Airlines dürfen Zusatzkosten für die Aufgabe von Gepäck verlangen

30. September 2014
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Urteil des EuGH vom 18.09.2014, Az.: C-487/12

Es ist mit Unionsrecht vereinbar, wenn Airlines neben dem Flugpreis für die Beförderung des Fluggastes noch Zusatzkosten für die Aufgabe von Gepäck verlangen. Der EuGH entschied im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der spanischen Airline Vueling und dem Verbraucherverband Galizien, dass eine spanische Rechtsvorschrift, nach der Luftfahrtunternehmen verpflichtet sind, in jedem Fall für den Preis des Fluges nicht nur Passagier, sondern auch Gepäck zu befördern, nicht mit Unionsrecht vereinbar ist.

Europäischer Gerichtshof

Urteil vom 18.09.2014

Az.: C-487/12

 

In der Rechtssache C-487/12

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Juzgado de lo Contencioso-Administrativo n° 1 de Ourense (Spanien) mit Entscheidung vom 23. Oktober 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 2. November 2012, in dem Verfahren

Vueling Airlines SA

gegen

Instituto Galego de Consumo de la Xunta de Galicia

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz sowie der Richter E. Juhász, A. Rosas (Berichterstatter), D. Šváby und C. Vajda,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 8. Januar 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der Vueling Airlines SA, vertreten durch J. M. Rodríguez Cárcamo und B. García Gómez, abogados,

–        des Instituto Galego de Consumo de la Xunta de Galicia, vertreten durch O. Peñas González und I. Torralba Mena,

–        der spanischen Regierung, vertreten durch A. Rubio González und S. Centeno Huerta als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Rius und N. Yerrell als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 23. Januar 2014

folgendes

Urteil

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 22 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft (ABl. L 293, S. 3).

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Vueling Airlines SA (im Folgenden: Vueling Airlines) und dem Instituto Galego de Consumo de la Xunta de Galicia (Galizisches Verbraucherinstitut der Autonomen Gemeinschaft Galizien, im Folgenden: Instituto Galego de Consumo) wegen einer von diesem gegen Vueling Airlines verhängten Geldbuße zur Ahndung des Inhalts ihrer Luftbeförderungsverträge.

Rechtlicher Rahmen

Internationales Recht

Das am 28. Mai 1999 in Montreal geschlossene Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr wurde von der Europäischen Gemeinschaft am 9. Dezember 1999 unterzeichnet und in ihrem Namen durch den Beschluss 2001/539/EG des Rates vom 5. April 2001 (ABl. L 194, S. 38) genehmigt (im Folgenden: Übereinkommen von Montreal).

Die Art. 17 bis 37 des Übereinkommens von Montreal bilden dessen Kapitel III („Haftung des Luftfrachtführers und Umfang des Schadenersatzes“).

Art. 17 („… Beschädigung von Reisegepäck“) dieses Übereinkommens bestimmt:

„…

(2)      Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der durch Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von aufgegebenem Reisegepäck entsteht, jedoch nur, wenn das Ereignis, durch das die Zerstörung, der Verlust oder die Beschädigung verursacht wurde, an Bord des Luftfahrzeugs oder während eines Zeitraums eingetreten ist, in dem sich das aufgegebene Reisegepäck in der Obhut des Luftfrachtführers befand. Der Luftfrachtführer haftet jedoch nicht, wenn und soweit der Schaden auf die Eigenart des Reisegepäcks oder einen ihm innewohnenden Mangel zurückzuführen ist. Bei nicht aufgegebenem Reisegepäck, einschließlich persönlicher Gegenstände, haftet der Luftfrachtführer, wenn der Schaden auf sein Verschulden oder das Verschulden seiner Leute zurückzuführen ist.

(3)      Hat der Luftfrachtführer den Verlust des aufgegebenen Reisegepäcks anerkannt oder ist das aufgegebene Reisegepäck nach Ablauf von einundzwanzig Tagen seit dem Tag, an dem es hätte eintreffen sollen, nicht eingetroffen, so kann der Reisende die Rechte aus dem Beförderungsvertrag gegen den Luftfrachtführer geltend machen.

(4)      Vorbehaltlich entgegenstehender Bestimmungen bezeichnet in diesem Übereinkommen der Begriff ‚Reisegepäck‘ sowohl aufgegebenes als auch nicht aufgegebenes Reisegepäck.“

Unionsrecht

Die Verordnung Nr. 1008/2008 wurde auf der Grundlage von Art. 80 Abs. 2 EG (jetzt Art. 100 Abs. 2 AEUV) erlassen, der zu Titel VI („Der Verkehr“) des AEU-Vertrags gehört und nach dem u. a. für die Luftfahrt geeignete Vorschriften erlassen werden können. Mit dieser Verordnung wurden mehrere Verordnungen neu gefasst, darunter die Verordnung (EWG) Nr. 2409/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über Flugpreise und Luftfrachtraten (ABl. L 240, S. 15).

Der 16. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1008/2008 lautet:

„Die Kunden sollten in der Lage sein, die Preise verschiedener Luftfahrtunternehmen für Flugdienste effektiv zu vergleichen. Daher sollte der vom Kunden zu zahlende Endpreis für aus der Gemeinschaft stammende Flugdienste jederzeit ausgewiesen werden, einschließlich aller Steuern, Gebühren und Entgelte. …“

Art. 1 („Gegenstand“), der zu Kapitel I („Allgemeine Bestimmungen“) der Verordnung Nr. 1008/2008 gehört, bestimmt in Abs. 1:

„Diese Verordnung regelt … die Preisfestsetzung für innergemeinschaftliche Flugdienste.“

Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) der Verordnung, der ebenfalls zu Kapitel I gehört, sieht vor:

„Im Sinne dieser Verordnung gelten die folgenden Begriffsbestimmungen:

4.      ‚Flugdienst‘ ist ein Flug oder eine Folge von Flügen zur gewerblichen Beförderung von Fluggästen, Fracht und/oder Post;

13.      ‚innergemeinschaftlicher Flugdienst‘ ist ein Flugdienst, der innerhalb der Gemeinschaft durchgeführt wird;

15.      ‚Nur-Sitzplatz-Verkauf‘ ist der Verkauf ausschließlich von Sitzplätzen – ohne Zusatzleistungen wie Unterbringung – durch das Luftfahrtunternehmen, seine bevollmächtigten Agenturen oder einen Charterer unmittelbar an die Öffentlichkeit;

18.      ‚Flugpreise‘ sind die in Euro oder in Landeswährung ausgedrückten Preise, die für die Beförderung von Fluggästen im Flugverkehr an Luftfahrtunternehmen oder deren Bevollmächtigte oder an andere Flugscheinverkäufer zu zahlen sind, sowie etwaige Bedingungen, unter denen diese Preise gelten, einschließlich des Entgelts und der Bedingungen, die Agenturen und anderen Hilfsdiensten geboten werden;

19.      ‚Luftfrachtraten‘ sind die in Euro oder in Landeswährung ausgedrückten Preise, die für die Beförderung von Fracht zu zahlen sind, sowie die Bedingungen, unter denen diese Preise gelten, einschließlich des Entgelts und der Bedingungen, die Agenturen und anderen Hilfsdiensten geboten werden;

…“

Art. 22 („Preisfreiheit“), der zu Kapitel IV („Bestimmungen zur Preisfestsetzung“) der Verordnung Nr. 1008/2008 gehört, bestimmt in Abs. 1:

„Die Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft und – auf der Grundlage der Reziprozität – die Luftfahrtunternehmen von Drittländern legen ihre Flugpreise und Frachtraten für innergemeinschaftliche Flugdienste unbeschadet des Artikels 16 [‚Allgemeine Grundsätze für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen‘] Absatz 1 frei fest.“

Art. 23 („Information und Nichtdiskriminierung“) der Verordnung, der ebenfalls zu Kapitel IV gehört, sieht in Abs. 1 vor:

„Die der Öffentlichkeit zugänglichen Flugpreise und Luftfrachtraten, die in jedweder Form – auch im Internet – für Flugdienste von einem Flughafen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, auf das der Vertrag Anwendung findet, angeboten oder veröffentlicht werden, schließen die anwendbaren Tarifbedingungen ein. Der zu zahlende Endpreis ist stets auszuweisen und muss den anwendbaren Flugpreis beziehungsweise die anwendbare Luftfrachtrate sowie alle anwendbaren Steuern und Gebühren, Zuschläge und Entgelte, die unvermeidbar und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vorhersehbar sind, einschließen. Neben dem Endpreis ist mindestens Folgendes auszuweisen:

a)      der Flugpreis bzw. die Luftfrachtrate,
b)      die Steuern,
c)      die Flughafengebühren und
d)      die sonstigen Gebühren, Zuschläge und Entgelte, wie etwa diejenigen, die mit der Sicherheit oder dem Kraftstoff in Zusammenhang stehen,

soweit die unter den Buchstaben b, c und d genannten Posten dem Flugpreis bzw. der Luftfrachtrate hinzugerechnet wurden. Fakultative Zusatzkosten werden auf klare, transparente und eindeutige Art und Weise am Beginn jedes Buchungsvorgangs mitgeteilt; die Annahme der fakultativen Zusatzkosten durch den Kunden erfolgt auf ‚Opt‑in‘-Basis.

…“

 Spanisches Recht

Art. 97 Abs. 1 des Gesetzes 48/1960 über den Luftverkehr (Ley 48/1960 sobre Navegación Aérea) vom 21. Juli 1960 (BOE Nr. 176 vom 23. Juli 1960, S. 10291) in der durch das Gesetz 1/2011 zur Einführung des Sicherheitsprogramms des Staates für die zivile Luftfahrt und zur Änderung des Gesetzes 21/2003 vom 7. Juli über die Flugsicherheit (Ley 1/2011 por la que se establece el Programa Estatal de Seguridad Operacional para la Aviación Civil y se modifica la Ley 21/2003, de 7 de julio, de Seguridad Aérea) vom 4. März 2011 (BOE Nr. 55 vom 5. März 2011, S. 24995) geänderten Fassung (im Folgenden: LNA) bestimmt:

„Das Beförderungsunternehmen ist verpflichtet, im Rahmen des Flugpreises neben den Fluggästen deren Gepäck mit den durch Rechtsverordnung festzulegenden Beschränkungen seines Gewichts, unabhängig von der Zahl der Gepäckstücke, und seiner Abmessungen zu befördern.

Übergepäck ist Gegenstand einer gesonderten Vereinbarung.

Vom Reisenden mitgeführte Gegenstände und Handgepäck sind nicht als Gepäck in diesem Sinne anzusehen. Das Beförderungsunternehmen ist verpflichtet, die Gegenstände und Gepäckstücke, die der Reisende mit sich führt, einschließlich der Artikel, die er in Flughafengeschäften erworben hat, kostenfrei in der Kabine als Handgepäck zu befördern. Die Beförderung dieser Gegenstände und Gepäckstücke kann nur aus Sicherheitsgründen, die an das Gewicht oder die Größe des Gegenstands anknüpfen, mit Rücksicht auf die Eigenschaften des Flugzeugs verweigert werden.“

In Art. 82 („Begriff der missbräuchlichen Klauseln“) der kodifizierten Fassung des Allgemeinen Gesetzes über den Schutz der Verbraucher und Nutzer mit Nebengesetzen, die durch das Real Decreto Legislativo 1/2007 por el que se aprueba el texto refundido de la Ley General para la Defensa de los Consumidores y Usuarios y otras leyes complementarias vom 16. November 2007 (BOE Nr. 287 vom 30. November 2007, S. 49181) angenommen wurde (im Folgenden: Verbraucherschutzgesetz), heißt es:

„(1)      Als missbräuchliche Klauseln sind alle nicht individuell ausgehandelten Vertragsbestimmungen und alle nicht ausdrücklich gebilligten Gepflogenheiten anzusehen, die entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers und Nutzers ein erhebliches Ungleichgewicht der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien bewirken.

(4)      Missbräuchlich sind, unbeschadet der Bestimmungen der vorstehenden Absätze, in jedem Fall Klauseln, die nach Maßgabe der Artikel 85 bis 90

b)      die Rechte des Verbrauchers und Nutzers einschränken,

c)      zum Fehlen eines vertraglichen Gegenseitigkeitsverhältnisses führen,

…“

Art. 86 („Klauseln, die missbräuchlich sind, weil sie grundlegende Rechte des Verbrauchers und Nutzers einschränken“) des Verbraucherschutzgesetzes sieht vor:

„Missbräuchlich sind in jedem Fall Klauseln, durch die in abdingbaren oder zwingenden Vorschriften vorgesehene Rechte des Verbrauchers und Nutzers eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, und insbesondere Klauseln mit folgendem Inhalt:

7.      die Auferlegung jeder sonstigen Abstandnahme oder Einschränkung von Rechten des Verbrauchers und Nutzers.“

Art. 87 („Missbräuchliche Klauseln aufgrund fehlender Gegenseitigkeit“) dieses Gesetzes bestimmt:

„Missbräuchlich sind Klauseln, die zu Lasten des Verbrauchers und Nutzers unter Verstoß gegen Treu und Glauben zum Fehlen eines vertraglichen Gegenseitigkeitsverhältnisses führen, und insbesondere

Klauseln, die kostenpflichtige oder unverhältnismäßige Hindernisse für die Ausübung der vertraglichen Rechte des Verbrauchers und Nutzers vorsehen, insbesondere in Verträgen über die wiederkehrende oder fortlaufende Erbringung von Dienstleistungen oder Lieferung von Waren, die Auferlegung übermäßig langer Fristen, die Abstandnahme oder die Schaffung von Einschränkungen, durch die das Recht des Verbrauchers und Nutzers zur Beendigung dieser Verträge ausgeschlossen oder erschwert wird, sowie die Erschwerung der Ausübung dieses Rechts durch das vereinbarte Verfahren, etwa durch Klauseln, die andere als die für den Vertragsschluss vorgesehenen Formalitäten vorschreiben, die den Verlust von Vorauszahlungen oder Zahlungen für tatsächlich nicht erbrachte Leistungen vorsehen, die es dem Gewerbetreibenden ermöglichen, einseitig aus vertraglich vereinbarten Strafklauseln zu vollstrecken, oder die Entschädigungen vorsehen, die außer Verhältnis zu den tatsächlich entstandenen Schäden stehen.“

Art. 89 („Missbräuchliche Klauseln, die den Abschluss und die Durchführung des Vertrags betreffen“) des Verbraucherschutzgesetzes sieht vor:

„Missbräuchlich sind in jedem Fall Klauseln, die Folgendes vorsehen:

5.      Preiserhöhungen für Nebenleistungen, Finanzierungen, Stundungen, Zuschläge, Schadensersatz oder Vertragsstrafen, die nicht für zusätzliche Leistungen erhoben werden, die jeweils in Anspruch genommen oder abgelehnt werden können und mit der gebotenen Klarheit oder Trennung niedergelegt sind.“

Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

Im August 2010 kaufte Frau Arias Villegas über das Internet Flugscheine bei der Fluggesellschaft Vueling Airlines. Es handelte sich um vier Hin- und Rückflugscheine für eine Reise mit drei weiteren Personen zwischen La Coruña (Spanien) und Amsterdam (Niederlande). Die Flüge sollten am 18. und 23. Oktober 2010 stattfinden. Frau Arias Villegas gab für die vier Fluggäste insgesamt zwei Koffer auf. Hierfür verlangte Vueling Airlines einen Aufschlag von 40 Euro (zehn Euro pro Koffer und Flug) auf den Grundpreis der Flugscheine, der 241,48 Euro betrug.

Nach der Rückkehr von ihrer Reise reichte Frau Arias Villegas bei der Stadtverwaltung Ourense eine Beschwerde gegen Vueling Airlines ein, mit der sie ihr vorwarf, in den Luftbeförderungsvertrag eine missbräuchliche Klausel aufgenommen zu haben. Diese Klausel sei mit dem geltenden spanischen Recht unvereinbar. Danach habe ein Fluggast Anspruch darauf, einen Koffer ohne Aufpreis aufzugeben. Die Beschwerde wurde an das Instituto Galego de Consumo weitergeleitet, das ein Sanktionsverfahren gegen Vueling Airlines einleitete. Das Verfahren endete mit der Verhängung einer Geldbuße von 3 000 Euro gegen diese Gesellschaft. Die Sanktion wurde mit einem Verstoß gegen Art. 97 LNA und eine Reihe anderer Bestimmungen des spanischen Verbraucherschutzrechts, insbesondere der Art. 82, 86, 87 und 89 des Verbraucherschutzgesetzes, begründet.

Nachdem Vueling Airlines erfolglos Widerspruch gegen die Geldbuße eingelegt hatte, erhob sie Klage beim Juzgado de lo Contencioso-Administrativo n° 1 de Ourense (Verwaltungsgericht Nr. 1 Ourense). Vor diesem Gericht macht sie geltend, das Recht der Europäischen Union, insbesondere Art. 22 der Verordnung Nr. 1008/2008, sehe einen Grundsatz der Preisfreiheit vor; danach könnten die Luftfahrtunternehmen einen Grundpreis für die Flugscheine festlegen, der die Gepäckaufgabe nicht umfasse, und später einen Zuschlag verlangen, wenn der Kunde Gepäck aufgeben wolle. Das Instituto Galego de Consumo trägt hingegen vor, die Unionsregelung über die Preisfreiheit im Luftverkehr stehe den spanischen Rechtsvorschriften nicht entgegen, die im Rahmen der Regelung über den Inhalt von Luftbeförderungsverträgen einen Anspruch der Fluggäste vorsähen, dass die Beförderungsleistung automatisch die Aufgabe eines Gepäckstücks mit bestimmten Eigenschaften umfasse.

Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts räumt das spanische Recht dem Verbraucher klar das Recht ein, in jedem Fall ein Gepäckstück mit bestimmten Eigenschaften ohne Aufschlag auf den Grundpreis des Flugscheins aufzugeben. Ein solches Recht stelle eine folgerichtige und angemessene Maßnahme zum Schutz des Verbrauchers dar und berühre selbst die Würde des Fluggasts. Da dieses Recht Teil der Legaldefinition des Luftbeförderungsvertrags sei und unter die Leistungen falle, die alle in dieser Branche tätigen Unternehmen im Allgemeinen zu erbringen hätten, widerspreche es nicht dem Grundsatz der freien Festlegung von Flugpreisen.

Es sei Sache des Fluggasts, zu entscheiden, ob er im Rahmen seiner Flugreise ein Gepäckstück aufgebe. Die Beförderung des aufgegebenen Gepäcks habe auch Auswirkungen auf den Treibstoffverbrauch und die Abwicklung des Fluges. Das Gleiche gelte aber für das Körpergewicht des Reisenden oder die Benutzung der Flugzeugtoiletten während des Fluges, ohne dass die Luftfahrtunternehmen dafür einen Aufschlag verlangen könnten, da sonst die Würde des Reisenden und seine Rechte als Verbraucher beeinträchtigt würden.

Im vorliegenden Fall sei Frau Arias Villegas durch den auf der Website von Vueling Airlines angegebenen niedrigen Preis des Flugscheins angelockt worden. Während des Kaufvorgangs habe sie festgestellt, dass der angebotene Preis nicht die Möglichkeit der Aufgabe von Gepäck umfasse, obwohl dies bei der geplanten Reise logischerweise erforderlich gewesen sei. Daher sei der Verbraucher gezwungen gewesen, nicht nur auf seinen im spanischen Recht vorgesehenen Anspruch auf Aufgabe eines Gepäckstücks pro Fluggast zu verzichten, sondern auch einen auf der Website der Luftfahrtgesellschaft nicht im Voraus angekündigten Aufpreis für die Gepäckaufgabe zu zahlen.

Unter diesen Umständen hat der Juzgado de lo Contencioso-Administrativo n° 1 de Ourense das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist Art. 22 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1008/2008 dahin auszulegen, dass er einer nationalen Rechtsnorm (Art. 97 LNA) entgegensteht, nach der Personenluftfahrtgesellschaften verpflichtet sind, Fluggästen in jedem Fall das Recht einzuräumen, ohne Aufpreis oder Aufschlag auf den Grundpreis des gebuchten Flugscheins einen Koffer aufzugeben?

Zur Vorlagefrage

Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 22 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1008/2008 einer nationalen Rechtsnorm entgegensteht, nach der Luftfahrtunternehmen verpflichtet sind, in jedem Fall für den Preis des Flugscheins nicht nur den Fluggast zu befördern, sondern auch das von ihm aufgegebene Gepäck, ohne dass für dessen Beförderung Zusatzkosten verlangt werden dürfen, sofern es gewissen Anforderungen, u. a. an sein Gewicht, entspricht.

Zunächst ist festzustellen, dass die spanische Regierung sowohl in ihren schriftlichen Erklärungen als auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof vorgetragen hat, das vorlegende Gericht lege die im Ausgangsverfahren fraglichen nationalen Rechtsvorschriften falsch aus. Diese Rechtsvorschriften hätten den Inhalt des Luftbeförderungsvertrags zum Gegenstand und sähen u. a. die Pflicht der Luftfahrtunternehmen vor, das Gepäck der Fluggäste zu befördern. Die in Rede stehende Bestimmung regele somit nicht den Preis für das Flugticket und verpflichte die Luftfahrtunternehmen nicht zur kostenlosen Beförderung des aufgegebenen Gepäcks.

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens nicht darüber zu entscheiden hat, wie nationale Vorschriften auszulegen sind oder ob ihre Auslegung durch das vorlegende Gericht richtig ist (vgl. u. a. Urteile Corsten, C‑58/98, EU:C:2000:527, Rn. 24, Dynamic Medien, C‑244/06, EU:C:2008:85, Rn. 19, Angelidaki u. a., C‑378/07 bis C‑380/07, EU:C:2009:250, Rn. 48, und Samba Diouf, C‑69/10, EU:C:2011:524, Rn. 59).

Daher ist der Prüfung des Vorabentscheidungsersuchens die Prämisse des vorlegenden Gerichts zugrunde zu legen, dass die Luftfahrtunternehmen nach der im Ausgangsverfahren fraglichen Regelung verpflichtet sind, in jedem Fall für den Preis des Flugscheins das aufgegebene Gepäck der Fluggäste zu befördern, ohne dass für dessen Beförderung Zusatzkosten verlangt werden dürfen, sofern es gewissen Anforderungen, u. a. an sein Gewicht, entspricht.

Die Verordnung Nr. 1008/2008 regelt u. a. die Preisfestsetzung für Flugdienste innerhalb der Union. Nach ihrem Art. 22 Abs. 1 legen die Luftfahrtunternehmen ihre „Flugpreise“ frei fest; dabei handelt es sich nach der Definition in Art. 2 Nr. 18 der Verordnung insbesondere um die Preise, die für die Beförderung von Fluggästen im Flugverkehr an Luftfahrtunternehmen zu zahlen sind, sowie um etwaige Bedingungen, unter denen diese Preise gelten. Die Verordnung sieht also ausdrücklich die Preisfreiheit bei der Beförderung von Fluggästen vor, ohne jedoch ausdrücklich auf die Festsetzung der Preise für die Beförderung des von ihnen aufgegebenen Gepäcks einzugehen.

Zum Begriff der Flugpreise in Art. 2 Nr. 18 der Verordnung Nr. 1008/2008 ist festzustellen, dass es zwischen den Sprachfassungen dieser Bestimmung gewisse Abweichungen gibt. Wie in der französischen Fassung („tarifs des passagers“) ist u. a. in der schwedischen Fassung („passagerarpriser“) von „Fluggastpreisen“ die Rede, während in der spanischen („tarifas aéreas“) und der englischen („air fares“) Fassung von „Luftfahrtpreisen“ gesprochen wird, in der deutschen und der finnischen („lentohinnat“) Fassung von „Flugpreisen“ und in der dänischen („flybilletpriser“) und der estnischen („piletihinnad“) Fassung von „Flugscheinpreisen“.

Insoweit verbietet es nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die Notwendigkeit einer einheitlichen Anwendung und damit Auslegung des Unionsrechts, im Fall von Zweifeln eine Bestimmung in einer ihrer Fassungen isoliert zu betrachten; sie ist vielmehr im Licht ihrer Fassungen in den übrigen Amtssprachen auszulegen und anzuwenden (vgl. u. a. Urteile Stauder, 29/69, EU:C:1969:57, Rn. 3, EMU Tabac u. a., C‑296/95, EU:C:1998:152, Rn. 36, und Profisa, C‑63/06, EU:C:2007:233, Rn. 13).

Weichen die verschiedenen Sprachfassungen eines Unionstexts voneinander ab, muss die fragliche Vorschrift anhand der Systematik und des Zwecks der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehört (vgl. u. a. Urteile Bouchereau, 30/77, EU:C:1977:172, Rn. 14, Italien/Kommission, C‑482/98, EU:C:2000:672, Rn. 49, sowie Eleftheri tileorasi und Giannikos, C‑52/10, EU:C:2011:374, Rn. 24).

Daher ist festzustellen, dass in Kapitel IV der Verordnung Nr. 1008/2008, das den Bestimmungen zur Preisfestsetzung gewidmet ist, Art. 22 Abs. 1, der die Preisfreiheit regelt, durch Art. 23 Abs. 1 ergänzt wird, der für Flugdienste von einem Flughafen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats u. a. Information und Transparenz in Bezug auf die Preise gewährleisten soll und somit zum Schutz des Kunden, der diese Dienste in Anspruch nimmt, beiträgt (vgl. in diesem Sinne Urteil ebookers.com Deutschland, C‑112/11, EU:C:2012:487, Rn. 13). Art. 23 Abs. 1 der Verordnung sieht insoweit Informations- und Transparenzpflichten u. a. in Bezug auf die Tarifbedingungen, den zu zahlenden Endpreis, den Flugpreis und dessen unvermeidbare und vorhersehbare Zusatzbestandteile sowie die fakultativen Zusatzkosten für Dienste, die den Flugdienst als solchen ergänzen, vor.

Obwohl Art. 23 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1008/2008 die Festsetzung der Preise für die Gepäckbeförderung nicht ausdrücklich regelt, ist insbesondere unter Berücksichtigung des im 16. Erwägungsgrund dieser Verordnung genannten Zieles der effektiven Vergleichbarkeit der Preise für Flugdienste davon auszugehen, dass die in Art. 23 Abs. 1 vorgesehenen Pflichten auch für diese Preisfestsetzung gelten.

Wie zudem der Generalanwalt insbesondere in Nr. 46 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, stellen die Zusatzkosten für die Gepäckaufgabe eine Bedingung für die Geltung des an das Luftfahrtunternehmen für die Beförderung der Fluggäste im Flugverkehr zu zahlenden Preises im Sinne von Art. 2 Nr. 18 der Verordnung Nr. 1008/2008 dar.

Somit ist die Verordnung Nr. 1008/2008 auf die Festsetzung der Preise für die Gepäckbeförderung anwendbar.

Was die Frage anbelangt, wie die Preise festzusetzen sind, so ist nach Art. 23 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1008/2008 u. a. zum einen erforderlich, dass die unvermeidbaren und vorhersehbaren Bestandteile des Preises für den Flugdienst immer als Bestandteile des zu zahlenden Endpreises ausgewiesen werden, und zum anderen, dass die Zusatzkosten für einen Dienst, der für den Luftverkehrsdienst als solchen weder obligatorisch noch unerlässlich ist, auf klare, transparente und eindeutige Art und Weise zu Beginn jedes Buchungsvorgangs mitgeteilt werden und ihre Annahme durch den Kunden auf „Opt-in“-Basis erfolgt (vgl. in diesem Sinne Urteil ebookers.com Deutschland, EU:C:2012:487, Rn. 14).

Zur Beantwortung der Frage, ob die Verordnung Nr. 1008/2008 es zulässt, dass für die Beförderung von aufgegebenem Gepäck die Zahlung eines gesonderten Preises verlangt wird, ist daher zu klären, ob der für die Beförderung von aufgegebenem Gepäck zu zahlende Preis ein unvermeidbarer und vorhersehbarer Bestandteil des Preises für den Flugdienst ist oder ob es sich dabei um fakultative Zusatzkosten für einen Dienst handelt, der den Flugdienst ergänzt.

Die Geschäftspraxis der Luftfahrtunternehmen hat insoweit traditionell darin bestanden, den Fluggästen die Gepäckaufgabe ohne Zusatzkosten zu gestatten. Da sich die Geschäftsmodelle der Luftfahrtunternehmen mit der zunehmenden Verbreitung der Luftverkehrsnutzung jedoch erheblich verändert haben, verfolgen heute einige Unternehmen ein Geschäftsmodell, das darin besteht, Flugdienste zum günstigsten Preis anzubieten. Die Kosten der Gepäckbeförderung als Bestandteil des Preises solcher Flugdienste fallen unter diesen Umständen relativ gesehen stärker ins Gewicht als zuvor, so dass die betreffenden Luftfahrtunternehmen bestrebt sein können, dafür einen Zuschlag zu verlangen. Zudem ist nicht auszuschließen, dass einige Fluggäste es vorziehen, ohne aufgegebenes Gepäck zu reisen, wenn dies den Preis ihres Flugtickets verringert.

In Anbetracht dessen ist davon auszugehen, dass es sich bei dem Preis, der für die Beförderung des aufgegebenen Gepäcks von Fluggästen zu zahlen ist, um fakultative Zusatzkosten im Sinne von Art. 23 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1008/2008 handeln kann, da ein solcher Dienst nicht als obligatorisch oder unerlässlich für die Beförderung der Fluggäste anzusehen ist.

Um dem vorlegenden Gericht eine umfassende Antwort zu geben, ist festzustellen, dass nicht aufgegebenes Gepäck, d. h. das Handgepäck, dagegen grundsätzlich als unverzichtbarer Bestandteil der Beförderung von Fluggästen anzusehen ist, so dass für seine Beförderung kein Zuschlag verlangt werden darf, sofern sein Gewicht und seine Abmessungen vernünftigen Anforderungen entsprechen und die einschlägigen Sicherheitsbestimmungen erfüllen.

Wie der Generalanwalt in den Nrn. 54 und 55 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, bestehen nämlich Unterschiede zwischen der Beförderung von aufgegebenem Gepäck und der Beförderung von Handgepäck. Wird das aufgegebene Gepäck dem Luftfahrtunternehmen anvertraut, sorgt es für dessen Handhabung und Schutz, wodurch für das Unternehmen Zusatzkosten entstehen können. Bei der Beförderung von nicht aufgegebenem Gepäck, insbesondere von persönlichen Gegenständen, die der Fluggast mit sich führt, ist das jedoch nicht der Fall.

Diese Unterscheidung zwischen der Beförderung von aufgegebenem Gepäck und der Beförderung von Handgepäck kommt auch in der Regelung über die Haftung des Luftfrachtführers für die Beschädigung von Reisegepäck zum Ausdruck, wie sie sich aus den Bestimmungen des Übereinkommens von Montreal ergibt, dessen Vertragspartei die Union ist. Nach Art. 17 Abs. 2 dieses Übereinkommens hat der Luftfrachtführer den Schaden zu ersetzen, der an aufgegebenem Reisegepäck entsteht, wenn das Ereignis, durch das der Schaden entstanden ist, an Bord des Luftfahrtzeugs oder während eines Zeitraums eingetreten ist, in dem sich das aufgegebene Reisegepäck in der Obhut des Luftfrachtführers befand; bei nicht aufgegebenem Reisegepäck haftet der Luftfrachtführer hingegen nur dann, wenn der Schaden auf sein Verschulden oder das Verschulden seiner Leute zurückzuführen ist.

Eine nationale Regelung, die wie die im Ausgangsverfahren fragliche die Luftfahrtunternehmen dazu verpflichtet, in jedem Fall für den Preis des Flugscheins nicht nur den Fluggast zu befördern, sondern auch das von ihm aufgegebene Gepäck, ohne dass für dessen Beförderung Zusatzkosten verlangt werden dürfen, sofern es gewissen Anforderungen, u. a. an sein Gewicht, entspricht, gestattet es den Luftfahrtunternehmen offensichtlich nicht, solche Zusatzkosten für die Beförderung von aufgegebenem Gepäck gesondert in Rechnung zu stellen, und verhindert damit auch die freie Preisfestsetzung für die Beförderung von Fluggästen.

Hierzu ist festzustellen, dass das Unionsrecht es, unbeschadet der Anwendung u. a. von Bestimmungen zum Verbraucherschutz (vgl. in diesem Sinne Urteil ebookers.com Deutschland, EU:C:2012:487, Rn. 17), den Mitgliedstaaten nicht verwehrt, Aspekte des Luftbeförderungsvertrags insbesondere zum Schutz der Verbraucher vor missbräuchlichen Geschäftspraktiken zu reglementieren. Eine solche nationale Regelung darf jedoch nicht die Entgeltregelungen der Verordnung Nr. 1008/2008 in Frage stellen.

Eine nationale Regelung, die verlangt, dass der für die Beförderung von aufgegebenem Gepäck zu zahlende Preis in jedem Fall im Grundpreis für den Flugschein enthalten sein muss, verbietet aber die Festlegung unterschiedlicher Preise für ein Flugticket, bei dem das Recht auf die Aufgabe von Gepäckstücken eingeschlossen ist, und für ein Flugticket, das diese Möglichkeit nicht bietet. Daher verstößt sie nicht nur gegen das Recht des Luftfahrtunternehmens nach Art. 2 Nr. 18 und Art. 22 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1008/2008, die für die Beförderung von Fluggästen im Flugverkehr zu zahlenden Preise und die Bedingungen, unter denen diese Preise gelten, frei festzulegen, sondern ist auch geeignet, insbesondere das mit dieser Verordnung verfolgte Ziel in Frage zu stellen, die effektive Vergleichbarkeit solcher Preise zu ermöglichen. Denn die von einer solchen nationalen Regelung betroffenen Luftfahrtunternehmen dürfen keinen gesonderten Tarif für die Beförderung von aufgegebenem Gepäck ausweisen, wohl aber Luftfahrtunternehmen, die der Regelung eines anderen Mitgliedstaats unterliegen.

Da die Verwirklichung des Zieles, die effektive Vergleichbarkeit der Preise von Flugdiensten zu ermöglichen, überdies die strikte Erfüllung der Anforderungen des Art. 23 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1008/2008 voraussetzt, ist es Sache der nationalen Behörden, gegebenenfalls zu prüfen, ob die Informations- und Transparenzpflichten, die Vueling Airlines nach dieser Bestimmung obliegen, tatsächlich erfüllt werden.

Schließlich muss das vorlegende Gericht die innerstaatliche Regelung, die es anzuwenden hat, so weit wie möglich in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Unionsrechts auslegen (Urteile Engelbrecht, C‑262/97, EU:C:2000:492, Rn. 39, ČEZ, C‑115/08, EU:C:2009:660, Rn. 138, und Wall, C‑91/08, EU:C:2010:182, Rn. 70).

Soweit das vom Unionsrecht angestrebte Ergebnis nicht durch eine unionsrechtskonforme Auslegung des innerstaatlichen Rechts erreicht werden kann, ist das nationale Gericht u. a. gehalten, für die volle Wirksamkeit der Bestimmungen des Unionsrechts Sorge zu tragen, indem es erforderlichenfalls jede entgegenstehende nationale Bestimmung aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewandt lässt (vgl. in diesem Sinne Urteile Simmenthal, 106/77, EU:C:1978:49, Rn. 24, Berlusconi u. a., C‑387/02, C‑391/02 und C‑403/02, EU:C:2005:270, Rn. 72, Pupino, C‑105/03, EU:C:2005:386, Rn. 43, sowie Melki und Abdeli, C‑188/10 und C‑189/10, EU:C:2010:363, Rn. 43).

Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 22 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1008/2008 dahin auszulegen ist, dass er einer Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, nach der Luftfahrtunternehmen verpflichtet sind, in jedem Fall für den Preis des Flugscheins nicht nur den Fluggast zu befördern, sondern auch das von ihm aufgegebene Gepäck, ohne dass für dessen Beförderung Zusatzkosten verlangt werden dürfen, sofern es gewissen Anforderungen, u. a. an sein Gewicht, entspricht.

Kosten

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt:

Art. 22 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, nach der Luftfahrtunternehmen verpflichtet sind, in jedem Fall für den Preis des Flugscheins nicht nur den Fluggast zu befördern, sondern auch das von ihm aufgegebene Gepäck, ohne dass für dessen Beförderung Zusatzkosten verlangt werden dürfen, sofern es gewissen Anforderungen, u. a. an sein Gewicht, entspricht.

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