Amazon haftet für Verstöße wegen fehlender Textilkennzeichnungen und fehlender Grundpreisangaben

08. Juni 2015
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Wäscheetikett mit Wasch- und Pflegeanleitungen Urteil des LG Köln vom 06.11.2014, Az.: 31 O 315/13

Erfolgt die Bewerbung von Produkten über die Internetplattform „Amazon“ ohne nach der Textilkennzeichnungsverordnung erforderliche Angaben über die Textilzusammensetzung bei Kleidungsstücken oder werden Haushaltsartikel angeboten, bei denen neben dem Gesamtpreis der Grundpreis fehlt, so ist in einem derartigen Angebot jeweils ein Rechtsverstoß zu sehen für den der Anbieter - hier Amazon selbst - haftet.

Eine Ausnahme liegt auch nicht bei einem vermeintlichen „Ausreißer“-Angebot vor, wenn zum einen nicht nur ein Produkt mit einem solchen Verstoß gefunden wurde und zum anderen keinerlei entsprechende Angaben gemacht werden, die eine „Ausreißer“-Stellung begründen würden.

Landgericht Köln

Urteil vom 06.11.2014

Az.: 31 O 512/13

 

in dem Rechtstreit

des Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. Frankfurt am Main, Büro Stuttgart

gegen

hat die 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 11.09.2014

durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht …

für Recht erkannt:

I.

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten zu unterlassen,

1.

Verbrauchern Textilerzeugnisse gewerblich anzubieten, ohne Angaben über die verwendeten Fasern zu machen, wenn dies geschieht wie nachfolgend für das Produkt Esprit-Damenbluse mit der Artikelnummer 083EE1 F003 wiedergegeben:

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und/oder

2.

gegenüber Verbrauchern für eine Ware unter Preisangabe zu werben, ohne den Grundpreis anzugeben, wenn dies geschieht wie nachstehend für das Produkt Dyson Dyzolv Fleckenreiniger für Teppiche und Läufer und/oder das Produkt Multiöl Caramba 6006641 70 wiedergegeben:

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und/oder

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II.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 438,70 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.03.2014 zu zahlen.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

IV.

Das Urteil ist hinsichtlich des Unterlassungstenors zu Ziffer I gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,00 EUR und hinsichtlich des Tenors zu Ziffer II und der Kosten des Rechtsstreits gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist – was die Beklagte bestreitet – ein höchstrichterlich anerkannt umfassend aktivlegitimierter Verband im Sinne § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG und § 8 Abs. 3 N. 2 UWG. Ihm gehören derzeit mehr als 2000 Unternehmen und ca. 800 Verbände an, für die er in erheblichem Umfang auch beratend tätig wird.

Die Beklagte ist Betreiberin der Webseite www.amazon.de in Bezug auf die dort von ihr selbst eingestellten Angebote. Der sog. „Marketplace“ auf der Webseite www.amazon.de, auf dem Dritte ihre Waren zum Verkauf anbieten können, wird hingegen von einer anderen Gesellschaft des Amazon-Konzerns, der Amazon Services Europe S.a.r.I., betrieben.

Die Beklagte bot am 23.9.2013 auf ihrer Internetplattform www.amazon.de eine Damenbluse mit der ASIN B00DM3SA2C und der Artikelnummer 083EE1F003 zum Preis von 39,99 EUR an, ohne Angaben über die Bezeichnung und Gewichtsanteile der im Erzeugnis enthaltenen Fasern zu machen.

Der Kläger, der hierin einen Verstoß gegen die §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. Art. 16 Absatz 1, S. 1 der EU VO 1007/2011 (Textilkennzeichnungsverordnung), sowie § 2 UKlaG i.V.m. Art. 16 Absatz 1, S. 1 der EU VO 1007/2011 und §§ 3, 5 a UWG sieht, mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 25.9.2013 (vgl. Anl. A 2) ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung auf.

Am 10.10.2013 bot die Beklagte auf der Internetplattform www.amazon.de einen Teppichreiniger mit der ASIN B00062MT7Y und der Artikelnummer 903888-07 zum Preis von 13,24 EUR und einem Produktgewicht inklusive Verpackung von 299 g an. Es fehlten jedoch Angaben zum Grundpreis. Der Kläger, der hierin einen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 2 PAngV, §§ 3, 5 a Abs. 3, 4 UWG i.V.m. der Richtlinie 98/6/EG (Preisangaben-Richtlinie) und § 2 UKlaG i.V.m. der Richtlinie 98/6/EG sieht, mahnte die Beklagte u.a. wegen dieses Verstoßes mit Schreiben vom 11.10.2013 (Anl. A 5) ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung auf.

Am 30.10.2013 schaltete die Beklagte auf der Internetplattform www.amazon.de ein Angebot bezüglich eines Multiöls in einer 400 ml Sprühdose zum Preis von 5,99 EUR, ohne auch hierbei einen Grundpreis anzugeben.

Im Antwortschreiben auf die Abmahnung wegen des Teppichreinigers vom 31.10.2013 (vgl. Anl. A 6) nahm die Beklagte u.a. zu den beiden oben genannten Beanstandungen Stellung und lehnte die Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung ab. Sie berief sich dabei insbesondere darauf, dass es sich bei den gerügten Verstößen um ungewollte Ausreißer gehandelt habe, die zwar bedauerlich seien, aber nach ständiger Rechtsprechung und Literaturauffassung gerade nicht zu einem Unterlassungsanspruch führen würden.

Der Kläger ist der Ansicht, die Verteidigung mit dem „Ausreißer-Einwand“ greife nicht durch. Zudem sei für die Annahme einer Bagatelle bei Verstößen gegen Informationspflichten, die – wie vorliegend – auf EU-Recht basierten, kein Raum, da eine Spürbarkeit des Verstoßes gesetzlich fingiert werde. Zudem habe die Beklagte, wie das Angebot des Multiöls vom 30.10.2013 zeige, auch nach der Abmahnung weiter gegen die Pflicht zur Grundpreisangabe verstoßen.

Der Kläger beantragt,

wie erkannt —

Die Beklagte beantragt,

1. den Rechtsstreit an die Kammer für Handelssachen zu verweisen,

2. die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, der Rechtsstreit sei auf ihren Antrag hin an die Kammer für Handelssachen zu verweisen, da es sich um eine Handelssache gem. § 13 Abs. 1 S. 2 UWG i.V.m. § 95 Abs. 1 Nr. 5 GVG handele.

Zudem fehle dem Kläger die Aktivlegitimation. Diesbezüglich bestreitet sie mit Nichtwissen, dass eine erhebliche Zahl von Unternehmen dem Kläger angehören würden, die Waren gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben würden und dass die behaupteten Zuwiderhandlungen die Interessen der Mitglieder berühren würden.

Zudem seien die Klageanträge viel zu weit gefasst und zu unbestimmt.

Bei dem Angebot der Damenbluse vom 23.09.2013 sei wegen eines technischen Versehens lediglich bei einem Teil der User kurzzeitig die Textilkennzeichnung nicht sichtbar gewesen. Die anderen User hätten aber unter dem Link „Details“ und dort unter „Materialzusammensetzung“ die Materialangabe des Herstellers „100 % Polyester“ sehen können (vgl. Anl. B 2). Es habe sich damit um einen Fehler im Einzelfall gehandelt, der bei einem derartigen Massengeschäft nie ganz zu verhindern sei. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Verkehr anhand der in das Angebot eingestellten Fotos ohne weiteres habe erkennen können, dass es sich bei dem Material der Bluse um Polyester, jedenfalls aber Kunstfaser, gehandelt habe, so dass es an der Relevanz bzw. Spürbarkeit eines etwaigen Wettbewerbsverstoßes fehle. Zum Zeitpunkt des Eingangs der Abmahnung sei die Textilkennzeichnung „100 % Polyester“ wieder bei allen Nutzern im Rahmen des betreffenden Angebots angezeigt worden.

Was die fehlenden Grundpreisangaben anbelange, so bestünden bei der Beklagten eine Fülle von Sicherheitsmechanismen, um eine korrekte Grundpreisangabe zu gewährleisten (zu den Einzelheiten vgl. BI. 35 ff d.A.). Die Angabe bezüglich des Multiöls sei auch schon vor Zustellung der Klageschrift korrigiert worden. Die Angabe bezüglich des Teppichreinigers sei sofort nach Erhalt der Abmahnung am 11.10.2013 ergänzt worden. Zwar sei es offenkundig zu einer fehlerhaften Datenübermittlung gekommen. Das Problem bestehe aber darin, dass die Beklagte aktuell ein Sortiment von Millionen von Produkten anbiete. So würde die Beklagte – was unstreitig ist – unter dem Stichwort „Bekleidung“ 145.000 Produkte anbieten, unter dem Stichwort „Küche & Haushalt“ 283.000 Produkte und unter dem Stichwort „Auto“ sogar 1.048.000 Produkte. Bei den beiden Beanstandungen bezüglich der fehlenden Grundpreisangabe handele sich daher um Einzelversehen im Massengeschäft und damit um Bagatellverstöße, die nicht zu einem Unterlassungsanspruch führen könnten. Sähe man dies anders, so würde das gesamte Geschäftsmodell der Beklagten gefährdet, obwohl dieses von der Rechtsordnung ausdrücklich gebilligt und vom Verbraucher im hohen Maße erwünscht sei.

Jedenfalls sei bei der Bluse zu berücksichtigen, dass die erforderlichen Angaben nur für einen äußerst kurzen Zeitraum und nur für einen Teil der „User“ nicht zu sehen gewesen sei. Die Grundpreisangabe bei dem streitgegenständlichen Teppichreiniger sei zudem zu Zwecken des Preisvergleichs nicht erforderlich gewesen, da dieser vom Hersteller stets in derselben Größe angeboten würde.

Die Beklagte ist der Ansicht, ein Verstoß gegen § 2 PAngV und damit gegen § 4 Nr. 11 UWG komme schon deshalb nicht in Betracht, da § 2 PAngV europarechtswidrig sei und daher nicht mehr angewendet werden dürfe, denn die Anforderungen gemäß § 2 PAngV gingen über die Anforderungen der Richtlinie 98/6/EG hinaus. Für den Fall, dass die Kammer dies anders sähe, sei die Sache dem EuGH vorzulegen.

Ansprüche aus dem UKlaG seien zudem ausgeschlossen, da dieses neben dem UWG keine Anwendung finde. Zudem handele es sich unabhängig davon weder bei der Textilkennzeichnungsverordnung noch bei der Preisangabenrichtlinie und § 2 PAngV um Verbraucherschutzgesetze im Sinne des § 2 UKlaG, da dies nicht im Einklang mit der Unterlassungsklagenrichtlinie (2009/22/EG) stünde. Eine Ahndung von Bagatellverstößen liege zudem nie im Interesse des Verbraucherschutzes gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 UKlaG.

Zuletzt vertritt die Beklagte die Auffassung, dass der Streitwert mit 15.000,00 EUR zu gering bemessen worden sei. Es seien pro Antrag 25.000,00 EUR und damit ein Gesamtstreitwert i.H.v. 50.000,00 EUR anzusetzen.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

I.

Eine Verweisung an die Kammer für Handelssachen scheidet aus. Eine Zuständigkeit gem. § 95 Abs. 1 Nr. 5 GVG ist nur dann gegeben, wenn die Zuständigkeit für den gesamten Streitgegenstand gegeben ist. Ist dies nicht der Fall, ist der gesamte Rechtsstreit vor der Zivilkammer wegen deren umfassender Zuständigkeit zu führen. Die Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen „kraft Sachzusammenhangs“ kommt nicht in Betracht (Lückemann in Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 95 GVG, Rn. 2).

Da die Klage nicht nur auf UWG gestützt ist, sondern daneben auch auf das UKlaG, handelt es sich teilweise um einen Streitgegenstand, der nicht unter die Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen gem. § 95 Abs. 1 Nr. 5 GVG fällt. Da es auch keinen Vorrang des UKlaG gegenüber dem UWG gibt, können sich Verbände wie der Kläger auch aussuchen, ob sie die Klage auf UWG oder das UKlaG stützen möchten (vgl. Köhler in GRUR 2010, 1047, 1053). Zudem sind die Vorschriften des UWG und des UKlaG entgegen der Ansicht der Beklagten auch nebeneinander anwendbar, wenn – wie in Folgenden gezeigt wird –Verstöße gegen Verbraucherschutzgesetze vorliegen, die zugleich Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG sind (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 2 UKIaG, Rn. 11 b).

I.

1.

Der Kläger ist aktivlegitimiert sowohl im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG als auch im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Durch die Vorlage der aktuellen Mitgliederliste (Anl. A 9, BI. 79 d.A.) hat der Kläger ausreichend dargelegt, dass ihm eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehören, die Waren gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt wie die Beklagte vertreiben – was im Übrigen auch gerichtsbekannt ist.

2.

Den Klageanträgen mangelt es entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht an der gem. § 253 Abs. 2 ZPO erforderlichen Bestimmtheit. Spätestens in der Sitzung vom 11.09.2014 hat der Kläger durch die nochmals ausdrücklich erklärte Bezugnahme auf die jeweiligen konkreten Verletzungsformen, die in ihrer Gestaltung zwischen den Parteien seitdem unstreitig sind, klargestellt, dass sich die jeweiligen Angriffe nur und ausschließlich gegen die im Tenor jeweils konkret eingeblendeten Verletzungsformen richten. Auch die weitergehenden abstrakten Beschreibungen begegnen – nach geringfügiger Abänderung im Termin (vgl. Sitzungsprotokoll vom 11.09.2014, BI.143 d.A.) – keinen Bedenken mehr. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass in den Anträgen die jeweiligen Ausnahmetatbestände der einschlägigen Normen keinen Erwähnung finden, denn durch die Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform ist hinreichend klargestellt, dass nur solche Angebote gemeint sind, bei denen kein Ausnahmefall vorliegt.

3.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch in Bezug auf die Damenbluse unter mehreren Gesichtspunkten zu:

a.

Der Anspruch ergibt sich zum einen gemäß §§ 8 Abs. 3 Nr. 2, 4 Nr. 11 UWG i.V:m. Art.16 Abs. 1 S. 1 der Textilkennzeichnungsverordnung (EU VO 1007/2011).
Durch die fehlende Angabe über die Bezeichnung und Gewichtsanteile der in der angebotenen Bluse enthaltenen Fasern hat die Beklagte gegen Art.16 Abs. 1 S. 1 EU VO 1007/2011 verstoßen.

Bei der Textilkennzeichnungsverordnung handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung im Interesse der Verbraucher im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG, da sie als Produktkennzeichnungspflicht durchweg dem Schutz der Verbraucher dient (vgl. Köhlerin Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 4, Rn. 11.118, 11.130).

Gem. Art.16 Abs. 1 S. 1 EU VO 1007/2011 sind die in den Artikeln 5, 7, 8 und 9 genannten Beschreibungen der Textilfaserzusammensetzung in Katalogen, Prospekten, Verpackungen, Etiketten und Kennzeichnungen in einer Weise anzugeben, dass sie leicht lesbar, sichtbar und deutlich erkennbar sind und für Verbraucher – auch beim Kauf auf elektronischem Wege – vor dem Kauf deutlich sichtbar sind.

Die Beklagte hat eingeräumt, dass dies bei ihrem Angebot vom 23.09.2013 betreffend die streitgegenständlichen Damenbluse nicht der Fall war. Soweit die Beklagte vorträgt, es habe sich um ein technisches Versehen gehandelt, das lediglich dazu geführt habe, dass ein Teil der „User“ die Angabe kurzzeitig nicht hätte sehen können, so ist dieser Vortrag nicht ausreichend substantiiert und damit unbeachtlich. Die Beklagte trägt weder zu dem Grund noch zu der genauen Dauer des angeblichen technischen Versehens vor. Auch bleibt offen, wie viele Personen sie mit „einem Teil der User“ meint. Die Vernehmung des von der Beklagten benannten Zeugen liefe daher ersichtlich auf eine unzulässige Ausforschung hinaus.

Es ist daher insoweit nicht von einem Einzelfall auszugehen.

Selbst wenn man zugunsten der Beklagten annähme, dass das es zu dem angeblichen Versehen nicht gekommen wäre, wäre ohnehin zweifelhaft, ob die Verwendung lediglich eines Links im Angebot, über den man erst bei Anklicken zu den erforderlichen Angaben gelangt, den Anforderungen des Art.16 Abs. 1 S. 1 EU VO 1007/2011 an die leichte Lesbarkeit und deutliche Erkennbarkeit gerecht würde.

b.

Zum anderen ergibt sich der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 3 Abs. 1 Nr. 2, 2 Abs. 1 S. 1 UKlaG.

Bei der Textilkennzeichnungsverordnung handelt es sich – wie oben bereits dargelegt – um eine Marktverhaltensregelung im Interesse der Verbraucher im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG. Damit hat die Beklagte auch gegen ein Verbraucherschutzgesetz im Sinne des § 2 Abs. 1 s. 1 UKlaG verstoßen.

4.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch in Bezug auf den Teppichreiniger und das Multiöl ebenfalls unter mehreren Gesichtspunkten zu:

a.

Der Anspruch ergibt sich zum einen aus §§ 8 Abs. 3 Nr. 2, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 2 PAngVO.

Dadurch, dass die Beklagte bei den streitgegenständlichen Angeboten jeweils unterlassen hat, den entsprechenden Grundpreis anzugeben, hat sie gegen § 2 PAngVO verstoßen.

Die Anwendbarkeit des § 2 Absatz ein S. 1 PAngV ist auch entgegen der Meinung der Beklagten nicht durch Art. 3 Abs. 5 S. 1 der UGP-Richtlinie ausgeschlossen (vgl. BGH GRUR 2014, 576 – 2 Flaschen GRATIS, Rn. 17 und 18). Die Kammer hält daher die von der Beklagten beantragte Vorlage an den EuGH für nicht erforderlich, um im vorliegenden Fall eine Entscheidung treffen zu können. Eine Verpflichtung zur Vorlage an den EuGH besteht schon deshalb nicht, weil die Kammer keine letztinstanzliche Entscheidung trifft.

Bei der PAngV handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung im Interesse der Verbraucher im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG, denn Preisangaben sollen durch eine sachlich zutreffende und vollständige Verbraucherinformation Preiswahrheit und Preisklarheit gewährleisten und durch optimale Preisvergleichsmöglichkeiten die Stellung der Verbraucher gegenüber den Unternehmen stärken und fördern. Verstöße sind daher zugleich unlautere geschäftliche Handlungen. Sie müssen allerdings geeignet sein, die Interessen von Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen gemäß § 3 Abs. 1, um ein Verbot zu rechtfertigen. (vgl. Köhlerin Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 4, Rn. 11.142). Bei Verstößen gegen die PAngV kommt es vornehmlich darauf an, ob die Preisvergleichsmöglichkeiten der Verbraucher erheblich erschwert werden (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 4, Rn. 11.58 a m.w.N.)

Gem. § 2 Abs. 1 PAngV hat derjenige, der Letztverbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder regelmäßig in sonstiger Weise Waren in Fertigpackungen, offenen Packungen oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbietet, neben dem Gesamtpreis auch den Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Grundpreis) in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises anzugeben. Auf die Angabe des Grundpreises kann nur verzichtet werden, wenn dieser mit dem Gesamtpreis identisch ist.

Die Beklagte hat nicht bestritten, dass die streitgegenständlichen Angebote – jedenfalls zeitweise – eine entsprechende Grundpreisangabe nicht enthalten haben.

Die Verstöße sind auch geeignet, die Interessen von Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen gemäß § 3 Abs. 1 UWG, denn die Preisvergleichsmöglichkeiten der Verbraucher werden hier durch die fehlenden Angaben des Grundpreises bei dem Teppichreiniger und dem Multiöl erheblich erschwert. Anders wäre dies nur zu beurteilen, wenn der Verbraucher für einen Preisvergleich nicht ernsthaft auf die Grundpreisangabe angewiesen wäre, etwa weil er diese ohne weiteres selbst berechnen kann oder die zu vergleichenden Waren auch von der Konkurrenz stets in denselben Größen angeboten werden. Anhaltspunkte dafür, dass dies beim Fleckenreiniger mit den Angaben „Produktgewicht inkl. Verpackung: 299 g / 13,24 EUR“ und beim Multiöl mit den Angaben „400 ml / 5,99 EUR“ gegeben wäre, sind jedoch nicht ersichtlich.

Auch der Einwand der Beklagten, bei dem Teppichreiniger sei eine erhebliche Erschwerung der Möglichkeit des Preisvergleiches nicht zu erwarten, da der Hersteller das Produkt nur in der streitgegenständlichen Verpackungsgröße auf den Markt bringe, greift nicht durch. Der Verbraucher soll schließlich nicht nur die Produkte eines Herstellers miteinander vergleichen können, sondern gerade auch Produkte verschiedener Hersteller untereinander.

Auch dem Argument der Beklagten, es habe sich bei der fehlenden Angabe im Angebot für den Teppichreiniger lediglich um einen sog. „Ausreißer“ gehandelt, so dass es bereits deshalb an der erforderlichen Spürbarkeit der Beeinträchtigung gem. § 3 Abs. 1 UWG fehle, kann die Kammer nicht folgen.

Denn der diesbezügliche Vortrag ist schon nicht ausreichend substantiiert und damit unbeachtlich. So hat die Beklagte zwar dazu vorgetragen, welche Sicherheitsmechanismen generell bei ihr existieren, um derartige Fehler zu vermeiden, indem insbesondere die jeweiligen Hersteller bestimmte Produktinformationen über sog. „Upload-Sheets“ (Exel-Dateien) an die Beklagte übermitteln müssen. Auch hat sie vorgetragen, dass die Lieferanten des Fleckenreinigers stets zuverlässig gewesen seien, was die Datenübermittlung betrifft. Jedoch hat sie zu der streitgegenständlichen Beanstandung lediglich knapp mitgeteilt, dass es „offenkundig zu einer fehlerhaften Datenübermittlung“ gekommen sei. Es wird jedoch nichts dazu mitgeteilt, wann, wie, an welcher Stelle des Prozesses und durch wen genau es zu dem hier angegriffenen Fehler gekommen ist, was der Beklagten jedoch durch entsprechende Recherchen möglich gewesen sein muss, insbesondere wenn ihre Behauptungen zutreffen und die einzelnen Prozesse der Übermittlung der Daten von ihr laufend überwacht werden (vgl. Vortrag im Schriftsatz der Beklagten vom 16.05.2014, S. 7, BI. 35 d.A.). Es ist nicht einmal vorgetragen, ob die Beklagte insoweit überhaupt irgendwelche Recherchen hinsichtlich der Ursache des Fehlers angestellt hat. Nur wenn seitens der Beklagten hierzu substantiierter vorgetragen worden wäre, hätte überhaupt bewertet werden können, ob es sich tatsächlich um einen „Ausreißer“ gehandelt haben kann. Die Vernehmung des hierzu angebotenen Zeugen liefe daher ersichtlich auf eine unzulässige Ausforschung hinaus.

Zudem erscheint auch nicht plausibel, wieso es dem Kläger bei einer derart großen Anzahl von Angeboten seitens der Beklagten gelungen sein soll, genau diesen einen „Ausreißer“ aufzufinden. Dagegen spricht zudem, dass die Beklagte bei einem weiteren Angebot hinsichtlich des Multiöls vom 30.10.2013 – also nach Erhalt der Abmahnung – eine Grundpreisangabe unstreitig nicht enthalten war.

Zwar hat die Beklagte zu diesem angeblich weiteren „Ausreißer“ vorgetragen, dass es ihr bei diesem Angebot im Rahmen ihrer Sicherheitsmechanismen bereits selbst aufgefallen sei, dass die Grundpreisangabe fehlte. Es mangelt jedoch auch hier an näherem Vortrag dazu, wie, an welcher Stelle des Prozesses und durch wen genau es im System der Beklagten überhaupt zum Fehlen der Grundpreisabgabe bei diesem Angebot gekommen ist, was der Beklagten jedoch –wie oben bereits dargelegt – durch entsprechende Recherchen möglich gewesen sein muss.

b.

Zum anderen ergibt sich ein Unterlassungsanspruch aus § 3 Abs. 1 Nr. 2, 2 Abs. 1 S. 1 UKIaG, denn auch bei der Preisangabenverordnung handelt es sich – wie oben bereits dargelegt um ein Verbraucherschutzgesetz im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 UKIaG, gegen das die Beklagte verstoßen hat.

c.

Entgegen der Auffassung der Beklagten mangelt es in Anbetracht des Urteils der Kammer vom 09.02.2012 (Az.. 31 0 219/11) hinsichtlich der im hiesigen Verfahren geltend gemachten Verstöße gegen die Grundpreisverordnung auch nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse. Zwar hat die Kammer in ihrem Urteil vom 09.02.2012 der Beklagten verboten, u.a. Mais in Dosen auf der Internetplattform www.amazon.de ohne Angabe des Grundpreises anzubieten. Weitere Partei des damaligen Rechtsstreits war aber nicht der hiesige Kläger, sondern der Verein gegen _Unwesen in Handel und Gewerbe Köln e.V.. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass dadurch, dass die Beklagte sich nunmehr auf dieses Urteil beruft, die Wiederholungsgefahr für den aktuell geltend gemachten Verstoß entfallen würde. Denn in dem dortigen Fall ging es um Lebensmittel in Dosen, wohingegen es hier um Fleckenreiniger und Schmieröl geht, so dass die streitgegenständlichen Verletzungsformen schon nicht im Kern des damaligen Verbotstenors liegen.

5.

Der Kläger kann zudem eine Kostenpauschale in der geltend gemachten Höhe verlangen. Pro Abmahnung kann er eine Aufwandsentschädigung i.H.v. 205,00 EUR zzgl. 7 % Mehrwertsteuer (= 219,35 EUR), also insgesamt 438,70 EUR verlangen (vgl. Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Auflage 2014, § 12, Rn. 1.98).

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus § 709 ZPO.

III.

Der von dem Kläger angegebene Streitwert von 15.000,00 EUR war in Anbetracht der Tatsache, dass zwei verschiedenartige Verstöße geltend gemacht werden und unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Größe und Bedeutung der Beklagten auf 30.000,00 EUR anzuheben (15.000,00 EUR pro Verstoß).

Streitwert: 30.000,00 EUR

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