Verantwortlichkeit eines Webseitenbetreibers für Verlinkungen auf rechtswidrige Inhalte

10. April 2014
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Urteil des VG Hamburg vom 21.08.2013, Az.: 9 K 1879/12

Das Zugänglichmachen von pornografischen, indizierten und entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten verstößt gegen den Jugendmedienschutzstaatsvertrag, sofern der Anbieter nicht dafür Sorge trägt, dass Kinder und Jugendliche das Angebot üblicherweise nicht wahrnehmen. Ein Anbieter muss sich auch den Inhalt verlinkter Seiten zurechnen lassen, wenn er sich diesen zu Eigen gemacht hat, indem er den zu erreichenden Inhalt, beispielsweise durch Zuordnung bestimmter Kategorien, beschreibt und sich nicht auf eine bloße Auflistung der Links beschränkt. Da hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten im Internet weder die Änderung noch die Löschung von Inhalten irreversible Zustände schaffen, stehen auch ein Anbieterwechsel und die Übertragung der Domaininhaberschaft einer Beanstandung dieses rechtswidrigen Verhaltens in der Vergangenheit nicht entgegen.

Verwaltungsgericht Hamburg

Urteil vom 21.08.2013

Az.: 9 K 1879/12

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine Beanstandungsverfügung wegen Verstoßes ihres Internetangebots gegen den Jugendschutz.

Die Klägerin betrieb zumindest bis zum Jahre 2010 ein Netzwerk von etwa 50 Internetseiten mit erotischen Bildern und Filmen bzw. mit dem Zugang zu solchen Angeboten. Im Jahre 2007 erhielt die durch die obersten Landesjugendbehörden eingerichtete gemeinsame Stelle Jugendschutz (Jugendschutz.net), die organisatorisch an die Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten (KJM) angebunden ist, einen Hinweis darauf, dass eine von der Klägerin betriebene Internetseite (…) gegen den Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien vom 10. September 2002 (Jugendmedienschutzstaatsvertrag – JMStV) verstoße. Der in diesem aufsichtsrechtlichen Verfahren von der Beklagten im Oktober 2009 erlassene Beanstandungsbescheid wurde bestandskräftig. Das gegen die Geschäftsführer der Klägerin von der Staatsanwaltschaft betriebene Strafverfahren wurde Ende 2010, nachdem eine Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht stattgefunden hatte, gegen Zahlung einer Geldauflage (4000,– Euro) nach § 153a Abs. 2 StPO eingestellt.

Im November 2008 erhielt die Beklagte einen weiteren Hinweis darauf, dass die Klägerin neben der Seite „…“ zahlreiche weitere Internetseiten betreiben würde, die gegen den Jugendmedienschutzstaatsvertrag verstoßen würden. Gegen die in diesen aufsichtsrechtlichen Verfahren in Bezug auf vier Internetangebote im Februar 2011 erlassenen Beanstandungs- und Untersagungsbescheide hat die Klägerin jeweils Klage erhoben. Diese Klagen hat das Verwaltungsgericht Hamburg mit Urteil vom 21. August 2013 abgewiesen. Ein von der Staatsanwaltschaft betriebenes strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die damaligen Geschäftsführer der Klägerin wurde im Februar 2011 nach § 153 Abs. 1 Satz 1 StPO mit gerichtlicher Zustimmung im Hinblick auf das bereits betriebene Strafverfahren eingestellt, weil die Schuld als gering anzusehen sei und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung bestehe. Das in diesem Zusammenhang auch betriebene Ordnungswidrigkeitenverfahren wurde nicht weiterverfolgt, weil es nach Angaben der Beklagten Mitte Juni 2012 zur Verjährung gekommen sei.

Da sich die Klägerin in diesen fünf durchgeführten aufsichtsrechtlichen Verfahren darauf berufen hatte, dass sie nicht mehr Anbieterin sei und die Domaininhaberschaft auf eine ausländische Firma übertragen habe, prüfte die Organisation Jugendschutz.net im Juni und Juli 2011 drei weitere Internetangebote aus dem Seitennetzwerk der Klägerin. Dabei stellte sie u.a. fest, dass zum damaligen Zeitpunkt ausschließlich die Klägerin im Impressum der Seite „…“ aufgeführt worden sei. Dieses Angebot beinhalte pornografische, indizierte und entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte und verstoße gegen den Jugendmedienschutzstaatsvertrag. Um die Klägerin nicht vorzuwarnen, solle die KJM eine Präsenzprüfung durchführen, ohne die Klägerin darüber vorab zu informieren.

Daraufhin unterzog die KJM das streitgegenständliche Internetangebot am 21. Juli 2011 einer eingehenden Prüfung. Dabei stellte sie unter anderem fest, dass es sich bei dem Angebot um eine „Community für erotische Angebote im Internet“ handele. Die Klägerin gewähre über Links den Zugriff auf Erotikseiten, die von Dritten oder der Klägerin selbst betrieben würden. Zugang zu den Mitglieder-Bereichen der verlinkten Angebote erhalte der Nutzer nach Anmeldung bei „…“ und dem integrierten Zahlungssystem. Das Angebot verstoße gegen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JMStV, da es pornografische Inhalte aufweise bzw. auf solche per Link verweise, sowie gegen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 JMStV, da auch indizierte Angebote auf der Internetseite verlinkt würden. Durch die Verlinkung würden die pornografischen und indizierten Angebote zugänglich gemacht. Es werde nämlich bewusst die Möglichkeit geschaffen, dass Dritte die Inhalte der pornografischen und indizierten Internetseiten zur Kenntnis nehmen könnten. Es liege auch keine geschlossene Benutzergruppe gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV vor. Darüber hinaus seien die frei zugänglichen Inhalte des Internetangebots in der Gesamtbetrachtung als entwicklungsbeeinträchtigend zu qualifizieren (§ 5 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 und 4 JMStV). In einer Vielzahl von Bildern und Beschreibungen würden Frauen auf bloße Körperteile reduziert und als Objekte zur sexuellen Befriedigung präsentiert. Kinder und Jugendliche würden mit zahlreichen problematischen Rollenbildern konfrontiert, beispielsweise werde die sexuelle Verfügbarkeit der Frauen durch die Beschreibungen der verlinkten Internetseiten mittels Text dargestellt. Die Inhalte des Angebots seien gekennzeichnet durch eine Stimulierungstendenz, wobei grob aufdringliche, übersteigerte und anreißerische Darstellungen die allgemeinen Wertvorstellungen über die Grenzen des sexuellen Anstands überschreiten würden. Die Klägerin trage auch nicht durch technische Maßnahmen oder Sendezeitbeschränkungen Sorge dafür, dass Kinder und Jugendliche die entwicklungsbeeinträchtigenden Angebote üblicherweise nicht wahrnehmen würden.

Bei einer erneuten Sichtung am 15. November 2011 stellte die Beklagte fest, dass das Angebot nicht mehr auf indizierte Inhalte per Link verweise. Die beiden anderen in der Präsenzprüfung festgestellten Verstöße hätten aber weiterhin Bestand. Auch an der Eintragung im Impressum habe sich nichts geändert.

Mit Schreiben vom 7. Dezember 2011 leitete die Beklagte ein förmliches Verfahren wegen der pornografischen, indizierten und entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalte ein. In diesem Verfahren nahm der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 27. Februar 2012 Stellung. Die Klägerin habe ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage das Angebot der Internetseite „…“ eingestellt. Sie sei nicht mehr Betreiberin dieser Seite. Davon unabhängig habe sie nie eigene Inhalte angeboten, sondern die Internetseite habe als Suchmaschine funktioniert, die auf andere Internetseiten verweise. Auf allen verlinkten Angeboten seien die Inhalte erst nach Alterskontrolle und Registrierung zugänglich gewesen. Die behaupteten Verstöße seien – wenn überhaupt – von den Betreibern der verlinkten Internetseiten begangen worden.

Bei zwei weiteren Sichtungen des Internetangebots am 19. Januar 2012 und am 2. März 2012 stellte die Beklagte Folgendes fest: Am 19. Januar 2012 sei die Klägerin zwar weiterhin im Impressum eingetragen gewesen, das Angebot sei aber umfassend nachgebessert worden. Verstöße gegen den Jugendmedienschutzstaatsvertrag seien nicht mehr nachweisbar. Insbesondere sei schon dem Vorschaubereich eine effektive Alterskontrolle vorgeschaltet worden. Am 2. März 2012 sei das Angebot nicht mehr aufrufbar gewesen und bei einer Denic-Abfrage sei die „…“ mit Sitz auf Virgin Island als Domaininhaberin genannt worden.

Im Mai 2012 teilte der Prüfausschuss Telemedien der KJM der Beklagten mit, dass ein Verstoß des Internetangebots gegen den Jugendmedienschutzstaatsvertrag vorgelegen habe. Der Prüfausschuss habe aufgrund seines einstimmigen Ergebnisses gemäß § 14 Abs. 5 Satz 3 JMStV anstelle der KJM entschieden. Somit sei ein rechtsaufsichtliches Verfahren einzuleiten.

Mit Bescheid vom 14. Juni 2012 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin mit ihrem Internetangebot gegen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 jeweils i.V.m. Satz 2 JMStV sowie § 5 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 und 4 JMStV verstoßen habe und beanstandete diese Verstöße. Darüber hinaus erhob sie eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 500,– Euro. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, dass das Angebot pornografische und indizierte Inhalte über Verlinkung auf erster Linkebene zugänglich gemacht habe. Die Links seien innerhalb des Internetangebotes „…“ gesetzt, einer bestimmten Rubrik zugeordnet und zudem als Textlink ausgestaltet gewesen. Zuordnung, Platzierung und Ausgestaltung der Links würden auf eine bewusste redaktionelle Auswahl und Kenntnis der Inhalte schließen lassen. Des Weiteren hätten sich im kostenlosen und frei zugänglichen Vorschaubereich des Angebotes pornografische und entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte befunden. Die Klägerin sei auch Anbieterin des Telemedienangebotes gewesen, da sie im Impressum ausschließlich genannt worden sei. Es sei unschädlich, dass die Klägerin im Vorfeld des KJM-Verfahrens weder von der KJM noch von der Beklagten mittels eines ausdrücklichen Schreibens über mögliche Rechtsverstöße des Telemedienangebots informiert worden sei. In Anbetracht der Gesamtsituation, insbesondere des Umfangs des Internetangebotenetzwerks der Klägerin, ihrer strikten kommerziellen Ausrichtung, der Häufigkeit der Verstöße ihrer Angebote, ihrer Uneinsichtigkeit und der verschleierten Aufrechterhaltung der Rechtsverstöße, ihrer genauen Kenntnis von Problematik und Verfahren sowie der wiederholten Aufforderung durch Jugendschutz.net und die Beklagte, alle von der Klägerin verantworteten Angebote rechtmäßig zu gestalten, sei ein spezieller Hinweis in diesem Fall nicht mehr erforderlich gewesen. Dass die Klägerin ihr Angebot mittlerweile eingestellt habe und nicht mehr Betreiberin der Internetseite sei, sei unerheblich. Der vorliegende Beanstandungsbescheid beziehe sich lediglich auf die Feststellung und Beanstandung der Verstöße in der Vergangenheit.

Hiergegen hat die Klägerin am 12. Juli 2012 Klage erhoben. Sie trägt ergänzend vor, dass schon keine Notwendigkeit mehr für die Beanstandungen bestanden habe, da sie das Internetangebot nicht mehr betreibe. Außerdem habe sie in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie sich die Inhalte ihrer Kunden (der Webmaster) nicht zu Eigen machen wolle. Darüber hinaus sei das Angebot mit dem Label der „Internet Content Rating Association“ (ICRA-Label) versehen gewesen. Dadurch sei Eltern ermöglicht worden, mittels geeigneter Jugendschutzprogramme den Zugriff auf die Internetseite der Klägerin zu sperren. Andere Jugendschutzprogramme seien zum Zeitpunkt der behaupteten Verstöße nicht verfügbar gewesen, so dass sie sämtliche ihr gegebenen technischen Möglichkeiten genutzt habe, um eine möglicherweise bestehende Gefährdung von Kindern und Jugendlichen auszuschließen. Des Weiteren würden die beanstandeten Darstellungen im Vorschaubereich den Darstellungen vergleichbarer Anbieter im Internet entsprechen. Solche Darstellungen seien frei zugänglich im Internet verfügbar. Eine Entwicklungsbeeinträchtigung durch solche Angebote sei nicht feststellbar. Die Beanstandung sei schließlich unverhältnismäßig. Grundsätzlich habe eine Beanstandung den Zweck, einem Anbieter sein rechtswidriges Verhalten vor Augen zu führen und für die Zukunft die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zum Jugendmedienschutz zu sichern. Da die Klägerin weder das streitige Format eingestellt habe noch Betreiberin der beanstandeten Internetseite sei, könne die von der Beklagten getroffene Maßnahme diesen Zweck nicht erreichen. Auch habe die Beklagte selbst ausgeführt, dass keinerlei Hinweis gegenüber der Klägerin auf ein möglicherweise vorliegendes beanstandungswürdiges Verhalten erfolgt sei. Dies wäre als milderes Mittel jedoch gleich geeignet gewesen. Dies zeige sich auch daran, dass die Klägerin auf den entsprechenden Hinweis der Beklagten umgehend reagiert habe.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 14. Juni 2012 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt sie ergänzend aus, dass es unerheblich sei, dass die Klägerin das Angebot mit dem ICRA-Label versehen habe. Denn seit Dezember 2008 sei es ständige Praxis der KJM, das ICRA-Label nicht mehr als ausreichende Maßnahme zur Zugangsbeschränkung nach § 5 Abs. 3 und 4 JMStV anzusehen. Die Behauptung, andere Jugendschutzmöglichkeiten hätten nicht zur Verfügung gestanden, sei unzutreffend. Um die Nutzung entwicklungsbeeinträchtigender sowie verlinkter indizierter Angebote durch Kinder und Jugendliche zu verhindern, hätten der Klägerin die üblichen und bekannten technischen Möglichkeiten (z.B. effektives Altersverifikationssystem, Sendezeitbeschränkung) zur Verfügung gestanden. Des Weiteren seien die Ausführungen zu den Vereinbarungen und Maßnahmen des Webmastersystems, den Regelungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und den Rahmenbedingungen des Registriervorgangs der Klägerin nicht erheblich. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei nur der frei zugängliche Vorschaubereich des Angebotes, nicht hingegen sein Mitgliederbereich. Darüber hinaus könne sich die Klägerin nicht durch privatrechtliche Vereinbarungen ihrer medienrechtlichen Verantwortlichkeit für ihr Internetangebot entziehen.

Das gegen die Geschäftsführer der Klägerin von der Staatsanwaltschaft betriebene Strafverfahren ist im März 2012 gegen Zahlung einer Geldauflage (200,– Euro) nach § 153a Abs. 2 StPO eingestellt worden. Ein behördliches Ordnungswidrigkeitenverfahren hat die Beklagte im Anschluss nicht betrieben.

Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 21. August 2013 die Gebührenfestsetzung in dem Bescheid vom 14. Juni 2012 aufgehoben, da keine geeignete Rechtsgrundlage bestehe. Daraufhin haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung den Rechtsstreit hinsichtlich der Gebührenfestsetzung übereinstimmend für erledigt erklärt und das Verfahren ist insoweit eingestellt worden (vgl. S. 3 des Protokolls der mündlichen Verhandlung). Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Sachakten der Beklagten, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden, sowie die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Anfechtungsklage ist zulässig (1.), aber nicht begründet (2.).

1. Das Verwaltungsgericht Hamburg ist zuständig. Zwar hat die Beklagte gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 des Staatsvertrages über das Medienrecht in Hamburg und Schleswig-Holstein (Medienstaatsvertrag HSH) ihren Sitz in Norderstedt, Schleswig-Holstein. Jedoch ist nach § 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat, wenn ein Verwaltungsakt von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen wird. Danach ist das Verwaltungsgericht Hamburg zuständig, da die Beklagte eine gemeinsame Behörde mehrerer Länder (Hamburg und Schleswig-Holstein) ist und die Klägerin ihren Sitz in Hamburg hat.

Der Zulässigkeit steht auch nicht entgegen, dass kein Widerspruchsverfahren durchgeführt wurde. Zwar dürfte bei Maßnahmen der Beklagten gegenüber Anbietern von Telemedien ein Widerspruchsverfahren grundsätzlich erforderlich sein. Denn § 37 Abs. 5 des Staatsvertrages für Rundfunk und Telemedien – Rundfunkstaatsvertrag (RStV) – vom 16. Dezember 1991 (HmbGVBl. 1991, S. 425), in der seit dem 1. September 2008 geltenden Fassung, wonach ein Vorverfahren nach § 68 Abs. 1 VwGO bei Rechtsmitteln gegen Entscheidungen nach den §§ 35 und 36 RStV nicht statthaft ist, dürfte nicht anwendbar sein. Bei § 37 Abs. 5 RStV handelt es sich nämlich um eine im III. Abschnitt des Staatsvertrages enthaltene Vorschrift für den privaten Rundfunk und gemäß § 1 Abs. 1, 2. Halbsatz RStV gelten für Telemedien nur der IV. bis VI. Abschnitt des Rundfunkstaatsvertrages (vgl. zu § 35 RStV: VG Münster, Urt. v. 12.2.2010, 1 K 1608/09, juris, Rn. 50 ff.).

Jedoch hat sich die Beklagte vorbehaltlos auf die Anfechtungsklage eingelassen, so dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus Gründen der Prozessökonomie das Erfordernis eines Vorverfahrens nach § 68 Abs. 1 VwGO der Zulässigkeit der Anfechtungsklage nicht entgegensteht (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.2.2009, 2 C 56/07, juris, Rn. 11).

2. Die Klage ist unbegründet, denn der Bescheid vom 14. Juni 2012 ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten.

Rechtsgrundlage der Feststellung der Verstöße gegen die Verbote der § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 i.V.m. Satz 2 JMStV und § 5 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 und 4 JMStV sowie der Beanstandung sind § 20 Abs. 1 und 4 JMStV, in der seit 1. April 2010 geltenden Fassung (vgl. Art. 2 des 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrags, HmbGVBl. 2009, S. 39) i.V.m. § 59 Abs. 3 des Staatsvertrages für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag – RStV) in der seit dem 15. bis 21. Dezember 2010 geltenden Fassung des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrags (HmbGVBl. 2011 S. 63, 70).

Der Bescheid vom 14. Juni 2012 ist formell rechtmäßig, insbesondere wurde die Klägerin mit Schreiben vom 7. Dezember 2011 angehört (vgl. § 28 VwVfG).

Er ist auch materiell rechtmäßig, da die Voraussetzungen der Rechtsgrundlage vorliegen. Gemäß § 20 Abs. 1 JMStV trifft die nach § 20 Abs. 6 JMStV zuständige Landesmedienanstalt die erforderlichen Maßnahmen gegenüber dem Anbieter, wenn sie feststellt, dass dieser gegen die Bestimmungen des Jugendmedienschutzstaatsvertrages verstoßen hat. Für Anbieter von Telemedien trifft nach § 20 Abs. 4 JMStV die zuständige Landesmedienanstalt durch die KJM entsprechend § 59 Absatz 2 bis 4 des Rundfunkstaatsvertrages unter Beachtung der Regelungen zur Verantwortlichkeit nach den §§ 7 bis 10 des Telemediengesetzes (TMG) vom 26. Februar 2007 (BGBl. I S. 179), zuletzt geändert am 31. Mai 2010 (BGBl. I S. 692), die jeweilige Entscheidung. Gemäß § 59 Abs. 3 RStV trifft sie die zur Beseitigung des Verstoßes erforderlichen Maßnahmen gegenüber dem Anbieter.

Diese Voraussetzungen waren im maßgeblichen Zeitpunkt gegeben. Da die Beklagte lediglich in der Vergangenheit liegende Verstöße gegen den Jugendmedienschutzstaatsvertrag feststellt und beanstandet, ist maßgeblicher Zeitpunkt nicht der sonst übliche des Bescheiderlasses (vgl. dazu VG Münster, Urt. v. 12.2.2010, 1 K 1608/09, juris, Rn. 38; VG Hamburg, Urt. v. 4.1.2012, 4 K 262/11, juris, Rn. 48). Vielmehr kommt es auf den Zeitpunkt an, an dem die Verstöße das letzte Mal festgestellt wurden, also der 23. September 2011 hinsichtlich der Veröffentlichung indizierter Inhalte und der 15. November 2011 bezüglich der pornografischen und entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalte (S. 13 f. des Bescheids vom 14.6.2012).

a) Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin Anbieterin von Telemediendiensten:

aa) Das beanstandete Internetangebot der Klägerin ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 RStV ein Telemediendienst, da es sich um einen elektronischen Informationsdienst handelt, der weder Telekommunikationsdienst i.S.v. § 3 Nr. 24 TKG noch telekommunikationsgestützter Dienst nach § 3 Nr. 25 TKG oder Rundfunk nach § 2 Satz 1 und 2 RStV war.

bb) Die Klägerin war auch Anbieterin des beanstandeten Internetangebots. Eine Definition von „Anbietern von Telemedien“ enthält der Jugendmedienschutzstaatsvertrag nicht (VG Hamburg, Urt. v. 4.1.2012, 4 K 262/11, juris, Rn. 53). Um den Zweck des Jugendmedienschutzstaatsvertrags zu erreichen, Kinder und Jugendliche vor jugendgefährdenden Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien wirksam zu schützen, ist der Anbieterbegriff weit auszulegen (VG Karlsruhe, Urt. v. 25.7.2012, 5 K 3496/10, juris). Entscheidend für die Annahme der Anbietereigenschaft ist, ob der Betroffene Einfluss auf Einzelheiten der inhaltlichen Gestaltung der Internetseite hat (vgl. VG Hamburg, Urt. v. 29.2.2012, 9 K 138/09, juris; VG Düsseldorf, Urt. v. 20.3.2012, 27 K 6228/10, juris; VG Karlsruhe, Urt. v. 25.7.2012, 5 K 3496/10, juris). Dabei genügt die Möglichkeit zur Einflussnahme auf den Inhalt des Angebots; nicht erforderlich ist dagegen, dass sämtliche Teile des Angebots vom Anbieter auch selbst gestaltet sein müssen (VG Hamburg, Urt. v. 4.1.2012, 4 K 262/11, juris, Rn. 53).

Unter diesen weiten Anbieterbegriff fallen die im Impressum einer Internetseite genannten Personen. Denn mit dem Impressum kommen Anbieter ihren Informationspflichten nach § 55 RStV und § 5 TMG nach. Gemäß § 55 RStV haben Anbieter von Telemedien, die nicht ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken dienen, ihren Namen und ihre Anschrift sowie bei juristischen Personen auch Namen und Anschrift des Vertretungsberechtigten leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten. Die Pflichten des § 5 TMG gehen sogar noch weiter. Die im Impressum genannten Personen geben sich also als Anbieter zu erkennen.

Die Klägerin war zumindest bis zum 15. November 2011 im Impressum der Internetseite „…“ ausschließlich genannt (Bl. 75 d. Sachakte) und damit Anbieterin.

b) Des Weiteren war die Klägerin Verantwortliche im Sinne der §§ 7 ff. TMG. Gemäß § 7 Abs. 1 TMG sind Diensteanbieter für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich. Dies war vorliegend der Fall. Die auf der Internetseite „…“ zur Nutzung bereitgehaltenen Inhalte waren als eigene Informationen der Klägerin anzusehen.

aa) Hinsichtlich der entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalte und der pornografischen Inhalte, die sich im Vorschaubereich des Angebots selbst befanden, folgt dies schon daraus, dass sie unmittelbare Bestandteile der Internetseite der Klägerin waren. Zwar macht die Klägerin geltend, dass sie die Inhalte nicht selbst auf die Internetseite gestellt habe. Vielmehr seien gemäß ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Webmaster für diese Inhalte verantwortlich. Jedoch weist die Beklagte zu Recht daraufhin, dass die Klägerin sich ihrer öffentlich-rechtlichen Verantwortung für Inhalte ihres Internetangebots nicht durch privatrechtliche Vereinbarung mit den Webmastern entledigen könne. Als im Impressum genannte Person und damit Anbieterin ist sie für die unmittelbar auf ihrer Internetseite veröffentlichten Inhalte verantwortlich.

bb) In Bezug auf die verlinkten pornografischen und indizierten Inhalte folgt dies daraus, dass sich die Klägerin den Inhalt der Internetseiten, zu denen sie den Zugang per Link ermöglicht, zu Eigen gemacht hat. Denn ein Anbieter, dessen Internetseite sich nicht auf eine bloße Auflistung von Links beschränkt, sondern die zu erreichenden Inhalte beschreibt, macht sich damit die fremden Informationen, auf die mit Hilfe des Hyperlinks verwiesen wird, durch ihre Freischaltung zu Eigen und haftet deshalb nach den allgemeinen Vorschriften dafür wie für eigene Informationen (vgl. VG Karlsruhe, Urt. v. 25.7.2012, 5 K 3496/10, juris, Rn. 36; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 16.12.2009, 14 K 4086/07, juris, Rn. 56 ff.; grundlegend: BGH, Urt. v. 18.10.2007, I ZR 102/05, juris, Rn. 20 f.). Dies gilt selbst dann, wenn der Anbieter selbst keine Kenntnis von dem Inhalt der verlinkten Seite genommen haben sollte, weil hinsichtlich des per Link auf seiner Internetseite zugänglich gemachten Inhalts dem jeweiligen Anbieter eine Prüfpflicht zukommt (vgl. VG Gelsenkirchen, Urt. v. 16.12.2009, 14 K 4086/07, juris, Rn. 69). Ein wichtiges Indiz für das Zueigenmachen ist es, wenn das Geschäftsmodell des Anbieters darin besteht, auf Erotikseiten anderer Anbieter zu verweisen (vgl. VG Gelsenkirchen, Urt. v. 16.12.2009, 14 K 4086/07, juris, Rn. 58; BGH, Urt. v. 18.10.2007, I ZR 102/05, juris, Rn. 21).

Gemessen an diesem Maßstab hat sich die Klägerin die pornografischen und indizierten Inhalte zu Eigen gemacht. Sie hatte die Links, die auf die pornografischen und indizierten Inhalte verwiesen, bestimmten Kategorien (z.B. „Fetisch“ oder „Pärchen“) auf ihrer Internetseite zugeordnet und als anpreisende Textlinks ausgestaltet. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass er bezweifle, dass die Klägerin die Kategorisierung auf ihrer Internetseite selbst vornehme. Er halte es sogar für wahrscheinlich, dass diese von den Webmastern vorgenommen werde. Zum einen bleibt dieser Vortrag unsubstantiiert. Der Prozessbevollmächtigte hat damit nicht zum Ausdruck gebracht, dass die Klägerin die Kategorisierung nicht vornehme. Als Vertreter der Klägerin hätte er zu dieser in ihre Sphäre fallenden Tatsache näher vortragen müssen, zumal der Klägerin die Beweislast für diese Abweichung von der gewöhnlichen Haftung des Anbieters für verlinkte Inhalte zukommen dürfte. Zum anderen würde die ordnungsrechtliche Verantwortung für die per Link zugänglich gemachten Inhalte die Klägerin selbst dann treffen, wenn sie tatsächlich keine eigene Kategorisierung der Links vorgenommen hätte, denn in diesem Fall hätte sie als Anbieterin zumindest eine Prüfpflicht hinsichtlich der per Link zugänglich gemachten Inhalte, der sie nicht nachgekommen wäre. Davon unabhängig weist das Gericht darauf hin, dass sich ein Zueigenmachen schon deshalb aufdrängt, weil es das Geschäftsmodell der Klägerin gewesen sein dürfte, mit der Verlinkung von anderen Erotikseiten auf ihrem Seitennetzwerk Geld zu verdienen.

c) Die Klägerin hat mit ihrem Internetangebot zum maßgeblichen Zeitpunkt gegen die Bestimmungen des Jugendmedienschutzstaatsvertrages verstoßen.

aa) Sie hat gegen die in § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 i.V.m. Satz 2 JMStV statuierten Verbote verstoßen, pornografische (mindestens bis zum 15. November 2011) und indizierte Inhalte (mindestens bis zum 23. September 2011) außerhalb einer geschlossenen Benutzergruppe zugänglich zu machen. Das Gericht folgt insoweit der ausführlichen Begründung des Bescheids vom 14. Juni 2012 (S. 14 f.) und nimmt auf sie Bezug (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend ist anzumerken, dass Einwendungen gegen diese Einschätzung – unabhängig von der Frage der Verantwortlichkeit [dazu oben I. 2. b) bb)] – von der Klägerin nicht vorgebracht wurden und auch sonst nicht ersichtlich sind.

bb) Ebenfalls mindestens bis zum 15. November 2012 hat das Internetangebot entgegen § 5 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 und 4 JMStV entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte enthalten.

Nach § 5 Abs. 1 JMStV hat ein Anbieter bei Angeboten, die er verbreitet oder zugänglich macht und die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, dafür Sorge zu tragen, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise nicht wahrnehmen. Mit dem von der Beklagten beanstandeten Internetangebot hat die Klägerin gegen § 5 Abs. 1 JMStV verstoßen, da das Angebot geeignet war, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen [(1)] und sie nicht dafür Sorge getragen hatte, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen dieses Angebot üblicherweise nicht wahrnehmen [(2)].

(1) Die Bewertung der Beklagten, dass das Angebot der Klägerin geeignet war, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, ist nicht zu beanstanden. Diese Bewertung wurde aufgrund der Beschlussempfehlung der Beklagten vom Prüfausschuss Telemedien der KJM einstimmig festgestellt; die einstimmige Entscheidung des Prüfausschusses gilt nach § 14 Abs. 5 Satz 3 JMStV als Entscheidung der KJM. Zwar kommt der KJM für diese Bewertung kein Beurteilungsspielraum zu. Ihre Äußerung bzw. Entscheidung ist jedoch als sachverständige Äußerung eines unabhängigen (vgl. § 14 Abs. 6 Satz 1 JMStV) und sachverständigen (§ 14 Abs. 3 Satz 1 JMStV) Gremiums anzusehen, die als sachverständige Aussage zu begreifen ist und im gerichtlichen Verfahren nur mit dem gleichen Aufwand in Frage gestellt werden kann, der notwendig ist, um die Tragfähigkeit fachgutachtlicher Äußerungen zu erschüttern (VGH München, Urt. v. 23.3.2011, 7 BV 09.2512, u.a., juris, Rn. 45; VG Hamburg, Urt. v. 4.1.2012, 4 K 262/11, juris, Rn. 68, m.w.N.). Ist die Bewertung der KJM in diesem Sinn nicht in Frage gestellt, so ist dem Gericht verwehrt, seine eigene Bewertung an die Stelle der Bewertung der KJM zu setzen, vielmehr hat und darf das Gericht von der Richtigkeit der Bewertung durch das sachverständige Gremium auszugehen (VG Hamburg, Urt. v. 4.1.2012, a.a.O.).

Die sachverständigen Bewertungen der KJM halten der gerichtlichen Nachprüfung stand. Sie sind weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren in ihrer Tragfähigkeit „erschüttert“ worden. Der Prüfausschuss der KJM ist einstimmig der Entscheidungsempfehlung der Beklagten vom 27. März 2012 gefolgt, in der ausgeführt wurde, dass das Angebot der Klägerin entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte enthalte. Die mit der Zustimmung des Prüfausschusses bestätigte Bewertung des Internetauftritts ist nachvollziehbar sowie in sich schlüssig und wird durch eine Reihe von Beispielen aus dem Internetauftritt der Klägerin belegt. Die Beklagte hat auch nicht auf Grundlage von veralteten Daten entschieden, sondern – ausweislich der Sachakten – jeder Prüfung Live-Sichtungen zugrunde gelegt und dieses Vorgehen entsprechend dokumentiert.

Die Klägerin hat diese Bewertung nicht erschüttern können. Insbesondere hat sie nicht substantiiert dargelegt, warum ihr Angebot für Kinder und Jugendliche unproblematisch sei. Die bloße Behauptung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, dass die auf der Internetseite angebotenen Inhalte den Vorgaben der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft für eine Freigabe ab 16 Jahren (FSK 16) entsprochen hätten, setzt sich nicht mit der Einschätzung der KJM auseinander. Gleiches gilt für den Hinweis, dass die beanstandeten Inhalte im Vorschaubereich den Darstellungen vergleichbarer Anbieter im Internet entsprechen würden und vergleichbare Darstellungen in großem Umfang frei zugänglich im Internet verfügbar seien. Um die Annahmen der KJM zu erschüttern, hätte die Klägerin zumindest auf die Einschätzung der KJM konkret eingehen und auf mögliche Bewertungsfehler oder fehlerhafte Annahmen hinweisen müssen. Beides hat sie nicht getan.

(2) Die Klägerin hatte auch nicht Sorge dafür getragen, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen ihr Internetangebot üblicherweise nicht wahrnehmen. Die von der Klägerin getroffenen Maßnahmen waren nicht geeignet, Kinder oder Jugendliche von der Wahrnehmung der Inhalte effektiv abzuhalten. Zwar war das Angebot der Klägerin nach ihren Angaben mit dem ICRA Label versehen. Jedoch genügte dies nicht, um die Anforderungen nach § 5 Abs. 3 JMStV zu erfüllen. Seit dem Beschluss der KJM vom 18. Dezember 2008 kann das ICRA-Label nicht mehr als geeignetes Mittel im Sinne des § 5 Abs. 3 JMStV angesehen werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt keine anerkannten Jugendschutzprogramme i.S.d. § 11 Abs. 1 JMStV bestanden. Die Beklagte führt zu Recht aus, dass die Klägerin die Anforderungen des § 5 Abs. 3 JMStV durch effektive Altersverifikationssysteme oder zeitliche Angebotsbegrenzungen hätte einhalten können.

d) Liegen damit die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten vor, trifft die zuständige Landesmedienanstalt – vorliegend die Beklagte – nach § 20 Abs. 4 JMStV auf der Rechtsfolgenseite entsprechend § 59 Abs. 3 Satz 1 RStV die „erforderlichen Maßnahmen“ gegenüber dem Anbieter – vorliegend der Klägerin. Die Aufzählung der zulässigen Maßnahmen in § 59 Abs. 3 Satz 2 RStV ist nicht vollständig („insbesondere“). Die gegenüber der Untersagung weniger gewichtigen Maßnahmen der Feststellung und Beanstandung sind deshalb durch § 59 Abs. 3 Satz 2 RStV gedeckt (VG Karlsruhe, Urt. v. 25.7.2012, 5 K 3496/10, juris, Rn. 30, m.w.N.). Auch bei diesen Maßnahmen ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der in § 59 Abs. 3 Satz 3 und 4 JMStV für die Untersagung gesetzlich konkretisiert ist, zu beachten. Dabei reicht für ein Einschreiten der Landesmedienanstalt im Wege ihrer Aufsicht über Telemediendienste, dass Verstöße in der Vergangenheit bestanden. Hingegen ist nicht erforderlich, dass sie bis in die Gegenwart fortbestehen (VG Karlsruhe, Urt. v. 25.7.2012, 5 K 3496/10, juris, Rn. 41). Denn Maßnahmen auf der Grundlage des § 20 JMStV verfolgen den Zweck, einem Anbieter sein rechtswidriges Verhalten in der Vergangenheit vor Augen zu führen und für die Zukunft die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zum Jugendmedienschutz zu sichern (VG Düsseldorf, Urt. v. 20.3.2012, 27 K 6228/10, juris, Rn. 55). Von allen der Beklagten zur Verfügung stehenden Maßnahmen sind die Feststellung und die Beanstandung die denkbar mildesten (vgl. VG Münster, Urt. v. 12.2.2010, 1 K 1608/09; VG Minden, Urt. v. 18.8.2010, 7 K 721/10; beide in juris).

Gemessen an diesem Maßstab ist der Bescheid vom 14. Juni 2012 auch auf der Rechtsfolgenseite rechtmäßig. Insbesondere war der Bescheid geeignet, erforderlich und angemessen, um der Klägerin ihr rechtswidriges Verhalten in der Vergangenheit vor Augen zu führen und für die Zukunft die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zum Jugendmedienschutz zu sichern.

Zwar macht der Prozessbevollmächtigte der Klägerin geltend, dass der Bescheid unverhältnismäßig sei, weil die Klägerin die beanstandeten Inhalte nicht eingestellt habe und die Internetseite nicht mehr betreibe. Auch sei die Internetseite „…“ überarbeitet und dabei seien die Verstöße gegen den Jugendmedienschutz beendet worden. Jedoch beanstandet die Beklagte nur in der Vergangenheit liegende Verstöße gegen den Jugendmedienschutzstaatsvertrag (bis zum 23. September 2011 hinsichtlich der Veröffentlichung indizierter Inhalte und bis zum 15. November 2011 bezüglich der pornografischen und entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalte – S. 13 f. des Bescheids vom 14.6.2012). Zu diesem Zeitpunkt stand die Anbieterstellung und damit auch die inhaltliche Verantwortung der Klägerin als im Impressum ausschließlich genannte Person [s.o. I. 2. a)] ebenso fest, wie der Verstoß gegen den Jugendmedienschutzstaatsvertrag [s.o. I. 2. c)]. Die Beanstandung der Verstöße gegen den Jugendmedienschutzstaatsvertrag ist auch nicht deshalb ungeeignet, die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zum Jugendmedienschutz für die Zukunft zu sichern, weil die Klägerin den Betrieb der Internetseite bereits aufgegeben habe. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Beanstandung des – ggf. in der Vergangenheit liegenden – rechtswidrigen Verhaltens die in die Zukunft gerichtete Feststellung beinhaltet, dass das Betreiben der Seite in der bisherigen (beanstandeten) Form unzulässig ist (vgl. VG Hamburg, Urt. v. 4.1.2012, 4 K 262/11, juris, Rn. 35). Diesem Regelungsgehalt kommt angesichts der tatsächlichen Gegebenheiten im Internet grundlegende Bedeutung zu, da weder die Löschung noch die Änderung des Inhalts einer Internetseite irreversible Verhältnisse schafft. Vielmehr können diese Änderungen ohne größeren Aufwand rückgängig gemacht werden, so dass der Beanstandung rechtswidrigen Verhaltens in der Vergangenheit besondere verhaltenssteuernde Wirkung zukommt, indem sie eine Rückkehr zu gegen den Jugendmedienschutzstaatsvertrag verstoßenden Zuständen auch für die Zukunft verbietet.

Die Beanstandung ist nicht deshalb nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig, weil die Beklagte die Klägerin erst mit Schreiben vom 7. Dezember 2011 über die Vorwürfe hinsichtlich der Internetseite „…“ informierte. Denn entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin wäre ein bloßer Hinweis im Verhältnis zur förmlichen Beanstandung kein gleich effektives, milderes Mittel gewesen, um das Ziel, die Einhaltung der jugendmedienschutzrechtlichen Vorschriften in der Zukunft sicherzustellen, zu erreichen. Die Beklagte weist zu Recht auf den Umfang des Internetangebotenetzwerks der Klägerin, ihre strikte kommerzielle Ausrichtung, die Häufigkeit der Verstöße ihrer Angebote, ihre Uneinsichtigkeit und die verschleierte Aufrechterhaltung der Rechtsverstöße, ihre genaue Kenntnis von Problematik und Verfahren sowie die wiederholten Aufforderungen durch Jugendschutz.net und die Beklagte, alle von der Klägerin verantworteten Angebote rechtmäßig zu gestalten, hin. Vor diesem Hintergrund durfte die Beklagte in rechtmäßiger Weise davon ausgehen, dass ein bloßer Hinweis im Vergleich zu einer förmlichen Beanstandung kein gleich effektives Mittel zur Sicherstellung der Einhaltung der jugendmedienschutzrechtlichen Vorschriften in der Zukunft darstellen würde.

Daran ändert auch nichts, dass der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung den Zugang des Hinweisschreibens vom 8. Dezember 2008 (Bl. 19 der Akte) bestritten hat. Zum einen ist es eher fernliegend, dass die Klägerin die beiden Schreiben vom 17. November 2008 (Bl. 136 f. d. Sachakte) und vom 8. Dezember 2008 (Bl. 138 f. d. Sachakte) nicht erhalten hat. Davon unabhängig musste der Klägerin durch die Vielzahl der gegen sie betriebenen medienaufsichtsrechtlichen Verfahren und den in diesen Verfahren immer wieder erfolgten Hinweisen auf ihr etwa 50 Angebote umfassendes kommerzielles Seitennetzwerk (vgl. etwa Schreiben vom 10. September 2010, Bl. 209 f. d. Sachakte; Bescheid vom 17. Februar 2011, Bl. 14 d. Sachakte) bewusst sein, dass alle ihre Internetseiten – inklusive des Angebots „…“ – mit dem Jugendmedienschutzstaatsvertrag in Einklang zu gestalten sind. Deshalb bedurfte es eines erneuten Hinweises vor Einleitung der Untersuchung durch die KJM nicht. Dies umso weniger, als die Beklagte zu Recht davon ausgehen durfte, dass bei einem Hinweis vor Prüfung des Angebots die Klägerin Verschleierungshandlungen, wie die Übertragung der Domaininhaberschaft, vornehmen würde. Dass diese Einschätzung berechtigt war, zeigt der nicht näher erläuterte und begründete Wechsel der Domaininhaberschaft nach dem Anhörungsschreiben vom 7. Dezember 2011 auf die … auf den Virgin Islands.

Dass die Beanstandung als mildestes der Beklagten zur Verfügung stehendes Mittel zur Erreichung der Ziele des Jugendmedienschutzstaatsvertrages unangemessen sein könnte, hat die Klägerin nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich.

II.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Entscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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