Top-Urteil

Online-Werbeaussage „zu günstigsten Top-Preisen“ ist wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden

11. Oktober 2010
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Brauens Schild mit dem Label "Best Price"

Online-Werbeaussage „zu günstigsten Top-Preisen“ ist wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden

Wirbt ein Onlineshop -auch unter Verwendung einer Top-Level-Domain- damit, dass die Artikel „zu günstigsten Top Preisen“ angeboten werden, ist dies keine Alleinstellungsberühmung. Darin sei lediglich eine reklamehafte Anpreisung zu sehen, welcher der Verbraucher keinen Tatsachengehalt zumesse. Insbesondere suggeriere die Erwähnung Top-Level-Domain „.eu“ in der Werbung nicht, dass der Anbieter die günstigsten Preise europaweit anbiete.

Landgericht Bochum

Urteil vom 22.09.2010

Az.: I-13 O 94/10

In dem Rechtsstreit

des (…), Klägers,

Prozessbevollmächtigter:

(…)

gegen

(…), Beklagte,

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Hild & Kollegen,
Konrad-Adenauer-Allee 53, 86150 Augsburg

hat die 13. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Bochum aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.09.2010 durch

die Vorsitzende Richterin am Landgericht (…),
den Handelsrichter (…) und
den Handelsrichter (…)

für R e c h t erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheit kann auch durch eine unbedingte, unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürgen zugelassenen Geldinstituts erbracht werden.

Tatbestand:

Beide Parteien bieten gewerblich im Internet Produkte für die Nagelpflege an.

In ihrem Onlineshop warb die Beklagte mit dem Satz „Nagelkosmetikprodukte bei www.(…).eu rund um die Uhr einkaufen zu günstigsten Top Preisen.“ Hinsichtlich der Einzelheiten der Gestaltung des Onlineauftritts wird auf die Ausdrucke (Bl. 8 ff. d. A.) verwiesen.

Mit Schreiben vom 15.05.2010 (Anlage K 2, BI. 13 ff. d. A.) mahnte der Kläger die Beklagte mit der Begründung ab, die Werbung stelle eine Alleinstellungsberühmung dar. Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.05.2010 (BI. 17 f. d. A.), auf das ebenfalls verwiesen wird, wies die Beklagte die Abmahnung als unberechtigt zurück, gab aber gleichwohl eine rechtsverbindliche Unterlassungserklärung ab.

Mit der Klage macht der Kläger die Kosten der Abmahnung vom 15.05.2010 geltend. Der Kläger trägt vor: Ein Streitwert von 30.000,- EUR und eine 1,3fache Geschäftsgebühr seien angemessen. Soweit die Beklagte sich auf rechtsmissbräuchliches Verhalten berufe, greife der Einwand nicht durch. Zum einen handele es sich im Wesentlichen um Gegenabmahnungen, da die Beklagte selbst den Kläger regelmäßig angreife. Zum anderen sei der Kläger nicht verpflichtet gewesen, bei früheren Abmahnungen den Onlineauftritt der Beklagten umfassend zu überprüfen. Die beanstandete Werbeaussage sei eine unzulässige Werbung mit einer Alleinstellung, was insbesondere durch die Verwendung des Superlativs beim Adjektiv „günstig“ und durch die Verwendung der Top-Level-Domain „eu“ sowie den Zusatz „Top“ vor dem Wort „Preis“ hervorgehoben werde.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.005,40 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger hinsichtlich der Nettoforderung aus der Rechnung des Rechtsanwalts Dr. (…) vom 07.06.2010, Rechnungsnummer (…) über 1.005,40 EUR freizustellen. Der Betrag entspricht dem Nettobetrag aus der Rechnung.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor: Die Abmahnung des Klägers vom 15.05.2010 sei rechtsmissbräuchlich gemäß § 8 Abs. 4 UWG. Der beanstandete Satz habe sich bereits am 19.04.2010, als der Kläger die Beklagte auf Grund angeblicher weiterer Wettbewerbsverstöße auf derselben Webseite abgemahnt habe, auf ihrer Internetseite befunden. Der Kläger weite seine vermeintlichen Unterlassungsansprüche bewusst auf mehrere Abmahnungen aus. Mit Schreiben vom 18.05.2010 habe der Kläger die Beklagte erneut abgemahnt. Das Prozessrisiko für 3 Abmahnungen belaufe sich bei einem Streitwert von 30.000,- EUR auf insgesamt 17.700,- EUR. Es sei nicht davon auszugehen, dass dieses Kostenrisiko in einem vernünftigen Verhältnis zur Geschäftstätigkeit des Klägers stehe. Im Übrigen lege auch der Umstand, dass in der beigefügten Unterlassungserklärung ein Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs gefordert werde, einen Rechtsmissbrauch nahe. Die Abmahnung vom 15.05.2010 sei auch inhaltlich unbegründet. Es liege keine unlautere Alleinstellungsberühmung vor. Allein aus der Verwendung eines Superlativs ergebe sich kein Alleinstellungsmerkmal. Eine Suggestion, dass die streitgegenständliche Aussage auf Grund der Top-Level-Domain „eu“ europaweite Gültigkeit habe, könne dem Satz ebenfalls nicht entnommen werden. Hilfsweise erklärt die Beklagte die Aufrechnung mit einem Kostenerstattungsanspruch wegen der Abmahnung der Beklagten vom 11.06.2010 (Anlage B 3, BI. 57 f. d. A.), auf die hinsichtlich der Einzelheiten Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nach Auffassung des Gerichts zwar zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Nach Auffassung der Kammer liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte für rechtsmissbräuchliches Verhalten im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG vor. Der Umstand, dass der Kläger gegenüber der Beklagten in der Zeit von April bis Juni 2010 drei Abmahnungen ausgesprochen hat, begründet keinen Rechtsmissbrauch. Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger bei Ausspruch der Abmahnung vom 19.04.2010 den mit der Abmahnung vom 15.05.2010 beanstandeten Satz im Internetauftritt der Beklagten zur Kenntnis genommen hat. Bei der Argumentation, dass das eingegangene Kostenrisiko nicht in einem vernünftigen Verhältnis zur Geschäftstätigkeit des Klägers stehe, handelt es sich um eine bloße Vermutung ins Blaue hinein. Unstreitig hat auch die Beklagte ihrerseits den Kläger abgemahnt. Aus dem Umstand, dass in der beigefügten Unterlassungserklärung ein Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs gefordert wird, ergibt sich ebenfalls kein Rechtsmissbrauch, weil es der Beklagten frei stand, eine andere Unterlassungserklärung abzugeben.

In der Sache war die Abmahnung jedoch nach Auffassung der Kammer nicht berechtigt. Dem Kläger stand kein Unterlassungsanspruch aus §§ 4 Nr. 10, 5 Abs. 1 Nr. 2, 8, 12 UWG zu. Bei der von der Beklagten verwendeten Werbung mit „günstigsten Top-Preisen“ handelt es sich nach Auffassung der Kammer lediglich um eine substanzlose Anpreisung ohne konkreten Tatsachengehalt. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die Beklagte gerade nicht den bestimmten Artikel „die“ verwandt hat, zum anderen auch daraus, dass sich gerade aus der Kombination „günstigste“ und „Top“ ergibt, dass es sich um eine reklamehafte Anpreisung handelt, der Verbraucher keinen Tatsachengehalt zumessen. Selbst wenn man dies anders sehe und davon ausginge, dass die beanstandete Werbeaussage einen nachprüfbaren Tatsachenkern enthielte, würde die Beklagte mit der beanstandeten Werbung nach Auffassung des Gerichts keineswegs in Anspruch nehmen, die günstigsten Preise unter allen Anbietern zu haben, sondern allenfalls, zu der Gruppe der günstigeren Anbieter zu gehören. Aus dem Umstand, dass in der Werbeaussage die Internetadresse www.(…).eu erwähnt ist, folgt nichts anderes. Der Verbraucher versteht dies lediglich als Hinweis auf die Internetadresse, nicht jedoch als Hinweis darauf, dass die Beklagte europaweit die günstigsten Preise anbiete.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

(Unterschriften)

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