„Sponsored by“ für die Kenntlichmachung einer Anzeige nicht ausreichend
Bundesgerichtshof
Urteil vom 06.02.2014
Az.: I ZR 2/11
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Februar 2014 durch die Richter Prof. Dr. Büscher, Pokrant, Dr. Kirchhoff, Dr. Koch und Dr. Löffler für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 15. Dezember 2010 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Klägerin gibt das „Stuttgarter Wochenblatt“ heraus, die ebenfalls in Stuttgart ansässige Beklagte ist Verlegerin des Anzeigenblatts „GOOD NEWS“.
Die Beklagte veröffentlichte in der Ausgabe Juni 2009 ihres Anzeigenblatts die nachstehend verkleinert eingeblendeten Beiträge, für die sie von Sponsoren ein Entgelt erhalten hatte.
Der auf Seite 10 unter der Rubrik „GOOD NEWS PROMINENT“ abgedruckte Beitrag trägt die Überschrift „VfB VIP-GEFLÜSTER“. Dabei handelt es sich um eine redaktionelle Berichterstattung über prominente Gäste, die beim Saisonabschluss des Fußballbundesligisten VfB Stuttgart anwesend waren.
Zwischen der Titelzeile, die auch eine kurze Einleitung enthält, und der 19 Fotografien umfassenden Bildberichterstattung befindet sich ein Hinweis darauf, dass der Artikel von Dritten finanziert wurde. Dieser Hinweis erfolgt durch graphische Hervorhebung des Firmennamens „Scharr“ mit dem Zusatz „Sponsored by“. Unterhalb dieses Beitrags befindet sich eine mit einem Trennstrich abgesetzte und mit dem Wort „Anzeige“ kenntlich gemachte Werbung, die eine Berichterstattung über den Beginn der Umbauarbeiten der Mercedes-Benz Arena sowie eine Werbung für das Produkt „SCHARR BIO HEIZÖL“ enthält, das vom Sponsor des redaktionellen Beitrags angeboten wird.
Der auf Seite 13 unter der Rubrik „GOOD NEWS WUNDERSCHÖN“ abgedruckte Beitrag ist Teil der Serie mit dem Titel „WOHIN STUTTGARTER VERREISEN“ und trägt den Titelzusatz: „Heute: LEIPZIG“. Dabei handelt es sich um ein redaktionelles Kurzporträt der Stadt Leipzig. In der Titelzeile befindet sich mit dem Zusatz „sponsored by“ ebenfalls ein graphisch hervorgehobener Hinweis auf das Unternehmen Germanwings, das für diesen Artikel einen finanziellen Beitrag geleistet hatte. In der rechten unteren Ecke ist zudem eine Werbung dieses Unternehmens abgedruckt, die ebenfalls mit dem Wort „Anzeige“ kenntlich gemacht und mit einem Trennstrich vom redaktionellen Beitrag abgesetzt ist. Die Werbung enthält ein Gewinnspiel, bei dem die Teilnehmer unter anderem zwei Flüge nach Leipzig gewinnen konnten, wenn sie die Preisfrage richtig beantworteten.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Veröffentlichungen verstießen gegen § 10 des Landespressegesetzes Baden-Württemberg (LPresseG BW), weil sie nicht deutlich als Anzeigen gekennzeichnet seien. Da die jeweiligen Sponsoren für die Veröffentlichungen bezahlt hätten, handele es sich um entgeltliche Veröffentlichungen im Sinne der genannten Bestimmung des Landespressegesetzes.
Die Beklagte hat demgegenüber unter anderem geltend gemacht, die veröffentlichten Beiträge seien von einer unabhängigen Redaktion gewissenhaft recherchiert und journalistisch aufbereitet worden. Sie erhalte das Entgelt auch nicht für eine bestimmte Veröffentlichung, sondern allein für die darin abgedruckten Sponsorenhinweise. Die Verbraucher würden zudem in ausreichender Art und Weise in den Veröffentlichungen auf das Sponsoring hingewiesen.
Das Landgericht hat der Beklagten antragsgemäß untersagt, in dem Blatt „GOOD NEWS“ entgeltliche Veröffentlichungen ohne die Kennzeichnung als „Anzeige“ zu veröffentlichen oder veröffentlichen zu lassen, wie dies in der Ausgabe Juni 2009 auf den Seiten 10 und 13 geschehen ist. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben (OLG Stuttgart, Urteil vom 15. Dezember 2010 – 4 U 112/10, juris). Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen.
Mit Beschluss vom 19. Juli 2012 hat der Senat dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt (BGH, GRUR 2012, 1056 = WRP 2012, 1219 – GOOD NEWS I):
Stehen Art. 7 Abs. 2 und Nr. 11 des Anhangs I zu Art. 5 Abs. 5 in Verbindung mit Art. 4 und Art. 3 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken der Anwendung einer nationalen Vorschrift (hier: § 10 Landespressegesetz Baden-Württemberg) entgegen, die neben dem Schutz der Verbraucher vor Irreführungen auch dem Schutz der Unabhängigkeit der Presse dient und die im Gegensatz zu Art. 7 Abs. 2 und Nr. 11 des Anhangs I zu Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie jede entgeltliche Veröffentlichung unabhängig von dem damit verfolgten Zweck verbietet, wenn die Veröffentlichung nicht durch die Verwendung des Begriffs „Anzeige“ kenntlich gemacht wird, es sei denn, schon durch die Anordnung und Gestaltung der Veröffentlichung ist zu erkennen, dass es sich um eine Anzeige handelt?
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat diese Frage wie folgt beantwortet (EuGH, Urteil vom 17. Oktober 2013 – C-391/12, GRUR 2013, 1245 = WRP 2013, 1575 – RLvS Verlagsgesellschaft mbH/Stuttgarter Wochenblatt GmbH):
Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens ist es nicht möglich, sich gegenüber Presseverlegern auf die Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinie 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) zu berufen, so dass die Richtlinie unter diesen Umständen dahin auszulegen ist, dass sie der Anwendung einer nationalen Bestimmung nicht entgegensteht, wonach Presseverleger jede Veröffentlichung in ihren periodischen Druckwerken, für die sie ein Entgelt erhalten, speziell kennzeichnen müssen – im vorliegenden Fall mit dem Begriff „Anzeige“ -, es sei denn, durch die Anordnung und Gestaltung der Veröffentlichung ist allgemein zu erkennen, dass es sich um eine Anzeige handelt.
Die Beklagte verfolgt mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, den Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat die Klage aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 10 LPresseG BW für begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:
Die in Rede stehenden redaktionell aufgemachten Beiträge in dem von der Beklagten verlegten Anzeigenblatt „GOOD NEWS“ seien trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 10 LPresseG BW nicht in ausreichendem Maße als Anzeigen gekennzeichnet. Die Beklagte habe unter dem Deckmantel eines redaktionellen Artikels Wirtschaftswerbung betrieben. Es komme nicht darauf an, ob die Rubriken – wie von der Beklagten vorgetragen – unabhängig recherchiert und erstellt worden seien. Das strikte Gebot der Kenntlichmachung von Anzeigen werde verletzt, wenn der präzise Begriff der Anzeige – wie im vorliegenden Fall – vermieden und stattdessen ein unscharfer Begriff gewählt werde. Die Kennzeichnung der Beiträge mit den Wörtern „sponsored by“ reiche nicht aus, um den Anzeigencharakter der Veröffentlichungen zu verdeutlichen.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision sind unbegründet. Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Unterlassungsanspruch mit Recht gemäß §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 10 LPresseG BW für begründet erachtet.
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei den beanstandeten Veröffentlichungen um „geschäftliche Handlungen“ der Beklagten im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG gehandelt hat. Nach der genannten Bestimmung ist eine solche Handlung jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Der Begriff der „geschäftlichen Handlung“ gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG reicht weiter als der unionsrechtliche Begriff der „Geschäftspraktiken“ in Art. 2 Buchst. d der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken, der nur Verhaltensweisen von Gewerbetreibenden umfasst, die unmittelbar mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung eines Produkts an Verbraucher zusammenhängen. Nach der Definition des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG erfasst der Begriff der „geschäftlichen Handlung“ auch Maßnahmen gegenüber Unternehmern und sonstigen Marktteilnehmern sowie Verhaltensweisen, die sich unmittelbar gegen Mitbewerber richten. Ebenso werden Handlungen Dritter zur Förderung des Absatzes oder Bezugs eines fremden Unternehmens umfasst, die nicht im Namen oder im Auftrag des Unternehmers handeln (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 – I ZR 123/06, GRUR 2009, 878 Rn. 11 = WRP 2009, 1082 – Fräsautomat; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 2 Rn. 8). Die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken steht der weiterreichenden Definition der „geschäftlichen Handlung“ nicht entgegen, da sie nur einen Teilaspekt auf dem Gebiet des unlauteren Wettbewerbs regelt (vgl. die Erwägungsgründe 6 bis 8 der Richtlinie; BGH, Urteil vom 10. Januar 2013 – I ZR 190/11, GRUR 2013, 945 Rn. 18 = WRP 2013, 1183 – Standardisierte Mandatsbearbeitung).
Das Berufungsgericht hat zwar nicht ausdrücklich erörtert, ob die Voraussetzungen für das Vorliegen einer „geschäftlichen Handlung“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG im Streitfall erfüllt sind. Aus seinen Ausführungen zur Wettbewerbswidrigkeit des Handelns der Beklagten ergibt sich jedoch, dass eine „geschäftliche Handlung“ der Beklagten gegeben ist. Das Berufungsgericht hat angenommen, ein im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb wettbewerbswidriges Handeln liege vor, wenn das Verhalten objektiv geeignet sei, den Absatz oder den Bezug einer Person zum Nachteil einer anderen zu begünstigen. Die Nennung eines Sponsornamens sei objektiv geeignet, den Wettbewerb des Sponsors selbst zu fördern. Gleichzeitig handele derjenige, der das Sponsoring in Anspruch nehme, in der Absicht, den eigenen Wettbewerb zu fördern, da das Sponsoring nicht oder allenfalls in nur geringem Maße der Information des Lesers diene. Das Sponsoring geschehe vorrangig im eigenen Interesse des Veröffentlichenden, da er sich den Sponsor gewogen mache und dadurch die eigene Wettbewerbslage verbessere. Mit diesen Darlegungen hat das Berufungsgericht zugleich die Voraussetzungen für das Vorliegen einer „geschäftlichen Handlung“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG festgestellt. Die Revision erhebt insoweit auch keine Beanstandungen.
2. Bei dem in § 10 LPresseG BW geregelten Gebot der Trennung von Beiträgen mit redaktionellem Inhalt und Werbung handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG.
a) Nach § 4 Nr. 11 UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Gemäß § 10 LPresseG BW hat der Verleger eines periodischen Druckwerks, der für eine Veröffentlichung ein Entgelt erhalten, gefordert oder sich hat versprechen lassen, diese Veröffentlichung, soweit sie nicht schon durch Anordnung und Gestaltung allgemein als Anzeige zu erkennen ist, deutlich mit dem Wort „Anzeige“ zu bezeichnen. Die Vorschrift des § 10 LPresseG BW, die sich in fast wortgleicher Form in nahezu allen Presse- oder Mediengesetzen der Länder findet, ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG. Sie verfolgt zwei gleichrangig nebeneinanderstehende Ziele: Zum einen will sie eine Irreführung der Leser verhindern, die daraus resultiert, dass die Verbraucher häufig Werbemaßnahmen, die als redaktionelle Inhalte getarnt sind, unkritischer gegenüberstehen als einer Wirtschaftswerbung, die als solche erkennbar ist (BGH, Urteil vom 1. Juli 2010 – I ZR 161/09, GRUR 2011, 163 Rn. 13, 24 = WRP 2011, 210 – Flappe; BGH, GRUR 2012, 1056 Rn. 10 – GOOD NEWS I). Zum anderen dient das Gebot der Trennung der Werbung vom redaktionellen Teil der Erhaltung der Objektivität und Neutralität der Presse (vgl. BGH, GRUR 2011, 163 Rn. 24 – Flappe; GRUR 2012, 1056 Rn. 10 – GOOD NEWS I; ferner zum Trennungsgebot in den Rundfunkstaatsverträgen BGH, Urteil vom 22. Februar 1990 – I ZR 78/88, BGHZ 110, 278, 290 f. – Werbung im Programm). Damit soll – auch außerhalb des geschäftlichen Verkehrs – der Gefahr eines sachfremden Einflusses auf die Presse begegnet werden. Insofern erfüllt das presse- und medienrechtliche Trennungsgebot eine wichtige Funktion zum Schutz der Objektivität und Neutralität der Presse und des Rundfunks. Dieser Schutz kann allein durch die Vorschriften des § 3 Abs. 3 UWG in Verbindung mit Nr. 11 des Anhangs und § 4 Nr. 3 UWG nicht gewährleistet werden (BGH, GRUR 2012, 1056 Rn. 10 und 13 f. – GOOD NEWS I).
b) Die Vorschrift des § 10 LPresseG BW ist allerdings im Lichte von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG (Meinungs- und Pressefreiheit) auszulegen und anzuwenden, damit die wertsetzende Bedeutung dieser Grundrechte auch auf der Ebene der Rechtsanwendung zur Geltung kommt (vgl. BVerfGE 62, 230, 244; BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Juli 2005 – 1 BvR 217/99, NJW 2005, 3201). Die genannten Grundrechte werden jedoch nicht schrankenlos gewährt.
Nach Art. 5 Abs. 2 GG finden sie ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze. Hierzu zählen die Bestimmungen, die den Schutz der Lauterkeit des Wettbewerbs bezwecken, weil der Gesetzgeber damit einen legitimen Gemeinwohlbelang verfolgt (BVerfG, NJW 2005, 3201).
Das in § 10 LPresseG BW enthaltene Gebot, Werbung und redaktionellen Teil einer Zeitung zu trennen, dient der Beachtung der Regeln des lauteren Wettbewerbs. Es ist daher geeignet, die gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG gewährleisteten Grundrechte einzuschränken. Dementsprechend widerspricht es auch nicht dem Grundrechtsschutz aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG, dass getarnte Werbung grundsätzlich wettbewerbswidrig ist (BVerfG, NJW 2005, 3201).
Mit dem Gebot, redaktionelle Beiträge und Werbung in Printmedien zu trennen, darf aber keine übermäßige Beschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit einhergehen (BVerfG, NJW 2005, 3201). Das ist bei den in § 10 LPresseG normierten Anforderungen nicht der Fall. Einem Presseunternehmen bleibt es grundsätzlich möglich, im redaktionellen Teil des von ihm herausgegebenen Printmediums über bestimmte Unternehmen und deren Produkte zu berichten.
Eine derartige Berichterstattung muss – was dem Presseunternehmen angesichts des Schutzzwecks von § 10 LPresseG BW auch zumutbar ist – im Falle einer entgeltlichen Veröffentlichung nur deutlich mit dem Wort „Anzeige“ bezeichnet werden, wenn der Anzeigencharakter nicht schon aufgrund der Anordnung oder Gestaltung der Veröffentlichung zu erkennen ist.
c) Unter den im Streitfall gegebenen Umständen stehen einer Anwendung des § 10 LPresseG BW auch nicht die Vorschriften der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken entgegen. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat auf den Vorlagebeschluss des Senats vom 19. Juli 2012 (GRUR 2012, 1056 – GOOD NEWS I) entschieden, dass eine Fallgestaltung, wie sie hier zu beurteilen ist, nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2005/29/EG fällt. Er hat seine Entscheidung damit begründet, dass es sich bei dem beanstandeten Verhalten der Beklagten nicht um eine „Geschäftspraktik von Unternehmen gegenüber Verbrauchern“ im Sinne von Art. 2 Buchst. d der Richtlinie 2005/29/EG handelt. Der Begriff „Geschäftspraktiken“ müsse zwar grundsätzlich weit ausgelegt werden. Die zu beurteilenden Praktiken müssten jedoch gewerblicher Natur sein, also von Gewerbetreibenden ausgeübt werden, und zudem unmittelbar mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung ihrer Produkte an Verbraucher zusammenhängen. Veröffentlichungen des Presseverlegers, mit denen Produkte und Dienstleistungen Dritter möglicherweise mittelbar – beworben würden, seien nicht geeignet, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers bei seiner Entscheidung, das – im Übrigen kostenlos verteilte – Anzeigenblatt zu erwerben oder zur Hand zu nehmen, wesentlich zu beeinflussen. Daher könne eine solche verlegerische Praxis für sich genommen nicht als „Geschäftspraktik“ dieses Verlegers im Sinne von Art. 2 Buchst. d der Richtlinie 2005/29/EG angesehen werden (EuGH, GRUR 2013, 1245 Rn. 37, 41 – RLvS Verlagsgesellschaft/Stuttgarter Wochenblatt).
Der Gerichtshof hat zudem hervorgehoben, dass es nicht Aufgabe der Richtlinie 2005/29/EG sei, einen Mitbewerber des beklagten Presseunternehmens zu schützen, weil dieses Veröffentlichungen vorgenommen habe, die geeignet seien, die Produkte oder Dienstleistungen von Inserenten zu bewerben, die diese Veröffentlichungen gesponsert hätten, ohne dass – entgegen den Anforderungen des § 10 LPresseG BW – eine Kennzeichnung mit dem Begriff „Anzeige“ erfolgt wäre (EuGH, GRUR 2013, 1245 Rn. 42 – RLvS Verlagsgesellschaft/Stuttgarter Wochenblatt). Die Richtlinie 2005/29/EG (insbesondere Nr. 11 ihres Anhangs I) gebe dem inserierenden Unternehmen zwar auf, deutlich darauf hinzuweisen, dass es einen redaktionellen Medieninhalt finanziert habe, wenn dieser Inhalt dazu diene, ein Produkt oder eine Dienstleistung dieses Gewerbetreibenden zu bewerben. Die Verpflichtung der Presseverleger gemäß § 10 LPresseG BW entspreche jedoch in Wirklichkeit im Wesentlichen den Verpflichtungen, die der Unionsgesetzgeber den Medienanbietern im Rahmen der Richtlinien 89/552/EWG und 2010/13/EG für den audiovisuellen Bereich auferlegt habe, wenn ihre audiovisuellen Dienste oder Sendungen von Drittunternehmen gesponsert würden. Da der Unionsgesetzgeber kein Sekundärrecht dieser Art für die Printmedien erlassen habe, blieben die Mitgliedstaaten befugt, den Presseverlegern die Pflicht aufzuerlegen, die Leser auf das Sponsoring von redaktionellen Inhalten aufmerksam zu machen (EuGH, GRUR 2013, 1245 Rn. 48 f. – RLvS Verlagsgesellschaft/Stuttgarter Wochenblatt).
Danach ist das beanstandete Verhalten der Beklagten nicht an den in der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken aufgestellten Vorschriften zu messen. Maßgeblich ist allein, ob die Beklagte mit ihrem Verhalten gegen § 10 LPresseG BW verstoßen hat.
3. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsverstoß angenommen, dass die Beklagte für die Veröffentlichung der beiden hier in Rede stehenden Beiträge „VfB VIP-GEFLÜSTER“ und „WOHIN STUTTGARTER VERREISEN“ von den Sponsoren Scharr und Germanwings ein Entgelt erhalten und deshalb gegen § 10 LPresseG BW verstoßen hat.
a) Die von der Klägerin beanstandeten Veröffentlichungen haben einen redaktionellen Inhalt. Dies ist anzunehmen, wenn der Beitrag seiner Gestaltung nach als objektive neutrale Berichterstattung durch das Medienunternehmen selbst erscheint. Maßstab ist das Verständnis des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Verbrauchers (vgl. OLG Hamburg, WRP 2012, 1287 Rn. 5; Hoene in Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl., § 24 Rn. 6 ff.; Löffler/Sedelmeier, Presserecht, 5. Aufl., LPG § 10 Rn. 14 f.; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO Anh. zu § 3 Abs. 3 Rn. 11. 2). Ohne Bedeutung ist dabei, ob der Beitrag vom werbenden Unternehmen selbst oder von einem Redakteur des Presseunternehmens verfasst worden ist (Köhler in Köhler/Bornkamm aaO Anh. zu § 3 Abs. 3 Rn. 11. 2).
Die Veröffentlichung auf Seite 10 in der Ausgabe Juni 2009 des Anzeigenblatts „GOOD NEWS“ enthält unter der Überschrift „VfB VIP-GEFLÜSTER“ einen mit Bildern angereicherten redaktionellen Bericht zum Saisonabschluss des VfB Stuttgart. In dem auf Seite 13 in derselben Ausgabe des Anzeigenblatts veröffentlichten Artikel wird in einem redaktionell aufgemachten Beitrag Leipzig als Reiseziel vorgestellt.
b) Entgegen der Ansicht der Revision erfordert die Anwendung des § 10 LPresseG BW nicht, dass es sich bei der Veröffentlichung um eine Werbeanzeige handeln muss. Dem Wortlaut der genannten Bestimmung kann eine solche Beschränkung nicht entnommen werden. Davon abgesehen handelt es sich bei den in Rede stehenden Veröffentlichungen aber auch um Werbeanzeigen der Sponsoren Scharr und Germanwings in Gestalt von Aufmerksamkeitswerbung. Die Sponsoren werden in unmittelbarem Zusammenhang mit den redaktionellen Beiträgen genannt. Dadurch wird zumindest mittelbar der Absatz der Waren oder Dienstleistungen der genannten Sponsoren gefördert. Es ist nicht erforderlich, dass in dem Beitrag das geförderte Produkt kenntlich gemacht wird. Ein Einsatz zu Zwecken der Verkaufsförderung ist anzunehmen, wenn ein Unternehmer die Absicht hat, durch den bezahlten redaktionellen Artikel den Absatz seiner Waren oder Dienstleistungen zu fördern. Von einer solchen Absicht ist immer dann auszugehen, wenn der Beitrag – wie im vorliegenden Fall – objektiv eine Werbung enthält (vgl. BGH, GRUR 2011, 163 Rn. 18 – Flappe; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO Anh. zu § 3 Abs. 3 Rn. 11. 3; Begründung zum Regierungsentwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, BT-Drucks. 16/10145, S. 32).
c) Entgegen der Ansicht der Revision kommt es auch nicht darauf an, ob das Entgelt gerade für die konkret in Rede stehende Veröffentlichung bezahlt wurde. Einen derart engen Zusammenhang zwischen Entgelt und Veröffentlichung verlangt § 10 LPresseG BW nicht. In der genannten Bestimmung wird nur allgemein darauf abgestellt, dass der Verleger eines periodischen Druckwerks für eine Veröffentlichung ein Entgelt erhalten hat. Der für § 10 LPresseG BW erforderliche Zusammenhang zwischen Finanzierung und Veröffentlichung ist daher auch dann gegeben, wenn der Unternehmer an den Verleger vorab ein Entgelt zahlt, damit seine getarnte Werbung in regelmäßigen oder unregelmäßigen Abständen veröffentlicht wird. Der Verleger muss das Entgelt nicht in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Veröffentlichung erhalten (vgl. Löffler/Sedelmeier aaO LPG § 10 Rn. 18; Hoene in Soehring/Hoene aaO § 24 Rn. 8). Daher kommt es entgegen der Ansicht der Revision auch nicht darauf an, dass der Inhalt der in Rede stehenden redaktionellen Beiträge nicht von den Sponsoren beeinflusst worden ist.
d) Schließlich kann der durchschnittliche Leser der Gestaltung der streitgegenständlichen redaktionellen Beiträge auch nicht mit der gebotenen Deutlichkeit entnehmen, dass die Beklagte für die Veröffentlichungen von den in den Artikeln genannten Unternehmen ein Entgelt erhalten hat.
Das Berufungsgericht hat den Hinweis „Sponsored by“ zur Kenntlichmachung des Anzeigencharakters der redaktionell aufgemachten Beiträge nicht ausreichen lassen, weil der Hinweis nicht in deutscher Sprache erfolgt sei, so dass ihn diejenigen Leser, die die englische Sprache nicht beherrschten, nicht verstünden. Aber auch dann, wenn man davon ausgehe, dass der Begriff des Sponsors allgemein dahingehend verstanden werde, dass dieser ein Ereignis, eine Sendung oder vergleichbare Anlässe finanziell unterstütze, sei hiervon die in den Beiträgen verwendete Wortkombination „Sponsored by“ zu unterscheiden, die eine englische Wortfolge darstelle und nicht notwendigerweise mit dem Begriff des Sponsors gleichgesetzt werden könne. Zudem müsse unter dem Zusatz „Sponsored by“ nicht zwingend verstanden werden, dass es sich um eine Anzeige im Sinne des § 10 LPresseG BW handele, da das Sponsoring in der Presse – im Gegensatz zu Rundfunk und Fernsehen – bisher keine oder allenfalls eine nur untergeordnete Rolle spiele. Dem Durchschnittsleser dränge sich damit nicht auf, dass für die Veröffentlichung des Beitrags ein Entgelt bezahlt worden sei.
Die vom Berufungsgericht vorgenommene Würdigung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das strikte Gebot der Kenntlichmachung von Anzeigen wird grundsätzlich verletzt, wenn der präzise Begriff der „Anzeige“ wie im vorliegenden Fall – vermieden und stattdessen ein unscharfer Begriff gewählt wird (vgl. Hoene in Soehring/Hoene aaO § 24 Rn. 7; Löffler/Sedelmeier aaO LPG § 10 Rn. 28). Die Kennzeichnung der Beiträge mit den Wörtern „Sponsored by“ reicht nicht aus, um den Anzeigencharakter der Veröffentlichungen zu verdeutlichen. Entscheidend ist, ob der werbliche Charakter einer Veröffentlichung für einen durchschnittlich informierten und situationsadäquat aufmerksamen Leser bereits auf den ersten Blick ohne jeden Zweifel und nicht erst nach einer analysierenden Lektüre des Beitrags erkennbar ist (vgl. zu § 4 Nr. 3 UWG BGH, Urteil vom 31. Oktober 2012 – I ZR 205/11, GRUR 2013, 644 Rn. 21 = WRP 2013, 764 – Preisrätselgewinnauslobung V). Dies hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint. Soweit die Revision eine eigene Würdigung vorgenommen hat und dabei zu einem gegenteiligen Ergebnis gelangt ist, ersetzt sie lediglich die tatrichterliche Würdigung in unzulässiger Weise durch ihre eigene Sichtweise, ohne dabei einen durchgreifenden Rechtsfehler des Berufungsgerichts aufzuzeigen.
Mit dem Gebot, die in Rede stehenden Veröffentlichungen mit dem Wort „Anzeige“ und nicht mit der Bezeichnung „Sponsored by“ zu kennzeichnen, ist auch keine übermäßige Beschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit im Einzelfall verbunden. Verstehen nennenswerte Teile der Leserschaft den Begriff „Sponsored by“ nicht dahin, dass die Beklagte für die Veröffentlichung ein Entgelt erhalten hat, kann seine Verwendung den Begriff „Anzeige“ nicht ersetzen.
4. Da der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 10 LPresseG BW begründet ist, kommt es nicht darauf an, ob sich der Anspruch auch aus § 4 Nr. 3 UWG oder aus Nr. 11 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG ergibt.
III. Danach ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.