Wortzeichen „AppOtheke“ kann nicht markenrechtlich geschützt werden

14. Dezember 2015
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Apotheken-App für Smartphones Beschluss des BPatG vom 09.02.2015, Az.: 27 W (pat) 73/14

Das Wortzeichen „AppOtheke“ kann nicht als Marke geschützt werden, da es eine Sachaussage darstellt und somit den Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht genügt. Daran ändert auch die Schreibweise nichts, da das Wort klangmäßig mit dem Begriff „Apotheke“ übereinstimmt, das Doppel-p vom angesprochenen Verkehrskreis als Schreibfehler verstanden wird und die Verwendung von Klein- oder Großbuchstaben bei der Beurteilung einer Wortmarke irrelevant ist.

Bundespatentgericht

Beschluss vom 09.02.2015

Az.: 27 W (pat) 73/14

betreffend die Marke 30 2010 045 504 (S 80/14 Lösch) hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter …, den Richter … und die Richterin … auf die mündliche Verhandlung vom 9. Februar 2015

beschlossen:

Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Gegen die am 29. Juli 2010 angemeldete und am 29. März 2011 eingetragene Wortmarke 30 2010 045 504

AppOtheke

hat die Antragstellerin mit Formular vom 19. Februar 2014, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 22. Februar 2014, Antrag auf Löschung wegen bestehender Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 MarkenG gestellt.

Die angegriffene Marke ist eingetragen für die folgenden Waren und Dienstleistungen der

Klasse 9: Magnetische und optische Datenträger, insbesondere Tonbänder, Kassetten, CDs, DVDs und Blueray-Discs, Schallplatten, DAT-Bänder, Videobänder, sämtliche vorstehenden Waren in bespielter und unbespielter Form; downloadbare Text-, Bild-, Audio- und Videodateien (herunterladbar); bespielte Filme und Videofilme; Audio- und Video-Dateien (herunterladbar) zur Übermittlung im Wege des Podcasting; Diapositive; Fließlichtdisplays; Werbegeschenke und Werbematerialien, nämlich elektronische Displays; bespielte Ton-, digitale Bild- und Bildtonträger,

Klasse 16:    Lichtbild- und Druckereierzeugnisse, insbesondere Zeitschriften aller Art, Broschüren, Bücher, Paperbacks, Atlanten, Folienatlanten, Skripten, Handzettel, Kalender, Poster, Plakate, Informations- und Beratungstexte, Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate), Folientexte und -grafiken, Overhead-Folien, sonstige Schriften, Grafiken und Lichtbilder; Notizblocks, Rezeptblocks, Papiertaschentücher, Fotoalben, Klebeschilder und Klebefolien, Schreibwaren, Büroartikel (ausgenommen Möbel), Werbegeschenke und Werbematerialien, Innen- und Außentransparente, Schaufensterdekorationen jeweils aus Papier und Pappe (Karton), Innen- und Außentransparente aus Papier und Pappe,

Klasse 20: Werbegeschenke und Werbematerialien, nämlich Ständer für Prospekte oder Waren, Boden- und Thekenaufsteller und -säulen (Waren-, Informations- und Prospektdisplays), Reklameständer, Verkaufsständer,

Klasse 28: Spielkarten,

Klasse 35: Unternehmensberatung, betriebswirtschaftliche Beratung, Werbeberatung, Marketing, Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations), Werbung, Entwicklung und Erstellen von Werbe- und Verkaufsförderungskonzepten, Herausgabe von Werbetexten, sämtliche Dienstleistungen einer Werbeagentur, Werbemittlung und -vermittlung, Verbreitung von Werbeanzeigen, sämtliche vorstehenden Dienstleistungen für und in allen Medien und medialen Formen inklusive Online-Diensten, Markt-forschung, Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen, Information in Geschäftsangelegenheiten; Systematisierung und Zusammenstellung von Daten in Computerdatenbanken; Zusammenstellung und Systematisierung von Daten in Datenbanken; Nachforschung, Recherchen in Datenbanken für Dritte in Geschäftsangelegenheiten oder für Verbraucher; Organisationsberatung im Zusammenhang mit der Nutzung digitaler Medien,

Klasse 38: Telekommunikation, insbesondere Übermittlung von Nachrichten und Informationen, Erstellen, Sammeln, Liefern und Übermitteln von Nach-richten und allgemeinen Informationen im Rahmen der Dienstleistungen von Presseagenturen, elektronische Anzeigenvermittlung; Ton-, Bild- und Datenübertragung insbesondere auch für interaktiv kommunizierende (Computer) Systeme, Online-Dienste und Online-Sendungen nämlich Übermittlung von Informationen und Nachrichten sowie Bildern; Übermittlung von Daten aller Art; elektronische Übermittlung von herunterladbaren Publikationen; Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken; Vermittlung von Zugriffszeiten zu Datenbanken; Übermitteln von Daten aus Datenbanken; Bereitstellen des Zugriffs auf In-formationen im Internet; Verschaffen des Zugriffs zu Datenbanken; Einstellen von Websites in das Internet für Dritte,

Klasse 41: Mitarbeiterfortbildung; Desktop-Publishing (Erstellen von elektronischen Publikationen mit dem Computer); Bereitstellen von elektronischen Publikationen, nicht herunterladbar; Veröffentlichung von Online-Publikationen, ausgenommen zu Werbezwecken,

Klasse 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, Konzeption und Erstellung von Websites; Dienstleistungen eines Internet-Providers, nämlich Erstellung von Programmen (Software) zur Lösung branchenspezifischer Probleme im Internet, technische Beratung, Installation und Wartung von Datenbanksoftware; Nachforschung, Recherchen in Datenbanken für Dritte für Wissenschaft und Forschung, Erstellen von Internetseiten für Multimedia-Präsentationen; Planung und Entwicklung und Umsetzung von Konzepten zur Nutzung digitaler Medien, nämlich Erstellung von Websites sowie deren Gestaltung, Design, Pflege, Wartung und Aktualisierung; elektronische Datenspeicherung auf Ton-, Bild- und Bildtonträgern für Dritte.

Die Markeninhaberin hat dem ihr am 31. März 2014 zugestellten Löschungsantrag mit Schriftsatz vom 9. April 2014, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am selben Tag, widersprochen.

Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 22. August 2014 die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, weil deren Eintragung im Anmeldezeitpunkt jedenfalls das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegen gestanden habe und auch zum Zeitpunkt der Entscheidung noch entgegenstehe, § 50 Abs. 1, 2 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Die angemeldete Marke „AppOtheke“ habe schon im Zeitpunkt der Anmeldung nicht die Anforderungen an die Unterscheidungskraft erfüllt. Zwar weise sie eine besondere Schreibweise mit doppeltem „p“ und einen großen „O“ im Wortinneren auf, jedoch könnten diese Abweichungen von der beschreibenden Bezeichnung „Apotheke“ die Unterscheidungskraft dieser Wortmarke nicht begründen.
Die Binnengroßschreibung in der Wortmarke „AppOtheke“ sei nicht schutzbegründend. Bei einer Wortmarke sei der Begriff in jeglicher Schreibweise geschützt. Binnenmajuskel könnten nur bei einer Wort-/Bildmarke als grafische Ausgestaltung Berücksichtigung finden, wobei es sich allerdings um ein werbeübliches Gestaltungsmittel handle. Die Großbuchstaben in der angemeldeten Marke seien daher hier keine verbindliche Schreibweise. Damit könne eine optische Zäsur, die sich lediglich aus der Groß- und Kleinschreibung eines Zeichens ergebe, bei der weiteren Prüfung der Schutzfähigkeit nicht berücksichtigt werden. Der Prüfung, ob es sich um eine unterscheidungskräftige, demnach herkunftshinweisende Angabe handle, seien daher u. a. auch Schreibweisen wie „appotheke“ und „Appotheke“ zugrunde zu legen.
Die Verdopplung des Buchstaben „p“ würden erhebliche Teile des angesprochenen Publikums für einen Schreibfehler halten oder wegen der geringfügigen Veränderung nicht wahrnehmen. Die Wortlänge ändere sich nur geringfügig, auch falle die zusätzliche Unterlänge des „p“ neben der bereits bestehenden nicht auf.
Dies belegten auch Recherchen, nach denen in diversen öffentlich zugänglichen Foren, im geschäftlichen Verkehr durch andere kommerzielle Anbieter und sogar von einer Apotheke auf deren Homepage im Impressum bereits vor der Anmeldung der angegriffenen Marke im Internet das Wort „appotheke“ fälschlich für Apotheke verwendet worden sei. Es handle sich um einen gängigen Schreibfehler. Oft bleibe er unbemerkt, und das Wort „Appotheke“ werde mit „Apotheke“ gleichgesetzt.
Im Ergebnis führe die geringfügig abweichende Schreibweise durch die Verdoppelung des Buchstaben „p“ vom Begriff „Apotheke“ nicht hinreichend weit weg, um Unterscheidungskraft, also eine schutzbegründende Eigenart gegenüber dem beschreibenden Begriff, begründen zu können.
Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin führe die behauptete Zusammensetzung aus „App“ für „application“ und dem Wortbestandteil „-theke“ von Apotheke nicht weg. Auch wenn ein Teil der angesprochenen Verbraucher diese Zusammensetzung mit dem Anfang „app“ erfasse – unabhängig davon, ob dies auf einer teils englischen, teils deutschen oder insgesamt englischen Aussprache beruhe –, werde, wie Recherchen belegten, ein erheblicher Teil des angesprochenen Publikums die darüber hinausgehende Abweichung und damit die von der Markeninhaberin vorgenommene Wortzusammenfügung nicht erkennen und daher nicht als Herkunftshinweis wahrnehmen. Wenn ein erheblicher Teil der Angesprochenen „Appotheke“ lese oder schreibe und damit das Wort „Apotheke“ meine, werde er nicht auf die Komposition von „App“ (application) und „-theke“ (als – wie die Markeninhaberin meint – Abkürzung für Apotheke) stoßen. Wer sich verlese oder verschreibe, denke nicht über eine originelle Verschmelzung nach.
Schließlich stelle die Bezeichnung „Apotheke“ für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine Sachangabe dar. Sie weise das angesprochene Publikum auf Waren und Dienstleistungen hin, die aus einer Apotheke stammten, von dieser erbracht würden oder für eine Apotheke bestimmt seien. So könnten sich auf Datenträgern und in Druckereierzeugnissen beispielsweise Apothekenzeitungen, Handzettel mit Gesundheitshinweisen aus der Apotheke oder DVDs mit Tipps für die Gesundheit befinden. Apotheken verteilten regelmäßig Werbegeschenke, zum Jahresende auch Kalender. Notizblöcke, Stifte und Papiertaschentücher würden regelmäßig beim Einkauf als kleine Zugabe an Kunden gegeben. Apotheken böten Kartenspiele als Treueprämie an. Aber auch unbespielte Datenträger, wie beispielsweise USB-Sticks, würden als Werbegeschenke für Apotheken bedruckt und von diesen verschenkt oder auch selbst genutzt. Apotheken würden im Internet werben und beworben, hätten Internetpräsenz oder würden Apothekenwaren über das Internet anbieten, weswegen die angegriffene Marke auch für die Dienstleistungen der Klassen 35, 38, 41 und 42 keine unterscheidungskräftige Angabe sei.
Nachdem bereits das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bestanden habe und fortbestehe, könne dahinstehen, ob an der Bezeichnung auch ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bejaht werden müsse, wofür allerdings erhebliche Anhaltspunkte angesichts der Tatsache sprächen, dass es sich um eine nur geringfügige Abwandlung von der üblichen Schreibweise des freizuhaltenden Begriffs handle.
Da der angegriffenen Marke im Anmeldezeitpunkt und fortdauernd das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht, sei sie zu löschen.

Der Beschluss ist der Markeninhaberin am 1. September 2014 zugestellt worden. Dagegen wendet sie sich mit ihrer Beschwerde vom 5. September 2014.
Sie ist der Ansicht, das Deutsche Patent- und Markenamt fahre in dem angegriffenen Beschluss einen argumentativen Schlingerkurs. Anders als von Bundesgerichtshof in zahlreichen Entscheidungen gefordert, lege der angegriffene Beschluss bereits deutlich geringere Anforderungen an den Anteil des angesprochenen Publikums, der die Abwandlung übersehen oder als Schreibfehler wahrnehmen müsste.
Zudem genügten die tatsächlichen Feststellungen aus vereinzelten Interneteinträgen nicht, um die Schlussfolgerung zu tragen, dass „erhebliche Teile der angesprochenen Verkehrskreise“ bzw. der „angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher“ die orthographischen Änderungen in der angegriffenen Marke übersehen und darin lediglich den Begriff „Apotheke“ erkennen würde.
Zudem bewirkten gerade die Abwandlungen in der angegriffenen Marke eine individualisierende Eigenart, die dem angesprochenen Publikum als Herkunftshinweis diene. Anders als vom deutschen Patent- und Markenamt angenommen, handle es sich nämlich bei der angegriffenen Marke nicht nur um eine „geringfügige Abweichung“ von dem Wort „Apotheke“.
Anders als bei Abwandlungen wie etwa „NATURLICH“ oder „SCHLÜSEL“, die für sich selbst genommen keinen eigenständigen Bedeutungsgehalt besäßen, bestehe die Besonderheit der angegriffenen Marke gerade darin, dass die Begriffe „App“ als Abkürzung für „application“ und „Apotheke“ zu einem neuen Gesamtbegriff verschmelzen würden. Dies stelle eine originell gebildete Wortverfremdung dar, die damit geeignet sei, die angegriffene Marke zu individualisieren und ihr jedenfalls das genügende Mindestmaß an Unterscheidungskraft zu verleihen. Wie bei dem Zeichen „JURnal“ werde durch ein kreatives Wortspiel ein „sprechendes Zeichen“ mit Unterscheidungskraft geschaffen.
Unzutreffend seien schließlich die Ausführungen, dass die optische Zäsur, die sich aus der Groß- und Kleinschreibung der angegriffenen Marke ergebe, bei der Prüfung nicht berücksichtigt werden müsse, da das Zeichen als Wortmarke in jeder Schreibweise vorkommen könne. Diesen Grundsatz habe der Bundesgerichtshof in seiner „POWER BALL“-Entscheidung aufgegeben. Daher es sei von der konkreten schriftbildlichen Form auszugehen, wenn die Groß- / Kleinschreibung gerade entgegen üblicher einheitlicher Schreibweise eingesetzt werde, um als Mittel begrifflicher Differenzierung und visueller Gewichtung von Bestandteilen zu wirken. In der angegriffenen Marke habe der Großbuchstaben „O“ gerade den Zweck, die Verfremdung der Abwandlung, nämlich den eigenständigen Wortanfang „App“ und seinen Bedeutungsgehalt, weiter hervorzuheben. Die schriftbildlichen Besonderheiten würden dem Verbraucher bei der angegriffenen Marke zudem deshalb auffallen, da auch der weitere durch den Großbuchstaben „O“ hervorgehobene Teil „theke“ einen feststehenden Begriff darstellt (die „Theke“). Aus dem gleichen Grund liege bei der angegriffenen Marke auch nicht nur ein werbeübliches Gestaltungsmittel in Form der Binnengroßschreibung vor.
Selbst wenn das Publikum an die Großschreibung einzelner Buchstaben im Wort-inneren gewöhnt sein sollte, liege hier ein Sonderfall vor, da der Bruch in der Schreibweise nicht als werbeüblicher „eyecatcher“ eingesetzt werde, sondern gerade eine visuelle (und zugleich klangliche) Zäsur in der angegriffenen Marke erzeugen solle, der von der beschreibenden Angabe „Apotheke“ weiter wegführe. Da die Wortneuschöpfung „AppOtheke“ aus vier Silben bestehe, deren erste als geläufiger englischer Begriff auch englisch ausgesprochen würde, bestünden auch erhebliche klangliche Unterschiede zum Wort „Apotheke“.

Die Markeninhaberin beantragt,

den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. August 2014 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt unter Bezugnahme auf ihre Ausführungen vor dem Deutschen Patent- und Markenamt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

In der mündlichen Verhandlung hat die Markeninhaberin ihre Standpunkte aufrechterhalten und vertieft.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Auch nach Auffassung des Senats war und ist die Eintragung der angemeldeten Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.

1.
Die Beschwerde der Markeninhaberin ist zulässig, soweit sie sich gegen die Löschung der Marke richtet, § 66 Abs. 1 MarkenG.
Die Markeninhaberin hatte dem Löschungsantrag (wirksam) widersprochen, so dass das Löschungsverfahren durchzuführen war (§ 54 Abs. 2 Satz 3 MarkenG).

2.
Die Markenabteilung hat die Löschung der angegriffenen Marke zu Recht und mit zutreffender Begründung §§ 54, 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG angeordnet.

a)
Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen und auf entsprechenden Antrag nach §§ 54, 50 Abs. 1 MarkenG zu löschen, wenn ihnen die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt.
Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung als Unterscheidungsmittel für die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen (BGH, Beschluss v. 17.07.2003 – I ZB 10/01, GRUR 2010, 825, 826 Rn. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; Beschluss v. 01.07.2010 – I ZB 35/09, GRUR 2010, 935 Rn. 8 – Die Vision; Beschluss v. 27.04.2006 – I ZB 96/05, GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006; EuGH, Urteil v. 08.05.2008 – C-304/06 P, GRUR 2008, 608, 611 Rn. 66 f. – EUROHYPO). Die Hauptfunktion der Marke besteht nämlich darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (BGH, Beschluss v. 22.01.2009 – I ZB 34/08, GRUR 2009, 949 Rn. 10 – My World; Beschluss v. 16.12.2004 – I ZB 12/02, GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; Beschluss v. 21.02.2008 – I ZB 24/05, GRUR 2008, 710 Rn. 12 – VISAGE; EuGH, Urteil v. 12.01.2006 – C-173/04 P, GRUR 2006, 233, 235 Rn. 45 – Standbeutel; Urteil v. 15.09.2005 – C-37/03 P, GRUR 229, 230 Rn. 27 – BioID). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – Marlene-Dietrich-Bildnis II; Beschluss v. 15.01.2009 – I ZB 30/06, GRUR 2009, 411 Rn. 8 – STREETBALL; Beschluss v. 04.12.2008 – I ZB 48/08, GRUR 2009, 778, 779 Rn. 11 – Willkommen im Leben; a. a. O. Rn. 10 – My World).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und / oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH Urteil v. 09.03.2006 – C-421/04, GRUR 2006, 411, 412 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; Urteil v. 16.09.2004 – C-329/02 P, GRUR 2004, 943, 944 Rn. 24 – SAT 2; BGH a. a. O. Rn. 8 – Die Vision; a. a. O. Rn. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II).
Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Kreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (BGH, Beschluss v. 22.01.2009 – I ZB 52/08, GRUR 2009, 952, 953 Rn. 10 – DeutschlandCard; a. a. O. Rn. 19 – FUSSBALL WM 2006; a. a. O. – BerlinCard; a. a. O. – marktfrisch; Beschluss v. 28.06.2001 – I ZB 58/98, GRUR 2001, 1153 – antiKALK; EuGH, Urteil v. 12.02.2004 – C-363/99, GRUR 2004, 674, 678 Rn. 86 – Postkantoor) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH a. a. O. Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006; Beschluss v. 28.08.2003 – I ZB 6/03, GRUR 2003, 1050, 1051 – Cityservice; Beschluss v. 17.05.2001 – I ZB 50/98, GRUR 2001, 1043, 1044 – Gute Zeiten – Schlechte Zeiten). Darüber hinaus fehlt Unterscheidungskraft auch jenen Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH, Beschluss v. 24.06.2010 – I ZB 115/08, GRUR 2010, 1100, 1102 Rn. 23 – TOOOR!; a. a. O. Rn. 28 f. – FUSSBALL WM 2006).

b)

Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG genügt die angegriffene Marke nicht, da sie eine Sachaussage beinhaltet, die sich ausschließlich in der Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen erschöpft.

Wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, handelt es sich bei der angemeldeten Bezeichnung um die offenkundige Abwandlung des allgemein gebräuchlichen Sachbegriffs „Apotheke“.

(1)
Das Wort „Apotheke“ stammt von griechisch ἀποθήκη (lateinisch „apotheca“), was wörtlich „Aufbewahrungsort“ für Vorräte im Allgemeinen bedeutet. Besonders aber bezeichnete es das meist oben (ἀπο, apo) im Hause gelegene Lager (θήκη, theca), wo der Wein in Amphoren aufbewahrt wurde. In Klöstern wurde hiermit der Raum zur Aufbewahrung von Heilkräutern bezeichnet (Duden, Die deutsche Sprache, Wörterbuch in drei Bänden, Bd. 1, 2014). Als „Apotheke“ wird heute ein Ort bezeichnet, an dem Arzneimittel und Medizinprodukte abgegeben, geprüft und – zum kleinen Teil – hergestellt werden. Zudem ist es eine Hauptaufgabe des Apothekers und des übrigen Apothekenpersonals, den Patienten zu beraten, ihn über (Neben-)Wirkungen von Medikamenten aufzuklären und mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten aufzuzeigen. Zusätzlich zu der Abgabe von Arzneimitteln verkaufen Apotheken auch „apothekenübliche Artikel“ wie Nahrungsergänzungsmittel, kosmetische Erzeugnisse und weitere Waren mit gesundheitsförderndem Bezug (Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, In zehn Bänden, 3. Auflage 1999, Bd. 1).

Die Bezeichnung „Apotheke“ stellt damit – wie die Markenabteilung in dem angegriffenen Beschluss bereits eingehend ausgeführt hat und worauf zur Vermeidung von unnötigen Wiederholungen Bezug genommen wird – für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 20, 28, 35, 38, 41 und 42 eine Sachangabe dar. Sie weist das angesprochene allgemeine Publikum wie auch die Fachkreise darauf hin, dass die Waren und Dienstleistungen entweder aus einer Apotheke stammen, von dieser erbracht werden oder für eine Apotheke bestimmt sind.

(2)
Die hier in der Marke von der orthographisch richtigen Schreibweise abweichende vermittelt dem angesprochenen Publikum keinen anderen Eindruck als das Wort „Apotheke“ und führt entgegen der Ansicht der Markeninhaberin zu keiner anderen Beurteilung.
Zutreffend hat die Markenabteilung bei der Prüfung der Unterscheidungskraft der angegriffenen Wortmarke daher eine nicht auffällige, übliche Schreibweise zugrunde gelegt.
Im Hinblick auf die sonst identische Schreibweise sowie die Klangübereinstimmung wird das angesprochene Publikum das Markenwort nämlich ohne weiteres und wie von der Markeninhaberin beabsichtigt mit dem Begriff „Apotheke“ gleichsetzen, weil sie die Abweichung entweder gar nicht bemerken werden oder für einen Schreibfehler halten.

(a)
Hinsichtlich der Verwendung von Großbuchstaben und Kleinbuchstaben in Wortmarken sind grundsätzlich alle verkehrsüblichen Schreibweisen zu berücksichtigen (Onken in BeckOK MarkenR, 1. ed 01.12.2014, MarkenG § 14 Rn 343 f., Ströbele / Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 176 a.E.; vgl. Ingerl /Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 14 Rn. 283). Daher wird der Unterschied in der Schreibweise generell als irrelevant angesehen (vgl. z.B. BPatG GRUR 2008, 77, 79 – QUELLGOLD/Goldquell; BPatG MarkenR 2006, 77, 78 – BIG LEXX/Lexx; BPatG GRUR 2005, 777 – NATALLA/Nutella; BPatG GRUR 2004, 950, 954 – ACELAT/Acesal; BPatG GRUR 2004, 954, 955 – CYNARETTEN/Circanetten; BPatGE 44, 33, 38 – ORBENIN; BPatGE 43, 162, 166 – STIHL; BPatG GRUR 2000, 897, 899/900 – CC 1000/Cec; BPatGE 39, 29, 33 – K; BPatGE 39, 55, 58 – M; BPatG Mitt. 1970, 132 – Brisk = Brisa; BPatGE 22, 227, 230 – Fru¬kina/FRUTERA; BPatGE 22, 93, 96 – MARC = MARS und Marc = Mars; BPatG Bl. 1956, 378 – Bion = BIOX; BPatGE 1, 203 – Pei = REI; OLG Köln 2005, 82, 83 –    bit = BIT; OLG Düsseldorf MMR 2001, 706, 707 – T- BPatG Beschl. v. 22.2.2010 – 26 W (pat) 39/09 – TENGO/TANGO wegen Ähnlichkeit von „e“/„a“).
Der Abwandlung eines Begriffs muss selbst ein individualisierender Charakter zukommen, um Unterscheidungskraft als Marke begründen zu können (so schon BGH, Beschluss v. 23.03.1984 – I ZB 6/83, GRUR 1984, 815, 816 – Indorektal I; Beschluss v. 13.10.2004 – I ZB 10/01, GRUR 2005, 258 Rn. 18 – Roximycin). Erkennt das Publikum in der bewusst wahrgenommenen Abwandlung hingegen den ihm geläufigen Begriff ohne weiteres wieder, fehlt der als solcher erkannten Abwandlung die erforderliche Unterscheidungskraft (BGH, Beschluss v. 11.10.2001 – I ZB 5/99, GRUR 2002, 540 Rn. 19 – OMEPRAZOK).
Gleiches gilt, wenn das Publikum die nur geringfügige Abwandlung der nicht unterscheidungskräftigen Angabe gar nicht bemerkt oder sie für einen Druck- bzw. Hörfehler hält, da es dann schon an der die Unterscheidungskraft herbeiführenden Eigenart gegenüber den nicht unterscheidungskräftigen Begriffen fehlt (BGH, Beschluss v. 17.07.2003 – I ZB 10/01, GRUR 2003, 882 Rn. 18 – Lichtenstein; BPatG Beschluss v. 07.08.2012 – 27 W (pat) 552/11, zitiert nach juris Rn. 40 – Laz Vegas).
Die Unterscheidungskraft begründen daher weder gängige graphische Hervorhebungen, wie z. B. die bloße Zusammenschreibung mehrere Wörter (wie etwa bei „antiKALK“ oder „BigXtra“), die Trennung einheitlicher Wörter (wie etwa bei „Vita-Min“), die Wiederholung von Buchstaben (wie etwa bei „TOOOR!“) noch die Verwendung einzelner Großbuchstaben (wie etwa bei „AntiVirus“ oder „Gold¬HouSe24“ oder FrancoMusiques“; siehe dazu insgesamt Ströbele / Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 174 ff., 176 m. w. N., 178 ff.; Schuhmacher in BeckOK Marken R, 1. ed 01.12.2014, MarkenG § 8 Rn. 339).

Die von der Anmelderin eingereichte grafische Darstellung des Zeichens in Form eines Einwortzeichens mit Binnengroßschreibung ist entgegen der Annahme der Beschwerdeführerin für sich gesehen demnach als Wortmarke nicht unterscheidungskräftig. Der Begriff ist über die Anmeldung als Wortmarke in jeder üblichen Schreibweise geschützt. Die Binnenmajuskel kann nur in einer Wort-/ Bildmarke als graphische Ausgestaltung Berücksichtigung finden (BPatG, Beschluss v. 11.09.2013 – 29 W (pat) 550/12, zitiert nach juris Rn. 29 – GoldHouSe24; Beschluss v. 11 .06.2013 – 27 W (pat) 95/12, zitiert nach juris Rn. 23 f. – FrancoMusiques; Schmid in BeckOK MarkenR, 1. ed 01.12.2014, MarkenG § 32 Rn. 18). Ungeachtet dessen ist die Binnengroßschreibung ein werbeübliches Gestaltungsmittel, das selbst bei einer Wort- / Bildmarke nur als übliches, in bloß dekorativer Form auftretendes Stilmittel bekannt ist (BGH, Beschluss v. 28.06.2001 – I ZB 58/98, GRUR 2001, 1153 Rn. 17 f. – antiKALK). Etwas anderes würde nur gelten, wenn die Binnengroßschreibung die Bedeutung verändern würde (SatAn, FreiSing, VoRWEg etc.), also motiviert ist. Das wäre beim Deutlichmachen einer Applikation der Fall, wenn der weitere Bestandteil einen eigenen Sinngehalt hätte und z. B. deren Thema angeben würde, was bei „otheke“ nicht der Fall ist.

(b)
Auch die Ungenauigkeiten in der Schreibweise ist bei der vorliegenden Wortmarke unbeachtlich, da das Publikum orthografische Unterschiede regelmäßig oder sehr häufig nicht bemerkt (BGH, a. a. O. Rn. 18 – Lichtenstein).

Die in der angegriffenen Marke durch das weitere „p“ veränderte Schreibweise hat bereits eine große Ähnlichkeit mit dem Begriff „Apotheke“.
Die Verdopplung des Buchstaben „p“ führt zu keiner Veränderung im Erscheinungsbild des Wortes; die Unterlänge ist bereits vorhanden und bei acht Buchstaben tritt ein weiterer, doppelter nicht in Erscheinung. Phonetisch führt das weitere „p“ zu keiner Abweichung. Vielmehr entspricht es der korrekten harten Aussprache des „p“ im Wort „Apotheke“, die sogar eine Schreibweise mit doppeltem „p“ nahelegen könnte. Die Leser werden das weitere „p“ daher wegen der Geringfügigkeit der Veränderung gar nicht wahrnehmen oder für einen Schreibfehler halten.
So bestätigen die zahlreichen von der Markenabteilung in Bezug genommenen Belege, dass die allgemein aufmerksamen Durchschnittsverbraucher die korrekte Schreibweise des Begriffs häufig nicht kennen bzw. darauf keinen Wert legen und vielmehr auch in der abgewandelten Form mit doppeltem „p“ nur die Sachangabe erkennen. Dies führt vereinzelt sogar so weit, dass – wie von der Markenabteilung bereits belegt – Apothekenbetreiber im Internet beide Schreibweisen mit einem und zwei „p“ auf ihren Webseiten nennen, damit offensichtlich unwissende oder unaufmerksame Verbraucher sie dennoch finden können.

(c)
Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin weist die Bezeichnung, selbst wenn der durchschnittlich aufmerksame Leser darin eine Verwendung von „application“ erkennen sollte, keine möglicherweise schutzbegründende, echte Mehrdeutigkeit im Sinn einer von dem ursprünglichen Begriff abweichenden Bedeutung auf.
Schon nach ihren eigenen Ausführungen soll die Verdoppelung des Buchstaben „p“ zu der Lesart „App“ für „application“ und Apotheke führen (Schriftsatz v. 31.10.2014, S. 11 oben). Auch damit bleibt der Sachbegriff für das Zeichen bestimmend und wird allenfalls um eine Anwendungsmöglichkeit erweitert.

(d)
Die gegenüber dem Sachbegriff abgewandelte Form weist demnach keine individualisierende Eigenheit auf, und die fehlerhafte Schreibweise wird regelmäßig nicht als solche erkannt.

Diese Ansicht stützen auch die im Verfahren bereits zitierten Entscheidungen zu „Lichtenstein“ (BGH, Beschluss v. 17.07.2003 – I ZB 10/01, GRUR 2003, 882), „NATURLICH“ (BPatG, Beschluss v. 08.07.2009 – 28 W (pat) 154/08) und „SCHLÜSEL“ (BPatG, Beschluss v. 28.05.2009 – 30 W (pat) 25/09).
In der von der Beschwerdeführerin herangezogenen Entscheidung „JURnal“ (BPatG, Beschluss v. 08.11.2006 – 29 W (pat) 17/06) weist der Senat ausdrücklich darauf hin, dass „die Anmelderin in Kenntnis der Tatsache, dass bei der Festlegung auf eine Wortmarke der optische Eindruck durch die Schreibweise keine Rolle spielen würde, sich für die Anmeldung als Wort- / Bildmarke entschieden … hätte“.

Soweit die Beschwerdeführerin darüber hinaus auf die Beurteilung von Marken im Rahmen von Verwechslungsverfahren Bezug nimmt, können diese Bewertungen nicht ohne Einschränkung auf die Frage der Unterscheidungskraft bei Markenanmeldungen übertragen werden.
Die Unterscheidungskraft einer Marke besteht zunächst unabhängig von der Markenbenutzung. Eine Marke ist als solche unterscheidungskräftig oder nicht unter-scheidungskräftig. Eine Marke erfüllt ihre Aufgabe als identifizierendes Unterscheidungszeichen aber erst mit ihrer Benutzung zur Identifikation von Unternehmensprodukten auf dem Markt. Die Markenbenutzung wirkt sich auf den Grad der Unterscheidungskraft der Marke aus. Je nach der Intensität der Markenbenutzung, wie etwa Dauer und Umfang, wird die Kennzeichnungskraft der Marke gestärkt. Nur dort, wo die Kennzeichnungskraft einer Marke eine Rolle spielt, also bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr, kann die benutze Form der Marke erheblich werden. Grundsätzlich muss auch die Prüfung der Verwechslungsgefahr von den Marken in ihrer eingetragenen oder angemeldeten Form ausgehen, da diese für die Bestimmung des verteidigten bzw. beanspruchten Schutzbereichs maßgeblich ist. Nach allgemeiner Auffassung sind allerdings daneben auch andere verkehrs-übliche Wiedergabeformen zu berücksichtigen. Bei der schriftbildlichen Ähnlichkeit von reinen Wortzeichen sind die Schreibweisen in Groß- und Kleinbuchstaben und in üblichen Schrifttypen in den Schutzumfang einzubeziehen. Jede verkehrsübliche Wiedergabeform ist zu berücksichtigen (BPatG, Beschluss v. 02.01.1999 – 25 W (pat) 9/99, GRUR 2000, 897 Rn. 16 – CC 1000 m. w. N.). Die von der eingetragenen Form abweichende Schreibweise darf allerdings keinen Zweifel an der Identität der Wortmarke aufkommen lassen (Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, § 14 MarkenG Rn. 334 m. w. N.).
So legt der Bundesgerichtshof in der AntiVir-Entscheidung seiner Prüfung ausdrücklich „die markenmäßige Verwendung des angegriffene Bezeichnung“ zugrunde und stellt fest: „Bei Zeichen, die sich wie „AntiVir“ als Abwandlungen frei-haltungsbedürftiger Angaben darstellen, kann demnach bei der Prüfung einer Verwechslungsgefahr nicht entscheidend auf Übereinstimmungen allein mit der beschreibenden Angabe selbst abgestellt werden. Maßgebend für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr muss vielmehr gegenüber der angegriffenen Bezeichnung der Eindruck der Klagemarke in der den Schutz dieses Zeichens begründenden Gestaltung sein.“ (Urteil v. 20.03.2003 – I ZR 60/01, GRUR 2003, 963 Rn. 16, 28).

In den von der Beschwerdeführerin genannten Verfahren „air-dsl“ und „POWER BALL“ legt der Bundesgerichtshof seinen Entscheidungen daher – soweit von der jeweiligen Eintragung gedeckt – die Marke bzw. das Zeichen in der benutzten Form zugrunde (Urteil v. 14.09.2009 – I ZR 231/02, GRUR 2009, 1055 Rn. 34 – airdsl; v. 04.02.2010 – I ZR 51/08, GRUR 2010, 835 Rn. 32 – POWER BALL; v. 27.06.2013 – I ZR 53/12, GRUR 2014, 182 – Fleurop). Im Verletzungsverfahren wird nämlich der konkrete Einzelfall geprüft, ob das verwendete Zeichen die Rechte aus einer anderen Marke beeinträchtigt. Dann können und müssen dort auch schriftbildliche Unterschiede berücksichtigt werden.
Dies sagt allerdings nichts darüber aus, welche schriftbildliche Gestaltung einer Anmeldung der Prüfung der Unterscheidungskraft im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG im Eintragungsverfahren zugrunde zu legen ist.
Nach alledem war der Beschwerde der Markeninhaberin der Erfolg zu versagen.

3.
Zur Kostenauferlegung bestand kein Anlass, vgl. § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG.

Zur Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 83 Abs. 1 u. 2 MarkenG bestand, wovon auch die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung ausging, kein Anlass. Insbesondere liegt den in Bezug genommen Entscheidung kein anderer rechtlicher Maßstab, sondern allenfalls eine andere Tatsachenlage oder -bewertung zugrunde.

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