Entscheidung auf Übertragung einer .eu-Domain aus ADR-Verfahren kann unbeachtlich sein
Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil vom 28.05.2014
Az.: 2 U 147/13
Urteil
In dem Rechtsstreit (…)
wegen Feststellung
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 22. Mai 2014 unter Mitwirkung von (…)
für Recht erkannt:
1. a) Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 26.09.2013
geändert.
b) Es wird festgestellt, dass der Beklagten gegenüber dem Kläger kein Anspruch auf Übertragung des Domainnamens „g.eu“ an sie zusteht.
c) Auf die „Hilfs-Widerklage“ der Beklagten wird der Kläger verurteilt, in die Löschung der Internetdomain „g.eu“ gegenüber der Registrierstelle einzuwilligen.
d) Im Übrigen werden die Widerklage der Beklagten sowie die weitergehende Berufung des Klägers
zurückgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen der Kläger 1/3, die Beklagte 2/3.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten in der Hauptsache durch Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,00 € abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Kläger sowie die Beklagte können die Vollstreckung wegen der Kosten durch jeweilige Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gegenstand des Berufungsverfahrens: 30.000,00 €
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung des Klägers ist zulässig, sie hat der Sache nach Erfolg, die Widerklage hat einen Teilerfolg.
A.
Zum einen wird auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat insoweit festgestellt:
Die Parteien streiten um die Berechtigung an der Domain „g.eu“.
Der Kläger ist Inhaber der Domain „g.eu“, die am 07.04.2006 von der EURid (European Registry of Internet Domain Names) zu seinen Gunsten registriert wurde (Anlage K 1). Die Beklagte firmiert unter dem Namen „G AG“. Sie ist Inhaberin der europäischen Marke „g“ (CTM …), die am 24.05.2012 für die Warenklassen 35, 28 und 42 eingetragen wurde. Sie ist außerdem Inhaberin der deutschen Wort-/Bildmarke „g“ (DE …), die am 08.07.2008 für die Warenklassen 35, 38 und 42 eingetragen wurde (Anlage KPW 1).
Nachdem die Beklagte den Kläger erfolglos zur Übertragung der Domain „g.eu“ aufgefordert hatte, leitete sie am 05.07.2012 ein Alternatives Streitbeilegungsverfahren nach Art. 22 der Verordnung (EG) 874/2004 („ADR-Verfahren“) beim ADR Zentrum zur Beilegung von eu-Domain-bezogenen Streitigkeiten des Tschechischen Schiedsgerichts bei der Wirtschaftskammer der Tschechischen Republik und der Agrarkammer der Tschechischen Republik (im Folgenden: Tschechisches Schiedsgericht) ein (Anlage K 2). Am 31.10.2007 verfügte das Schiedsgericht eine Übertragung der streitgegenständlichen Domain auf die Beklagte (Anlage K 7). Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Klage.
Neben der Berechtigung an der Domain „g.eu“ bestanden zwischen den Parteien weitere Streitigkeiten, die u.a. Gegenstand eines Verfahrens vor dem Landgericht Stuttgart, Az. 31 O 209/09 KfH waren. Parteien dieses Rechtsstreits waren zum einen die S. Verwaltungs GmbH, vertreten durch den Kläger als ihren Geschäftsführer und zum anderen die Beklagte. In diesem Verfahren schlossen die dortigen Parteien nebst ihren jeweiligen Geschäftsführern sowie zwei Beteiligungsgesellschaften einen Vergleich (notarielle Vergleichsvereinbarung vom 26.09.2011 Notariat Reutlingen, Urkundenrolle Nr. …, Anlage K 5), in dem u.a. folgendes geregelt war:
„A. Vorbemerkung
(…)
5. Die S. hat die Gesellschaft (Anm.: die Beklagte) mit Schreiben vom 23.02.2011
dazu aufgefordert, die beiden inzwischen gelöschten Internet Domains
– S.com und
– S.net
zur Verfügung zu stellen. Die Gesellschaft hat mit Schreiben vom 14.07.2011 dazu Stellung genommen. Dieser Sachverhalt ist ausdrücklich nicht generalbereinigt und wird im Anschluss an diese Vergleichsvereinbarung gesondert geklärt,
(…)
7. Mit dieser Vereinbarung sollen sämtliche zwischen den Parteien anhängigen Rechtsstreitigkeiten außergerichtlich beigelegt werden und die Rechtsverhältnisse der Parteien untereinander neu geregelt werden.
(…)
4. Generalbereinigung; Aufhebung Konsortialvereinbarungen
(…)
4.2 Generalbereinigung
Mit dieser Vereinbarung sind sämtliche wechselseitigen Ansprüche (bekannt oder unbekannt) der Parteien im Zusammenhang mit den in dieser Vereinbarung, sowie den entsprechenden Anlagen, dargestellten Sachverhalt vollumfänglich abgegolten, soweit in dieser Vereinbarung nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist, und jede Partei verzichtet hiermit unwiderruflich auf etwaige ihr noch aus diesen Sachverhalten zustehenden weiteren Rechte (bekannt oder unbekannt) („Generalbereinigung“). Ausdrücklich ausgenommen von der Generalbereinigung sind die Ansprüche und Rechte aus dem unter A.5 der Vorbemerkung aufgeführten Sachverhalt.
(…)“
Der Kläger trägt vor, seine Feststellungsklage sei zulässig. Er habe, wie tatsächlich auch erfolgt, bis 06.12.2012 Klage gegen die Entscheidung des Tschechischen Schiedsgerichts einreichen können.
Ein Anspruch der Beklagten auf Übertragung des Domainnamens bestehe nicht, da mit dem Vergleich vom 26.09.2011 alle zwischen den Parteien offenen Punkte eine abschließende Regelung erfahren sollten. Außerdem sei ein schutzwürdiges Interesse der Beklagten an der Übertragung der Domain nicht ersichtlich. Vielmehr habe diese die Möglichkeit einer Registrierung der Domain auf sich selbst unterlassen. Die zugunsten der Beklagten eingetragenen Marken seien prioritätsjünger.
Der Kläger beantragt,
festzustellen, dass der Beklagten gegenüber ihm kein Anspruch auf Übertragung des Domainnamens „g.eu“ an sie zusteht.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hilfsweise beantragt die Beklagte widerklagend,
den Kläger zu verurteilen, die Internetdomain „g.eu“ an sie zu übertragen und die hierfür erforderlichen Willenserklärungen gegenüber der EURid abzugeben.
Der Kläger beantragt,
die Hilfs-Widerklage abzuweisen und erklärt für den Fall einer Entscheidung über die Widerklage den Klagantrag unter Verwahrung gegen die Kosten für erledigt.
Die Beklagte trägt vor, die Klage sei bereits unzulässig, da der Kläger nicht nachgewiesen habe, dass er die Klage innerhalb der 30-Tage Frist nach Zustellung der Entscheidung des Tschechischen Schiedsgerichts (Art. 22 Abs. 13 der Verordnung (EG) 874/2004) erhoben habe. Die Klage sei auch unbegründet, da ihr an der streitgegenständlichen Domain Rechte aus ihrem Namen, ihrem Untemehmenskennzeichen und ihrer Firma zustünden. Der Vergleich vom 26.09.2011 habe die streitgegenständliche Domain nicht umfasst. Insbesondere habe sie darin nicht auf marken-, kennzeichen- oder namensrechtliche Ansprüche verzichtet.
Hilfsweise für den Fall, dass die Klage nicht als unzulässig abgewiesen werde, habe sie gegen den Kläger aus § 12 BGB, hilfsweise aus § 15 MarkenG und höchst hilfsweise aus § 14 MarkenG einen Anspruch auf Übertragung der Domain. Die Beklagte bzw. ihre Vorgängerfirmen existierten bereits länger als die streitgegenständliche Domain registriert sei. Ihr stünden daher prioritätsältere Rechte zu. Auch könne sie vom Kläger eine Übertragung der streitgegenständlichen Domain verlangen. Anders als bei .de-Domains existiere bei .eu-Domains kein Dispute-Eintrag, der ihre Rechte sichern könne. Außerdem sehe Art. 22 der Verordnung (EG) 847/2008 gerade die Möglichkeit einer Übertragung der Domain vom Nichtberechtigter auf den Berechtigten vor.
Der Kläger trägt zur Widerklage vor, dass unabhängig von der Berechtigung der Beklagten jedenfalls kein Anspruch auf Übertragung der Domain bestehe. Anderenfalls würden möglicherweise dritte berechtigte Namensträger von der Eintragung der Domain ausgeschlossen.
Die Akte des Landgerichts Stuttgart, AZH. 31 O 209/09 KfH wurde beigezogen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen (…). Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.07.2013 Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (Tenor Ziff. 1) und auf die Widerklage der Beklagten hin entschieden:
2. Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, die Internetdomain „g.eu“ an die Beklagte zu übertragen und die hierfür erforderlichen Willenserklärungen gegenüber der EURid abzugeben.
Das Landgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet:
Nach Art. 22 Abs. 13 der Verordnung (EG) 874/2004 („ADR-Verfahren“) sei das Ergebnis der betriebenen alternativen Streitbeilegung durch die positive Entscheidung des Tschechischen Schiedsgerichts verbindlich, wenn nicht eine der Parteien innerhalb von 30 Kalendertagen nach Zustellung der Entscheidung vor Gericht Klage erhebe. Soweit nur die Rechtzeitigkeit der Klageerhebung und dabei die genaue Zustellung jener Entscheidung an den Kläger im Streit sei, könne dieser zwar keinen Zustellungsnachweis zu den Akten reichen; verschiedene E-Mails des EURids ergäben aber, dass nach dem Erkenntnisstand jener Einrichtung die Klageerhebung am 06.12.2012 rechtzeitig sei. Die danach zulässige Klage sei aber unbegründet, da der Beklagten ein namensrechtlicher Anspruch gemäß § 12 BGB in Bezug auf die streitgegenständlichen Domain zustehe. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die Domain im geschäftlichen Verkehr benutze. Da aber die Beklagte den Firmennamen „G“ seit Ende 2004 und damit in Bezug auf die vom Kläger veranlasste Registrierung der Domain im Jahre 2006 prioritätsälter verwende, gehe mit der bloßen Registrierung eine unbefugte Namensnutzung einher; denn die Verwendung durch den Kläger führe zu einer Zuordnungsverwirrung und verletze schutzwürdige Interessen der Beklagten. Zwar habe die Beklagte die eigene rechtzeitige Registrierungsmöglichkeit verpasst und bis ins Jahr 2012 auch keine rechtlichen Schritte gegen den Kläger eingeleitet; gleichwohl vermöge dies im Hinblick auf die genannten Umstände an der Gesamtabwägung der betroffenen Interessen zu Gunsten der Beklagten nichts zu ändern. Auch folge aus § 12 BGB in der Regel lediglich ein Anspruch auf Verzicht des Dritten auf den Domainnamen und nicht – wie hier geltend gemacht – auch auf dessen Übertragung. Grund dieses eingeschränkten Anspruchssystems sei, dass, habe eine weitere Person Ansprüche auf den Domainnamen durch einen sog. Dispute-Eintrag angemeldet, kein Anlass bestehe, dessen Rangposition durch einen Übertragungsanspruch in Frage zu stellen. Im vorliegenden Regime der betroffenen Top-Level-Domain „g.eu“ gebe es aber nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten keine Möglichkeit, durch einen Dispute-Eintrag ihre Rechte rangwahrend zu sichern, weshalb ein Dritter jederzeit durch dessen Eintragung dem Namensrecht der Beklagten zuvorgekommen sein könne. Hinzu komme, dass Art. 22 Abs. 11 der Verordnung (EG) 874/2004 für das ADR-Schiedsverfahren gerade die Möglichkeit einer Übertragung der Domain auf den Berechtigten vorsehe. Werde dann nach Art. 22 Abs. 13 dieser Verordnung die Möglichkeit der Klage bei einem nationalen Gericht gegen diese Entscheidung des Schiedsgerichts eröffnet, so müsse auch auf dieser Stufe das gleiche Anspruchssystem gelten. Der Anspruch der Beklagten sei auch durch den notariellen Vertrag vom 26.09.2011 nicht abgegolten. Zwar enthalte A. Ziff. 7 der Vereinbarung eine Abgeltungsregelung, deren Umfang jedenfalls in Bezug auf das vorliegende Streitverhältnis unbestimmt sei. Auch Ziff. 4.2 könne eine solche Abgeltungswirkung nicht entnommen werden; zwar werde dort eine „Generalbereinigung“ angesprochen, welche aber nur in Bezug auf jene „Vereinbarung, sowie die in den entsprechenden Anlagen dargestellten Sachverhalten“ Geltung beanspruche. Von beiden Urkundenbereichen werde aber die vorliegende Streitfrage nicht berührt. Auch die durchgeführte Vernehmung des Zeugen (…), Prozessvertreter des Klägers im Verfahren 31 O 209/09 KfH, habe nicht die ausreichende Gewissheit zu vermitteln vermocht, dass trotz der mehrfachen Bekräftigung des Zeugen, dass dies nach seinem Verständnis auch der Sinn des Vergleichs gewesen sei, eine solche Abgeltung ungeachtet des Wortlauts des Vergleichs dem übereinstimmenden Willen der Parteien entsprochen habe. Auch der Umstand, dass die Parteien unmittelbar nach dem Vergleichsabschluss über eine Übertragung der Domain verhandelt haben, spreche nicht zwingend dafür, dass sie diese Frage als vom Vergleich mit umfasst angesehen hätten. Zwar spreche auch Herr (…), Vorstand der Beklagten, in seiner E-Mail vom 26.11.2011 den Gesamtabgeltungscharakter jenes Vergleichs an; doch auch hier bleibe die den Rechtsstreit durchziehende Grundfrage, was jener Vergleich habe abgelten sollen, unbeantwortet.
Dagegen wendet sich die Berufung des Klägers,
die unter vertiefender Wiederholung erstinstanzlichen Vorbringens insbesondere daran festhält, dass die Entscheidung des BGH vom 22.11.2011 – I ZR 138/39 – auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar sei. Zwar sei auch die Beklagte ein in Deutschland ansässiges Unternehmen, welches auf dem deutschen Markt tätig sei und deren Angebote sich ausschließlich an deutsche Kunden richten. „Die Beklagte bewirbt jedoch weder Dienstleistungen im europäischen Ausland, noch bietet sie diese dort an … bei einem überwiegend auf dem deutschen Markt tätigen Unternehmen, wird kein durchschnittlicher Kunde erwarten, dass das Unternehmen ebenfalls die Domain „.eu“ innehat und eine solche Internetseite automatisch dem betreffenden Unternehmen zuzuordnen ist“ (Bl. 231). Zudem bleibe es das Geheimnis der Beklagten, weshalb diese die Domain, was zum täglichen Geschäft eines Unternehmens gehöre, nicht bereits bei ihrer Firmierung im Jahre 2004 für sich habe registrieren lassen. Jedenfalls aber sei die Übertragungsverurteilung falsch, da es auch in Bezug auf „g.eu“-Domains die Möglichkeit einer Sperrwirkung gebe, womit der tragende Gesichtspunkt des Landgerichts zu einer über einen bloßen Ausspruch auf Verzicht hinausgehenden Verurteilung entfallen sei. Letztlich habe das Landgericht auch die Abgeltungsreichweite im notariellen Vergleich vorn 26.09.2011 verkannt. Schon aus der Wendung, dass „sämtliche zwischen den Parteien anhängige Rechtsstreitigkeiten außergerichtlich neu geregelt werden“, ergebe sich der beanspruchte Regelungsgehalt auch für die vorliegende Streitfrage. Der Vergleich habe sich der Aufgabe verschrieben, die zahlreichen im Streit stehenden Rechtsverhältnisse einer „Generalbereinigung“ für „sämtliche“ Fragen zuzuführen. Da der Sachverhalt bezüglich der nunmehr streitgegenständlichen Domain allen Parteien bekannt gewesen sei, sei unverständlich, einen ungeregelten Bereich anzunehmen. Diese Bewertung werde ergänzend bestätigt vom bezeichneten E-Mail des Herrn (…) vom 26.11.2011 an den Zeugen (…), Bevollmächtigten des Klägers, zumal diese sich lediglich zur Büromiete verhalte und Herr (…) „nach seinem einleitenden Satz zum Vergleichsabschluss inhaltlich zu offenen Punkten aus dem Vergleich Stellung“ nehme – so das Landgericht. Danach ergebe sich im Umkehrschluss gerade, dass die Domain-Frage nicht offengeblieben, sondern von der Gesamtregelung des Vergleichs mit umfasst gewesen sei, weshalb der vorhergehende status quo (Inhaberschaft des Klägers) insoweit gelte. Und nicht zuletzt werde die Beweiswürdigung dem Aussagegehalt des Zeugen (…) nicht gerecht. Dass die Parteien im Anschluss an den Vergleich über die Übertragung der Domain Verhandlungen aufgenommen batten, sei nur dahingehend zu deuten, „dass die streitgegenständliche Domain desgleichen dem Vergleich zugeordnet werden kann“ (Bl. 238).
Der Kläger beantragt,
Das angefochtene Urteil Landgericht Stuttgart vorn 26.09.2013 abzuändern und
1. festzustellen, dass der Beklagten gegenüber dem Klager kein Anspruch auf Übertragung des Domainnamens „g.eu“ an sie zusteht;
2. die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung als richtig.
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze sowie die Verhandlungsniederschriften verwiesen (§ 313 Abs. 2 S. 2 ZPO).
B.
1. Der landgerichtlichen Wertung, dass die Klage als rechtzeitig eingereicht anzusehen ist, kann beigetreten werden.
a) Zwar muss auch hier wie etwa bei der Wahrung der Berufungsfrist gelten, dass die Beweislast für die Fristwahrung der Berufungskläger trägt (BGH NJW 2004, 2525 [juris Tz. 4]; VersR 1991, 896 [juris Tz. 13]; OLG Frankfurt NJW-RR 2006, 67 [juris Tz. 10]; Heßler in Zöller, ZPO, 30. Aufl. [2014], § 519, 20). Eine bloße Glaubhaftmachung genügt nicht (BGH VersR 1991, 896 [juris Tz. 11]). Allerdings ist der Freibeweis anwendbar (BGH AnwBl 2010, 42 [Tz. 8]; VersR 1991, 896 [juris Tz. 13]; Heßler a.a.O.). Dabei können und müssen aktenmäßig feststellbare Indizien ausgewertet werden (Heßler a.a.O. 20). Der Rechtsmittelführer trägt allerdings nicht die Beweislast für Vorgänge, die er nicht aufklären kann, weil sie sich ausschließlich im gerichtsinternen Bereich abgespielt haben und auf die Unaufklärbarkeit deshalb allein in den Verantwortungsbereich des Gerichts fällt (BVerfG NJW 1991, 2076; Heßler a.a.O. 20). Gerade in Fristfragen muss für den Rechtsuchenden klar erkennbar sein, was er zu tun hat, um einen Rechtsstreit zu vermeiden (BVerfG a.a.0. 2076). Die Grenze des Zumutbaren für den Bürger ist überschritten, wenn auf ihn die Verantwortung für Risiken und Unsicherheiten bei der Entgegennahme rechtzeitig in den Gewahrsam des Gerichts gelangender fristwahrender Schriftsätze abgewälzt wird (BVerfG a.a.O. 2076).
b) Art. 22 Abs. 12 S. 1 der VO 874/2004 (EG) zur Festlegung von allgemeinen Regeln für die Durchführung und die Funktionen der Domäne oberster Stufe „.eu“ und der allgemeinen Grundlagen für die Registrierung gibt vor, dass innerhalb von 3 Tagen nach Eingang der Entscheidung der Schiedskommission der alternative Streitbeilegungsanbieter jeder Partei den vollen Wortlaut der Entscheidung zuzustellen habe. Abs. 13 erklärt das Ergebnis der alternativen Streitbeilegung für alle Parteien und das Register für verbindlich, wenn nicht innerhalb von 30 Kalendertagen nach der Zustellung der Entscheidung an die Parteien vor Gericht Klage erhoben wird.
c) Zwar vermag der Senat etwa der Erklärung der Registerstelle (K 11 = Bl. 168 – Anl.), wonach „the domain name shall stay hold until we are notified of the outcome of the procedure“, keinen lndizwert beizumessen für die Rechtzeitigkeit der Klageerhebung, da diese Sperrung ersichtlich gemäß Abschnitt 8 Ziff. 3 b der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Registrierung von .eu-Domains (K 10 = Bl. 158) einzig im Hinblick auf die Information des Registers über die Anhängigkeit eines gerichtlichen Verfahrens geschehen ist. Ebenso wenig kann aus der Fristsetzung bis 06.12.2012 („the proof that a claim has been filed …“ [K 9 = Bl. 145]) verlässlich auf eine korrespondierende Zustellung geschlossen werden, da es bei der Fristsetzung auch nur um eine interne Bearbeitungsfrist der Registerstelle gehen kann. Bedenkt man aber, dass der Streitbeilegungsanbieter die Zustellung innerhalb von 3 Tagen nach Eingang der Entscheidung zuzustellen hat (Art. 22 Abs. 12 VO), so muss die Entscheidung vom 30.10.2012, einem Dienstag, erst an diesen gehen und dann spätestens innerhalb von 3 Tagen zugestellt werden, was nicht gleichgesetzt werden kann mit dem Zustellungserfolg, sondern nur mit einer Zustellungsveranlassung. Schon dies veranschaulicht, dass nach den äußeren Geschehensdaten das tatsächlich eröffnete Zeitfenster durch die Klageerhebung unschwer eingehalten sein kann. Eine weit höhere indizielle Wirkung kommt dann der anwaltlich versicherten Erklärung der Sachbearbeiterin der EURid zu, mit: „Please note that on 6 December 2012 the appeal period ended …“ (Bl. 171), was auf einen gewissen, dort verifizierten Vorgang schließen [asst. Unwidersprochen blieb zuzu¬dem, dass dem Kläger die Entscheidung per einfachem Brief zugegangen ist (BL 183, 184). Schon dies erschwert dem Bürger, selbst wenn er – wie ersichtlich vorliegend nicht – zugleich über die Bedeutung des Zugangs dieses Schreibens aufgeklärt worden wäre, den ihm obliegenden Nachweis dieser Zugänglichmachung zu führen. Solche wie im vorliegenden Fall ersichtlich betroffenen organisatorischen Defizite bei der in der Verordnung vorgegebenen Zustellung können schon nicht zu Lasten eines Verfahrensbeteiligten gehen.
Vor diesem Hintergrund kann nicht beanstandet werden, dass das Landgericht im Wege des Freibeweises zur Überzeugung der Rechtzeitigkeit der Klageerhebung gelangt ist.
2. a) Dass die Registrierung der Domain durch und für einen namensrechtlich insoweit nicht Legitimierten das Namensrecht der unter dieser Bezeichnung bereits zuvor im Verkehr geschäftlich aufgetretenen Beklagten verletzt, hat das Landgericht zutreffend dargestellt (vgl. insoweit auch BGH WRP 2014, 424 [Tz. 16 f] wetteronline.de; GRUR 2014, 506 [Tz. 8 f] – sr.de; 2012, 304 [Tz. 29 f] – Basler Haar-Kosmetik; BGHZ 149, 191 f – shell.de). Dazu verhält sich die Berufung des Klägers auch nicht mehr im Kern.
b) Soweit das Rechtsmittel darauf abstellt: „Die entscheidende Differenzierung ergibt sich aber gerade daraus, dass es sich bei der hier streitgegenständlichen Domain nicht um die Top-Level-Domain „.de“, sondern „.eu“ handelt. Ein Internet-Nutzer, der auf der Suche nach der Homepage der Beklagten ist, wird daher in der Adresszeile sowie in Suchmaschinen nicht die Namenskennung der Beklagten mit der Domain „.eu“, sondern mit der Domain „.de“ eingeben. Bei einem überwiegend auf dem deutschen Markt tätigen Unternehmen, wird kein durchschnittlicher Kunde erwarten, dass das Unternehmen ebenfalls die Domain „.eu“ innehat und eine solche Intemetseite automatisch dem betreffenden Unternehmen zuzuordnen ist“ (Bl. 231), stellt der Kläger Registrierungsvoraussetzungen auf (Nachweis einer geschäftlichen Tätigkeit in Europa), welche die Verordnung (vgl. etwa deren Erwägungsgründe oder Art. 2 „Voraussetzungen und allgemeine Grundregeln für die Registrierung“; vgl. ferner Art. 3) nicht kennt. Diese Top-Level-Domain stellt nur eine andere Kommunikationsplattform im Internet dar, so wie etwa „.com“ oder „.info“. Sie ist nur eine Erweiterung solcher Angebote. Auch kennt das Registrierungsverfahren keinen Verfall (wegen wirtschaftlicher Nichtnutzung [im europäischen Raum]), wie sich dies im Einzelnen etwa aus § 49 MarkenG oder Art. 51 GMV ergibt.
3. Der Klage ist auch nicht deshalb Erfolg beschieden, weil der Rechtsberühmung der Beklagten der Regelungsgehalt der vom Landgericht gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellten Streitbeilegung im notariellen Vergleich vom 26.09.2011 (K 5 = Bl. 14) bindend entgegenstünde.
a) Auch insoweit macht sich der Senat die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts zu eigen.
Der Kläger vermag nicht aufzuzeigen noch ist dies sonst ersichtlich, dass diese ebenfalls im Streit befindlich gewesene Domain dort eine ausdrückliche Regelung erfahren hätte. Daraus ergibt sich im Kern, dass bei einer so umfangreichen und nach so langer Verhandlung zu Stande gekommenen Vereinbarung der Streitpunkt der hier weiter umstrittenen Domain schwerlich übersehen worden sein konnte. Hätten die Beteiligten jener Vereinbarung einen alles umfassenden Schlussstrich ziehen wollen, wäre die Erledigungsklausel anders, nämlich allgemein ausgefallen. Die gewollte „Generalbereinigung“ hat sich diese allumfassende Wirkung aber gerade nicht beigelegt, sondern sich nur erstreckt auf „sämtliche Ansprüche … im Zusammenhang mit den in dieser Vereinbarung, sowie den entsprechenden Anlagen, dargestellten Sachverhalten …“ (Ziff. 4.2 S. 1 = Bl. 22). Soweit „ausdrücklich ausgenommen sind von der Generalbereinigung … die Ansprüche und Rechte aus dem unter A. 5 der Vorbemerkung aufgeführten Sachverhalt“ (Ziff. 4.2 S. 2), ist darin nicht abschließend das bewusst Ungeregelte definiert, sondern nur ein Beispielsbereich des Ausgeklammerten bezeichnet.
b) Nichts anderes ergibt sich aus der Vernehmung des Zeugen, Rechtsanwalt (…). Insofern vermag die Berufung Zweifel gemäß § 529 ZPO an der ausführlichen und näher begründeten Beweiswürdigung des Landgerichts nicht zu wecken. Der Kläger setzt nur seine Wertung an die Stelle des Landgerichts, indem er sich ohnehin nur knapp der Aussage jenes Zeugen zuwendet. Auch die gebotene eigene kritische Befassung des Senats mit jener protokollierten Aussage (Bl. 185 bis 189) führt zu keinem anderen Ergebnis. Insofern fällt schon auf, dass die Bekundung durchsetzt ist von „soweit ich mich erinnere“ (Bl. 185; vgl. auch Bl. 188), „so wie ich es verstanden habe“ (Bl. 185), „das weiß ich nicht mehr genau“ (Bl. 187; vgl. auch Bl. 189), „so sah ich das Ziel der Vereinbarung“ (Bl. 187). Dies mag für eine vorsichtige, weil gerade um wahrheitsgemäße Angaben bemühte Aussage des Zeugen stehen. Dies nimmt ihr aber mit dem Landgericht die Festigkeit und Verlässlichkeit, um Grundlage einer richterlichen Überzeugung zu sein.
c) Auch die Bedeutung des nachvertraglichen Verhaltens (Gespräche, E-Mail), welches grundsätzlich Auslegungshilfe für das Verständnis einer Vereinbarung und den Willen der Parteien im maßgeblichen Zeitpunkt der Abgabe ihrer Vertragserklärungen zu sein vermag (BGHZ 193, 315 [Tz. 27]), hat das Landgericht zutreffend gewürdigt.
4. Die Berufung hat jedoch insoweit Erfolg, als nicht die Übertragung, sondern nur die Löschung der Domain verlangt werden kann.
a) Als herrschend ist anzusehen, dass die Übertragung bzw. Umschreibung des rechtsverletzenden Domainnamens auf den Verletzten nicht begehrt werden kann (BGHZ 149, 191 = GRUR 2002, 622, 626 – shell.de, Hacker in Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl. [2012], § 15, 103; Brockmann in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz/Urheberrecht/Medienrecht, 2. Aufl. [2011], Kap. 11, 431), sondern dass nur ein Anspruch auf Löschung besteht (BGH GRUR 2014, 506 [Tz. 7 und 31] – sr.de; 2012, 304 [Tz. 28 und 29] – Basler Haar-Kosmetik; Brockmann a.a.O. 430: Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. [2010], Nach § 15, 209). Die tragende Erwägung dafür war – wie vom Landgericht auch nicht verkannt: „Denn mit einem Anspruch auf Umschreibung würde der Anspruchsteller unter Umständen besser gestellt, als er ohne das schädigende Ereignis gestanden hätte. Denn es bliebe dabei unberücksichtigt, dass es noch weitere Prätendenten geben kann, die – wird das schädigende Ereignis weggedacht – vor ihm zum Zuge gekommen wären. Im Übrigen besteht für einen Anspruch auf Umschreibung oder Übertragung auch kein praktisches Bedürfnis: Ist der Anspruchsteller der erste Prätendent, kann er sich seinen Rang durch einen sog. Dispute-Eintrag bei der [dort] DENIC absichern lassen; hat dagegen ein Dritter bereits vor ihm seinen Anspruch durch einen solchen Eintrag angemeldet, besteht kein Anlass, dessen Rangposition durch einen Übertragungsanspruch in Frage zu stellen“ (BGH a.a.O. 626 – shell.de; vgl. auch Ingerl/Rohnke a.a.O. 210; Fezer, MarkenR, 4. Aufl. [2009], MarkenG Einl G, 112; Brockmann a.a.O. 431).
b) Das landgerichtliche Argument, dass vorliegend wegen der nicht bestehenden Möglichkeit eines Dispute-Eintrages diese Anspruchsbeschränkung nicht zum Zuge kommen könne und deshalb der Beklagten ein Übertragungsanspruch gewährt werden müsse, verfängt jedoch nicht.
aa) Denn wie die Berufung zu Recht aufzeigt, kennt das Recht zur „.eu“-Domain sehr wohl die Möglichkeit eines solchen Dispute-Eintrages (Allgemeine Geschäftsbedingungen für die Registrierung von .eu-Domain, Abschnitt 8, Ziff. 3 b).
bb) Der Verspätungseinwand der Beklagten ist verfehlt, da der Verweis auf die Rechtslage nicht berufungsrechtlich präkludiert sein kann.
c) Der weitere Gesichtspunkt der Beklagten, dass die Verordnung die Übertragung der Domain aber vorsehe (Art. 22 Abs. 11 S. 2 der Verordnung 874/2004 [EG]), trägt für das vorliegend betroffene Anspruchssystem nicht. Art. 22 Abs. 13 erklärt zwar die Entscheidung der Schiedskommission für verbindlich, wenn nicht binnen der 30-Tages-Frist Klage vor Gericht eingereicht ist. Ist diese Frist aber gewahrt, beschränkt sich die gerichtliche Entscheidungskompetenz nicht auf eine bloße Kontrolle jener Entscheidung, weshalb die dortigen Entscheidungsstrukturen und -möglichkeiten nur nachgezeichnet werden könnten. Vielmehr entfällt dann jede Relevanz des Schiedsspruchs – anders als dies etwa im Rahmen des §§ 318 f BGB oder des § 1055 ZPO gelten wird (vgl. zu letzterem etwa Geimer in Zöller a.a.O. § 1032, 13 f); er wird nicht (nur) auf seine Richtig- oder Vertretbarkeit hin überprüft. Vielmehr ist der Wirkungsbereich jener alternativen Streitbeilegung entfallen. Es greift danach vielmehr Platz das sonst gesetzlich dafür vorgesehene Regelungsinstrumentarium mit seinem entsprechenden Anspruchssystem. Dass die Schiedskommission die Domain übertragen kann, liegt auch daran, dass sie eingebunden ist in den Registerstreit, weshalb sie, nur eben an anstelle der Registerstelle, liegen die Eintragungsvoraussetzungen für den Beschwerdeführer vor (vgl. Art. 22 Abs. 11 S. 2 der Verordnung), diesem, als wäre es ein normales Antragsverfahren, die Domain zuweisen kann. Das staatliche Gericht kennt aber die registerrechtliche Situation dort (Voreintragungen Dritter) nicht und „trägt“ damit anstelle der Registerstelle durch seinen Übertragungsausspruch auch nicht quasi ein. Der Beklagten hat es freigestanden, durch einen solchen Dispute-Eintrag eine registerrechtliche Sperre zu schaffen und nach erstrebter und erlangter Löschung der angegriffenen Domain ihre gegebenenfalls günstige Rangstelle zum Eigeneintrag zu nutzen.
d) Danach ist der Klage hinsichtlich der Feststellung, dass der Beklagten kein Übertragungsanspruch zustehe, Erfolg beschieden. Die gegenläufige Widerklage bleibt ohne Erfolg.
Dem schon in I. Instanz hilfsweise gestellten Löschungsanspruch der Beklagten, der in der Berufung des Kläger dem Berufungsgericht automatisch mit angefallen ist (BGH GRUR 2013, 1150 [Tz. 18] – Baumann), war aber zu entsprechen.
II.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 92, 708 Nr. 10, 711, 542, 543 i.V.m. § 3 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Senat folgt ausschließlich anerkannten, durchgängig und erst jüngst höchstrichterlich gebilligten Rechtsgrundsätzen. Die Sachbehandlung erschöpft sich einzig in deren Umsetzung auf den vorliegenden Einzelfall.
Auch hinsichtlich der Wertfestsetzung folgt der Senat der landgerichtlichen Wertbemessung, welche im Übrigen auf einer Wertvorgabe des Klägers beruht, welche keinen Widerspruch erfahren hat. Da der Klage stattzugeben ist, die Beklagte nur mit ihrer angeblichen „Hilfswiderklage“, welche eine echte Widerklage ist, Erfolg hat, deren Wert aber deutlich hinter demjenigen der Klage zurückbleibt, ist die ausgesprochene Kostenquote angezeigt.