Gekürzter Schadensersatz bei Kündigung eines Flatrate-Handyvertrages durch Anbieter

12. November 2012
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Eigener Leitsatz:

Kündigt ein Mobilfunkanbieter dem Kunden wegen Zahlungsrückstands, so steht ihm Schadensersatz für die ursprüngliche Laufzeit zu. Hatte der Kunde jedoch einen Flatrate-Tarif, so sind die ersparten Aufwendungen, welche mindestens 50% betragen, vom Schadensersatz abzuziehen.

Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg

Urteil vom 05.09.2012

Az.: 24 C 107/12

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 39,28 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.08.2009 sowie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 104,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.05.2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 94 % und der Beklagte 6 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Zum Sachverhalt

Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Vergütung aus einem gekündigten Mobilfunkvertrag, den die Klägerin aufgrund Zahlungsverzugs des Beklagten fristlos gekündigt hatte. Neben den Entgelten für die vertraglich erbrachten Leistungen verlangt die Klägerin auch die Zahlung der bis zum vorgesehenen Vertragsende vereinbarten Grundgebühr in Höhe von 67,18 € monatlich. Die Grundgebühr berechtigte den Beklagten zur – teilweise – unbegrenzten Inanspruchnahme von Telekommunikationsdienstleistungen im Inland (sog. Flatrate).

Gründe

Die zulässige Klage ist nur aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.

I.
Die Klägerin hatte gegen den Beklagten zunächst Forderungen in Höhe von 919,28 €. Diese Summe errechnet sich wie folgt:

– Rechnung vom 15.04.2009    212,18 €
– Rechnung vom 15.06.2009    164,55 €
– Rechnung vom 16.07.2009    132,03 €
– Rechnung vom 09.08.2009    390,52 €
– Mahnkosten in Höhe von         20,00 €
____________________________________
                                             919,28 €

Hinsichtlich der Rechnungen aus April, Juni und Juli 2009 ergab sich der Anspruch aus § 611 Abs. 1 BGB, denn die Klägerin hat dem Beklagten durch das Zurverfügungstellen von Anschluss und Verbindungen eine entgeltpflichtige Dienstleistung erbracht.

Abzüglich der vom Beklagten gezahlten 880,00 €, welche auf die Rechnungen der Klägerin zu verrechnen waren, mit der Folge, dass aus der Rechnung vom 09.08.2009 noch 19,28 € offen sind, ergibt sich zuzüglich der noch offenen Mahnkosten der ausgeurteilte Betrag.

Hinsichtlich der Rechnung vom 09.08.2009 stehen der Klägerin entgegen der geltend gemachten 645,73 € lediglich 390,52 € zu, denn das Gericht erachtet den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch gemäß § 628 Abs. 2 BGB in Höhe von 531,77 € für den Anschluss mit der Rufnummer … in dieser Höhe für nicht gegeben, da dieser Betrag nicht in der gebotenen Höhe die von der Klägerin durch die Vertragsbeendigung ersparten Aufwendungen berücksichtigt. Hier ist nämlich zu berücksichtigen, dass der Beklagte für diese Rufnummer eine sog. Flatrate vereinbart hatte, die es dem Beklagten ermöglicht, für eine hohe Grundgebühr von 67,18 € Telekommunikationsleistungen der Klägerin unbegrenzt in Anspruch zu nehmen. Steht diese Möglichkeit der Inanspruchnahme jedoch aufgrund der Sperrung nicht mehr zur Verfügung, so ist die Schlussfolgerung, dass die Klägerin nicht unerhebliche Aufwendungen erspart hätte, geradezu zwingend (so auch AG Hamburg-Barmbek, Urteil vom 15.07.2011 – 822 C 182/10 – zitiert nach iuris). Dies ergibt sich beispielsweise schon aus dem Vergleich der verschiedenen Tarife der Klägerin, wonach auch die Möglichkeit besteht, nur eine geringe Grundgebühr von 8,95 € monatlich zu vereinbaren und dann für jedes einzelne abgehende Gespräch Verbindungsentgelte zu entrichten. Diese Tarifgestaltung zeigt, dass die tatsächliche Inanspruchnahme der Leistung einen vergütungspflichtigen Wert darstellt, so dass sich der Umkehrschluss, wonach die Nicht-Zurverfügungstellung und Inanspruchnahme der Telekommunikationsdienste einen wirtschaftlichen Vorteil des Anbieters der Leistung bedeutet, aufdrängt. Dieser ist nach den allgemeinen Regeln der Schadensberechnung, entsprechend dem Rechtsgedanken des § 649 Satz 2 BGB, bei der Berechnung des Schadensersatzanspruchs in Abzug zu bringen. Das Gericht schätzt die ersparten Aufwendungen gemäß § 287 ZPO mit mindestens 50 % der Grundgebühr ein.

Es ergibt sich daher folgende Berechnung:

Monatlicher Grundpreis für die Zeit vom 15.07.2009 bis zum 22.03.2010= 553,12 €, hiervon 50 % = 276,56 €. Zuzüglich des vertraglichen Rechnungsbetrags von 57,96 € sowie des weiteren, insoweit zutreffend berechneten Schadensersatzbetrages von 56,00 € ergibt sich der o.g. Betrag von 390,52 €.

II.
1. Der Beklagte ist gem. §§ 280, 286 BGB auch zur Erstattung der Mahnkosten in Höhe von pauschal 20,00 € verpflichtet. Ferner ist die Klageforderung gemäß §§ 280, 286, 288 BGB wie tituliert zu verzinsen.

2. Da sich der Beklagte mit der – ursprünglichen – Forderung in Höhe von 899,28 € in Zahlungsverzug befunden hat, hat er auch die hierdurch entstanden Rechtsverfolgungskosten für die vorgerichtliche anwaltliche Inanspruchnahme zu erstatten. Diese betragen auf diesen geringeren Streitwert allerdings lediglich 104,50 € (1,3-Geschäftsgebühr zzgl. Auslagenpauschale). Auch diese Nebenforderung ist gemäß §§ 280, 286, 288 BGB wie tituliert zu verzinsen.

III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 269 Abs. 3, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

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