Bestellbutton mit der Aufschrift „Bestellung abschicken“ genügt nicht der sog. „Button-Lösung“

11. März 2014
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Urteil des OLG Hamm vom 19.11.2013, Az.: 4 U 65/13

Seit der sog. Button-Lösung, die am 01.08.2012 in Kraft getreten ist, sind Händler dazu verpflichtet bei Online-Bestellungen mittels eines Buttons diesen so zu beschriften, dass es für den Käufer ersichtlich ist, dass er sich mit einem Klick auf den Button zu einer Zahlung verpflichtet.  Eine Beschriftung des Buttons mit den Worten „Bestellung abschicken“ macht für ihn jedoch keine finanzielle Verpflichtung deutlich und genügt diesen Anforderungen somit nicht.

Oberlandesgericht Hamm

Urteil vom 19.11.2013

Az.: 4 U 65/13

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 20. Februar 2013 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Bochum unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 754,05 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.11.2012 zu zahlen.

Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger ¼ und die Beklagte ¾.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

I.

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Erstattung der anwaltlichen Kosten einer Abmahnung vom 17.09.2012 in Höhe von 1.005,40 € netto nach einem Gegenstandswert von 30.000,00 € und einer 1,3fachen Gebühr. Zum Zeitpunkt der Abmahnung boten beide Parteien im Internet Kinderspielzeug an. Die Beklagte hat ihre Geschäftstätigkeit inzwischen eingestellt.

Mit dem von Rechtsanwalt H unterzeichneten Abmahnschreiben vom 17.09.2012 beanstandete der Kläger Verstöße der Beklagten gegen fernabsatzrechtliche Verbraucherschutzvorschriften im Zusammenhang mit ihrem Internethandel. Er forderte die Beklagte zur Zahlung der Kosten der anwaltlichen Inanspruchnahme in Höhe von 1.157,00 € auf, die nach einem Gegenstandswert von 30.000,00 € unter Zugrundelegung einer 1,5fachen Gebühr berechnet waren. Wegen der Einzelheiten der Abmahnung wird auf die Anlage 3 verwiesen (Bl. 21 ff. d. A.).

Die Beklagte gab zwar eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, erbrachte aber keine Zahlung auf die Abmahnkosten.

Der Kläger hat geltend gemacht, er habe am 10.09.2012 in dem Onlineshop der Beklagten (www.###.de) festgestellt, dass den Preisangaben der Beklagten („228,90 € inkl. Lieferung“) nicht zu entnehmen sei, ob die Preise Umsatzsteuer enthielten, die Beklagte über den Beginn der Rückgabefrist fehlerhaft belehre, indem sie eine unzutreffende gesetzliche Vorschrift nenne, falsche Angaben über die Rückgabefolgen mache und ihrer Informationspflicht hinsichtlich des Eingehens einer Zahlungsverpflichtung (sog. „Button-Lösung“) nicht nachkomme.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.005,40 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.11.2012 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat eingewandt, die Rechtsverfolgung des Klägers sei rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG, und zudem bestritten, dass der Kläger die gerügten Wettbewerbsverstöße am 10.09.2012 auf ihrer Internetseite festgestellt habe und dass er tatsächlich eine Vergütung an seinen Prozessbevollmächtigten in Höhe von 1.005,40 € geleistet habe. Ferner hat sie geltend gemacht, ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 PAngV liege nicht vor. Als Kleinunternehmerin sei es ihr nach § 19 UStG untersagt, Umsatzsteuer zu erheben. Darauf habe sie auf ihrer Internetseite hingewiesen. Im Übrigen fehle es bei den behaupteten Verstößen an einer spürbaren Beeinträchtigung im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG. Es sei vor diesem Hintergrund auch eine Streitwertherabsetzung nach § 12 Abs. 4 UWG vorzunehmen. Es handele sich um eine nach Art und Umfang einfach gelagerte Sache.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Abmahnung des Klägers sei wegen rechtsmissbräuchlicher Geltendmachung im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG nicht berechtigt gewesen. Ferner liege kein Verstoß der Beklagten gegen § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 PAngV vor. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, die er wie folgt begründet:

Das Landgericht habe zu Unrecht ein rechtsmissbräuchliches Verhalten angenommen. Es fehle an substantiiertem Vortrag der Beklagten. Die von ihr angeführten Indizien sprächen nicht für einen Rechtsmissbrauch. Die Bezugnahme auf sog. „Abmahnblogs“ im Internet genüge nicht. Der Kläger lebe vom Onlinehandel mit Spielzeugen, den er unter der Domain www.###.de betreibe. Auch auf anderen Internetseiten – wie Facebook – werbe er für seinen Handel. Die Berichterstattung im Internet boome. Wenn auch nur eine einzige Abmahnung ausgesprochen werde, kursierten binnen kürzester Zeit zahlreiche Einträge im Internet. Im Jahr 2013 habe er keine Abmahnung in Auftrag gegeben; im Jahr 2012 seien es drei Abmahnungen und eine Vertragsstrafenforderung gewesen. Trotzdem hätten sich „ganze Foren über den Abmahnwahn“ gebildet.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.005,40 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.11.2012 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und meint, der Kläger sei mit seinem Vorbringen, er lebe vom Onlinehandel und werbe auch auf anderen Internetseiten für seinen Handel, präkludiert. Das gelte auch für den mit Nichtwissen zu bestreitenden Vortrag zu seiner Abmahntätigkeit.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien wird auf den Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig und teilweise begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG auf Zahlung von 754,05 €. Denn die Abmahnung war teilweise berechtigt.

1.

Der Kläger war nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG zur Abmahnung der Beklagten befugt. Denn die Parteien standen zum Zeitpunkt der Abmahnung hinsichtlich der Veräußerung von Spielzeug im Internet in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG.

2.

Die Abmahnbefugnis des Klägers ist nicht wegen des Einwands des Rechtsmissbrauchs (§ 8 Abs. 4 UWG) entfallen.

Ein Rechtsmissbrauch im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG setzt voraus, dass das beherrschende Motiv des Mitbewerbers bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sachfremde Ziele sind. Als typischen Beispielsfall des sachfremden Motivs umschreibt das Gesetz das Gebührenerzielungsinteresse. Damit wird die Art der unzulässigen Geltendmachung eines solchen Anspruchs näher charakterisiert, aber der Weg zu anderen Missbrauchsformen durch die Rechtsverfolgung offen gelassen. Das beschriebene Vorgehen selbst oder jedenfalls die Art des Vorgehens muss rechtsmissbräuchlich sein. Der Anspruchsberechtigte muss mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen verfolgen und diese müssen unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen (vgl. u. a. BGH GRUR 2002, 260 – Vielfachabmahner; Senat, GRUR-RR 2005, 141, 142; Köhler/Bornkamm, 31. Aufl., § 8 UWG, Rn. 4.10).

Darlegungs- und beweispflichtig für die Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 UWG ist der Verletzer, mithin hier die Beklagte. Erst wenn in ausreichendem Umfang Indizien vorgetragen sind, die für eine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruches sprechen, obliegt es sodann dem Anspruchsteller, diese zu widerlegen (BGH, GRUR 2001, 178 – Impfstoffversand an Ärzte; GRUR 2006, 243 – MEGA-Sale; Köhler/Bornkamm, 31. Aufl., § 8 UWG, Rn. 4.25).

Ein Anhaltspunkt für eine missbräuchliche Rechtsverfolgung kann sich unter anderem daraus ergeben, dass die Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden steht (BGH, GRUR 2001, 260, 261 – Vielfachabmahner). Ein Indiz für ein missbräuchliches Vorgehen kann ferner darin gesehen werden, dass der Anspruchsberechtigte mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend das für sich gesehen nicht schutzwürdige Ziel verfolgt, den Gegner mit möglichst hohen Prozesskosten zu belasten (BGH, GRUR 2000, 1089 – Missbräuchliche Mehrfachverfolgung). Für die Annahme einer missbräuchlichen Rechtsverfolgung kann ferner sprechen, dass der Abmahnende systematisch überhöhte Abmahngebühren oder Vertragsstrafen verlangt (BGH, GRUR 2012, 286 – Falsche Suchrubrik – m. w. N.). Gemessen an diesen Grundsätzen ist das mit der Abmahnung verfolgte Unterlassungsbegehren des Klägers nicht wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig. Die von der Beklagten aufgeführten Umstände lassen weder für sich genommen noch in der Gesamtschau den Schluss zu, dass der Kläger in diesem Sinne überwiegend sachfremde, mithin keine schutzwürdigen wettbewerbsrechtlichen Interessen verfolgt. Wie im Senatstermin eingehend erörtert, verkennt der Senat nicht, dass es sich vorliegend um einen Grenzfall handelt. Gleichwohl ist die Grenze zur Annahme eines Rechtsmissbrauchs noch nicht als überschritten anzusehen.

Zum Umfang der Abmahntätigkeit des Klägers hat die Beklagte nicht hinreichend vorgetragen. Es ist bereits die konkrete Anzahl der vom Kläger innerhalb eines bestimmten Zeitraums ausgesprochenen Abmahnungen nicht bekannt. Diese ergibt sich auch nicht aus den vorgelegten Ausdrucken von Internetseiten, auf denen über Abmahnungen des Klägers berichtet wird. Ebenso fehlen konkrete Anhaltspunkte, in welchem Umfang der Kläger seine gewerbliche Tätigkeit ausübt. Daraus, dass er ausweislich der Anlage B 26 zum 02.08.2012 eine Berufsausbildung begonnen hat, kann nicht hinreichend sicher abgeleitet werden, welche Einkünfte er aus seinem Internethandel erzielt. Bei dieser Sachlage kann nicht festgestellt werden, dass die Abmahntätigkeit des Klägers in keinem vernünftigen Verhältnis zu seiner Geschäftstätigkeit gestanden und bei objektiver Betrachtung an der Verfolgung der Wettbewerbsverstöße kein nennenswertes wirtschaftliches Interesse außer dem der Gebührenerzielung bestanden hat.

Der der Berechnung der Abmahnkosten im anwaltlichen Schreiben vom 17.09.2012 zugrunde gelegte Gebührensatz von 1,5 ist zwar im vorliegenden Fall als überhöht anzusehen. Diesem Aspekt kommt auch durchaus nicht unerhebliches Gewicht zu, weil dem Prozessbevollmächtigten des Klägers schon zum Zeitpunkt der Abmahnung unstreitig bewusst war, einen überhöhten Gebührensatz geltend zu machen. Gleichwohl reicht dies zur Annahme eines Rechtsmissbrauchs hier nicht aus.

Der zugrunde gelegte Gegenstandswert von 30.000,00 € ist angesichts dessen, dass vorliegend vier Wettbewerbsverstöße gerügt worden sind und sich der Gegenstandswert nach dem Streitwert eines Hauptsacheverfahrens richtet (vgl. Köh-ler/Bornkamm, 31. Aufl., § 12 UWG Rn. 1.96), nicht als unangemessen hoch anzusehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich vorliegend um Wettbewerbsverstöße handelt, die im Internet begangen worden sind, wo die Gefahr einer Nachahmung relativ hoch ist. Die Voraussetzungen für eine Herabsetzung des Gegenstandswerts in entsprechender Anwendung des § 12 Abs. 4 UWG a. F. liegen nicht vor. Denn in Anbetracht der umfangreichen Ausführungen der Beklagten zur Frage des Rechtsmissbrauchs nach § 8 Abs. 4 UWG handelt es sich hier nicht um eine nach Art und Umfang einfach gelagerte Sache.

Ferner hat der Kläger der Beklagten zur Erstattung der anwaltlichen Kosten der Abmahnung nicht etwa dieselbe Frist wie für die Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung gesetzt, so dass ein sog. „Gleichklang der Fristen“ als Indiz für einen Rechtsmissbrauch (vgl. dazu Senat, Urteil vom 11.07.2013 – 4 U 34/13) nicht vorliegt. Dass der Kläger bereits in der Abmahnung eine Verlängerung der gesetzten Fristen abgelehnt hat, ist rechtlich nicht weiter relevant, zumal von einer Dringlichkeit nur in Bezug auf die Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen die Rede ist.

Soweit sich ferner aus den von der Beklagten vorgelegten Anlagen B 22 bis B 25 ergibt, dass der Kläger entgegen seinem Vorbringen nicht am 10.09.2012 die betreffenden Seiten des Internetauftritts der Beklagten aufgerufen hat, sondern an diesem Tage die diesbezüglichen Aufrufe durch eine spätere Kundin der Beklagten geschahen, kann sich daraus lediglich ein Verstoß des Klägers gegen seine prozessuale Wahrheitspflicht (§ 138 Abs. 1 ZPO), nicht aber ein hinreichendes Indiz für einen Rechtsmissbrauch ergeben.Ferner hat die Beklagte nicht substantiiert dargetan, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers die streitgegenständlichen Wettbewerbsverstöße selbst erst ermittelt hat und somit „in eigener Regie“ tätig geworden ist. Die Vornahme einer Bestellung bei der Beklagten durch Rechtsanwalt H genügt dazu nicht. Denn Rechtsanwälte pflegen durchaus, für ihre Mandanten und in deren Auftrag bereits festgestellte Verstöße zu manifestieren, indem sie Testkäufe selbst oder durch ihr Personal durchführen bzw. durchführen lassen.

Zudem spricht es nicht für einen Rechtsmissbrauch des Klägers, dass sein Prozessbevollmächtigter im Internet noch am 18.09.2012 anwaltliche Beratung bei einer durch den Kläger ausgesprochenen Abmahnung anbot und damit gleichsam vor diesem warnte, während sich am 02.01.2013 auf einer weiteren Internetseite des Prozessbevollmächtigten unter der Rubrik „Mandantenmeinungen“ dann eine positive Äußerung des Klägers über den Rechtsanwalt fand, wonach man seit der Zusammenarbeit mit der Kanzlei H „bestens gegen Attacken von Mitbewerbern geschützt“ sei, man sich „endlich auf das Verkaufen von Spielzeug konzentrieren“ könne und sich „nicht mehr mit ständigen Abmahnungen auseinandersetzen“ müsse. Eine solche Darstellung auf den Internetseiten des Rechtsanwalts ist dem Kläger nicht zuzurechnen.

Dass Rechtsanwalt H vom Kläger wegen der streitgegenständlichen Abmahnung mandatiert worden ist, ist im Übrigen im Abmahnschreiben anwaltlich versichert.

Auf ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen lässt sich auch nicht aus dem Umstand schließen, dass auf der Internetseite des Klägers dessen Prozessbevollmächtigter ohne Angabe der Berufsbezeichnung „Rechtsanwalt“ als Ansprechpartner für „Controlling, Steuer & Recht“ benannt ist. Daraus ergibt sich nur, dass Rechtsanwalt H über das Mandatsverhältnis betreffend die streitgegenständliche Abmahnung hinaus noch anderweitig für den Kläger tätig ist. Ein Rückschluss auf die Modalitäten der Vergütung des Rechtsanwalts ist nicht möglich.

Der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs erweist sich auch nicht deshalb als begründet, weil der Kläger die Abmahnung gegen die Beklagte als sog. Kleinunternehmerin gerichtet hat. Daran ändert sich auch nichts mit Blick auf die Art der vorgeworfenen Wettbewerbsverstöße. Auch dieser Aspekt vermag das grundsätzlich zu bejahende berechtigte Interesse des Klägers als des unmittelbar Verletzten, ihn beeinträchtigende Wettbewerbsverstöße zu verfolgen, vorliegend nicht in Frage zu stellen. Ferner lässt sich auf einen Rechtsmissbrauch nicht deshalb schließen, weil in der Abmahnung hinsichtlich des gerügten Verstoßes gegen die PAngV eine falsche Rechtsgrundlage genannt ist (§ 1 Abs. 2 S. 2 PAngV statt § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 PAngV). Es ist nicht auszuschließen, dass dies auf einem anwaltlichen Versehen beruht.

Zwar ergibt sich aus der von der Beklagten vorgelegten Anlage B 16, dass der Kläger ebenfalls eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung im Rahmen seines Onlineshops auf der Internetplattform „########“ verwendet. Darin nennt auch er fehlerhaft die Vorschrift des § 312 e BGB. Das deutet durchaus auf eine fehlende eigene Sorgfalt bei der Erteilung der vorgeschriebenen Informationen über das gesetzliche Widerrufsrecht hin und kann auch ein Indiz für ein missbräuchliches Vorgehen bei der streitgegenständlichen Abmahnung sein. In der Gesamtschau reicht dies zur Bejahung der Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 UWG im vorliegenden Fall (noch) nicht aus.

Auch die Anrufung des Landgerichts Bochum für die Geltendmachung des Zahlungsanspruches rechtfertigt nicht die Annahme eines Rechtsmissbrauches. § 14 Abs. 2 UWG eröffnet den besonderen Gerichtsstand des Tatortes. Dieser umfasst sowohl den Handlungsort als auch den Erfolgsort. In Anbetracht der Verbreitung des Internets ist prinzipiell jeder Ort der Bundesrepublik Deutschland als Erfolgsort anzusehen. Damit besteht eine Vielzahl von Tatortgerichtsständen (sog. fliegender Gerichtsstand), zwischen denen der Kläger nach § 35 ZPO die freie Wahl hatte (vgl. Ahrens-Bähr, 6. Aufl., Kap. 17 Rn. 15 ff.; Senat, Beschluss vom 15.10.2007 – 4 W 148/07). Er durfte sich zur Durchsetzung seines Anspruchs auf Erstattung der Abmahnkosten auch und vor allem dasjenige Landgericht in Deutschland aussuchen, vor dem er sich die größten Erfolgsaussichten für sein Begehren versprach (vgl. zum Vorstehenden u. a. Senat, BeckRS 2009, 24370).

Das Verhalten des Klägers im vorliegenden Prozess reicht schließlich ebenfalls nicht zur Annahme eines Rechtsmissbrauchs aus. Denn er ist nur dann zu näherer Darlegung im Rahmen des § 8 Abs. 4 UWG verpflichtet, wenn die Beklagte hinreichende Indiztatsachen vorgetragen hat, die für einen Rechtsmissbrauch sprechen. Daran fehlt es nach alledem hier.

3.

Dem Kläger standen gegen die Beklagte die geltend gemachten Unterlassungsansprüche hinsichtlich der von dieser verwendeten Rückgabebelehrung und des sog. Bestellbuttons auf der Internetseite der Beklagten mit der Aufschrift „Bestellung abschicken“ nach §§ 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1; 3 Abs. 1; 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 312c Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10 und § 2 Abs. 1 EGBGB; § 312g Abs. 3 BGB zu.
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Bei den vorgenannten Verbraucherschutzvorschriften handelt es sich um Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 4 Rn. 11.170 ff. m. w. N.).

a)

Die von der Beklagten erteilte Belehrung über das Rückgaberecht ist hinsichtlich des Verweises auf § 312e Abs. 1 S. 1 BGB seit dem 04.08.2011 überholt und entsprach insofern nicht mehr der aktuellen Gesetzeslage. Denn nunmehr findet sich die entsprechende Regelung über die Informationspflichten beim Vertragsschluss im elektronischen Geschäftsverkehr in § 312g Abs. 1 S. 1 BGB (vgl. Senat, Urteil vom 13.06.2013 – 4 U 26/13).

b)

Die Beklagte hat zudem fehlerhaft über die Rückgabefolgen belehrt, indem sich die Belehrung nicht zum Wertersatz für gezogene Nutzungen verhält (§§ 357 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 S. 1 Nr. 1, 346 BGB).

c)

Schließlich hat die Beklagte auch gegen § 312g Abs. 3 BGB verstoßen. Nach dieser Vorschrift hat der Unternehmer die Bestellsituation bei einem Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr zwischen ihm und einem Verbraucher, der eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat, so zu gestalten, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, ist diese Pflicht des Unternehmers nur erfüllt, wenn diese Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist. Diesen Anforderungen genügt die hier verwendete Beschriftung der Schaltfläche „Bestellung abschicken“ nicht.

Die Verletzung der vorgenannten Verbraucherschutzvorschriften beeinträchtigt die Interessen der Verbraucher auch spürbar im Sinne von § 3 Abs. 1 bzw. Abs. 2 UWG. Bei den vorgeschriebenen Angaben handelt es sich auf Grund der gesetzlichen Vermutung des § 5 a Abs. 4 UWG um gemäß Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/EG (UGP-Richtlinie) „wesentliche“ Informationen, da die genannten Vorschriften die Fernabsatzrichtlinie, die E-Commerce-Richtlinie bzw. die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher umsetzen (vgl. Palandt/Grüneberg, 73. Aufl., § 312 g BGB Rn. 1 und Art. 246 § 1 und § 3 EGBGB Rn. 1). Das Vorenthalten der nach § 5 a Abs. 4 UWG als wesentlich in Bezug genommenen Verbraucherinformationen nach den gemeinschaftsrechtlichen Richtlinien ist unwiderleglich als „spürbare Beeinträchtigung“ der Entscheidungsfähigkeit des Verbrauchers im Sinne des § 3 Abs. 1 bzw. Abs. 2 UWG anzusehen (BGH GRUR 2010, 852 – Gallardo Spyder; Senat, WRP 2013, 378; Senat, Urteil vom 13.06.2013 – 4 U 26/13).

Auch soweit „nur“ eine falsche Vorschrift in der Belehrung über die Rückgabefrist angegeben worden ist, ist zu beachten, dass eine beabsichtigte Überprüfung eines Verbrauchers im Hinblick auf seine Rechte in der konkreten Situation erschwert wird. Ein Verbraucher kann sich dann, wenn er einen in der Belehrung genannten Paragraphen gar nicht findet, verunsichern und dadurch gegebenenfalls von der Geltendmachung seines Widerrufsrechts abhalten lassen. Dies gilt auch für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher, auf den hier abzustellen ist. Denn sind die richtigen Vorschriften nicht angegeben und somit für den Verbraucher nicht auffindbar, ist es durchaus denkbar, dass dieser die Berechtigung eines Widerrufs in Zweifel zieht und insofern kein Risiko eingehen will, das sich aus seiner Sicht aus möglichen Folgen eines unberechtigten Widerrufs, wie z.B. Wertersatz- oder Schadensersatzansprüche, ergeben könnte (Senat, Urteil vom 13.10.2011 – 4 U 99/11).

Bis zur Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung der Beklagten bestand auch eine Wiederholungsgefahr.

4.

Ein Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen der fehlenden Angabe, ob die genannten Preise die Umsatzsteuer beinhalten, besteht hingegen nicht. Denn insoweit ist ein Verstoß der Beklagten gegen § 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 PAngV nicht gegeben, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat. Sie war nicht zu der Angabe verpflichtet, dass die für die angebotenen Waren geforderten Preise die Umsatzsteuer enthielten. Denn unstreitig war die Beklagte Kleinunternehmerin im Sinne von § 19 UStG, so dass von ihr Umsatzsteuer nicht erhoben wurde (vgl. dazu Wekwerth, MMR 2008, 378, 381). Auf ihre Kleinunternehmereigenschaft hat die Beklagte auf der von ihr betriebenen Internetseite im Rahmen des Bestellvorgangs und in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen hingewiesen.

5.

Der Zahlungsanspruch des Klägers besteht unabhängig davon, ob er die Rechtsanwaltskosten bereits an seinen Prozessbevollmächtigten gezahlt hat. Der Abmahnende kann in Verbindung mit einem Erstattungsanspruch aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG unmittelbar Zahlung der anwaltlichen Abmahnkosten verlangen, wenn der Abgemahnte mit der Freistellung in Verzug gerät oder diese endgültig ablehnt. Dann wandelt sich der Freistellungsanspruch nach §§ 281 Abs. 1, 280 Abs. 1 BGB in einen schuldrechtlichen Schadensersatzanspruch um, der statt einer Naturalrestitution im Sinne des § 249 BGB nach § 250 S. 1 BGB auf Geldersatz gerichtet ist (Senat, Urteil vom 23.10.2012 – 4 U 134/12). Die Voraussetzungen für eine solche Umwandlung liegen hier vor. Die Beklagte hat den Einwand des Rechtsmissbrauchs erhoben und damit eine Freistellung ebenso wie eine Zahlung endgültig verweigert.

Der Gegenstandswert von 30.000,00 EUR, der wegen des auf die Erledigung des Verfahrens ausgerichteten Charakters der Abmahnung dem Streitwert der Hauptsache entspricht, ist angemessen. Nach einem Gebührensatz von 1,3 ergeben sich Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.005,40 € (1,3fache Gebühr Nr. 2300 VV RVG: 985,40 € zzgl. 20,00 € Auslagenpauschale). Da nur drei der insgesamt vier geltend gemachten Unterlassungsansprüche, die der Senat bei der Kostenberechnung gleich gewichtet, begründet sind, kann der Kläger lediglich ¾ von 1.005,40 € = 754,05 € beanspruchen.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.

Die Entscheidungen zur Kostentragung und zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht.

Vorinstanz:
Landgericht Bochum, 15 O 27/12

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