Wettbewerbswidrige Nachahmung von Rasierern

29. Juli 2019
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FotoliaVater und Sohn rasieren sich vor Spiegel Urteil des OLG Köln vom 26.04.2019, Az.: 6 U 164/18

Die wettbewerbswidrige Nachahmung eines Produkts begründet Unterlassungs- und Annexansprüche. Der Vertrieb einer Nachahmung ist dann wettbewerbswidrig, wenn das nachgeahmte Produkt eine wettbewerbliche Eigenart aufweist und sich die Nachahmung aufgrund besonderer Umstände als unlauter darstellt. Ersteres hat das OLG Köln im Falle eines Rotationskopfrasierers bejaht, da bestimmte Merkmale so lange kontinuierlich verwendet wurden, dass sich daraus ein Herkunftshinweis etabliert hat. Neben der gewählten Gestaltung und der konsequenten Verwendung spricht außerdem ein erheblicher Werbeaufwand für eine wettbewerbliche Eigenart. Ferner hat das Gericht eine Nachahmung, die geeignet ist, zu einer Herkunftstäuschung zu führen, bejaht. Da diese nach der Einschätzung des Gerichts auch vermeidbar war, liegen besondere unlautere Umstände vor, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen und dazu führen, dass der Vertrieb wettbewerbswidrig ist.

Oberlandesgericht Köln

Urteil vom 26.04.2019

Az.: 6 U 164/18

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 07.08.2018 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 31 O 406/16 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten jeweils zur Hälfte.

3. Dieses Urteil und das genannte Urteil des Landgerichts Köln sind vorläufig vollstreckbar. Dies gilt hinsichtlich der Unterlassungsverpflichtung nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000 € und hinsichtlich des Auskunftsanspruchs in Höhe von 20.000 €. Die Beklagten können die Vollstreckung im Übrigen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über die lauterkeitsrechtliche Zulässigkeit des Vertriebs eines Rotationsrasierers und Annexansprüche.

Die Klägerin, die bereits seit vielen Jahren Rotationskopfrasierer in Deutschland mit drei Scherköpfen anbietet, vertreibt in Deutschland unter der Bezeichnung „A B“ Elektrorasierer mit Rotationsscherkopf für Herren. Unter der Bezeichnung „B“ vertreibt sie in Deutschland jedenfalls seit 2008 Rotationsrasierer, die dem aktuellen Modell optisch ähneln. Wegen der genauen Gestaltung dieser Rasierer wird auf die Abbildungen in der Klageschrift sowie den als Anlage Ast 1 im Rahmen des Verfügungsverfahrens des OLG Köln, Az. 6 U 11/17, vorgelegten Rasierer der Klägerin Bezug genommen. Zu den Vertriebswegen der Klägerin gehörte in der Vergangenheit auch der auf der Internetplattform der Beklagten zu 1 von dieser betriebene Online-Shop. Die Modelle der Klägerin setzen sich von den vormals im Umlauf befindlichen Rotationsrasierern dadurch ab, dass die Schereinheit nicht integrierter Bestandteil des Gerätekorpus, sondern von diesem losgelöst ist. Wegen des bei den Modellen der Klägerin dünnen Verbindungsgelenks wird dieser optische Eindruck auch als „floating heads“ bezeichnet. Die so bezeichneten Modelle sind in der Vergangenheit intensiv beworben worden. Das Modell „B 2D“ wurde in Printmedien und Fernsehspots als „Volksrasierer“ mit dem Fußballtrainer C als Werbepartner beworben. Das neueste Modell „A B“ wurde zusätzlich im Internet über Videos und Werbebanner beworben. Auch hierfür stand der Fußballtrainer C als Werbepartner bereit, dem im Rahmen der Europameisterschaft 2016 im Fußball gesteigerte Aufmerksamkeit zukam. Die Klägerin verloste im Rahmen der Werbung einen Ausflug in den Weltraum. Wegen der Einzelheiten der Werbegestaltung wird auf die Anlage K2 Bezug genommen. Das Vorgängermodell „B 2D“ wurde von der Stiftung Warentest mit der Testnote „Gut (1,6)“ versehen, das Modell „B “ von der Zeitschrift „D“ mit der Testnote „Sehr Gut (1,0)“. Beide Modelle wurden in weiteren Zeitschriften und Internetportalen mit Bestnoten ausgezeichnet. Das Einführungsmodell „E“ wurde 2008 mit internationalen Designpreisen wie dem „Australian Industrial Award 2008“ und dem „Special Award for Economics 2008“ prämiert. Das Modell „B 3D“ wurde mit den Designpreisen „2011 Red Dot Award“ und „2011 IF Award“ versehen. Das aktuelle Modell „A B“ wird in verschiedenen Testberichten und Onlineartikeln wegen des Komforts bei seinem Gebrauch geschätzt und dort dem oberen Preissegment zugeordnet. Das Modell wurde im Jahr 2015 mit dem „If World Design Award“ ausgezeichnet. Eine Umfrage zu den beliebtesten Marken von Rasierapparaten zur Trockenrasur bei Männern in den Jahren 2013 bis 2015 weist die Marke der Klägerin in jedem Jahr auf Platz 2 aus.

Die Klägerin steht bei dem Vertreib von Elektrorasierern u.a. in Konkurrenz zu der Firma F (früher G), die ebenfalls seit längerer Zeit Rotationskopfrasierer mit drei Scherköpfen herstellt. Die Produkte der Firma F stellen sich wie folgt dar, wobei die Marktrelevanz der Produkte im Einzelnen umstritten ist:

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Auch Dritthersteller vertreiben verschiedene Rotationskopfrasierer. Diese habe folgendes Aussehen:

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Die Marktrelevanz der genannten Modelle hat die Klägerin bestritten. Teilweise ist die Klägerin – nach ihrem bestrittenen Vortrag – gegen die Produkte vorgegangen. Das gleiche gilt für die Modelle, die die Beklagte zu 2 mit Anlage B2 32 vorgelegt hat.

Auf die zahlreichen weiteren – teilweise als Originalprodukte vorgelegten – Rasierapparate wird Bezug genommen.

Die Beklagte zu 1 gehört zur internationalen Unternehmensgruppe H, die unter anderem Discountmärkte betreibt. Die Beklagte zu 1 pflegt und betreibt über die Internetplattform www.H.de einen Online-Shop. Ab dem 06.06.2016 bot sie dort einen elektrischen Rotationsrasierer unter der Bezeichnung „I“ zum Preis von 24,99 € an. Diesen Rasierer bot die Beklagte zu 1 ausschließlich über den Online-Shop an. Es bestand nicht die Möglichkeit, das Produkt auszuprobieren.

Die Beklagte zu 2 wird auf der Unterseite der Produktverpackung sowie dem Rasierer selbst als verantwortliches Unternehmen genannt. Sie lieferte den Rasierer an die Beklagte zu 1 mit Zustimmung des Markeninhabers, der H Stiftung & Co KG, unter der Marke „I“, die als Eigenmarke für den Vertrieb von Produkten verschiedener Dritthersteller genutzt wird. Die Beklagte zu 2 war auch für die Produktentwicklung verantwortlich.

Der von den Beklagten vertriebene Rotationskopfrasierer ist nicht für eine Nassrasur vorgesehen. Allein der Scherkopf ist für eine Reinigung unter fließendem Wasser geeignet.

Wegen der genauen Gestaltung dieses Rasierers und des Angebotes wird auf die Abbildungen in der Klageschrift und insbesondere das eingereichte Modell (Anlage ASt 2 im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens, OLG Köln, 6 U 11/17) Bezug genommen.

Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, bei dem Rotationsrasierer der Beklagten handele es sich um eine unlautere Nachahmung der von ihr angebotenen Rotationsrasiergeräte, insbesondere des Modells „A B“. Auch die Vorgängermodelle seien von der Nachahmung betroffen, soweit sich in ihnen die der Serie zugrundeliegende Gestaltung wiederspiegele. Es bestehe die Gefahr einer Herkunftstäuschung und einer Rufausbeutung. Hierzu hat sie behauptet, das Modell „A B“ sei ab einem Verkaufspreis von 250,00 EUR erhältlich.

Die Klägerin hat behauptet, der – unstreitig – vorhandene blaue Schutzkragen am Rasierer der Beklagten diene nur zur Verdeckung der Nachahmung und werde als störendes Element spätestens nach der ersten Reinigung vom Käufer entfernt.

Die Klägerin hat beantragt,

I. die Beklagten zu verurteilen,

1. es Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 € – ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem jeweiligen gesetzlichen Vertreter der Beklagten zu vollziehen ist, zu untersagen,

in der Bundesrepublik Deutschland im geschäftlichen Verkehr einen elektrischen Rotationsrasierer anzubieten, zu bewerben, und zu vertreiben und/oder anbieten, bewerben und vertreiben zu lassen, wenn dies wie nachstehend gestaltet ist.

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2. der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über den Umfang der unter Ziffer I 1 genannten Handlungen, und zwar unter Angabe

a) der verkauften Erzeugnisse nach Ziffer I 1, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen, sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse nach Ziffer I 1 bestimmt waren,

b) der einzelnen Angebote nach Ziffer I 1, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, wobei im Fall von Internetwerbung die Anzahl der Abrufe („Klicks“) der betreffenden Webseite anzugeben ist,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns.

II. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch Handlungen gemäß Ziffer I1 bereits entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

Die Beklagten sind ist der Ansicht gewesen, der Tatbestand der Nachahmung sei nicht erfüllt. Den Rotationsrasierern der Beklagten fehle es bereits an einer wettbewerblichen Eigenart, weil sowohl die Schereinheit als auch der Korpus durch die verfolgten Zwecke technisch bedingt und damit nicht zur Abhebung vom Marktumfeld geeignet seien. Hierzu haben die Beklagten weiter behauptet, es existierte bereits eine Vielzahl an Rotationsrasieren im Marktumfeld, die der Gestaltung der Klägerin entsprächen, was die Beklagten weiter dargelegt haben. Die Marktrelevanz der Produkte ergebe sich daraus, dass einzelne Produkte über einen Verkaufsrang bei J auf den vorderen Rängen verfügten, wobei umstritten ist, worauf der Rang zurückzuführen ist.

Die Beklagten sind ist weiter der Ansicht gewesen, die durchgeführten Werbemaßnahmen hätten nicht zur Bekanntheit der Produkte der Klägerin beigetragen. Beworben worden sei allein die Schereinheit, der jedoch keine wettbewerbliche Eigenart zukomme. Im Übrigen sei die Werbewirkung auf den Fußballtrainer C bezogen gewesen, den die Klägerin nicht in Bezug nehme.

Die Beklagten haben zudem behauptet, der Klägerin käme keine Pionierstellung bei der Entwicklung von Rotationsrasierern zu. Dies werde bereits durch die – unstreitigen – kennzeichenrechtlichen Auseinandersetzungen mit der Firma F (früher G) belegt. Hieraus könne sie keine wettbewerbliche Eigenart herleiten.

Die Beklagten sind der Ansicht gewesen, eine Nachahmung sei zudem auch nicht gegeben. Unter Ausschluss von Scherkopf und Korpus verbleibe in der Betrachtung der Produkte der Klägerin nur das Verbindungsgelenk bestehen. Dieses werde aber – was zwischen den Parteien unstreitig gewesen ist – durch einen blauen Schutzkragen bei dem Produkt der Beklagten verdeckt, ohne den dieses nicht vertrieben werde. Bei diesem handele es sich – unstreitig – nicht um einen bloßen Transportschutz, wie es das Oberlandesgericht Köln im Rahmen der Beschwerdeentscheidung angenommen habe, sondern um einen Spritzschutz gegen eindringendes Wasser bei der Reinigung. Aufgrund der beigefügten Betriebsanleitung sei der Käufer auch nicht gehalten, den Schutzkragen bei der Reinigung zu entfernen, weil er andernfalls Gefahr laufe, das Gerät zu beschädigen.

Schließlich sind die Beklagten auch der Ansicht gewesen, wegen der sichtbar angebrachten Bezeichnung „I“ auf ihrem Produkt sowie der Unterscheidungskraft durch den blauen Schutzkragen sei weder eine Herkunftstäuschung noch eine Rufausbeutung zu besorgen. Hierzu haben die Beklagten behauptet, dass Hersteller, die eine Zwei- oder Mehrmarkenstrategie verfolgten, strikt darauf achteten, eine Zuordnung zum Erstprodukt zu vermeiden, weil anderenfalls Kannibalisierungseffekte zu befürchten seien. Soweit Produkte bei Discountern unter einer Zweitmarke vertrieben würden, beziehe sich dies ausschließlich auf den Food-Bereich, zumal die Art und Weise der Darstellung der Marke auf eine Herstellerkennzeichnung hindeute und der Verkehr die Marke nicht als Handelsmarke erkenne.

Eine Herkunftstäuschung scheide auch aus, weil ihr nicht durch zumutbare Maßnahmen entgegengewirkt werden könne. Dies legen die Beklagten näher dar.

Das Landgericht Köln hat mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Inhalt gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Dabei hat das Landgericht im Wesentlichen die Entscheidung des Senats im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens eingeblendet und sich ausdrücklich dieser Entscheidung angeschlossen. Auch der weitere Vortrag der Beklagten im Rahmen dieses Rechtsstreits biete keinen Anlass von der Entscheidung des Senats abzuweichen. Die Annexansprüche seien ebenfalls begründet.

Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten jeweils mit ihrer Berufung. Die Entscheidung des Landgerichts sei unzutreffend, weil der umfangreiche Vortrag zum Marktumfeld nicht hinreichend berücksichtigt würde. Insbesondere die Zweiteiligkeit der Rotationskopfrasierer der Marke G, die diese seit 2013 aufwiesen, führe dazu, dass eine wettbewerbliche Eigenart nicht anzunehmen sei.

Das Produkt der Klägerin verfüge entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht über eine wettbewerbliche Eigenart. Das Landgericht habe die Verhältnisse auf dem Markt ignoriert, vorgetragene Produkte nicht berücksichtigt und unterstelle dem Produkt der Klägerin Besonderheiten, die nicht einmal die Klägerin herausgehoben habe. Die Klägerin sehe die wettbewerbliche Eigenart insbesondere auch in dem schwebenden Aufsatz. Mehr beanspruche sie nicht.

Der dreigliedrige Scherkopf sei jedenfalls technisch bedingt und scheide daher für die Beurteilung der wettbewerblichen Eigenart aus, zumal alle gängigen Modelle der Rotationskopfrasierer über drei Scherköpfe verfügten. Jedenfalls hätte Beweis erhoben werden müssen. Auch die Zweiteiligkeit sei keine Besonderheit, weil diese bereits seit 2013 von maßgeblichen Wettbewerbern auf den Markt gebracht worden sei. Es komme hinzu, dass die Zweiteiligkeit keine Besonderheit eines Rotationsrasierers sei.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts könne aus der behaupteten Bekanntheit der Vorgängermodelle kein Rückschluss auf das Modell der A gestützt werden. Die dargestellten Merkmale seien auch nicht geeignet, den Verkehr auf eine betriebliche Herkunft hinzuweisen, zumal letztlich lediglich zwei Elemente zu berücksichtigen seien, nämlich die „Joystick-Optik“ und die „Zweigliedrigkeit“. Beides begründe eine wettbewerbliche Eigenart nicht, was näher dargelegt wird.

Jedenfalls würden die von der Klägerin als maßgeblich angesehenen Merkmale in dem von den Beklagten angebotenen Produkt nicht verwirklicht, was von beiden Beklagten jeweils näher dargelegt wird. Es müsse berücksichtigt werden, dass der Schutzkragen technisch bedingt sei und die Rasierer eine unterschiedliche Funktionsweise hätten. Der Rasierer der Beklagten eigne sich lediglich für Trockenrasuren, während der Rasierer der Klägerin für Trocken- und Nassrasuren geeignet sei.

Eine vermeidbare Herkunftstäuschung sei auch aufgrund der Gestaltung des Produkts der Beklagten mit der Marke „I“ an auffälliger Stelle ausgeschlossen. Die beteiligten Verkehrskreise sähen in der Bezeichnung keine Zweitmarke der Klägerin. Gerade bei Zweitmarken müsse berücksichtigt werden, dass Hersteller eine Vergleichbarkeit vermieden. Eine Zweitmarkenpraxis gebe es bei höherwertigen Elektroartikeln nicht. Auch habe sich die Nutzung von „Handelsmarken“ wesentlich verändert. Die Marke „I“ werde auch nur für Elektroartikel verwandt und nicht warengruppenübergreifend. Insoweit habe das Landgericht auch die Beweislast verkannt.

Selbst wenn eine Herkunftstäuschung angenommen würde, sei diese nicht vermeidbar.

Die Annexansprüche seien vor diesem Hintergrund ebenfalls unbegründet.

Mit ihrer Berufung beantragen die Beklagten jeweils sinngemäß,

das Urteil des Landgerichts Köln vom 07.08.2018 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 2 beantragt darüber hinaus,

gegebenenfalls das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit gemäß § 538 Abs. 2 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages.

II.

Die zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten Berufungen der Beklagten haben keinen Erfolg. Mit Recht hat das Landgericht angenommen, dass ein Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagten besteht und die Annexansprüche begründet sind.

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung des Anbietens pp. des konkret zum Gegenstand des Klageantrags gemachten Rotationsrasierers aus § 8 Abs. 1, 3, §§ 3, 4 Nr. 3 lit. a UWG.

a) Durch das Anbieten pp. des dem Streit zugrundeliegenden Rotationsrasierers haben die Beklagten eine geschäftliche Handlung nach § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG vorgenommen. Dies gilt unstreitig für beide Beklagte. Auch sind die Klägerin und die Beklagten Mitbewerber und haben die angegriffenen Handlungen gemeinsam als Mittäter begangen. Gegen diese Annahme wendet sich die Berufung der Beklagten nicht.

b) Das Anbieten pp. des Produktes durch die Beklagten ist wettbewerbswidrig.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Vertrieb eines nachahmenden Erzeugnisses wettbewerbswidrig sein, wenn das nachgeahmte Produkt über wettbewerbliche Eigenart verfügt und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. So verhält es sich, wenn die Nachahmung geeignet ist, eine Herkunftstäuschung hervorzurufen und der Nachahmer geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlässt. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen, so dass bei einer größeren wettbewerblichen Eigenart und einem höheren Grad der Übernahme geringere Anforderungen an die besonderen Umstände zu stellen sind, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt (BGH Urteil vom 20.09.2018 – I ZR 71/17, GRUR 2019, 184 Rn. 11 – Industrienähmaschinen; Urteil vom 16.11.2017 – I ZR 91/16, GRUR 2018, 311 Rn. 13 – Handfugenpistole, m. zahlr. w.N.).

aa) Das Landgericht hat – entgegen der Ansicht der Berufung – mit Recht angenommen, dass dem Produkt der Klägerin wettbewerbliche Eigenart zukommt. Diese ist als hoch anzusehen.

Ein Erzeugnis besitzt wettbewerbliche Eigenart, wenn die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen. Die wettbewerbliche Eigenart entfällt, wenn der angesprochene Verkehr die prägenden Gestaltungsmerkmale des Erzeugnisses nicht (mehr) einem bestimmten Hersteller zuordnet. Für die wettbewerbliche Eigenart kommt es zwar nicht darauf an, dass der Verkehr den Hersteller der Ware namentlich kennt; erforderlich ist aber, dass der Verkehr annimmt, die Ware stamme von einem bestimmten Hersteller, wie auch immer dieser heißen möge, oder sei von einem mit diesem verbundenen Unternehmen in Verkehr gebracht worden (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH, GRUR 2018, 311 Rn. 14 – Handfugenpistole, mwN).

Dabei kann auch technischen Erzeugnissen wettbewerbliche Eigenart zukommen, wobei für die Bestimmung der wettbewerblichen Eigenart der Gesamteindruck des nachgeahmten Erzeugnisses maßgebend ist. Dieser kann durch Gestaltungsmerkmale bestimmt oder mitbestimmt werden, die zwar nicht für sich genommen, aber in ihrem Zusammenwirken geeignet sind, im Verkehr auf die Herkunft des nachgeahmten Produkts aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen (BGH, GRUR 2018, 311 Rn. 16 – Handfugenpistole, mwN). Technisch notwendige Gestaltungsmerkmale – also Merkmale, die bei gleichartigen Erzeugnissen aus technischen Gründen zwingend verwendet werden müssen – können aus Rechtsgründen keine wettbewerbliche Eigenart begründen. Die Übernahme solcher nicht oder nicht mehr unter Sonderrechtsschutz stehender Gestaltungsmerkmale ist mit Rücksicht auf den Grundsatz des freien Stands der Technik wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Handelt es sich dagegen nicht um technisch notwendige Merkmale, sondern nur um solche, die zwar technisch bedingt, aber frei austauschbar sind, ohne dass damit Qualitätseinbußen verbunden sind, können sie eine wettbewerbliche Eigenart (mit)begründen, sofern der Verkehr wegen dieser Merkmale auf die Herkunft der Erzeugnisse aus einem bestimmten Unternehmen Wert legt oder mit ihnen gewisse Qualitätserwartungen verbindet (vgl. vgl. BGH, GRUR 2018, 311 Rn. 16 – Handfugenpistole, mwN).

Für diese Annahme ist maßgeblich, ob sich das unter Rückgriff auf vorhandene Formen und Stilelemente entwickelte Leistungsergebnis von anderen vergleichbaren Erzeugnissen in einem Maß abhebt, dass hierdurch im angesprochenen Verkehr die Vorstellung ausgelöst wird, dieses Produkt stamme aus einem bestimmten Betrieb (BGH, WRP 2012, 1379 = GRUR 2012, 1155 Tz. 19 – Sandmalkasten; WRP 2013, 1339 = GRUR 2013, 1052 Tz. 18 – Einkaufswagen III; Senat, GRUR-RR 2013, 24, 25 – Gute Laune Drops, jeweils m. w. N.). Der Gesamteindruck eines Erzeugnisses kann dabei durch Gestaltungsmerkmale bestimmt oder mitbestimmt werden, die für sich genommen nicht geeignet sind, im Verkehr auf dessen Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen. Derartige Gestaltungsmerkmale können in ihrem Zusammenwirken eine wettbewerbliche Eigenart verstärken oder begründen, weil dieser von dem Gesamteindruck abhängt, den die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des jeweiligen Erzeugnisses vermitteln (BGH, WRP 2010, 94 = GRUR 2010, 80 Tz. 34 – LIKEaBIKE; WRP 2013, 1188 = GRUR 2013, 951 Tz. 19 – Regalsystem; WRP 2013, 1339 = GRUR 2013, 1052 Tz. 20 – Einkaufswagen III). Dabei kann auch die als neu empfundene Kombination bekannter Gestaltungselemente eine wettbewerbliche Eigenart begründen (BGH, WRP 2006, 75 = GRUR 2006, 79 Tz. 26 – Jeans I; WRP 2008, 1510 = GRUR 2008, 1115 Tz. 22 – ICON). Abzustellen ist nicht auf einzelne Gestaltungsmerkmale, sondern auf den durch seine prägenden Merkmale hervorgerufenen Gesamteindruck des jeweiligen Produkts (BGH, WRP 2010, 94 = GRUR 2010, 80 Tz. 32 – LIKEaBIKE; Senat, WRP 2013, 1500 = GRUR-RR 2014, 65, 66 – Pandas).

Auf dieser Grundlage hat das Produkt der Klägerin in seiner konkreten Aufmachung wettbewerbliche Eigenart. Dies hat die Klägerin dargelegt. Die Klägerin ist gehalten, die Merkmale, die die wettbewerbliche Eigenart begründen, konkret vorzutragen, die sodann vom Tatrichter festzustellen sind. So muss das Produkt detailliert beschrieben und in der Regel das Produkt selbst vorgelegt werden (vgl. BGH, GRUR 2018, 311 Rn. 17 – Handfugenpistole, mwN). Dies ist hier geschehen. Wird das Produkt vorgelegt, sind damit die wesentlichen Merkmale dargelegt, die die wettbewerbliche Eigenart begründen. Das Gericht kann sodann aufgrund dieser vorgetragenen Tatsachen die Merkmale bestimmen, denen wettbewerbliche Eigenart zukommt. Entgegen der Ansicht der Berufung ist daher nicht erheblich, ob das Landgericht und der Senat auch weitere, von der Klägerin nicht vorgetragene Merkmale aufgrund des vorgelegten Produkts feststellen, die die wettbewerbliche Eigenart begründen. Hierauf kommt es letztlich allerdings auch nicht an. Denn die Klägerin hat sich die vom Senat im Rahmen des vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahrens festgestellten Merkmale, die die wettbewerbliche Eigenart begründen, jedenfalls im Rahmen des Hauptsacheverfahrens zu Eigen gemacht, indem sie auf das Urteil im Verfügungsverfahrens Bezug genommen und die einzelnen Feststellungen des Senats umfangreich verteidigt hat.

Der Senat kann als in Wettbewerbssachen erfahrener Spruchkörper die wettbewerbliche Eigenart aus eigener Sachkunde beurteilen, weil nur der optische Gesamteindruck zu berücksichtigen ist und sich die Produkte an ein allgemeines Publikum richten (vgl. BGH, Urteil vom 14.09.2017 – I ZR 2/16, GRUR 2017, 1135 Rn. 19 – Leuchtballon).

Danach hat das Produkt der Klägerin, wie der Senat bereits im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens angenommen hat, aus folgenden Gründen eine wettbewerbliche Eigenart:

Der Gesamteindruck des von der Klägerin produzierten Rasierers wird von folgenden Merkmalen geprägt: Sowohl das Modell „A“ als auch die Reihe „B“ heben sich durch die am Kopfende befindliche Schereinheit mit runden Scherköpfen von der Ausführungsform der Folienrasierer ab, bei denen die Schereinheit in einer horizontalen Linie angeordnet ist. Beide Varianten des Rotationsrasierers sind sodann im Gesamteindruck durch das Prinzip der Zweiteiligkeit gekennzeichnet. Korpus und Schereinheit erscheinen als in sich abgeschlossene Einheiten, die über eine Schnittstelle am Ende des Korpus verbunden sind. Dies hebt die Geräte von den bisherigen Vorgängermodellen ab, deren Schereinheit noch in den Korpus integriert war und die damit den Eindruck der Einteiligkeit vermittelten. Die neue Gestaltung verleiht beiden Gerätereihen den Eindruck einfacher Bedienbarkeit. Im Bereich des Korpus wird dieser Eindruck maßgeblich dadurch erzeugt, dass er als ästhetisches Merkmal wie aus einem Guss gefertigt wirkt, was wiederum vor allem an der glänzend-glatten Vorderseite und der als natürlich anmutenden Krümmung im Verlauf zum Kopf hin liegt. Das Fehlen sichtbarer Kanten und Konturen auf der Vorderseite trägt sein Übriges hierzu bei, wobei dieses Merkmal beim Modell „A“ leicht abgeschwächt wurde. Die konkrete Form der Schereinheit trägt zu dem genannten Gesamteindruck bei. Dieser Gesamteindruck erzeugt, teilweise in Verbindung mit den ihn konstituierenden Einzelmerkmalen, zwei weitere Eindrücke: zum einen verläuft der Korpus nach unten verjüngend und biegt sich zum Kopfende hin vom Benutzer weg. Auf der Rückseite befindet sich im Bereich der Biegung eine Einbuchtung (wohl für den Zeigefinger der das Gerät haltenden Hand), wodurch der Daumen dieser Hand auf der Außenseite der Biegung Auflage findet. In Verbindung mit dem Grad der Biegung und der übrigen Gestaltung des Korpus entsteht der Eindruck, einen Joystick – vergleichbar mit denen von Computerspielen – in den Händen zu halten. Dieser Eindruck fehlt bei solchen Rasiergeräten, die eine entsprechende Biegung überhaupt nicht oder zum Nutzer hin vorsehen oder eine weniger ausgeprägte Halterung für den Zeigefinger aufweisen. Schließlich erzeugt der Eindruck der Zweiteiligkeit in Verbindung mit der komprimiert wirkenden Gestaltung der Schereinheit den Eindruck von Flexibilität und Beweglichkeit. Es entsteht der Eindruck, auch in Verbindung mit dem Gefühl des „Joysticks“, einen sich in der Schereinheit befindlichen Punkt bei der Rasur über den Korpus als Griff steuern zu können. Hierzu tragen in erster Linie die Zweiteilung von Kopf und Korpus und der von der Klägerin als „floating heads“ bezeichnete Effekt bei. Verstärkt wird er bei näherer Betrachtung durch die Gestalt des beide Elemente verbindenden Gelenks.

Der Gesamteindruck des Produkts der Klägerin, sowohl in Gestalt des „A“ als auch der Reihe „B“, wird folglich durch die Zweigliedrigkeit und den Eindruck der leichten Bedienbarkeit des Rotationsrasierers mit einem Griff in der Art eines Joysticks und der daraus resultierenden Annahme einer flexibleren Rasurpunktführung geprägt. In dieser Rasurpunktführung liegt zugleich die Besonderheit des Rotationsrasierers, auf die der Verkehr durch die Gestaltung im Sinne einer wettbewerblichen Eigenart hingewiesen wird. Über die kontinuierliche Verwendung der benannten Merkmale jedenfalls ab 2008 hat sich hieraus zudem ein Herkunftshinweis derart etabliert, dass der interessierte Verkehr die Erfüllung der genannten Erwartungen über die gewählte Gestaltung mit der Klägerin verbindet. Dieser Umstand hängt mit den weiteren, die wettbewerbliche Eigenart erhöhenden Umständen, die im Folgenden noch darzulegen sind, zusammen.

Die Behauptung der Beklagten, die Nutzung von drei Scherköpfen und die deren Aufteilung im Rahmen des Scherkopfes, sei technisch bedingt, kann in diesem Zusammenhang als wahr unterstellt werden, so dass dieses Merkmal nicht als prägend berücksichtigt werden kann. Die konkrete Ausgestaltung des Scherkopfes kann – mit Ausnahme der Dreiteiligkeit und der Anordnung der Scherköpfe – indes berücksichtigt werden.

Soweit die Beklagten meinen, bereits eine wettbewerbliche Eigenart könne nicht angenommen werden, weil die Elemente des Produkts der Klägerin vorbekannt seien, kann dem nicht beigetreten werden.

Wie der Senat bereits im Verfügungsverfahrens ausgeführt hat, kann nicht von einer zergliedernden Betrachtung der Schereinheit, des Korpus sowie des Übergangsgelenkes ausgegangen werden, ohne den sich aus der Kombination der Merkmale ergebenden Gesamteindruck zu berücksichtigen. Dies stellte einen falschen Maßstab dar, weil die reale Wettbewerbssituation und der Schutz des Verbrauchers es gebieten, im Bereich des Nachahmungsschutzes eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, wie sie auch vom durchschnittlich aufmerksamen Verbraucher angestellt wird.

Die Form des Korpusses kann in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden. Bezüglich des Korpus ist auch dessen konkrete Gestaltung nicht notwendig, um die Handhabung des Gerätes zu erreichen. Rasierapparate gleich welcher Ausgestaltung werden üblicherweise zwischen Daumen und Zeigefinger geführt, wobei der Rest des Gerätes, je nach Griffweise, entweder auf dem Handteller oder den übrigen Fingern ruht. Die Klägerin hat sich mit dem von ihr verwendeten Joystick-Griff bewusst gegen die erstgenannte Griffvariante entschieden. Ihr Produkt auf diese Weise zu führen erscheint – unabhängig von der Art der Bewerbung – wenig intuitiv. Ausgehend von ihrer Vorstellung eines Joysticks hat sie im Rahmen einer ästhetischen Grundvorstellung ihren Korpus für die zweite Griffvariante optimiert. Zusätzlich hat sie die weitere optische Gestaltung des Korpus ihrer Vorstellung von einem Joystick angepasst. Dieser erscheint damit weniger als Anpassung an eine technische Notwendigkeit im Griffverhalten als eine konsequente Umsetzung einer ästhetischen Grundentscheidung. Damit tragen aber beide Elemente, Scherkopf wie Korpus, in ihrer konkreten Ausgestaltung maßgeblich über ihre Ästhetik zur wettbewerblichen Eigenart jedenfalls im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung bei.

Es kommt hinzu, dass aufgrund der Maßgeblichkeit des Gesamteindrucks nicht entscheidend ist, inwieweit den einzelnen Elementen wettbewerbliche Eigenart innewohnt (Köhler in Köhler/Bornkamm aaO, § 4 Rn. 3.28c), sondern wie diese im Zusammenspiel wirken, so dass die Entscheidung Scherkopf des Bundesgerichthofs (GRUR 2006, 588) auch aus diesem Grund zu keinem anderen Ergebnis führt.

Soweit die Beklagten zahlreiche Rotationsrasierer verschiedener Hersteller mit dem Ziel anführen, die wettbewerbliche Eigenart des Produkts der Klägerin zu wiederlegen, führt auch dies zu keinem anderen Ergebnis. Zutreffend nehmen die Beklagten allerdings an, dass die wettbewerbliche Eigenart entfallen kann, wenn der Verkehr dessen prägende Gestaltungsmerkmale aufgrund der Marktverhältnisse nicht (mehr) einem bestimmten Hersteller oder einem mit diesem durch einen Lizenz- oder Gesellschaftsvertrag verbundenen Unternehmen zuordnet (vgl. BGH, GRUR 2018, 311 Rn. 20 – Handfugenpistole). Die wettbewerbliche Eigenart eines Produkts kann auch verloren gehen, wenn seine konkrete Ausgestaltung oder seine Merkmale auf Grund der Entwicklung der Verhältnisse auf dem Markt, beispielsweise durch eine Vielzahl von Nachahmungen, nicht mehr geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (BGH, Urteil vom 24.05.2007 – I ZR 104/04, GRUR 2007, 984 – Gartenliege). Der Anspruch aus § 4 Nr. 3 UWG entfällt aber nicht bereits dadurch, dass andere Nachahmer mehr oder weniger gleichzeitig auf den Markt kommen. Andernfalls könnte sich jeder Nachahmer auf die allgemeine Verbreitung der Gestaltungsform durch die anderen Nachahmer berufen und dem betroffenen Hersteller des Originals würde die Möglichkeit der rechtlichen Gegenwehr genommen (BGH, Urteil vom 24.03.2005 – I ZR 131/02, GRUR 2005, 600 – Handtuchklemmen, mwN).

Es ist Sache des Anspruchsgegners, darzutun und gegebenenfalls zu beweisen, dass die in Rede stehenden Merkmale einzeln oder auch in der fraglichen Verbindung bereits vorbekannt oder inzwischen üblich geworden sind (BGH, Urteil vom 06.11.1997 – I ZR 2102/95, GRUR 1998, 477 – Trachtenjanker; Köhler in Köhler/Bornkamm, aaO, § 4 Rn. 3.78). Insbesondere muss er die Marktbedeutung von Produkten darlegen, mit denen er die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Produkts in Frage stellen will (BGH, GRUR 2005, 600 – Handtuchklemmen; OLG Köln, Urteil vom 18.12.2015 – 6 U 44/15, – Crocs, juris, mwN). Dazu ist es allerdings nicht zwingend erforderlich, Absatzzahlen der Wettbewerber zu benennen, die dem Anspruchsgegner in der Regel nicht bekannt sein werden. Bei der Prüfung der „hinreichenden Bekanntheit“ des nachgeahmten Produkts kann diese nicht nur aus hohen Absatzzahlen, sondern beispielsweise auch aus entsprechenden Werbeanstrengungen abgeleitet werden (vgl. OLG Köln, Urteil vom 18.12.2015 – 6 U 44/15, – Crocs, juris, mwN).

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf den Vertrieb anderer Nachahmungsprodukte berufen kann, solange Ansprüche wegen dieser Produkte nicht durch Verwirkung untergegangen sind (vgl. OLG Köln, Urteil vom 18.12.2015 – 6 U 44/15, – Crocs, juris, mwN)

Die Beklagten haben nach diesen Grundsätzen nicht hinreichend vorgetragen, dass die wettbewerbliche Eigenart aufgrund des Umfeldes entfallen oder geschwächt ist. Hinsichtlich zahlreicher Produkte ergibt sich dies schon daraus, dass die Marktbedeutung nicht dargelegt ist. Diese wird teilweise überhaupt nicht benannt. Teilweise wird die Marktbedeutung unter Bezugnahme auf den Verkaufsrang bei J benannt. Dieser Rang kann indes nicht für die Beurteilung der Marktbedeutung herangezogen werden, weil die Beklagten nicht dargelegt haben, wie der Rang bestimmt wird. Vielmehr hat die Klägerin dargelegt, dass die Kriterien, nach denen J den Rang bestimmt, undurchsichtig sind und auch Widersprüchlichkeiten auftreten. Dem sind die Beklagten nicht entgegengetreten. Bleibt aber die Bedeutung und die Begründung für einen Rang unklar, kann ein Rückschluss auf die Marktbedeutung nicht gezogen werden.

Soweit u.a. Modelle unter der Marke „G“ aufgeführt worden sind, weisen diese einen anderen Gesamteindruck auf, als das Produkt der Klägerin. Im Hinblick auf den dargelegten Gesamteindruck unterscheiden sich die Modelle erheblich.

Die Modelle sind in der Regel mit einem relativ breiten Schaft ausgestattet, so dass insgesamt ein gedrungener Gesamteindruck entsteht, der sich von dem dargelegten Gesamteindruck des Produkts der Klägerin wesentlich unterscheidet. Dies gilt auch, soweit die Modelle teilweise in einer zweiteiligen Optik gestaltet sind und sich der Scherkopf vom Korpus des Rasierers absetzt. Dies wird beispielsweise bei dem Modell G K Plus deutlich. Hier ist zwar der Scherkopf dem Scherkopf des Produkts der Klägerin vergleichbar. Auch geht der Scherkopf nicht unmittelbar in den Korpus des Rasierers über. Die deutliche stärkere Ausführung des Korpus führt dennoch zu einem abweichenden Gesamteindruck, auch wenn einzelnen Gestaltungselemente dieses Rotationskopfrasierers mit dem Produkt der Klägerin übereinstimmen. Das gleiche gilt für die Modelle G L, M und N 3D floating. Auch das von der Beklagten genannte Modell G O, welches mit dem Modell G L dem Produkt der Klägerin am nächsten kommt, fügt sich in dieses Bild ein, zumal die Formgebung des Korpus auch hinsichtlich der Abrundungen eine andere ist und die Modelle daher deutlich plumper wirken. Für die als Produkte von den Beklagten vorgelegten Rotationskopfrasierer gilt nichts anderes, soweit diese der Beurteilung überhaupt zugrunde gelegt werden können, weil von einer Marktbedeutung ausgegangen werden kann. Dies ist bei den teilweise vollständig übereinstimmenden Modellen nicht der Fall, weil weder die Firma bekannt ist, noch hineichende Anhaltspunkte für ihre Bedeutung am Markt vorgetragen noch ersichtlich sind.

Darüber hinaus ist auch der Vortrag der Klägerin, etwaige Ansprüche ihrerseits gegen die genannten Hersteller seien noch nicht verwirkt, weshalb die Beklagten sich nicht auf die Existenz dieser Modelle berufen könne, zutreffend. Eine etwaige Verwirkung dieser Ansprüche haben die Beklagten nicht dargelegt.

Insgesamt ist daher davon auszugehen, dass dem Produkt der Klägerin in der maßgeblichen Form des Modells „A“ wettbewerbliche Eigenart zukommt.

Die wettbewerbliche Eigenart, die zunächst als durchschnittlich anzusehen ist, ist gesteigert. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass sämtliche die wettbewerbliche Eigenart begründenden Merkmale seit mindestens 2008 in den Serien der Klägerin durchgehend verwendet werden und schon aus diesem Grund über eine Bekanntheit verfügen. Zuvor waren auch von der Klägerin nur Modelle mit integrierter Schereinheit verwendet worden. Auch wenn zwischen den Parteien eine echte Pionierstellung für diesen Übergang im Streit ist, steht fest, dass bei der Klägerin für die neuen Modelle bereits der heutige Gesamteindruck prägend war. Die Beklagten führen substantiiert nur den Hersteller G als weiteren Pionier an. Sämtliche von ihr vorgelegten G-Modelle unterscheiden sich jedoch im Gesamteindruck wie dargelegt von denen der Klägerin. Nach dem Vortrag der Parteien ist daher davon auszugehen, dass auch bereits im Zeitpunkt der Umstellung innerhalb der Gruppe der Rotationsrasierer von einer einteiligen auf eine zweiteilige Lösung eine erhebliche Neuerung vorlag. Ein Indiz hierfür sind auch die bereits im Jahr 2008 unstreitig verliehenen Designpreise an die Klägerin. Diese und andere Designpreise und Auszeichnungen sind zwischen den Parteien unstreitig und wirken auch in der Folgezeit nach Markteinführung als Indiz für eine erhöhte wettbewerbliche Eigenart. Für die Klägerin bedeutet dies, dass ihre streitgegenständliche Modellgestaltung eine von zweien war, die sich nach einer jahrzehntelangen einteiligen Modellgestaltung herausgebildet haben. Für den Grad der wettbewerblichen Eigenart kann im Ausgangspunkt angenommen werden, dass dieser Gestaltung eine zumindest teilweise Stellung mit Fortschrittscharakter zugekommen ist, was sich indiziell eigenartserhöhend ausgewirkt hat. Hieran knüpfte die Klägerin in der Folgezeit durch Beibehaltung der Grundelemente und gleichzeitiger Weiterentwicklung im Übrigen kontinuierlich an. Bereits aus dieser Entwicklungsgeschichte ergibt sich ein gewisser Grad an durchgehender Bekanntheit als eine von zwei Entwicklungsvarianten, was ebenfalls als Indiz für eine Erhöhung der wettbewerblichen Eigenart betrachtet werden kann. In diesem Zusammenhang steht auch die bereits angesprochene Herkunftsfunktion der Gestaltung.

Weiter ist für die Bestimmung des Grades der wettbewerblichen Eigenart zu berücksichtigen, dass die Klägerin erhebliche Werbemaßnahmen für die Modelle „B 2D“ und „A“ unternommen hat. Für den „B 2D“ ergeben sich die Bewerbung durch den damaligen P-Trainer C in Fernsehen und Printmedien als „Volksrasierer“. Die mit dem Fußballsport assoziierte bekannte Werbefigur genießt allgemeinbekannt einen hohen Beliebtheitsgrad und es liegt nahe, dass die mit ihm verknüpfte Materie des Fußballs und seine Bekanntheit erfolgreich auf den Herrenrasierer als Herrenprodukt übertragen wurden. Hierzu trägt die Breite der medienübergreifenden Werbemaßnahmen zusätzlich bei. Auch das Modell „A“ wurde in entsprechender Breite und zusätzlich im Internet durch Videos und Banner beworben. Erneut wurde der Fußballtrainer C als Werbefigur gewonnen, der den Rasierer im Jahr 2016 auch in Bezug zur Fußballeuropameisterschaft setzte. Ein weiterer außerordentlicher Werbeeffekt lag in diesem Zusammenhang in der Möglichkeit, einen Ausflug ins Weltall zu gewinnen, dem der Eindruck technischen Fortschritts und eines einmaligen Abenteuers mit entsprechender Steigerung der Aufmerksamkeit innewohnte.

Insbesondere die durchgehende Bewerbung durch die Person des Fußballtrainers C trägt dabei als besondere Aussage über seine fortbestehende Überzeugung von der Qualität des Produkts der Klägerin, deren Name in den einzelnen Maßnahmen ebenfalls präsentiert wird, zu dessen Bekanntheit, aber auch zur Bestätigung der bereits mit dem Produkt verknüpften Wertvorstellungen und seiner Zuordnung zur Klägerin bei.

Wenn die Beklagten die sich daraus ergebende Bekanntheit des Produktes der Klägerin in Abrede stellen, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn – wie der Senat im Rahmen des Verfügungsverfahrens dargelegt hat – weisen die Rasierer der Klägerin seit dem Jahr 2008 einen vergleichbaren Gesamteindruck dergestalt auf, dass die neueren Modelle jeweils als Weiterentwicklung der Klägerin zu erkennen sind. Werden die Modelle aber aufgrund der Übereinstimmungen der prägenden Merkmale mit Recht einem bestimmten Hersteller zugeordnet, so steigert dies die wettbewerbliche Eigenart.

Wenn die Beklagten meinen, die erreichte Bekanntheit beziehe sich nur auf den Fußballtrainer C als Testimonial, kann der Senat dem nicht beitreten. Es ist der Werbung immanent, die Bekanntheit eines Testimonials zur Erhöhung der Bekanntheit des Produktes heranzuziehen, um dessen Bekanntheit zur Steigerung des Absatzes des Produktes zu nutzen, wobei die Verbindung zwischen dem Testimonial und dem Produkt sowie die hohe Präsenz in der Werbung erheblich sind.

Die genannten Werbemaßnahmen sind nicht nur Indikator für eine erhöhte Bekanntheit des Produkts und seine Beziehung zur Klägerin, sondern zugleich Ausdruck der von ihr unternommenen Investitionen in die Vermarktung des Produkts, die sich aus der Medienpräsenz ergeben. Diese spielen in die Beurteilung des Gewichts der Werbemaßnahme hinein.

Ferner wird die Bekanntheit der Klägerin ergänzend durch die beigefügte Umfrage zu den beliebtesten Marken von Rasierapparaten zur Trockenrasur bei Männern in den Jahren 2013 bis 2015 dargelegt. Die betrachteten Jahre, in denen die Klägerin regelmäßig Platz 2 belegte, fallen sämtlich in die Zeit kurz nach bzw. während der genannten Werbemaßnahmen. Sie sind damit zumindest Ausdruck ihres guten Rufes, der sich über die angesprochene Herkunftsfunktion zumindest in Teilen auf die hier streitgegenständlichen Produkte eigenartserhöhend überträgt. Sie können zudem indiziell als Zeichen positiver Resonanz auf die genannten Werbemaßnahmen gedeutet werden.

Ob die Klägerin tatsächlich über einen Marktanteil von 40% verfügt, wie sie behauptet, kann offenbleiben.

Eigenarterhöhend kann es schließlich wirken, wenn die Klägerin aktiv gegen Nachahmer vorgeht (Köhler in Köhler/Bornkamm aaO, § 4 Rn. 3.33). Dies hat die Klägerin vorgetragen. Hierauf kommt es allerdings nicht erheblich an.

Zusammenfassend ist von einem erhöhten Grad an wettbewerblicher Eigenart auszugehen. Dieser beruht auf der weichenstellenden Funktion der gewählten Gestaltung, deren konsequenter Verwendung in Folgemodellen und dem betriebenen Werbeaufwand, dem insbesondere über die wiederholte Verwendung des Testimonials C und der Möglichkeit, einen Ausflug in den Weltraum zu gewinnen, erhöhte Bedeutung zukommt.

bb) Das so mit wettbewerblicher Eigenart versehene Produkt der Klägerin haben die Beklagten durch das Angebot des angegriffenen Rotationsrasierers nachgeahmt.

Eine Nachahmung ist gegeben, wenn nach dem Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Erzeugnisse die Nachahmung nur geringfügige Abweichungen vom Original aufweist. Dabei kommt es darauf an, ob gerade die übernommenen Gestaltungsmittel die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Produkts begründen (BGH, Urteil vom 14.09.2017, GRUR 2017, 1135 Rn. 29 – Leuchtballon, mwN). Entscheidend für diese Beurteilung ist erneut der Gesamteindruck beider Produkte aus der Sicht eines durchschnittlich informierten Verbrauchers, wobei zu berücksichtigen ist, dass dieser in der realen Wettbewerbssituation nicht aufgrund eines aktiven Vergleichs des einen Produktes mit dem anderen handelt, sondern eines der Produkte aufgrund seiner Erinnerungen an den Gesamteindruck des anderen Produktes bewertet und einordnet (BGH, GRUR 2017, 1135 Rn. 29 – Leuchtballon; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO, § 4 Rn. 3.37a).

Diese Beurteilung kann der Senat selbst vornehmen, weil sich die Produkte an allgemeine Verkehrskreise richten.

Nach diesen Grundsätzen ist bei der Gestaltung des Produkts der Beklagten von folgendem auszugehen:

Der Korpus des Rasierers verläuft nach unten hin verjüngend und biegt sich zum Kopfende vom Benutzer weg. Der Grad der Biegung unterscheidet sich optisch nicht von dem Produkt der Klägerin. Ebenso ist ein Unterschied in der Korpuslänge bis hierhin nicht erkennbar. Die Innenseite der Biegung ist nicht mit einer zusätzlichen Einbuchtung für die Finger versehen. Stattdessen befinden sich dort längliche Griffnoppen zur Verhinderung des Abrutschens. Der Korpus ist im Übrigen ebenfalls mit einer glänzenden Vorderseite, die nur wenige Bedienungselemente aufweist, versehen und erzeugt den Eindruck, aus einem Guss gefertigt zu sein. Maßgeblich geprägt wird die Vorderseite durch den Ein-Aus-Schalter und eine Namensbezeichnung, wie dies auch bei der Klägerin der Fall ist. Im Zusammenhang mit der auch ansonsten schlicht gehaltenen Aufmachung ergibt sich erneut der Eindruck einfacher Bedienbarkeit. Die Schereinheit besteht aus drei im Dreieck angeordneten Scherköpfen, die kompakt eingefasst sind. Diese kompakte Einheit befindet sich in einiger Entfernung zum Ende der Biegung des Korpus, was erneut den Eindruck erweckt, es handele sich um eine separate abgeschlossene Einheit nach dem Prinzip der Zweiteiligkeit. Der größte Unterschied besteht in dem blauen Schutzkragen zwischen Korpus und Schereinheit, dessen Beurteilung einer der Hauptstreitpunkte der Parteien ist. Auch unter Berücksichtigung des Schutzkragens geht der Senat von einer Nachahmung aus, wobei es nicht darauf ankommt, ob dieser lediglich als Zubehör betrachtet wird.

Denn selbst wenn der Schutzkragen in den Gesamteindruck mit einbezogen wird, ergibt sich hieraus kein anderes Ergebnis. Der Unterschied hierdurch ergibt sich in der Verbindung zwischen Schereinheit und Korpus. An der Stelle, an der bei dem Produkt der Klägerin eine kaum sichtbare Verbindung besteht, ist nun der Schutzkragen deutlich sichtbar. Dieser sitzt mit seinem gesamten Umfang auf dem Korpus auf und verjüngt sich zum Scherkopf hin, sodass sein anderes Ende etwa mittig unter der Schereinheit sitzt. Dadurch wird aber trotz des Schutzkragens ein Eindruck von Zweiteiligkeit erweckt, in der die abgeschlossene Schereinheit separat auf einem nunmehr verlängerten Korpus aufsitzt. Für den geneigten Verkehr ist nicht erkennbar, wie die Schereinheit befestigt ist, ob die Kontaktstelle also am oberen Ende des Schutzkragens liegt oder der Schutzkragen sich wie ein Mantel um die Kontaktstelle am Ende der Biegung des Korpus legt. Da – wie dargelegt – die Zweiteiligkeit nicht maßgeblich auf dem Gelenk, sondern auf dem Eindruck der Abgeschlossenheit der Komponenten beruht, geht dieser Eindruck nicht verloren. Wo er bei den Produkten der Klägerin durch das schmale Gelenk und den damit bestehenden Abstand („floating heads“) noch verstärkt wurde, erzeugt dies auch hier der Schutzkragen, indem er die Distanz der Schereinheit zur Bedienfläche auf eigene Weise unterstreicht und durch die Art des Anschlusses an die Schereinheit deren Eindruck von Abgeschlossenheit ebenfalls verstärkt. Schließlich wirkt auch der Schutzkragen im Internetangebot nicht als starres Element, sondern ist erkennbar aus Gummi gefertigt. In Verbindung mit dem Eindruck der Zweiteiligkeit ergibt sich der Eindruck einer zumindest leichten Flexibilität, vergleichbar einer hydraulischen Verbindung im Maschinenbereich. Hieran knüpft die oben beschriebene Erwartung der Rasurpunktführung sodann an.

Damit ergibt sich – auch wenn der Schutzkragen nicht als Zubehörstück angesehen wird und unterstellt wird, dieser sei technisch notwendig – der Gesamteindruck eines zweiteiligen Rasiergerätes mit einfacher Bedienung und zumindest teilweise flexibler Führung. Über die charakteristische Krümmung des Korpus entsteht zudem erneut der Eindruck eines Joysticks, wie er auch dem Produkt der Klägerin zugrunde liegt. Dass es in der Welt der Computerspiele zahlreiche Joysticks mit unterschiedlichen Formen gibt, begründet kein anderes Ergebnis, weil durch die Bezeichnung lediglich die konkret beschriebene Ausgestaltung des Korpus in seiner tatsächlich von der Klägerin gewählten Form zusammengefasst wird, ohne dass damit eine Vergleichbarkeit der Form mit allen denkbaren Varianten eines Joysticks beschrieben wird.

Soweit die Beklagte Unterschiede in der Farbe einzelner Elemente oder die Gestaltung des Ein-Aus-Schalters anführt, treten diese im Lichte der Übereinstimmung in den eindrucksprägenden Merkmalen zurück, weil sich der geneigte Verkehr insoweit mehr an Übereinstimmungen als an Unterschieden orientiert (Köhler in Köhler/Bornkamm aaO, § 4 Rn. 3.43, mwN). Bei der Einordnung des Grades der Nachahmung ist zu berücksichtigen, dass der Gesamteindruck übernommen wurde, in der Ausführung aber der Schutzkragen als Verlängerung des Korpus nicht zu den Einzelmerkmalen des Originals zählt. Zudem unterscheidet sich der Korpus in seiner Imitation eines (konkret beschriebenen) Joysticks dadurch, dass eine zusätzliche Einbuchtung für die Finger durch Griffnoppen ersetzt wurde. Aufgrund dieser als eigene Leistung zu bewertenden Merkmale, mit denen sich die Nachahmung jedoch nicht vom Original abzusetzen vermag, liegt eine nachschaffende Übernahme vor.

Zu keinem anderen Ergebnis führt, dass sich der Rotationskopfrasierer der Klägerin und der Rotationskopfrasierer der Beklagten in der Funktion als Nass-/Trockenrasierer auf der einen und als Trockenrasierer auf der anderen Seite unterscheidet. Denn für den angesprochenen Verkehr macht es keinen Unterschied, ob ein elektrischer Rotationskopfrasierer, zusätzlich die Möglichkeit einer elektrischen Nassrasur bietet. Dies stellt lediglich eine Ergänzung der Funktionen dar, die ein Elektrorasierer bietet.

Ob wegen der Wechselwirkung der Tatbestandsmerkmale des § 4 Nr. 3 UWG und dem Schutz der Verbraucher nach § 1 S. 2 UWG nicht nur auf den Zeitpunkt des Anbietens abzustellen ist, sondern auch auf nachfolgende Zeitpunkte innerhalb der Vertragsabwicklung, kann offenbleiben, auch wenn sich der Schutzkragen auch nach dem Kauf als separates Zubehörstück darstellen könnte.

cc) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist eine Herkunftstäuschung anzunehmen. Denn für den angemessen gut informierten und angemessen aufmerksamen und kritischen durchschnittlichen Verbraucher, auf den es ankommt (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO, § 4 Rn. 3.41, mwN), kommt es zu einer erheblichen Täuschungsgefahr. Dies ist erforderlich, weil die Nachahmung an sich die Unlauterkeit im Sinne des § 4 Nr. 3 UWG noch nicht begründet (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO, § 4 Rn. 3.40). Die Unlauterkeit ergibt sich vielmehr, wenn sie eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft des nachgeahmten Produktes herbeiführt. Der Täuschung steht die Begründung der Täuschungsgefahr gleich (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO, § 4 Rn. 3.41).

Damit muss das nachgeahmte Produkt eine gewisse Bekanntheit haben (vgl. BGH, Urteil vom 24.05.2007 – I ZR 104/04, GRUR 2007, 984 – Gartenliege, mwN). Eine solche Bekanntheit ist – wie dargelegt – anzunehmen. Insbesondere war das Produkt bereits bei den angesprochenen Verkehrskreisen in erheblichem Umfang bekannt, bevor das Produkt der Beklagten auf den Markt gebracht wurde.

Unter Berücksichtigung der Bekanntheit des Produktes der Klägerin, seiner hohen wettbewerblichen Eigenart und der Tatsache, dass die Beklagten jedenfalls nachschaffend das Produkt der Klägerin übernommen haben, wird der Verkehr mittelbar über die betriebliche Herkunft getäuscht.

Eine unmittelbare Herkunftstäuschung scheidet vorliegend aus. Der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung Hot Sox (Urteil vom 19.11.2015 – I ZR 109/14, GRUR 2016, 720) ausgeführt, dass der Verkehr im Grundsatz zwei mit verschiedenen Marken gekennzeichneten Produkten auch zwei verschiedene Hersteller zuordnet. Angesichts der deutlichen Kennzeichnung der Produkte ist hiervon im vorliegenden Fall auszugehen.

Allerdings liegt eine Herkunftstäuschung im weiteren Sinn vor. Für die Gefahr einer Täuschung über die betriebliche Herkunft genügt es, wenn der Verkehr bei dem nachgeahmten Produkt annimmt, es handele sich um eine neue Serie oder um eine Zweitmarke oder es bestünden lizenz- oder gesellschaftsrechtliche Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO, § 4 Rn. 3.44, mwN). Zwar spricht hiergegen, wenn eine deutliche Herstellerangabe erfolgt. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn diese als Handelsmarke wahrgenommen wird.

Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Intensität der Übernahme sowie den besonderen Umständen (vgl. BGH, Urteil vom 19.10.2000 – I ZR 225/98, GRUR 2001, 443 – Viennetta). Vorliegend besteht – wie dargelegt – eine gesteigerte wettbewerbliche Eigenart. Auch sind die Übereinstimmungen des jeweiligen Gesamteindrucks wie dargelegt erheblich. Dabei ist auch davon auszugehen, dass der Verkehr die Produkte im Regelfall nicht parallel vor Augen hat, sondern sich auf seine Erinnerung verlassen muss.

Gerade wegen der hohen wettbewerblichen Eigenart, die durch die im Übrigen nahezu unverändert übernommenen Gestaltungsmerkmale begründet wird, lässt sich aus objektiver Sicht wegen des übereinstimmenden Gesamteindrucks eine Zuordnung zur generellen Rotationsrasierer-Gestaltung der Klägerin vornehmen. Dabei ist – jedenfalls für den Lebensmittelbereich – unstreitig, dass Discounter wie etwa H regelmäßig Produkte bekannter Hersteller unter eigenen Marken vertreiben. Auch ergibt sich aus der Internetseite der Beklagten zu 1, dass die von ihr vertriebenen Elektroprodukte unter der Marke „I“ von verschiedenen Herstellern stammen.

Der angesprochene Verkehr geht vor diesem Hintergrund davon aus, dass die Produkte, die unter einer Eigenmarke vertrieben werden, von diversen Herstellern stammen. Mit Blick darauf, dass vorliegend der wesentliche Unterschied lediglich im blauen Schutzkragen besteht, besteht daher die Gefahr, dass der geneigte Verkehr auch hier von einer Zweitmarke, unter Umständen mit abweichenden Entwicklungs- oder Schutzmerkmalen im Sinne einer neuen Serie, ausgeht, wenn die Bezeichnung nicht ohnehin lediglich als Handelsmarke wahrgenommen wird.

Die von den Beklagten hiergegen vorgebrachten Einwände greifen nicht durch. Sie behaupten, zur Vermeidung eines Kannibalisierungseffekts sei die Zweitmarke immer anders aufgemacht als die Erstmarke. Aber auch die streitgegenständliche Nachahmung entspricht den von ihr angeführten Beispielen. Auch sie wird nicht unter der Bezeichnung „Q“ vertrieben und entsprechend anders verpackt als die Originalprodukte. Wenn die Beklagten unter diesem Gesichtspunkt die Ähnlichkeit in der Gestaltung der Nachahmung selbst anführen, verkennen sie, dass auch unter den von ihr angeführten Beispielen das Produkt selbst (etwa im Verhältnis von R zu S) nicht derart unterschiedlich gestaltet ist, sondern sich über die Bezeichnung und die Verpackung als Zweitmarke zu erkennen gibt.

Nicht erheblich ist dabei, was im Bereich der Elektrotechnik üblich ist oder ob sich die Nutzung von Zweitmarken wesentlich verändert hat. Denn allein entscheidend ist, wie die Darstellung einer Handelsmarke vom Verbraucher wahrgenommen wird. Eine vertiefte Kenntnis darüber, wie die Praxis bei Zweitmarken im Bereich der Elektrotechnik gehandhabt wird, hat der Verkehr nicht. Er weiß lediglich, dass Markenhersteller teilweise – für den Bereich der Lebensmittel unstreitig – Produkte unter einer Handelsmarke über Discounter vertreiben. Eine Unterscheidung zwischen den unterschiedlichen Produktbereichen nimmt der Verkehr nicht vor. Dies kann der Senat selbst feststellen, weil er zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehört. Das Landgericht hat daher – entgegen der Ansicht der Beklagten – auch die Beweislast nicht verkannt.

Entgegen der Ansicht der Beklagten führt die Bezeichnung „I“ somit nicht zur Annahme einer ausreichenden Unterscheidungskraft. Denn zur Vereidung einer Herkunftsverwechslung kann ausschließlich die deutlich sichtbare Kenntlichmachung des Herstellers beitragen, wie sie auf dem Angebot nicht erkennbar ist (Köhler in Köhler/Bornkamm aaO, § 4 Rn. 3.44). Die Beifügung einer bloßen Handelsmarke kann, gerade mit Blick auf die hier anzunehmende mittelbare Herkunftstäuschung, nicht ausreichen.

Die im Rahmen der Gesamtabwägung zu beantwortende Frage nach der Zumutbarkeit einer Vermeidung der Herkunftstäuschung geht ebenfalls zu Lasten der Beklagten.

Die Herkunftstäuschung nämlich ist – entgegen der Auffassung der Beklagten – auch vermeidbar. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Herkunftstäuschung vermeidbar, wenn sie durch geeignete und zumutbare Maßnahmen verhindert werden kann, was im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung zu beurteilen ist (vgl. BGH, GRUR 2017, 1135 Rn. 39 – Leuchtballon, mwN). Die Übernahme ästhetischer Gestaltungsmerkmale, mit denen die angesprochenen Verkehrskreise Herkunftsvorstellungen verbinden, ist regelmäßig nicht sachlich gerechtfertigt, weil den Wettbewerbern in aller Regel ein Ausweichen auf andere Gestaltungsformen und damit ein Abstand zum Original möglich und zumutbar ist. Hingegen kann die Übernahme von Merkmalen, die dem freien Stand der Technik angehören und unter Berücksichtigung des Gebrauchszwecks, der Verkäuflichkeit der Ware sowie der Verbrauchererwartung der angemessenen Lösung einer technischen Aufgabe dienen, grundsätzlich nicht als wettbewerbsrechtlich unlauter angesehen werden. Wettbewerbern ist es regelmäßig nicht zuzumuten, auf eine angemessene technische Lösung zu verzichten, um die Gefahr einer Herkunftstäuschung zu vermeiden. Dagegen kann es ihnen zuzumuten sein, dieser Gefahr durch eine (unterscheidende) Kennzeichnung ihrer Produkte entgegenzuwirken. Ein strengerer Maßstab gilt lediglich im Falle der (fast) identischen Übernahme (BGH, GRUR 2017, 1135 Rn. 39 – Leuchtballon).

Nach diesen Grundsätzen ist die Herkunftstäuschung ohne weiteres vermeidbar. Entgegen der Ansicht der Beklagten müssen diese für eine Vermeidung der Herkunftstäuschung nicht auf eine angemessene technische Lösung verzichten. Wie sich bereits aus der Gestaltung der Modelle der Marke „G“, beispielsweise des Modells O ergibt, sind ohne weiteres Gestaltungen möglich, in denen die Beklagten nicht auf einen dreiteiligen Scherkopf und eine getrennte Ausführung von Scherkopf und Korpus verzichten, wenn der Korpus des Rotationskopfrasierers anders gestaltet wird. Denn lediglich in der Gesamtheit der Übernahme der Elemente ist – wie dargelegt – die Herkunftstäuschung begründet. Hier liegt auch der wesentliche Unterschied zu der Entscheidung „Leuchtballon“ des Bundesgerichtshofs (GRUR 2017, 1135). Die Beklagten können die von ihnen als freien Stand der Technik vorgetragenen Elemente ohne weiteres verwenden. Dabei ist nicht ersichtlich, dass ein Rotationskopfrasierer mit einer abweichenden Gestaltung des Korpus, die jedenfalls nur auf Gesichtspunkten des Designs beruht, die Verkäuflichkeit der Produkte beschränken oder die Verbrauchererwartung enttäuschen würde.

dd) Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob auch eine Rufausbeutung gemäß § 4 Nr. 3 b UWG vorliegt.

2. Die Annexansprüche sind – was auch das Landgericht mit Recht angenommen hat – vor diesem Hintergrund begründet. Auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung, die insoweit auch nicht angegriffen worden sind, kann Bezug genommen werden.

3. Die Kosten der Berufung sind gemäß §§ 97, 100 Abs. 1 ZPO von den Beklagten zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, §§ 709, 711 ZPO.

4. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist die Revision zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Vielmehr beruht die Entscheidung auf der genannten höchstrichterlichen Rechtsprechung sowie den Feststellungen des Senats und der Umstände des Einzelfalls.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 300.000 € festgesetzt.

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