Kommentar

Verletzt die Domain „severins-sylt.de“ die Namensrechte der Kirchengemeinde „St. Severin“?

20. Januar 2017
[Gesamt: 1   Durchschnitt:  5/5]
1842 mal gelesen
0 Shares
Leuchtturm in List auf Sylt am Ellenbogen Kommentar zum Urteil des Schleswig-Holsteinischen OLG vom 29.09.2016, Az.: 6 U 23/15

Registriert ein nichtberechtigter Dritter ein Kennzeichen, an dem ein anderer der Namensberechtigte ist, als Domainnamen, so genießt der Berechtigte grundsätzlich die Priorität der Registrierung mit der Folge, dass die Domain vom Nichtberechtigten freizugeben wäre. Doch wie verhält es sich, wenn der Name einer alteingesessenen Kirchengemeinde („St. Severin“) von einer unweit der dazugehörenden Kirche betriebenen Erholungsanlage („Severin*s Resort & Spa“) als Bestandteil für die Registrierung einer Domain verwendet wird? Die Lösung könnte grundsätzlich auch hier ganz einfach sein und sich wie eingangs erläutert darstellen. Allerdings gab es in dem Fall, der vor dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht verhandelt wurde, eine kleine Besonderheit. Denn anstelle des Wortes „Severin“ wurde als Domainname „Severins“ gewählt.

Was ist passiert?

In Keitum auf Sylt existiert eine alteingesessene Kirchengemeinde, deren Kirchengebäude die im 12. Jahrhundert erbaute St. Severin Kirche ist.

Unweit dieses Kirchengebäudes wird seit zwei Jahren ein Hotel- und Apartmentprojekt mit dem Namen „Severin*s Resort & Spa“ betrieben.

Durch die Registrierung der dazugehörigen Domain „severins-sylt.de“ und der Verwendung des Kennzeichens „Severin*s Resort & Spa“ sah die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde ihre Namensrechte verletzt und begehrte Unterlassungsansprüche gegen die Betreiberinnen wegen der Benutzung der genannten Domain sowie der Verwendung des Kennzeichens.

Das Landgericht hat die Klage in der ersten Instanz abgewiesen. Es sah weder in der Verwendung des Kennzeichens „Severin*s Resort & Spa“, noch in der Benutzung der Domain „severins-sylt.de“ eine unberechtigte Namensanmaßung. Weiter führte das Gericht an, dass dadurch schon keine Zuordnungsverwirrung oder Verwechslungsgefahr zwischen den Kennzeichen entstehen und damit auch nicht der Eindruck erweckt werden könne, es bestünde eine geschäftliche oder sonstige Beziehung zwischen der Kirchengemeinde und der Erholungsanlage.

Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts

Dieser Ansicht folgte das Berufungsgericht mit seinem Urteil vom 29.09.2016 (Az.: 6 U 23/15) jedoch nur in Teilen. Die Richter bejahten entgegen der Entscheidung des Landgerichts einen Unterlassungsanspruch der Klägerin hinsichtlich der Verwendung des Kennzeichens „Severin*s Resort & Spa“, wenn auch mit der Beschränkung auf den räumlichen Ortsteil Keitum der Gemeinde Sylt. Ihrer Meinung nach läge hierin eine unberechtigte Namensanmaßung nach § 12 Satz 1 2. Alt. BGB vor. Die Voraussetzungen eines für die ganze Insel Sylt geltenden Verbots der Namensnutzung sah das OLG hingegen nicht. Die Klägerin habe die Gefahr der Zuordnungsverwirrung stets mit der unmittelbaren räumlichen Nähe der von den Beklagten errichteten Anlage zum Kirchengebäude begründet. Diese Gefahr sei für den Senat aus den dargelegten Gründen nachvollziehbar. Sie fuße jedoch, wie von der Klägerin zutreffend gesehen, gerade auch auf der räumlichen Nähe. Umstände, die darüber hinaus zu einem gedanklichen Inverbindungbringen der Namen und zur Gefahr der Zuordnungsverwirrung führen könnten, seien dagegen nicht ersichtlich.

Im Hinblick auf die Verwendung des Domainnamens „severins-sylt.de“ bestünde jedoch kein Anspruch auf Unterlassung.

Eine solche unberechtigte Namensanmaßung komme grundsätzlich immer dann in Betracht, wenn ein Dritter unbefugt den gleichen Namen gebraucht, dadurch eine Zuordnungsverwirrung eintritt und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt werden.

Hinsichtlich der Verwendung des Namens „Severin“ hat das Gericht eine solche als gegeben angesehen und dazu ausgeführt, dass der Schutz des § 12 BGB auch Kennzeichnungen umfasst, die dazu bestimmt oder geeignet sind, auf die Person des Zeicheninhabers, sein Geschäft oder Unternehmen hinzuweisen, sofern sie eine Namensfunktion besitzen sowie Unterscheidungs-, Hinweis- oder Zuordnungsfunktion haben. „St. Severin“ ist als Name des zu der Kirchengemeinde gehörenden Kirchengebäudes nicht nur auf Sylt, sondern auch darüber hinaus bekannt und dadurch zu einem Kennzeichnungsmittel für die dort ansässige Kirchengemeinde geworden. Zudem werde aufgrund der rein beschreibenden Art der weiteren Bestandteile („St.“, „Resort & Spa“, „Sylt“, „.de“) auch der gleiche Name verwendet, denn der prägende Teil der Bezeichnung „Severin*s Resort & Spa“ stelle das Wort „Severin*s“ dar.

Weiter führt das Gericht an, dass die Klägerin als Trägerin des Namens „Severin“ in Keitum alteingeführt sei und ein neues Unternehmen den Verdacht nahelegt, dass dieses mit der Kirchengemeinde in einer Beziehung stehe. Die damit einhergehende Zuordnungsverwirrung entstehe nicht zuletzt aufgrund der räumlichen Nähe zur Kirchengemeinde. Hierin sei auch die Verletzung schutzwürdiger Interessen der Klägerin zu sehen, die die naheliegende Annahme, sie stünde in Bezug zu einzelnen Unternehmen, nicht hinnehmen muss.

Angesichts der Verwendung des Domainnamens „severins-sylt.de“ stelle sich dies nach Meinung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts allerdings anders dar. Hier fehle bereits die für eine unberechtigte Namensanmaßung erforderliche notwendige Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der Klägerin.

Die Bejahung eines solchen Interesses kommt lediglich dann in Betracht, wenn der Namensberechtigte von der Nutzung der Internet-Adresse mit der Top-Level-Domain „.de“ ausgeschlossen wird, weil diese nur einmal vergeben werden kann.

Vorliegend sei die Schreibweise bei der Domainadresse des Hotel- und Apartmentprojekts aber gerade eine andere als die der Kirchengemeinde (Severins statt Severin), womit die eine Verletzung begründende erforderliche Sperrwirkung nicht eintritt. Daher ist die Klägerin nicht von der Nutzung ihres Namens in der richtigen Schreibweise ausgeschlossen.

Fazit

Die Entscheidung des OLG zeigt, dass auch für regionale Gebäude Namensschutz möglich ist, jedoch sehr genau unterschieden werden muss, wie weit der Unterlassungsanspruch räumlich reicht. Außerdem führt ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich Inhalten einer Domain nicht automatisch zur Unterlassung der Domain an sich. Der Fall weist insofern die Besonderheit auf, dass aufgrund Namensrecht eine Zuordnungsverwirrung erfolgt, gleichzeitig hieraus jedoch weder ein Unterlassungs- noch ein Löschungsanspruch bezüglich der zugrunde liegenden Domain gegeben ist.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Jetzt zum Newsletter anmelden!

Erlaubnis zum Versand des Newsletters: Ich möchte regelmäßig per E-Mail über aktuelle News und interessante Entwicklungen aus den Tätigkeitsfeldern der Anwaltskanzlei Hild & Kollegen informiert werden. Diese Einwilligung zur Nutzung meiner E-Mail-Adresse kann ich jederzeit für die Zukunft widerrufen, in dem ich z. B. eine E-Mail an newsletter [at] kanzlei.biz sende. Der Newsletter-Versand erfolgt entsprechend unserer Datenschutzerklärung.

n/a