1 GG kein anerkennenswertes, von vornherein aus dem Anwendungsbereich des Wettbewerbsrechts herausführendes Interesse der Beklagten daran, im Zusammenhang mit der Darstellung der „Bach-Blüten-Lehre“ nicht nur über das Bach-Centre und die dort hergestellten Tinkturen berichten, sondern zudem auf den Vertrieb der „Original“-Produkte hinweisen zu können. Die grundrechtlichen Wertungen sind erst bei der Beurteilung der Unlauterkeit der in Rede stehenden Handlungen und nicht schon bei der Verneinung einer geschäftlichen Handlung zu beachten (vgl. BGH, GRUR 2012, 74 Rn. 14 f. und 31 Coaching-Newsletter; Erdmann in Gloy/Loschelder/Erdmann aaO § 31 Rn. 65; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 2 Rn. 51).

(5) Die Senatsentscheidung „Werbung für Fremdprodukte“ (Urteil vom 17. Oktober 2013 I ZR 173/12, GRUR 2014, 573 = WRP 2014, 552) rechtfertigt ebenfalls keine andere Bewertung. Die Entscheidung betraf einen Sachverhalt, in dem ein Link auf der Internetseite des Klägers zu Produktseiten bei Amazon führte. Der Senat hat dazu entschieden, dass dadurch allein kein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen der Klagepartei und einem Mitbewerber des von ihr unterstützten Unternehmens begründet worden ist. Die dortige Konstellation lässt sich allerdings nicht mit der im Streitfall zu beurteilenden vergleichen, in dem es um eine geschäftliche Handlung der Beklagten im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG geht. Im Streitfall kommt es zudem allein auf das Bestehen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses zwischen der von der Beklagten geförderten N. GmbH und der mit dieser in Wettbewerb stehenden Klägerin an (vgl. BGH, GRUR 2014, 573 Rn. 19 Werbung für Fremdprodukte, mwN).

III. Da das Berufungsurteil sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt, ist es aufzuheben (§§ 561, 562 Abs. 1 ZPO).

Im Hinblick darauf, dass das Berufungsgericht von seinem Standpunkt aus folgerichtig keine Feststellungen zur Unlauterkeit der beanstandeten Äußerungen getroffen hat, ist die Sache zur Nachholung der in dieser Hinsicht noch gebotenen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 27.11.2012 – 33 O 429/10 –
OLG Köln, Entscheidung vom 29.05.2013 – 6 U 220/12 –

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