Top-Urteil

Pflicht für Suchmaschinen zur Löschung von nachweislich falschen Inhalten

30. Dezember 2022
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Hände tippen auf Laptop, auf dessen Bildschirm Google geöffnet ist. Urteil des EuGH vom 08.12.2022, Az.: C‑460/20

Die DSGVO sieht vor, dass ein Recht auf Löschung ausgeschlossen ist, wenn andere Grundrechte überwiegen, sowie das Recht auf freie Information, weshalb grundsätzlich eine Abwägung vorzunehmen ist. Das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten überwiegt aber in jedem Fall, wenn es sich um falsche Tatsachen handelt. Den Nachweis für die Unrichtigkeit des Inhalts muss die betroffene Person erbringen. Eine gerichtliche Entscheidung, die dies feststellt, ist als Nachweis nicht erforderlich. Die Anzeige von Vorschaubildern, die die betroffene Person zeigen, stellt einen besonders starken Eingriff in das Recht auf den Schutz des Privatlebens. Es ist auch hier eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen, wobei der Kontext der Veröffentlichung bei der Bewertung des Informationswertes unberücksichtigt bleiben soll.

Europäischer Gerichtshof

Urteil vom 08.12.2022

Az.: C‑460/20

 

In der Rechtssache C‑460/20

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 27. Juli 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 24. September 2020, in dem Verfahren

TU,

RE

gegen

Google LLC

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten […], des Vizepräsidenten […], der Kammerpräsidentinnen […] und […], der Kammerpräsidenten […] und […], der Kammerpräsidentin […] und des Kammerpräsidenten […], der Richter […] (Berichterstatter), […], […], […] und […], der Richterin […] und des Richters […],

Generalanwalt: […],

Kanzler: […], Referatsleiter,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. Januar 2022,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        von TU und RE, vertreten durch Rechtsanwälte […] und […],

–        der Google LLC, vertreten durch Rechtsanwältinnen […] und […] sowie Rechtsanwalt […],

–        der griechischen Regierung, vertreten durch […], […] und […] als Bevollmächtigte,

–        der österreichischen Regierung, vertreten durch […], […] und […] als Bevollmächtigte,

–        der rumänischen Regierung, vertreten durch […] und […] als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch […], […], […] und […] als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 7. April 2022

folgendes

Urteil

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. 2016, L 119, S. 1, im Folgenden: DSGVO) sowie von Art. 12 Buchst. b und Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. 1995, L 281, S. 31) unter Berücksichtigung der Art. 7, 8, 11 und 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen TU und RE auf der einen und der Google LLC auf der anderen Seite über das Begehren, dass zum einen Artikel, in denen TU und RE identifiziert sind, aus den Ergebnissen einer anhand ihrer Namen durchgeführten Suche ausgelistet werden, und zum anderen Fotos, die TU und RE darstellen und in Gestalt von Vorschaubildern („thumbnails“) angezeigt werden, in den Ergebnissen einer Bildersuche gelöscht werden.

Rechtlicher Rahmen

Richtlinie 95/46

Art. 1 („Gegenstand der Richtlinie“) Abs. 1 der Richtlinie 95/46 sah vor:

„Die Mitgliedstaaten gewährleisten nach den Bestimmungen dieser Richtlinie den Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten und insbesondere den Schutz der Privatsphäre natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten.“

Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) der Richtlinie 95/46 bestimmte:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

a) ‚personenbezogene Daten‘ alle Informationen über eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person (‚betroffene Person‘); …

b) ‚Verarbeitung personenbezogener Daten‘ (‚Verarbeitung‘) jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten …;

d) ‚für die Verarbeitung Verantwortlicher‘ die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder jede andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet. …

…“

Art. 6 der Richtlinie 95/46 in Abschnitt I („Grundsätze in Bezug auf die Qualität der Daten“) ihres Kapitels II lautete:

„(1) Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass personenbezogene Daten

d) sachlich richtig und, wenn nötig, auf den neuesten Stand gebracht sind; es sind alle angemessenen Maßnahmen zu treffen, damit im Hinblick auf die Zwecke, für die sie erhoben oder weiterverarbeitet werden, nichtzutreffende oder unvollständige Daten gelöscht oder berichtigt werden;

…“

Art. 12 („Auskunftsrecht“) der Richtlinie 95/46 in Abschnitt V („Auskunftsrecht der betroffenen Person“) ihres Kapitels II lautete:

„Die Mitgliedstaaten garantieren jeder betroffenen Person das Recht, vom für die Verarbeitung Verantwortlichen Folgendes zu erhalten:

b) je nach Fall die Berichtigung, Löschung oder Sperrung von Daten, deren Verarbeitung nicht den Bestimmungen dieser Richtlinie entspricht, insbesondere wenn diese Daten unvollständig oder unrichtig sind;

…“

Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 95/46 in Abschnitt VII („Widerspruchsrecht der betroffenen Person“) ihres Kapitels II sah vor:

„Die Mitgliedstaaten erkennen das Recht der betroffenen Person an,

a) zumindest in den Fällen von Artikel 7 Buchstaben e) und f) jederzeit aus überwiegenden, schutzwürdigen, sich aus ihrer besonderen Situation ergebenden Gründen dagegen Widerspruch einlegen zu können, dass sie betreffende Daten verarbeitet werden; dies gilt nicht bei einer im einzelstaatlichen Recht vorgesehenen entgegenstehenden Bestimmung. Im Fall eines berechtigten Widerspruchs kann sich die vom für die Verarbeitung Verantwortlichen vorgenommene Verarbeitung nicht mehr auf diese Daten beziehen;

…“

DSGVO

Gemäß Art. 94 Abs. 1 der DSGVO hob diese Verordnung die Richtlinie 95/46 mit Wirkung vom 25. Mai 2018 auf. Nach ihrem Art. 99 Abs. 2 gilt die DSGVO seit diesem Zeitpunkt.

In den Erwägungsgründen 4, 39 und 65 der DSGVO heißt es:

„(4) Die Verarbeitung personenbezogener Daten sollte im Dienste der Menschheit stehen. Das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten ist kein uneingeschränktes Recht; es muss im Hinblick auf seine gesellschaftliche Funktion gesehen und unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips gegen andere Grundrechte abgewogen werden. Diese Verordnung steht im Einklang mit allen Grundrechten und achtet alle Freiheiten und Grundsätze, die mit der Charta anerkannt wurden und in den Europäischen Verträgen verankert sind, insbesondere Achtung des Privat- und Familienlebens, der Wohnung und der Kommunikation, Schutz personenbezogener Daten, Gedanken‑, Gewissens- und Religionsfreiheit, Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, unternehmerische Freiheit, Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein faires Verfahren und Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen.

(39) … Es sollten alle vertretbaren Schritte unternommen werden, damit unrichtige personenbezogene Daten gelöscht oder berichtigt werden. …

(65) Eine betroffene Person sollte ein Recht auf Berichtigung der sie betreffenden personenbezogenen Daten besitzen sowie ein ‚Recht auf Vergessenwerden‘, wenn die Speicherung ihrer Daten gegen diese Verordnung oder gegen das Unionsrecht oder das Recht der Mitgliedstaaten, dem der Verantwortliche unterliegt, verstößt. … Die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten sollte jedoch rechtmäßig sein, wenn dies für die Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Information … erforderlich ist.“

Art. 4 („Begriffsbestimmungen“) der DSGVO in ihrem Kapitel I („Allgemeine Bestimmungen“) lautet:

„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:

1. ‚personenbezogene Daten‘ alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (im Folgenden ‚betroffene Person‘) beziehen; …

2. ‚Verarbeitung‘ jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten …;

7. ‚Verantwortlicher‘ die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet; …

…“

Art. 5 („Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten“) der DSGVO in ihrem Kapitel II („Grundsätze“) bestimmt:

„(1) Personenbezogene Daten müssen

d) sachlich richtig und erforderlichenfalls auf dem neuesten Stand sein; es sind alle angemessenen Maßnahmen zu treffen, damit personenbezogene Daten, die im Hinblick auf die Zwecke ihrer Verarbeitung unrichtig sind, unverzüglich gelöscht oder berichtigt werden (‚Richtigkeit‘);

(2) Der Verantwortliche ist für die Einhaltung des Absatzes 1 verantwortlich und muss dessen Einhaltung nachweisen können (‚Rechenschaftspflicht‘).“

Abschnitt 3 („Berichtigung und Löschung“) des Kapitels III der DSGVO enthält u. a. deren Art. 16 und 17.

Art. 16 („Recht auf Berichtigung“) der DSGVO sieht vor:

„Die betroffene Person hat das Recht, von dem Verantwortlichen unverzüglich die Berichtigung sie betreffender unrichtiger personenbezogener Daten zu verlangen. Unter Berücksichtigung der Zwecke der Verarbeitung hat die betroffene Person das Recht, die Vervollständigung unvollständiger personenbezogener Daten – auch mittels einer ergänzenden Erklärung – zu verlangen.“

In Art. 17 („Recht auf Löschung [‚Recht auf Vergessenwerden‘]) der DSGVO heißt es:

„(1) Die betroffene Person hat das Recht, von dem Verantwortlichen zu verlangen, dass sie betreffende personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht werden, und der Verantwortliche ist verpflichtet, personenbezogene Daten unverzüglich zu löschen, sofern einer der folgenden Gründe zutrifft:

a) Die personenbezogenen Daten sind für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig.

b) Die betroffene Person widerruft ihre Einwilligung, auf die sich die Verarbeitung gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a oder Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a stützte, und es fehlt an einer anderweitigen Rechtsgrundlage für die Verarbeitung.

c) Die betroffene Person legt gemäß Artikel 21 Absatz 1 Widerspruch gegen die Verarbeitung ein und es liegen keine vorrangigen berechtigten Gründe für die Verarbeitung vor, oder die betroffene Person legt gemäß Artikel 21 Absatz 2 Widerspruch gegen die Verarbeitung ein.

d) Die personenbezogenen Daten wurden unrechtmäßig verarbeitet.

e) Die Löschung der personenbezogenen Daten ist zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung nach dem Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten erforderlich, dem der Verantwortliche unterliegt.

f) Die personenbezogenen Daten wurden in Bezug auf angebotene Dienste der Informationsgesellschaft gemäß Artikel 8 Absatz 1 erhoben.

(2) Hat der Verantwortliche die personenbezogenen Daten öffentlich gemacht und ist er gemäß Absatz 1 zu deren Löschung verpflichtet, so trifft er unter Berücksichtigung der verfügbaren Technologie und der Implementierungskosten angemessene Maßnahmen, auch technischer Art, um für die Datenverarbeitung Verantwortliche, die die personenbezogenen Daten verarbeiten, darüber zu informieren, dass eine betroffene Person von ihnen die Löschung aller Links zu diesen personenbezogenen Daten oder von Kopien oder Replikationen dieser personenbezogenen Daten verlangt hat.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, soweit die Verarbeitung erforderlich ist

a) zur Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Information;

…“

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

TU ist Mitglied des Verwaltungsrats und Alleinaktionär einer Investmentgesellschaft sowie Präsident von deren Tochtergesellschaft, die gemeinsam mit anderen Gesellschaften eine Unternehmensgruppe bilden. Daneben ist er auch Alleingesellschafter einer dritten Gesellschaft, die Alleingesellschafterin einer vierten Gesellschaft ist, die wiederum 60 % der Anteile einer fünften Gesellschaft hält.

RE war die Lebensgefährtin von TU und bis Mai 2015 Prokuristin dieser vierten Gesellschaft.

Am 27. April, 4. Juni und 16. Juni 2015 erschienen drei Artikel, die das Anlagemodell der in Rn. 15 des vorliegenden Urteils genannten fünften Gesellschaft und der Unternehmensgruppe kritisch darstellten, auf der Website www.g…net (im Folgenden: Website g‑net). Der Artikel vom 4. Juni 2015 war zudem mit drei Fotos von TU jeweils am Steuer eines Luxusautos, im Innenraum eines Hubschraubers und vor einem Flugzeug sowie mit einem Foto von RE in einem Cabrio bebildert.

Der Betreiber der Website g‑net ist laut Impressum die G-LLC mit Sitz in New York (USA). Unternehmensziel der G-LLC ist nach eigenen Angaben, „durch aktive Aufklärung und permanente Transparenz nachhaltig zur Betrugsprävention in Wirtschaft und Gesellschaft beizutragen“. In verschiedenen Veröffentlichungen wurde kritisch über das Geschäftsmodell der G-LLC berichtet, u. a. mit dem Vorwurf, Unternehmen zu „erpressen“, indem sie zunächst negative Berichte über diese veröffentliche und danach gegen eine Geldsumme anbiete, die Berichte zu löschen oder deren Veröffentlichung zu verhindern.

Google wies in der Ergebnisübersicht die Artikel vom 4. Juni 2015 und 16. Juni 2015 aus, wenn in ihre Suchmaschine der Name und Vorname der Kläger des Ausgangsverfahrens – sowohl isoliert als auch in Verbindung mit bestimmten Firmennamen – eingegeben wurden, sowie den Artikel vom 27. April 2015, wenn bestimmte Firmennamen eingegeben wurden, und verlinkte auf diese Artikel. Außerdem zeigte Google bei einer Bildersuche auf dieser Suchmaschine die im Artikel vom 4. Juni 2015 enthaltenen Fotos der Kläger des Ausgangsverfahrens in der Ergebnisübersicht in Gestalt von Vorschaubildern an. Die Anzeige dieser Fotos endete spätestens im September 2017. Die Artikel sollen spätestens seit dem 28. Juni 2018 auf der Website g‑net nicht mehr verfügbar sein.

Die Kläger des Ausgangsverfahrens forderten Google als für die mit ihrer Suchmaschine vorgenommene Verarbeitung personenbezogener Daten verantwortliche Stelle zum einen auf, aus der Übersicht der Suchergebnisse die Links zu den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Artikeln auszulisten, weil sie unrichtige Behauptungen und verleumderische Ansichten enthielten, und zum anderen, die Vorschaubilder aus der Übersicht der Suchergebnisse zu entfernen. Sie behaupteten, dass auch sie von der G-LLC „erpresst“ worden seien.

Google lehnte es ab, dieser Aufforderung Folge zu leisten, wobei sie auf den beruflichen Kontext der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Artikel und Fotos hinwies und sich darauf berief, nicht gewusst zu haben, dass die in diesen Artikeln enthaltenen Informationen unrichtig seien.

Im Jahr 2015 erhoben die Kläger des Ausgangsverfahrens beim Landgericht Köln (Deutschland) eine Klage, die darauf abzielte, Google aufzugeben, aus ihren Übersichten der Suchergebnisse die Links zu den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Artikeln auszulisten und die in Gestalt von Vorschaubildern erfolgende Anzeige der die Kläger darstellenden Fotos zu beenden. Mit Urteil vom 22. November 2017 wies das Landgericht die Klage ab.

Gegen dieses Urteil legten die Kläger des Ausgangsverfahrens beim Oberlandesgericht Köln (Deutschland) Berufung ein, die mit Urteil vom 8. November 2018 zurückgewiesen wurde. Das Berufungsgericht führte aus, dass im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Rechte und Interessen die spezifische Arbeitsweise und die besondere Bedeutung einer Suchmaschine für das Funktionieren des Internets maßgeblich zu gewichten seien. Da der Betreiber der Suchmaschine regelmäßig in keinem rechtlichen Verhältnis zu den Anbietern der verlinkten Inhalte stehe und ihm die Ermittlung des Sachverhalts und dessen auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme dieser Anbieter vorzunehmenden Bewertung nicht möglich sei, träfen ihn erst dann spezifische Verhaltenspflichten, wenn er durch einen konkreten Hinweis des Betroffenen Kenntnis von einer offensichtlichen und auf den ersten Blick klar erkennbaren Rechtsverletzung erlange. Diese Grundsätze gälten auch, wenn sich der Einsatz der Suchmaschine auf die Bildersuche beschränke, da die maßgebliche Interessenlage vergleichbar sei.

Ferner treffe die Beweislast, soweit maßgeblich auf den Wahrheitsgehalt der behaupteten Tatsache abzustellen sei, die Person, die die Auslistung begehre. Da im vorliegenden Fall die Kläger des Ausgangsverfahrens die Wahrheitswidrigkeit der über sie berichteten Tatsachen nicht bewiesen hätten, sei Google die abschließende Bewertung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Artikel nicht möglich, weshalb Google nicht zu deren Auslistung verpflichtet sei. Die in Gestalt von Vorschaubildern angezeigten Fotos könnten, soweit sie einem dieser Artikel beigefügt seien, als Bildnisse aus dem Bereich des Zeitgeschehens angesehen werden.

Die Kläger des Ausgangsverfahrens legten beim Bundesgerichtshof (Deutschland), dem vorlegenden Gericht, Revision ein.

Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass die Entscheidung über die Revision von der Auslegung des Unionsrechts abhänge, insbesondere von Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der DSGVO sowie von Art. 12 Buchst. b und Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 95/46.

Zunächst hebt das vorlegende Gericht hervor, dass aus seiner Sicht der Antrag, Google aufzugeben, aus der Übersicht der Suchergebnisse die Links zu den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Artikeln auszulisten, in zeitlicher Hinsicht unter die DSGVO falle, während der Antrag, Google aufzugeben, aus der Übersicht der Ergebnisse der Bildersuche die Vorschaubilder zu entfernen, in zeitlicher Hinsicht unter die Richtlinie 95/46 falle, da die Vorschaubilder zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der DSGVO von der von Google betriebenen Suchmaschine nicht mehr angezeigt worden seien. In Bezug auf das zuletzt genannte Begehren ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof gleichwohl darum, diese Frage auch unter Berücksichtigung der DSGVO zu beantworten.

Sodann weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass der Umstand, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Artikel auf der Website g‑net nicht mehr verfügbar seien und Google die Vorschaubilder nicht mehr anzeige, das Interesse der Kläger des Ausgangsverfahrens an der Fortsetzung ihres Auslistungsbegehrens nicht habe entfallen lassen, da die Website g‑net lediglich angebe, dass diese Artikel aus verschiedenen Gründen „augenblicklich“ nicht verfügbar seien. Bei dieser Sachlage sei nicht gewährleistet, dass diese Artikel nicht zukünftig wieder online gestellt und von der Suchmaschine von Google erneut aufgelistet würden, wobei im Übrigen darauf hinzuweisen sei, dass Google diesen Auslistungsantrag nach wie vor für unberechtigt halte und an ihrer Weigerung, ihm stattzugeben, festhalte.

In der Sache führt das vorlegende Gericht als Erstes zur begehrten Auslistung der Links zu den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Artikeln aus der Übersicht der Suchergebnisse aus, dass die Kläger des Ausgangsverfahrens dieses Begehren u. a. damit rechtfertigten, dass bestimmte Behauptungen in diesen Artikeln unrichtig seien. Daher stelle sich die Frage, ob sie die behauptete Unrichtigkeit dieser Behauptungen hätten nachweisen müssen oder zumindest eine gewisse Evidenz dieser Unrichtigkeit hätten aufzeigen müssen oder ob vielmehr Google entweder die Behauptungen der Kläger des Ausgangsverfahrens als richtig hätte zugrunde legen müssen oder den Sachverhalt selbst hätte aufklären müssen.

Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts wird das Gebot der gleichberechtigten Abwägung der sich gegenüberstehenden Grundrechte aus den Art. 7 und 8 der Charta einerseits und den Art. 11 und 16 der Charta andererseits dann unterlaufen, wenn in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden ausschließlich die eine oder die andere Seite die Beweislast trage.

Daher regt das vorlegende Gericht als Lösung an, dem Betroffenen aufzuerlegen, die Frage der Richtigkeit des aufgelisteten Inhalts einer zumindest vorläufigen Klärung dadurch zuzuführen, dass er den Inhalteanbieter gerichtlich in Anspruch nehme, sofern für den Betroffenen das Erreichen eines zumindest einstweiligen Rechtsschutzes nach den Umständen des Einzelfalls zumutbar sei. Zwar stehe der Betroffene nicht notwendig in einem Verhältnis zu dem Inhalteanbieter, so dass er die gleichen Schwierigkeiten der Kontaktaufnahme wie der Suchmaschinenverantwortliche haben könne. Dieser Person sei jedoch bekannt, ob der aufgelistete Inhalt richtig sei. Ob dieser Person eine gerichtliche Inanspruchnahme des Inhalteanbieters zugemutet werden könne, könne z. B. davon abhängen, ob der Inhalteanbieter in der Europäischen Union ohne Weiteres in Anspruch genommen werden könne.

In dieser Hinsicht neigt das vorlegende Gericht zu der Auffassung, dass es für die betroffene Person regelmäßig zumutbar sei, einen namentlich bekannten Inhalteanbieter im Wege der einstweiligen Verfügung in Anspruch zu nehmen, nicht aber, einen anonymen Anbieter oder einen solchen, dem nicht zugestellt werden könnte, in Anspruch zu nehmen. Dagegen sei die tatsächliche Durchsetzbarkeit eines etwaigen Löschungstitels gegen den Inhalteanbieter für die Rechte im Verhältnis zum Suchmaschinenverantwortlichen unerheblich.

Als Zweites weist das vorlegende Gericht in Bezug auf den Antrag, Google aufzugeben, die in Gestalt von Vorschaubildern erfolgende Anzeige der im Artikel vom 4. Juni 2015 enthaltenen Fotos der Kläger des Ausgangsverfahrens zu beenden, zunächst darauf hin, dass diese Vorschaubilder zwar einen Link enthielten, mit dem man zur Website des Dritten, auf der das entsprechende Foto veröffentlicht worden sei, gelangen und somit vom Kontext dieser Veröffentlichung Kenntnis nehmen könne. Da in der Übersicht der Ergebnisse einer Bildersuche aber nur die Vorschaubilder angezeigt würden, ohne die Elemente des Kontexts dieser Veröffentlichung auf der Website des Dritten wiederzugeben, sei diese Übersicht als solche neutral und ermögliche es nicht, den Kontext der ursprünglichen Veröffentlichung zu erkennen.

Somit stelle sich die Frage, ob bei der im Rahmen von Art. 12 Buchst. b und Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 95/46 bzw. Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der DSGVO vorzunehmenden Abwägung nur das Vorschaubild als solches kontextneutral in der Ergebnisübersicht oder auch der ursprüngliche Kontext der Veröffentlichung des entsprechenden Bildes zu berücksichtigen sei.

Insoweit stellt das vorlegende Gericht fest, dass im Ausgangsverfahren, das nicht im Licht der breiten Öffentlichkeit stehende Personen betreffe, die fraglichen Fotos selbst keine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthielten und sich ihnen für sich genommen ein überwiegendes Informationsinteresse im Sinne der in der vorstehenden Randnummer genannten Bestimmungen nicht entnehmen lasse. Im Zusammenhang mit dem auf der Website g‑net veröffentlichten Artikel vom 4. Juni 2015 erfüllten sie jedoch eine wichtige Belegfunktion zu der dort enthaltenen Textaussage, dass die Kläger des Ausgangsverfahrens als Initiatoren und Geschäftsführer der in Rn. 15 des vorliegenden Urteils genannten vierten Gesellschaft und der Unternehmensgruppe einen hohen Lebensstandard genössen und über Luxusgüter verfügten, während sich die Mitarbeiter, der Vertrieb und die Kunden dieser Gesellschaften fragten, ob die getätigten Investitionen sicher seien. Sollte der Kontext, in dem diese Fotos ursprünglich veröffentlicht worden seien, zu berücksichtigen sein, wäre ihre Veröffentlichung als Vorschaubilder in der Ergebnisübersicht – die Rechtmäßigkeit der Textberichterstattung unterstellt – daher als gerechtfertigt anzusehen.

Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts spricht für eine Berücksichtigung des Kontexts der ursprünglichen Veröffentlichung der Umstand, dass es sich bei Vorschaubildern technisch um eine Verlinkung auf die Internetseite des Dritten handele. Auch sei allgemein bekannt, dass dem verständigen Durchschnittsnutzer einer Bildersuchmaschine klar sei, dass die von der Suchmaschine in der Ergebnisübersicht zusammengestellten Vorschaubilder jeweils aus Veröffentlichungen Dritter herausgefiltert worden seien und die diesen Vorschaubildern entsprechenden Fotos dort in einem bestimmten Kontext dargestellt seien.

Allerdings sei zu berücksichtigen, dass der ursprüngliche Kontext der Veröffentlichung der Bilder bei der Anzeige des Vorschaubildes – im Unterschied zur Listung der sonstigen Ergebnisse – nicht benannt werde und auch im Übrigen nicht ersichtlich sei. Der Nutzer, dem es von vornherein lediglich auf die Anzeige des Bildes ankomme, habe in der Regel aber keinen Anlass, Ursprung und ursprünglichen Kontext der Veröffentlichung nachzuverfolgen.

Daher erscheine es zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung durch den Verantwortlichen der betreffenden Suchmaschine folgerichtig, der Abwägung nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 95/46 bzw. Art. 17 Abs. 3 der DSGVO nur die aus dem Vorschaubild selbst ersichtlichen Rechte und Interessen zugrunde zu legen.

Unter diesen Umständen hat der Bundesgerichtshof beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Ist es mit dem Recht des Betroffenen auf Achtung seines Privatlebens (Art. 7 der Charta) und auf Schutz der ihn betreffenden personenbezogenen Daten (Art. 8 der Charta) vereinbar, bei der im Rahmen der Prüfung seines Auslistungsbegehrens gegen den Verantwortlichen eines Internet-Suchdienstes gemäß Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der DSGVO vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Rechte und Interessen aus den Art. 7, 8, 11 und 16 der Charta dann, wenn der Link, dessen Auslistung beantragt wird, zu einem Inhalt führt, der Tatsachenbehauptungen und auf Tatsachenbehauptungen beruhende Werturteile enthält, deren Wahrheit der Betroffene in Abrede stellt, und dessen Rechtmäßigkeit mit der Frage der Wahrheitsgemäßheit der in ihm enthaltenen Tatsachenbehauptungen steht und fällt, maßgeblich auch darauf abzustellen, ob der Betroffene in zumutbarer Weise – z. B. durch eine einstweilige Verfügung – Rechtsschutz gegen den Inhalteanbieter erlangen und damit die Frage der Wahrheit des vom Suchmaschinenverantwortlichen nachgewiesenen Inhalts einer zumindest vorläufigen Klärung zuführen könnte?

2. Ist im Falle eines Auslistungsbegehrens gegen den Verantwortlichen eines Internet-Suchdienstes, der bei einer Namenssuche nach Fotos von natürlichen Personen sucht, die Dritte im Zusammenhang mit dem Namen der Person ins Internet eingestellt haben, und der die von ihm aufgefundenen Fotos in seiner Ergebnisübersicht als Vorschaubilder („thumbnails“) zeigt, im Rahmen der nach Art. 12 Buchst. b und Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 95/46 und Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der DSGVO vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Rechte und Interessen aus den Art. 7, 8, 11 und 16 der Charta der Kontext der ursprünglichen Veröffentlichung des Dritten maßgeblich zu berücksichtigen, auch wenn die Webseite des Dritten bei Anzeige des Vorschaubildes durch die Suchmaschine zwar verlinkt, aber nicht konkret benannt und der sich hieraus ergebende Kontext vom Internet-Suchdienst nicht mit angezeigt wird?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

Zur Zulässigkeit

Google äußert Zweifel an der Zulässigkeit der ersten Frage, da das damit aufgeworfene Problem hypothetischer Natur sei. Insbesondere präsentiere sich die vom vorlegenden Gericht vorgeschlagene Lösung abstrakt-schematisch und losgelöst von den konkreten Fakten des Ausgangsverfahrens. Zudem verfüge der Gerichtshof nicht über die für eine zweckdienliche Antwort erforderlichen Angaben.

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es nach ständiger Rechtsprechung im Rahmen der durch Art. 267 AEUV geschaffenen Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten allein Sache des nationalen Gerichts ist, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende Entscheidung fällt, anhand der Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorzulegenden Fragen zu beurteilen. Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über ihm vorgelegte Fragen zu befinden, wenn diese die Auslegung des Unionsrechts betreffen (Urteil vom 15. Juli 2021, The Department for Communities in Northern Ireland, C‑709/20, EU:C:2021:602, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Der Gerichtshof kann die Beantwortung einer Vorlagefrage eines nationalen Gerichts nur ablehnen, wenn die Auslegung des Unionsrechts, um die er ersucht wird, offensichtlich in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (Urteil vom 15. Juli 2021, The Department for Communities in Northern Ireland, C‑709/20, EU:C:2021:602, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Im vorliegenden Fall hat das vorlegende Gericht – wie der Generalanwalt in Nr. 22 seiner Schlussanträge ausgeführt hat – einen hinreichend genauen und vollständigen Rahmen des dem Ausgangsrechtsstreit zugrunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Kontexts geliefert und hinreichend nachgewiesen, dass in diesem Zusammenhang eine Antwort auf die Vorlagefrage erforderlich ist.

In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass sich die Verarbeitung personenbezogener Daten, die im Rahmen der Tätigkeit einer Suchmaschine ausgeführt wird, von der unterscheidet, die von den Herausgebern von Websites, die diese Daten auf einer Internetseite einstellen, vorgenommen wird, und zusätzlich zu dieser erfolgt (Urteil vom 13. Mai 2014, Google Spain und Google, C‑131/12, EU:C:2014:317, Rn. 35). Da die betroffenen Rechte, Interessen und Beschränkungen bei einem Vorgehen der betroffenen Person gegen den Suchmaschinenbetreiber andere sein können als bei einem Vorgehen gegen den Inhalteanbieter, bedarf es für die Prüfung eines Auslistungsbegehrens nach Art. 17 der DSGVO einer eigenen Abwägung.

Aus der Begründung des vorlegenden Gerichts ergibt sich jedoch, dass die Antwort des Gerichtshofs auf die Frage, die zum einen den Umfang der Verpflichtungen und des Verantwortungsbereichs des Betreibers einer Suchmaschine bei der Bearbeitung eines Auslistungsbegehrens, das auf die angebliche Unrichtigkeit der im aufgelisteten Inhalt stehenden Informationen gestützt wird, und zum anderen die Beweislast der betroffenen Person in Bezug auf diese Unrichtigkeit betrifft, eine unmittelbare Auswirkung auf die Beurteilung des Hauptsacheverfahrens durch das vorlegende Gericht haben kann, und zwar unabhängig von der Frage, ob die Kläger des Ausgangsverfahrens wegen des im Internet veröffentlichten und angeblich unrichtigen Inhalts effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gegenüber dem Inhalteanbieter erreichen könnten.

Wie der Generalanwalt in Nr. 22 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, bedeutet der Umstand, dass die Fragen des vorlegenden Gerichts zu der Methode, die es in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren für anwendbar hält, allgemein und abstrakt formuliert sind, nicht, dass die Vorlagefrage, mit der der Gerichtshof insoweit befasst wird, hypothetischen Charakter hat.

Folglich ist die erste Frage zulässig.

Zur inhaltlichen Würdigung der Frage

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der DSGVO dahin auszulegen ist, dass im Rahmen der Abwägung, die zwischen den Rechten aus den Art. 7 und 8 der Charta und den Rechten aus den Art. 11 und 16 der Charta vorzunehmen ist, um einen an den Betreiber einer Suchmaschine gerichteten Auslistungsantrag zu prüfen, der darauf abzielt, dass in der Übersicht der Ergebnisse einer Suche der Link zu einem Inhalt, der Behauptungen enthält, die von der die Auslistung begehrenden Person für unrichtig gehalten werden, gelöscht wird, diese Auslistung davon abhängt, dass die Frage der Richtigkeit des aufgelisteten Inhalts im Rahmen eines von dieser Person gegen den Inhalteanbieter eingelegten Rechtsbehelfs einer zumindest vorläufigen Klärung zugeführt worden ist, wenn in zumutbarer Weise die Möglichkeit besteht, einen solchen Rechtsschutz zu erlangen.

Vorab ist zum einen darauf hinzuweisen, dass die Tätigkeit einer Suchmaschine, die darin besteht, von Dritten ins Internet gestellte oder dort veröffentlichte Informationen zu finden, automatisch zu indexieren, vorübergehend zu speichern und schließlich den Internetnutzern in einer bestimmten Rangfolge zur Verfügung zu stellen, sofern die Informationen personenbezogene Daten enthalten, als „Verarbeitung personenbezogener Daten“ im Sinne von Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 95/46 und Art. 4 Nrn. 1 und 2 der DSGVO einzustufen ist, und zum anderen, dass der Betreiber dieser Suchmaschine als für diese Verarbeitung „Verantwortlicher“ im Sinne von Art. 2 Buchst. d der Richtlinie 95/46 und Art. 4 Nr. 7 der DSGVO anzusehen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Mai 2014, Google Spain und Google, C‑131/12, EU:C:2014:317‚ Rn. 41, sowie vom 24. September 2019, GC u. a. [Auslistung sensibler Daten], C‑136/17, EU:C:2019:773, Rn. 35).

Denn wie in Rn. 44 des vorliegenden Urteils ausgeführt, unterscheidet sich die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der Tätigkeit einer Suchmaschine von der, die von den Herausgebern von Websites, die diese Daten auf einer Website einstellen, vorgenommen wird, und erfolgt zusätzlich zu dieser. Ferner hat diese Tätigkeit maßgeblichen Anteil an der weltweiten Verbreitung personenbezogener Daten, da sie diese jedem Internetnutzer zugänglich macht, der eine Suche anhand des Namens der betroffenen Person durchführt, und zwar auch denjenigen, die die Website, auf der diese Daten veröffentlicht sind, sonst nicht gefunden hätten. Zudem können die Organisation und Aggregation der im Internet veröffentlichten Informationen, die von den Suchmaschinen mit dem Ziel durchgeführt werden, ihren Nutzern den Zugang zu diesen Informationen zu erleichtern, bei einer anhand des Namens einer natürlichen Person durchgeführten Suche dazu führen, dass die Nutzer der Suchmaschinen mit der Ergebnisliste einen strukturierten Überblick über die zu der betroffenen Person im Internet zu findenden Informationen erhalten, anhand dessen sie ein mehr oder weniger detailliertes Profil der betreffenden Person erstellen können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Mai 2014, Google Spain und Google, C‑131/12, EU:C:2014:317‚ Rn. 36 und 37, sowie vom 24. September 2019, GC u. a. [Auslistung sensibler Daten], C‑136/17, EU:C:2019:773, Rn. 36).

Durch die Tätigkeit einer Suchmaschine können die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten somit erheblich beeinträchtigt werden, und zwar zusätzlich zur Tätigkeit der Herausgeber von Websites; als derjenige, der über die Zwecke und Mittel dieser Tätigkeit entscheidet, hat der Suchmaschinenbetreiber daher in seinem Verantwortungsbereich im Rahmen seiner Befugnisse und Möglichkeiten dafür zu sorgen, dass die Tätigkeit der Suchmaschine den Anforderungen der Richtlinie 95/46 und der DSGVO entspricht, damit die in dieser Richtlinie und dieser Verordnung vorgesehenen Garantien ihre volle Wirksamkeit entfalten können und ein wirksamer und umfassender Schutz der betroffenen Personen, insbesondere ihres Rechts auf Achtung ihres Privatlebens, tatsächlich verwirklicht werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Mai 2014, Google Spain und Google, C‑131/12, EU:C:2014:317‚ Rn. 38, sowie vom 24. September 2019, GC u. a. [Auslistung sensibler Daten], C‑136/17, EU:C:2019:773, Rn. 37).

Zum Umfang des konkreten Verantwortungsbereichs und der konkreten Verpflichtungen des Suchmaschinenbetreibers hat der Gerichtshof bereits ausgeführt, dass der Suchmaschinenbetreiber insoweit nicht dafür verantwortlich ist, dass die personenbezogenen Daten auf der Website eines Dritten vorhanden sind, wohl aber für die Listung dieser Website und insbesondere für die Anzeige des auf sie führenden Links in der Ergebnisliste, die den Internetnutzern im Anschluss an eine Suche anhand des Namens einer natürlichen Person angezeigt wird. Die Anzeige des Links in einer solchen Ergebnisliste kann nämlich die Grundrechte der betroffenen Person auf Achtung ihres Privatlebens und auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten erheblich beeinträchtigen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Mai 2014, Google Spain und Google, C‑131/12, EU:C:2014:317‚ Rn. 80, sowie vom 24. September 2019, GC u. a. [Auslistung sensibler Daten], C‑136/17, EU:C:2019:773, Rn. 46).

Daher können in Anbetracht des Verantwortungsbereichs, der Befugnisse und der Möglichkeiten des Suchmaschinenbetreibers als des für die Datenverarbeitung im Rahmen der Suchmaschinentätigkeit Verantwortlichen die in der Richtlinie 95/46 und der DSGVO vorgesehenen Verbote und Beschränkungen auf den Suchmaschinenbetreiber nur aufgrund der Listung der Website und somit über eine Prüfung anwendbar sein, die auf der Grundlage eines Antrags der betroffenen Person unter der Aufsicht der zuständigen nationalen Behörden vorzunehmen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. September 2019, GC u. a. [Auslistung sensibler Daten], C‑136/17, EU:C:2019:773, Rn. 47).

Für einen solchen Antrag enthält die DSGVO in ihrem Art. 17 eine Bestimmung, die speziell das „Recht auf Löschung“ regelt, das auch als „Recht auf Vergessenwerden“ bezeichnet wird. Zwar sieht Art. 17 Abs. 1 vor, dass die betroffene Person aus den dort genannten Gründen grundsätzlich das Recht hat, von dem Verantwortlichen zu verlangen, dass sie betreffende personenbezogene Daten gelöscht werden, doch kann dieses Recht nach Art. 17 Abs. 3 nicht geltend gemacht werden, wenn die betreffende Verarbeitung aus einem der dort aufgeführten Gründe erforderlich ist, zu denen nach Art. 17 Abs. 3 Buchst. a unter anderem die Ausübung des Rechts auf freie Information gehört.

Somit muss der mit einem Antrag auf Auslistung von Links befasste Suchmaschinenbetreiber prüfen, ob die Aufnahme des Links zu der fraglichen Website in die Liste, die im Anschluss an eine Suche anhand des Namens der betroffenen Person angezeigt wird, erforderlich ist, um das durch Art. 11 der Charta geschützte Recht auf freie Information auszuüben, das den Internetnutzern zusteht, die potenziell Interesse an einem Zugang zu dieser Website mittels einer solchen Suche haben (vgl. entsprechend Urteil vom 24. September 2019, GC u. a. [Auslistung sensibler Daten], C‑136/17, EU:C:2019:773, Rn. 66).

Der Umstand, dass Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der DSGVO ausdrücklich vorsieht, dass das der betroffenen Person zustehende Recht auf Löschung ausgeschlossen ist, wenn die Verarbeitung u. a. für die Ausübung des in Art. 11 der Charta garantierten Rechts auf freie Information erforderlich ist, ist Ausdruck der Tatsache, dass das Recht auf Schutz personenbezogener Daten kein uneingeschränktes Recht ist, sondern, wie im vierten Erwägungsgrund der DSGVO ausgeführt, im Hinblick auf seine gesellschaftliche Funktion gesehen und unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips gegen andere Grundrechte abgewogen werden muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. September 2019, GC u. a. [Auslistung sensibler Daten], C‑136/17, EU:C:2019:773, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Art. 52 Abs. 1 der Charta lässt insoweit Einschränkungen der Ausübung von Rechten wie derjenigen zu, die in ihren Art. 7 und 8 verankert sind, sofern diese Einschränkungen gesetzlich vorgesehen sind, den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen (Urteil vom 24. September 2019, GC u. a. [Auslistung sensibler Daten], C‑136/17, EU:C:2019:773, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Die DSGVO und insbesondere Art. 17 Abs. 3 Buchst. a verlangen somit ausdrücklich eine Abwägung zwischen den in den Art. 7 und 8 der Charta verankerten Grundrechten auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten und dem durch Art. 11 der Charta gewährleisteten Grundrecht auf freie Information (Urteil vom 24. September 2019, GC u. a. [Auslistung sensibler Daten], C‑136/17, EU:C:2019:773, Rn. 59).

Hinzuzufügen ist, dass Art. 7 der Charta, der das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens betrifft, Rechte enthält, die den in Art. 8 Abs. 1 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) gewährleisteten Rechten entsprechen, und dass der Schutz personenbezogener Daten für die Ausübung des in Art. 8 EMRK verankerten Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens eine grundlegende Rolle spielt (EGMR, Urteil vom 27. Juni 2017, Satakunnan Markkinapörssi Oy und Satamedia Oy/Finnland, CE:ECHR:2017:0627JUD000093113, § 137). Somit ist diesem Art. 7 gemäß Art. 52 Abs. 3 der Charta die gleiche Bedeutung und Tragweite beizumessen wie Art. 8 Abs. 1 EMRK in seiner Auslegung durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Das Gleiche gilt für Art. 11 der Charta und Art. 10 EMRK (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Februar 2019, Buivids, C‑345/17, EU:C:2019:122, Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ergibt sich, dass für die Zwecke der Abwägung zwischen dem Recht auf Achtung des Privatlebens und dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Information eine Reihe relevanter Kriterien zu berücksichtigen sind, wie der Beitrag zu einer Debatte von allgemeinem Interesse, der Bekanntheitsgrad der betroffenen Person, der Gegenstand der Berichterstattung, das vorangegangene Verhalten der betroffenen Person, Inhalt, Form und Auswirkungen der Veröffentlichung, die Art und Weise sowie die Umstände, unter denen die Informationen erlangt worden sind, und deren Richtigkeit (vgl. in diesem Sinne EGMR, Urteil vom 27. Juni 2017, Satakunnan Markkinapörssi Oy und Satamedia Oy/Finnland, CE:ECHR:2017:0627JUD000093113, § 165).

In Anbetracht dieser Erwägungen ist zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen der Betreiber einer Suchmaschine verpflichtet ist, einem Auslistungsantrag stattzugeben und folglich aus der im Anschluss an eine Suche anhand des Namens der betroffenen Person angezeigten Ergebnisliste den Link zu einer Website zu löschen, auf der sich personenbezogene Daten über die betroffene Person befinden, weil der aufgelistete Inhalt Behauptungen enthält, die von dieser Person für unrichtig gehalten werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. September 2019, GC u. a. [Auslistung sensibler Daten], C‑136/17, EU:C:2019:773, Rn. 60).

Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die durch die Art. 7 und 8 der Charta geschützten Rechte der betroffenen Person zwar im Allgemeinen gegenüber dem berechtigten Interesse der Internetnutzer überwiegen, die potenziell Interesse an einem Zugang zu der fraglichen Information haben; der Ausgleich kann aber von den relevanten Umständen des Einzelfalls abhängen, insbesondere von der Art dieser Information, von deren Sensibilität für das Privatleben der betroffenen Person und vom Interesse der Öffentlichkeit am Zugang zu der Information, das u. a. je nach der Rolle, die die Person im öffentlichen Leben spielt, variieren kann (Urteile vom 13. Mai 2014, Google Spain und Google, C‑131/12, EU:C:2014:317‚ Rn. 81, sowie vom 24. September 2019, GC u. a. [Auslistung sensibler Daten], C‑136/17, EU:C:2019:773, Rn. 66).

Insbesondere muss die betroffene Person dann, wenn sie im öffentlichen Leben eine Rolle spielt, ein höheres Maß an Toleranz aufbringen, da sie zwangsläufig und bewusst im Blick der Öffentlichkeit steht (vgl. in diesem Sinne EGMR, Urteil vom 6. Oktober 2022, Khural und Zeynalov/Aserbaidschan, CE:ECHR:2022:1006JUD005506911, § 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Die Frage der Richtigkeit des aufgelisteten Inhalts ist auch ein relevanter Gesichtspunkt bei der Prüfung der Anwendungsvoraussetzungen von Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der DSGVO im Hinblick auf die Beurteilung der Frage, ob das Recht der Internetnutzer auf Information und die Meinungsäußerungsfreiheit des Inhalteanbieters Vorrang vor den Rechten desjenigen haben können, der eine Auslistung begehrt.

Wie der Generalanwalt in Nr. 30 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, kann das Recht auf freie Meinungsäußerung und Information zwar unter bestimmten Umständen Vorrang vor den Rechten auf Schutz der Privatsphäre und auf Schutz personenbezogener Daten haben, insbesondere wenn die betroffene Person im öffentlichen Leben eine Rolle spielt, doch kehrt sich dieses Verhältnis jedenfalls dann um, wenn zumindest ein für den gesamten Inhalt nicht unbedeutender Teil der Informationen, um die es in dem Auslistungsantrag geht, unrichtig ist. Denn in einem solchen Fall können das Recht, Informationen weiterzugeben, und das Recht, Informationen zu erhalten, nicht berücksichtigt werden, da sie nicht das Recht einschließen können, derartige Informationen zu verbreiten und Zugang zu ihnen zu erhalten.

Zudem ist die Frage, ob die in dem aufgelisteten Inhalt enthaltenen Behauptungen richtig sind, zwar für die Anwendung von Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der DSGVO von Bedeutung, dabei ist jedoch zwischen Tatsachenbehauptungen und Werturteilen zu unterscheiden. Denn während die Richtigkeit von Tatsachenbehauptungen nachgewiesen werden kann, ist der Wahrheitsgehalt von Werturteilen keinem Beweis zugänglich (vgl. in diesem Sinne EGMR, Urteil vom 23. April 2015, Morice/Frankreich, CE:ECHR:2015:0423JUD002936910, § 126).

Sodann ist zum einen zu prüfen, ob und gegebenenfalls inwieweit es der Person, die den Auslistungsantrag gestellt hat, obliegt, ihre Behauptung, dass die in dem aufgelisteten Inhalt stehenden Informationen unrichtig sind, zu belegen, und zum anderen, ob sich der Betreiber der Suchmaschine selbst darum bemühen muss, den Sachverhalt aufzuklären, um festzustellen, ob die in diesem Inhalt enthaltenen und angeblich unrichtigen Informationen richtig sind.

Was als Erstes die Verpflichtungen der Person angeht, die wegen der Unrichtigkeit eines aufgelisteten Inhalts die Auslistung begehrt, obliegt dieser Person der Nachweis, dass die in diesem Inhalt enthaltenen Informationen offensichtlich unrichtig sind oder zumindest ein für diesen gesamten Inhalt nicht unbedeutender Teil dieser Informationen offensichtlich unrichtig ist. Damit dieser Person jedoch keine übermäßige Belastung auferlegt wird, die die praktische Wirksamkeit des Rechts auf Auslistung beeinträchtigen könnte, hat sie lediglich die Nachweise beizubringen, die unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls von ihr vernünftigerweise verlangt werden können, um diese offensichtliche Unrichtigkeit festzustellen. Insoweit kann diese Person grundsätzlich nicht dazu verpflichtet werden, bereits im vorgerichtlichen Stadium zur Stützung ihres Auslistungsantrags an den Suchmaschinenbetreiber eine gegen den Herausgeber der betreffenden Website erwirkte gerichtliche Entscheidung – selbst in Form einer im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Entscheidung – vorzulegen. Würde die betroffene Person nämlich dazu verpflichtet, hätte dies zur Folge, dass ihr eine unzumutbare Belastung auferlegt würde.

Was als Zweites die Verpflichtungen und den Verantwortungsbereich des Betreibers der Suchmaschine angeht, trifft es zwar zu, dass sich dieser Betreiber bei der infolge eines Auslistungsantrags vorzunehmenden Prüfung, ob ein Inhalt in der Ergebnisübersicht der über seine Suchmaschine durchgeführten Suche verbleiben kann, auf alle betroffenen Rechte und Interessen sowie auf alle Umstände des Einzelfalls zu stützen hat.

Gleichwohl ist dieser Betreiber im Rahmen der Prüfung der Anwendungsvoraussetzungen von Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der DSGVO nicht verpflichtet, bei der Suche nach Tatsachen, die von dem Auslistungsantrag nicht gestützt werden, aktiv mitzuwirken, um festzustellen, ob dieser Antrag stichhaltig ist.

Daher ist der Betreiber der betreffenden Suchmaschine bei der Bearbeitung eines solchen Antrags nicht verpflichtet, den Sachverhalt zu ermitteln und hierfür mit dem Inhalteanbieter einen kontradiktorischen Schriftwechsel zu führen, der darauf gerichtet ist, fehlende Angaben zur Richtigkeit des aufgelisteten Inhalts zu erlangen. Denn da eine solche Verpflichtung den Betreiber der Suchmaschine dazu zwingen würde, selbst einen Beitrag zum Nachweis der Richtigkeit oder Unrichtigkeit des aufgelisteten Inhalts zu erbringen, würde sie zu einer Belastung dieses Betreibers führen, die über das hinausginge, was von ihm im Hinblick auf seinen Verantwortungsbereich, seine Befugnisse und seine Möglichkeiten im Sinne der in Rn. 53 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung vernünftigerweise erwartet werden kann. Die genannte Verpflichtung brächte daher die ernste Gefahr mit sich, dass Inhalte, die einem schutzwürdigen und überwiegenden Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit dienen, ausgelistet würden und es somit schwierig würde, sie im Internet zu finden. Insoweit bestünde die reale Gefahr einer abschreckenden Wirkung für die Ausübung der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit, wenn der Betreiber der Suchmaschine eine solche Auslistung nahezu systematisch vornähme, um zu vermeiden, dass er die Last der Ermittlung der Tatsachen zu tragen hat, die für die Feststellung der Richtigkeit oder Unrichtigkeit des aufgelisteten Inhalts relevant sind.

Folglich ist der Betreiber der Suchmaschine, wenn die eine Auslistung begehrende Person relevante und hinreichende Nachweise vorlegt, die ihren Antrag zu stützen vermögen und belegen, dass die in dem aufgelisteten Inhalt enthaltenen Informationen offensichtlich unrichtig sind oder zumindest ein für diesen gesamten Inhalt nicht unbedeutender Teil dieser Informationen offensichtlich unrichtig ist, verpflichtet, diesem Auslistungsantrag stattzugeben. Das Gleiche gilt, wenn die betroffene Person eine gegenüber dem Herausgeber der Website ergangene gerichtliche Entscheidung vorlegt, die auf der Feststellung beruht, dass in dem aufgelisteten Inhalt enthaltene Informationen, die im Hinblick auf den gesamten Inhalt nicht unbedeutend sind, zumindest auf den ersten Blick unrichtig sind.

Dagegen ist bei Nichtvorliegen einer solchen gerichtlichen Entscheidung der Betreiber der Suchmaschine, wenn sich aus den von der betroffenen Person vorgelegten Nachweisen nicht offensichtlich ergibt, dass die in dem aufgelisteten Inhalt enthaltenen Informationen unrichtig sind, nicht verpflichtet, einem solchen Auslistungsantrag stattzugeben. Wenn die fraglichen Informationen zu einer Debatte von allgemeinem Interesse beitragen können, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Information besondere Bedeutung beizumessen.

Zudem wäre nach den Ausführungen in Rn. 65 des vorliegenden Urteils eine Auslistung von Artikeln mit der Folge, dass es schwierig würde, im Internet Zugang zu der Gesamtheit dieser Artikel zu haben, auch dann unverhältnismäßig, wenn sich nur bestimmte Informationen, die im Hinblick auf den gesamten Inhalt dieser Artikel von untergeordneter Bedeutung sind, als unrichtig erweisen.

Schließlich ist klarzustellen, dass sich die betroffene Person, wenn der Betreiber einer Suchmaschine dem Auslistungsantrag nicht stattgibt, an die Kontrollstelle oder das Gericht wenden können muss, damit diese die erforderlichen Überprüfungen vornehmen und den Verantwortlichen anweisen, die gebotenen Maßnahmen zu ergreifen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Mai 2014, Google Spain und Google, C‑131/12, EU:C:2014:317‚ Rn. 77). Denn es ist insbesondere Sache der Justizbehörden, die Abwägung der widerstreitenden Interessen zu gewährleisten, da sie am besten in der Lage sind, eine komplexe und eingehende Abwägung vorzunehmen, die alle in der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aufgestellten Kriterien und Gesichtspunkte berücksichtigt.

Allerdings hat in dem Fall, dass zur Klärung der Frage, ob in einem aufgelisteten Inhalt enthaltene Informationen unrichtig sind, ein Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren eingeleitet wurde und dieses Verfahren dem Betreiber der betreffenden Suchmaschine zur Kenntnis gebracht worden ist, dieser Betreiber u. a. zu dem Zweck der Gewährleistung einer stets sachdienlichen und aktuellen Information der Internetnutzer in die Suchergebnisse einen Warnhinweis aufzunehmen, dass es ein solches Verfahren gibt.

Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der DSGVO dahin auszulegen ist, dass im Rahmen der Abwägung, die zwischen den Rechten aus den Art. 7 und 8 der Charta und den Rechten aus Art. 11 der Charta vorzunehmen ist, um einen an den Betreiber einer Suchmaschine gerichteten Auslistungsantrag zu prüfen, der darauf abzielt, dass in der Übersicht der Ergebnisse einer Suche der Link zu einem Inhalt, der Behauptungen enthält, die von der die Auslistung begehrenden Person für unrichtig gehalten werden, gelöscht wird, diese Auslistung nicht davon abhängt, dass die Frage der Richtigkeit des aufgelisteten Inhalts im Rahmen eines von dieser Person gegen den Inhalteanbieter eingelegten Rechtsbehelfs einer zumindest vorläufigen Klärung zugeführt worden ist.

Zur zweiten Frage

Zu dem in zeitlicher Hinsicht anwendbaren Recht

Mit seiner zweiten Frage ersucht das vorlegende Gericht um Auslegung von Art. 12 Buchst. b und Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 95/46 sowie von Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der DSGVO. Insoweit weist es darauf hin, dass zwar der Antrag, der darauf abziele, dass Google die Links zu den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Artikeln dauerhaft ausliste, in zeitlicher Hinsicht unter die DSGVO falle, jedoch der Antrag, der darauf abziele, dass Google die in Gestalt von Vorschaubildern erfolgende Anzeige der im Artikel vom 4. Juni 2015 enthaltenen Fotos der Kläger des Ausgangsverfahrens beende, in zeitlicher Hinsicht unter die Richtlinie 95/46 falle, da diese Fotos im Gegensatz zu den genannten Links zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der DSGVO von der von Google betriebenen Suchmaschine nicht mehr angezeigt worden seien.

Insoweit braucht nicht zwischen den Bestimmungen der Richtlinie 95/46 und den in der zweiten Vorlagefrage genannten Bestimmungen der DSGVO unterschieden zu werden, da all diese Bestimmungen einen ähnlichen Regelungsgehalt haben, soweit es um die Auslegung geht, die der Gerichtshof in der vorliegenden Rechtssache vorzunehmen hat (vgl. entsprechend Urteil vom 1. August 2022, Vyriausioji tarnybinės etikos komisija, C‑184/20, EU:C:2022:601, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Um die zweite Frage zweckdienlich zu beantworten, ist sie also unter dem Blickwinkel sowohl der Richtlinie 95/46 als auch der DSGVO zu prüfen.

Zur Zulässigkeit

Google äußert auch Zweifel an der Zulässigkeit der zweiten Frage, da das damit aufgeworfene Problem hypothetischer Natur sei. Zunächst sei Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits nämlich kein Antrag dahin, die Ergebnisse einer anhand des Namens der Kläger des Ausgangsverfahrens durchgeführten Bildersuche auszulisten, sondern ein Antrag auf ein generelles Verbot der Anzeige derjenigen Vorschaubilder, die Fotos entsprächen, die einen der drei im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Artikel bebildert hätten. Sodann seien die Vorschaubilder seit September 2017 und die Artikel seit dem 28. Juni 2018 nicht mehr auf der Website g‑net abrufbar. Schließlich habe Google ab 2018 eine neue Version ihrer Suchmaschine für Bilder eingeführt, nach der auf der Ergebnisseite unter jedem Vorschaubild der gekürzte Titel der konkreten verlinkten Internetseite sowie die Internetadresse oder ein Teil davon jeweils in der Form eines zusätzlichen Links angezeigt würden.

In Anwendung der Grundsätze, die in der in den Rn. 41 und 42 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs entwickelt wurden, ist zunächst festzustellen, dass sich im vorliegenden Fall aus der dem Gerichtshof vorliegenden Akte nicht offensichtlich ergibt, dass die Auslegung der Bestimmungen der Richtlinie 95/46 und der DSGVO, wie sie vom vorlegenden Gericht im Rahmen der Prüfung der Begründetheit des auf Unterlassung der Anzeige der Fotos gerichteten Antrags erbeten wird, in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht.

Was insbesondere den Umstand anbelangt, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Fotos und Artikel nicht mehr auf der Website g‑net erscheinen, ist festzustellen, dass die Entfernung dieser Inhalte – wie das vorlegende Gericht ausgeführt hat – nur vorübergehend zu sein scheint, wie die Angabe auf der Website g‑net zeigt, wonach es „augenblicklich“ nicht möglich sei, auf diese Artikel zuzugreifen. Daher kann nicht ausgeschlossen werden, dass die genannten Artikel künftig wieder online gestellt und von der von Google betriebenen Suchmaschine erneut aufgelistet werden, zumal Google den im Ausgangsverfahren in Rede stehende Auslistungsantrag nach wie vor für unberechtigt hält und an ihrer Weigerung, ihm stattzugeben, festhält.

Im Übrigen kann im Rahmen des Antrags, der darauf abzielt, dass die in Gestalt von Vorschaubildern erfolgende Anzeige der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Fotos beendet wird, das Interesse an einer Antwort des Gerichtshofs zur Auslegung der einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 95/46 und der DSGVO weder durch den von Google geltend gemachten Umstand in Frage gestellt werden, dass die Kläger des Ausgangsverfahrens ihren Antrag nicht auf die anhand ihrer Namen durchgeführten Suchen beschränkt haben, noch dadurch, dass Google eine neue Version ihrer Suchmaschine für Bilder eingeführt hat, nach der auf der Ergebnisseite unter jedem Vorschaubild der gekürzte Titel der konkreten verlinkten Internetseite sowie die Internetadresse oder ein Teil davon jeweils in der Form eines zusätzlichen Links angezeigt werden.

Erstens ist nämlich festzustellen, dass selbst unter der Annahme, dass der Antrag der Kläger des Ausgangsverfahrens, der darauf abzielt, dass die in Gestalt von Vorschaubildern erfolgende Anzeige der sie darstellenden Fotos beendet wird, nicht auf die anhand ihrer Namen durchgeführten Suchen beschränkt wäre, dies gleichwohl nichts daran ändert, dass dieser Antrag eine Anzeige erfasst, die das Ergebnis solcher Suchen ist. Unter diesen Umständen kann nicht angenommen werden, dass die mit dieser zweiten Frage erbetene Auslegung offensichtlich in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht.

Was zweitens den Umstand anbelangt, dass in die Suche nach Bildern ein zusätzlicher Link eingeführt wird, der die Internetseite ihrer ursprünglichen Veröffentlichung angibt, ist darauf hinzuweisen, dass es nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs den nationalen Gerichten obliegt, die Tatsachen festzustellen, auf deren Grundlage über den Ausgangsrechtsstreit zu entscheiden ist, und darüber zu befinden, inwieweit spätere Entwicklungen der betreffenden Suchmaschine insoweit erheblich sind.

Folglich ist die zweite Frage zulässig.

Zur inhaltlichen Würdigung der Frage

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 12 Buchst. b und Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 95/46 sowie Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der DSGVO dahin auszulegen sind, dass im Rahmen der Abwägung, die zwischen den Rechten aus den Art. 7 und 8 der Charta und den Rechten aus den Art. 11 und 16 der Charta vorzunehmen ist, um einen an den Betreiber einer Suchmaschine gerichteten Auslistungsantrag zu prüfen, der darauf abzielt, dass in den Ergebnissen einer anhand des Namens einer natürlichen Person durchgeführten Bildersuche Fotos, die in Gestalt von Vorschaubildern angezeigt werden und diese Person darstellen, gelöscht werden, der ursprüngliche Kontext der Veröffentlichung dieser Fotos im Internet maßgeblich zu berücksichtigen ist.

Diese Frage stellt sich im Rahmen eines Antrags auf Löschung der Fotos, die in den Ergebnissen einer anhand des Namens der Kläger des Ausgangsverfahrens durchgeführten Bildersuche in Gestalt von Vorschaubildern angezeigt werden und die den am 4. Juni 2015 auf der Website g‑net veröffentlichten Artikel bebilderten. Insoweit möchte das vorlegende Gericht insbesondere wissen, ob bei der Beurteilung der Begründetheit dieses Antrags nur der Informationswert der Vorschaubilder als solche kontextneutral in der Ergebnisübersicht zu berücksichtigen ist, oder ob auch der ursprüngliche Kontext der Veröffentlichung der Fotos zu berücksichtigen ist, der nicht aus der bloßen Anzeige der Vorschaubilder im Rahmen der Ergebnisübersicht hervorgeht.

Zunächst ist – wie der Generalanwalt in Nr. 53 seiner Schlussanträge ausgeführt hat – festzustellen, dass für die Bildersuche, die über eine Suchmaschine im Internet anhand des Namens einer Person durchgeführt wird, dieselben Grundsätze gelten wie für die Suche nach Internetseiten und den darin enthaltenen Informationen. Die in den Rn. 49 bis 61 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung des Gerichtshofs gilt folglich auch für die Bearbeitung eines Auslistungsantrags, der darauf abzielt, dass in den Ergebnissen einer Bildersuche die in Gestalt von Vorschaubildern angezeigten Fotos gelöscht werden.

Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die in den Ergebnissen einer Bildersuche in Gestalt von Vorschaubildern erfolgende Anzeige von Fotos natürlicher Personen eine Verarbeitung personenbezogener Daten darstellt, in Bezug auf die der Betreiber der betreffenden Suchmaschine als „Verantwortlicher“ im Sinne von Art. 2 Buchst. d der Richtlinie 95/46 und Art. 4 Nr. 7 der DSGVO in seinem Verantwortungsbereich im Rahmen seiner Befugnisse und Möglichkeiten für die Einhaltung der in diesen Bestimmungen genannten Anforderungen verantwortlich ist.

Sodann ist darauf hinzuweisen, dass die Vorlagefrage den speziellen Suchmodus nach Bildern betrifft, der von bestimmten Suchmaschinen wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden angeboten wird und mit dem Internetnutzer nach grafischen Informationen aller Art suchen können (Fotografien, Abbildungen von Gemälden, Zeichnungen, Grafiken, Tabellen usw.). Bei einer solchen Suche generiert die Suchmaschine eine aus Vorschaubildern bestehende Liste von Suchergebnissen, die per Link auf Internetseiten verweisen, auf denen sich sowohl die eingegebenen Suchbegriffe als auch die in dieser Liste wiedergegebenen grafischen Inhalte befinden.

Hierzu ist entschieden worden, dass die Aufnahme einer Internetseite und der darin über eine Person enthaltenen Informationen in die Liste mit den Ergebnissen einer anhand des Namens der betreffenden Person durchgeführten Suche die Zugänglichkeit der Informationen für Internetnutzer, die eine Suche zu der Person durchführen, erheblich erleichtern und eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung der Informationen spielen kann. Sie kann mithin einen stärkeren Eingriff in das Grundrecht auf Achtung des Privatlebens der betroffenen Person darstellen als die Veröffentlichung durch den Herausgeber der Internetseite (Urteil vom 13. Mai 2014, Google Spain und Google, C‑131/12, EU:C:2014:317‚ Rn. 87).

Dies gilt aber umso mehr, wenn infolge einer namensbezogenen Suche Fotos der betroffenen Person in Gestalt von Vorschaubildern angezeigt werden, da diese Anzeige einen besonders starken Eingriff in die Rechte dieser Person auf Schutz des Privatlebens und der personenbezogenen Daten dieser Person im Sinne der Art. 7 und 8 der Charta darstellen kann.

Das Bild eines Einzelnen ist nämlich eines der Hauptmerkmale seiner Persönlichkeit, da es seine Einmaligkeit zum Ausdruck bringt und es erlaubt, ihn von anderen Personen zu unterscheiden. Das Recht der Person auf Schutz am eigenen Bild stellt somit eine der wesentlichen Voraussetzungen für ihre persönliche Verwirklichung dar und setzt in erster Linie die Kontrolle der Person über ihr eigenes Bild und insbesondere die Möglichkeit voraus, dessen Verbreitung zu untersagen. Daraus folgt, dass die Freiheit der Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit zwar zweifellos die Veröffentlichung von Fotos umfassen, doch ist der Schutz des Rechts der Person auf Vertraulichkeit in diesem Kontext von besonderer Bedeutung, da Fotos besonders persönliche oder gar intime Informationen über eine Person oder ihre Familie vermitteln können (vgl. in diesem Sinne EGMR, Urteil vom 7. Februar 2012, Von Hannover/Deutschland, CE:ECHR:2012:0207JUD004066008, §§ 95, 96 und 103 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

Daher muss der Betreiber einer Suchmaschine, wenn er mit einem Auslistungsantrag befasst wird, der darauf abzielt, dass aus den Ergebnissen einer anhand des Namens einer Person durchgeführten Bildersuche Fotos gelöscht werden, die in Gestalt von diese Person darstellenden Vorschaubildern angezeigt werden, prüfen, ob die Anzeige der fraglichen Fotos erforderlich ist, um das durch Art. 11 der Charta geschützte Recht auf freie Information auszuüben, das den Internetnutzern zusteht, die potenziell Interesse an einem Zugang zu diesen Fotos mittels einer solchen Suche haben (vgl. entsprechend Urteil vom 24. September 2019, GC u. a. [Auslistung sensibler Daten], C‑136/17, EU:C:2019:773, Rn. 66).

Insoweit stellt der Beitrag zu einer Debatte von allgemeinem Interesse einen entscheidenden Gesichtspunkt dar, der bei der Abwägung der widerstreitenden Grundrechte zu berücksichtigen ist, um die Frage beurteilen zu können, ob die Rechte der betroffenen Person auf Achtung ihres Privatlebens und auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten oder vielmehr die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Information Vorrang haben müssen.

Soweit die Suchmaschine Fotos der betroffenen Person aber außerhalb desjenigen Kontexts anzeigt, in dem die Fotos auf der aufgelisteten Internetseite – zumeist zur Veranschaulichung der auf dieser Seite enthaltenen Textelemente – veröffentlicht sind, ist zu prüfen, ob dieser Kontext bei der vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Rechte und Interessen gleichwohl zu berücksichtigen ist.

In diesem Rahmen hängt – wie der Generalanwalt in Nr. 54 seiner Schlussanträge ausgeführt hat – die Frage, ob in die genannte Beurteilung auch der Inhalt der Internetseite mit einzubeziehen ist, auf der sich das Foto befindet, in Bezug auf dessen Anzeige in Gestalt eines Vorschaubildes die Löschung begehrt wird, von dem Gegenstand und der Art der in Rede stehenden Verarbeitung ab.

Was als Erstes den Gegenstand der in Rede stehenden Verarbeitung anbelangt, ist festzustellen, dass die Veröffentlichung von Fotos als nicht mündliches Kommunikationsmittel eine stärkere Wirkung als veröffentlichte Texte auf die Internetnutzer ausüben kann. Denn Fotos sind als solche ein wichtiges Mittel, um die Aufmerksamkeit der Internetnutzer auf sich zu ziehen, und können ein Interesse wecken, auf die Artikel zuzugreifen, die sie bebildern. Insbesondere aufgrund des Umstands, dass Fotos häufig mehreren Interpretationen zugänglich sind, kann ihre Anzeige als Vorschaubilder in der Übersicht der Suchergebnisse entsprechend den Ausführungen in Rn. 95 des vorliegenden Urteils zu einem besonders schwerwiegenden Eingriff in das Recht der betroffenen Person auf Schutz am eigenen Bild führen, was bei der Abwägung der widerstreitenden Rechte und Interessen zu berücksichtigen ist.

Daher ist eine unterschiedliche Abwägung der widerstreitenden Rechte und Interessen erforderlich je nachdem, ob es sich einerseits um Artikel handelt, die mit Fotos versehen sind, die der Herausgeber der Internetseite veröffentlicht hat und die in ihrem ursprünglichen Kontext die in diesen Artikeln enthaltenen Informationen und die dort zum Ausdruck gebrachten Meinungen veranschaulichen, und andererseits um Fotos, die in Gestalt von Vorschaubildern in der Ergebnisübersicht vom Betreiber einer Suchmaschine außerhalb des Kontexts angezeigt werden, in dem sie auf der ursprünglichen Internetseite veröffentlicht worden sind.

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Grund für die Zulässigkeit der Veröffentlichung personenbezogener Daten auf einer Website nicht unbedingt derselbe ist wie der für die Tätigkeit der Suchmaschinen; doch selbst wenn dies der Fall ist, kann die vorzunehmende Abwägung der betroffenen Rechte und Interessen je nachdem, ob es sich um die vom Suchmaschinenbetreiber oder die von dem Herausgeber der Internetseite ausgeführte Verarbeitung handelt, verschieden ausfallen, da sowohl die berechtigten Interessen, die die Verarbeitungen rechtfertigen, verschieden sein können als auch die Folgen, die die Verarbeitungen für die betroffene Person, insbesondere für ihr Privatleben, haben, nicht zwangsläufig dieselben sind (Urteil vom 13. Mai 2014, Google Spain und Google, C‑131/12, EU:C:2014:317‚ Rn. 86).

Was als Zweites die Art der vom Suchmaschinenbetreiber vorgenommenen Verarbeitung anbelangt, ist – wie der Generalanwalt in Nr. 55 seiner Schlussanträge ausgeführt hat – festzustellen, dass der Suchmaschinenbetreiber dadurch, dass er die im Internet veröffentlichten Fotos natürlicher Personen sammelt und sie in den Ergebnissen einer Bildersuche in Gestalt von Vorschaubildern getrennt anzeigt, einen Dienst anbietet, mit dem er eine eigenständige Verarbeitung personenbezogener Daten vornimmt, die sowohl von der des Herausgebers der Internetseite, von der die Fotos entnommen sind, als auch von derjenigen der Listung der Internetseite verschieden ist, für die dieser Betreiber ebenfalls verantwortlich ist.

Daher ist die Tätigkeit des Suchmaschinenbetreibers, die darin besteht, Ergebnisse einer Bildersuche in Gestalt von Vorschaubildern anzuzeigen, eigenständig zu beurteilen, da die zusätzliche Beeinträchtigung der Grundrechte, die sich aus einer solchen Tätigkeit ergibt, besonders stark sein kann, weil bei einer namensbezogenen Suche alle im Internet befindlichen Informationen über die betroffene Person zusammengestellt werden. Im Rahmen dieser eigenständigen Beurteilung ist zu berücksichtigen, dass die Anzeige im Internet von Fotos in Gestalt von Vorschaubildern als solche das vom Internetnutzer gesuchte Ergebnis darstellt, unabhängig davon, ob er sich später dazu entschließt, auf die ursprüngliche Internetseite zuzugreifen.

Ferner ist darauf hinzuweisen, dass eine solche spezifische Abwägung, die den eigenständigen Charakter der vom Suchmaschinenbetreiber vorgenommenen Verarbeitung berücksichtigt, die etwaige Relevanz von Textelementen, die mit der Anzeige eines Fotos in der Übersicht der Ergebnisse einer Suche unmittelbar einhergehen können, unberührt lässt, da solche Textelemente Aufschluss über den Informationswert dieses Fotos für die Öffentlichkeit geben und damit die Abwägung der betroffenen Rechte und Interessen beeinflussen können.

Im vorliegenden Fall geht aus den Feststellungen in der Vorlageentscheidung hervor, dass die Fotos der Kläger des Ausgangsverfahrens zwar im Kontext des Artikels vom 4. Juni 2015, in dem sie stehen, dazu beitragen, die darin zum Ausdruck gebrachten Informationen und Meinungen zu übermitteln, aber außerhalb dieses Kontexts, wenn sie nur in Gestalt von Vorschaubildern in der Ergebnisübersicht erscheinen, die nach einer von der Suchmaschine durchgeführten Suche angezeigt wird, nur einen geringen Informationswert haben. Sollte die beantragte Auslistung dieses Artikels mit der Begründung abzulehnen sein, dass die Freiheit der Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit Vorrang vor den Rechten der Kläger des Ausgangsverfahrens auf Achtung ihres Privatlebens und auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten haben, so würde dies die Entscheidung über die begehrte Löschung dieser in der Ergebnisübersicht in Gestalt von Vorschaubildern angezeigten Fotos folglich unberührt lassen.

Sollte dem Antrag auf Auslistung des Artikels vom 4. Juni 2015 dagegen stattzugeben sein, müsste die in Gestalt von Vorschaubildern erfolgende Anzeige der in diesem Artikel enthaltenen Fotos gelöscht werden. Denn würde diese Anzeige aufrechterhalten, würde die praktische Wirksamkeit der Auslistung des Artikels untergraben, da die Internetnutzer durch den Link, den die Vorschaubilder zu der Internetseite enthalten, auf der der Artikel, aus dem sie stammen, veröffentlicht ist, weiterhin auf diesen vollständigen Artikel zugreifen könnten.

Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 12 Buchst. b und Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 95/46 sowie Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der DSGVO dahin auszulegen sind, dass im Rahmen der Abwägung, die zwischen den Rechten aus den Art. 7 und 8 der Charta und den Rechten aus Art. 11 der Charta vorzunehmen ist, um einen an den Betreiber einer Suchmaschine gerichteten Auslistungsantrag zu prüfen, der darauf abzielt, dass in den Ergebnissen einer anhand des Namens einer natürlichen Person durchgeführten Bildersuche Fotos, die in Gestalt von Vorschaubildern angezeigt werden und diese Person darstellen, gelöscht werden, dem Informationswert dieser Fotos – unabhängig vom Kontext ihrer Veröffentlichung auf der Internetseite, der sie entnommen sind, aber unter Berücksichtigung jedes Textelements, das mit der Anzeige dieser Fotos in den Suchergebnissen unmittelbar einhergeht und Aufschluss über den Informationswert dieser Fotos geben kann – Rechnung zu tragen ist.

Kosten

Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:

1. Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung)

ist dahin auszulegen, dass

im Rahmen der Abwägung, die zwischen den Rechten aus den Art. 7 und 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und den Rechten aus Art. 11 der Charta der Grundrechte vorzunehmen ist, um einen an den Betreiber einer Suchmaschine gerichteten Auslistungsantrag zu prüfen, der darauf abzielt, dass in der Übersicht der Ergebnisse einer Suche der Link zu einem Inhalt, der Behauptungen enthält, die von der die Auslistung begehrenden Person für unrichtig gehalten werden, gelöscht wird, diese Auslistung nicht davon abhängt, dass die Frage der Richtigkeit des aufgelisteten Inhalts im Rahmen eines von dieser Person gegen den Inhalteanbieter eingelegten Rechtsbehelfs einer zumindest vorläufigen Klärung zugeführt worden ist.

2. Art. 12 Buchst. b und Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr und Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung 2016/679

sind dahin auszulegen, dass

im Rahmen der Abwägung, die zwischen den Rechten aus den Art. 7 und 8 der Charta der Grundrechte und den Rechten aus Art. 11 der Charta der Grundrechte vorzunehmen ist, um einen an den Betreiber einer Suchmaschine gerichteten Auslistungsantrag zu prüfen, der darauf abzielt, dass in den Ergebnissen einer anhand des Namens einer natürlichen Person durchgeführten Bildersuche Fotos, die in Gestalt von Vorschaubildern angezeigt werden und diese Person darstellen, gelöscht werden, dem Informationswert dieser Fotos – unabhängig vom Kontext ihrer Veröffentlichung auf der Internetseite, der sie entnommen sind, aber unter Berücksichtigung jedes Textelements, das mit der Anzeige dieser Fotos in den Suchergebnissen unmittelbar einhergeht und Aufschluss über den Informationswert dieser Fotos geben kann – Rechnung zu tragen ist.

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