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SEPA-Überweisungen müssen kostenfrei bleiben

21. Januar 2020
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SEPA-Überweisungsschien mit Geld und Kugelschreiber Urteil des LG München I vom 24.09.2019, Az.: 33 O 6578/18

Die Frage, ob in einem konkreten Fall ein Unternehmen ein Zusatzentgelt in Höhe von 2,50 Euro in Form einer „Selbstzahlerpauschale“ für die Zahlung per SEPA-Überweisungen verlangen kann, entschied nun das LG München I. Demnach darf es aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes keine Differenzierung zwischen Alt- und Neuverträgen geben, da das Gebührenverbot für genannte Zahlungen ab dem 31.01.2018 gilt, das Datum des Vertragsschlusses ist dabei irrelevant.

LG München I

Urteil vom 07.11.2019

Az.: 34 O 13123/19

Tenor

In dem Rechtsstreit (…) erlässt das Landgericht München I, 33. Zivilkammer, durch (.. aufgrund mündlicher Verhandlung vom 09.07.2019 folgendes

Endurteil

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro und, falls dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken an den Geschäftsführern, zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen, ausgenommen gegenüber einer Person, die in ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer), die nachfolgende allgemeine Geschäftsbedingung zu verwenden oder sich im Rahmen von Dienstleistungsverträgen über Telekommunikations-/ und Kabeldienstleistungen auf diese Klausel zu berufen: „Selbstzahlerpauschale: Pauschale je Zahlung ohne Bankeinzug € 2,50“.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 214,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20.03.2018 zu zahlen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Das Urteil ist in Ziffer I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,- Euro und in Ziffer II. und III. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch nach dem Unterlassungsklagegesetz sowie einen Kostenerstattungsanspruch geltend.

Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen. Er ist in der vom Bundesamt für Justiz in Bonn geführten Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen.

Die Beklagte ist eine deutsche Kabelnetzbetreiberin.

Seit Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (RL 2015/ 2366/ EU) zum 13.01.2018 differenziert die Beklagte bezüglich Verträgen mit Kunden zwischen Bestandsverträgen und Neuverträgen. Für Bestandskunden, die vordem 13.01.2018 einen Vertrag mit ihr abgeschlossen haben, verwendet die Beklagte in ihrer Preis-/ und Leistungsbeschreibung Red Internet & Phone Cable auf der Internetseite www.vodafone.de/aqb.html unter anderem folgende allgemeine Geschäftsbedingung:
„Selbstzahlerpauschale: Pauschale je Zahlung ohne Bankeinzug € 2,50″ (vgl. Kopie „Preisliste und Leistungsbeschreibung Red Internet & Phone Cable“, Stand Juli 2017, Anlage K 1).

Hintergrund dieser Regelung ist, dass die AGB der Beklagten bis zum 13.01.2018 die Zahlung per Lastschriftverfahren als einzige Zahlungsmethode vorsahen. Verweigerte ein Kunde die Zahlung per Lastschrift, so sahen die AGB der Beklagten bis zum 13.01.2018 eine (Bearbeitungs-) Gebühr für die manuelle Verarbeitung des vom Kunden verwendeten anderen Zahlungsmittels vor. Bei der „Selbstzahlerpauschale“ handelt es sich um dieses zusätzliche Bearbeitungsentgelt.

Für Vertragsschlüsse ab dem 13.01.2018 gilt die Preisliste „Red Internet & Phone Cable“ (Stand 13.01.2018), in welcher die streitgegenständliche Selbstzahlerpauschale i.H.v, 2,50 EUR für andere Zahlungsmittel als das Lastschriftverfahren nicht mehr enthalten ist. Kunden, die ab dem 13.01.2018 einen Vertrag mit der Beklagten abschließen, zahlen demnach keine Selbstzahlerpauschale mehr, wenn sie ein anderes Zahlungsmittel als das Lastschriftverfahren nutzen (vgl. Kopie „Preisliste und Leistungsbeschreibung Red Internet & Phone Cable“, Stand Januar 2018, Anlage K 1).

Der Kläger mahnte die Beklagte wegen der Verwendung der Klausel „Selbstzahlerpauschale: Pauschale je Zahlung ohne Bankeinzug € 2,50“ mit Schreiben vom 12.02.2018 ab und forderte sie zur Abgabe einer straf bewehrten Unterlassungserklärung auf (vgl. Abmahnung vom 12.02.2018, Anlage K 2). Es folgte Schriftwechsel zwischen den Parteien, in welchem die Parteien ihre unterschiedlichen Rechtsansichten austauschten. Letztmalig mit Schreiben vom 16.03.2018 erklärte die Beklagte, dass sie an ihrer Rechtsauffassung festhalte. Die von dem Kläger geforderte Unterlassungsverpflichtungserklärung wurde nicht abgegeben (vgl. Schreiben vom 16.03.2018, Anlage K 7).

Der Kläger ist der Ansicht, die streitgegenständliche Klausel verstoße gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 270 a BGB. Nach der genannten Klausel müssten Verbraucher einen Betrag in Höhe von 2,50 EUR bezahlen, wenn sie Forderungen der Beklagten auf andere Weise als durch Bankeinzug beglichen. Nach kundenfeindlichster Auslegung seien hiervon auch Zahlungen im Wege der SEPA- Überweisung erfasst. Die Regelung weiche von § 270 a BGB ab. Danach sei eine Vereinbarung, durch die ein Schuldner verpflichtet werde, ein Entgelt für die Nutzung einer SEPA-Überweisung zu bezahlen, unwirksam.

Dies gelte auch in Hinblick auf Bestandskunden. Sinn und Zweck der Übergangs Vorschrift zum Gesetz zur Umsetzung des zivilrechtlichen Teils der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (Artikel 229 § 45 EGBGB) sei die Vermeidung einer gespaltenen Rechtslage bei Dauerschuldverhältnissen. Insbesondere § 45 Abs. 3 EGBGB ordne an, dass bei vor dem 13.01.2018 geschlossenen Zahlungsverträgen gleichwohl das neue, ab dem Stichtag geltende Recht Anwendung fände, sofern mit der Ausführung des Zahlungsvorgangs erst ab dem 13.01.2018 begonnen worden sei. Genau dieser Rechtsgedanke sei auch auf die Alt-/ und Neuverträge der Beklagten zu übertragen. Art. 229 § 45 Abs. 5 EGBGB sei so auszulegen, dass § 270 a BGB auf alle Schuldverhältnisse anzuwenden sei, die ab dem 13.01.2018 entstanden seien oder über diesen Termin hinaus fortbestünden und eine Zahlungsverpflichtung für den Kunden begründeten, die nach altem Recht zulässig gewesen sei. Jede andere Auslegung führte zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Schlechterstellung der Altkunden und einer Umgehung der neuen gesetzlichen Regelung des § 270 a BGB. Letzteres nur deshalb, weil Altkunden länger Vertragspartner der Beklagten seien als die Neukunden ab 13.01.2018, dies bei gleichen Leistungen.

Wenn Art. 62 Abs. 4 Richtlinie 2015/ 2366/ EU regele, dass Zahlungsempfänger für bestimmte Zahlungsmittel keine Entgelte verlangen dürften, nicht aber explizit ausgeführt werde, dass dies auch dann gelte, wenn das jeweilige (Dauer-) Schuldverhältnis vor dem maßgeblichen Stichtag des 13.01.2018 entstanden sei, verstehe sich dies von selbst und stütze die Auslegung des Klägers, dass nach dem 13.01.2018 keine Entgelte mehr verlangt werden dürften, zweitrangig sei die Dauer des Vertrages. Mit Stichtag sollten gleiche Bedingungen im Binnenmarkt hergestellt werden, dies aber unabhängig von der Laufzeit eines Vertrages. Ansonsten gelinge es durch die Stichtagsregelung nicht, gleiche Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt herzustellen.

Der Klageanspruch zu II auf Zahlung eines Aufwendungsersatzes in Höhe von EUR 214,00 (Inkl. 7 % MwSt.) für die Abmahnung ergebe sich aus § 12 Abs. 1 UWG.

Mit Fristsetzung zum 05.03.2018 sei die Beklagte zur Abgabe einer Unterlassungserklärung und Zahlung des Aufwendungsersatzes für die Abmahnung in Höhe von 214,00 EUR zwei Wochen nach Abgabe der Unterlassungserklärung aufgefordert worden. Die Beklagte befinde sich damit mit der Zahlung des Aufwendungsersatzes spätestens seit dem 06.03.2018 in Verzug.

Der Kläger beantragt daher:

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro und, falls dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken an den Geschäftsführern, zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen, ausgenommen gegenüber einer Person, die in ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer), die nachfolgende allgemeine Geschäftsbedingung zu verwenden oder sich im Rahmen von Dienstleistungsverträgen über Telekommunikations-/ und Kabeldienstleistungen auf diese Klausel zu berufen:
„Selbstzahlerpauschale: Pauschale je Zahlung ohne Bankeinzug € 2,50“.
II Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 214,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20.03.2018 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt:
Klageabweisung

Die Beklagte ist der Ansicht das „Surcharging“-Verbot gemäß § 270 a BGB gelte nur für solche (Dauer-) Schuldverhältnisse, die ab dem 13.01.2018 entstanden seien. Gegenüber Bestandskunden könne die Beklagte also auch weiterhin eine Selbstzahlerpauschale i.H.v. 2,50 EUR verlangen.

Ausweislich der klaren gesetzgeberischen Wertung in Art. 229 § 45 Abs. 5 EGBGB komme eine rückwirkende Anwendung der Vorschrift auf vor dem Stichtag entstandene (Dauer-) Schuldverhältnisse nicht in Betracht. Die vom Kläger geforderte analoge Anwendung von Art. 229 § 45 Abs. 3 EGBGB scheide aus. Zum einen fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke: den Gesetzesmaterialien sei zu entnehmen, dass der Gesetzgeber in Art. 229 § 45 Abs. 5 EGBGB bewusst einen einheitlichen Stichtag für alle Schuldverhältnisse festgelegt habe. Diese gesetzgeberische Wertung dürfe durch eine analoge Anwendung von Art. 229 § 45 Abs. 3 EGBGB nicht unterlaufen werden. Zum anderen fehle es auch an einer vergleichbaren Interessenlage: im Valutaverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner gebe es keine Veranlassung, von der Stichtagsregelung in Art. 229 § 45 Abs. 5 EGBGB abzuweichen. Die Wertung des allein für Zahtungsdiensteverträge geltenden Art. 229 § 45 Abs. 3 EGBGB sei nicht übertragbar.

Für eine unionsrechtskonforme Auslegung von Art. 229 § 45 Abs. 5 EGBGB bestehe keine Veranlassung. Die Zweite Zahlungsdiensterichtlinie sehe nicht vor, dass die dortigen Regelungen auch auf Dauerschuldverhältnisse im Valutaverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner anzuwenden seien, die vor dem 13.01.2018 entstanden seien. Zwar bestimme Art, 62 Abs. 4 RL 2015/ 2366/ EU, dass Zahlungsempfänger für bestimmte Zahlungsmittel keine Entgelte verlangen dürften. Die Richtlinie besage aber gerade nicht, dass dies auch dann gelte, wenn das jeweilige (Dauer-) Schuldverhältnis vor dem maßgeblichen Stichtag des 13.01.2018 (vgl. Art. 115 RL 2015/ 2366/ EU) entstanden sei.

Eine rückwirkende Anwendung von Art. 62 Abs. 4 RL 2015/2366/ EU sei auch mit Blick auf den Sinn und Zweck der Regelung nicht überzeugend. Es handele sich bei Art. 62 Abs. 4 RL 2015/ 2366/ EU um eine Transparenzvorschrift, die sicherstellen solle, dass sich die Bürger EU-weit darauf verlassen könnten, für bestimmte Zahlungsmittel keine zusätzlichen Entgelte zahlen zu müssen. Eine Transparenzvorschrift, die die Verbraucher bei Vertragsschluss vor unerwarteten Preiserhöhungen schütze, müsse aber zwingend beim Vertragsschluss ansetzen. Allein beim Vertragsschluss könnten die Verbraucher in ihrer Erwartungshaltung geschützt werden, für bestimmte Zahlungsmittel kein zusätzliches Entgelt zahlen zu müssen.

Selbst wenn man aber unterstellen würde, dass Art. 62 Abs. 4 RL 2015/ 2366/ EU nach der Vorstellung des europäischen Richtliniengebers auch auf vor dem 13.01.2018 entstandene (Dauer-) Schuldverhältnisse Anwendung finden solle (quod non), vermöge dies der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Mangels unmittelbarer Rechtswirkung sei nicht die Richtlinie, sondern allein der nationale Umsetzungsakt maßgeblich. Wie aufgezeigt, komme es nach dem klaren Wortlaut in Art. 229 § 45 Abs.5 EGBGB aber allein auf den Zeitpunkt der Entstehung des Schuldverhältnisses – und nicht auf den Zeitpunkt des Zahlungsvorgangs – an.

Sollte das erkennende Gericht die Auffassung vertreten, dass sich aus Art. 62 Abs. 4 i.V.m. Art. 115 RL 2015/ 2366/ EU eine Verpflichtung für die Bundesrepublik Deutschland ergebe, die Vereinnahmung der streitgegenständlichen „Selbstzahlerpauschale“ auch mit Blick auf vor dem 13.01.2018 entstandene Dauerschuldverhältnisse zu untersagen, werde angeregt, ein Vorabentscheidungsverfahren gern. Art. 267 AEUV zum EuGH anzustrengen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze samt Anlagen und die Sitzungsniederschritt vom 09.07.2019 (BI. 43/46 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A. Die zulässige Klage ist begründet.

I. Dem Kläger steht der mit Klageantrag zu I 1. geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 1 UKlaG, §§ 307 Abs. 1, 2 Nr. 1, 270 a BGB zu.

1. Als in die Liste der qualifizierten Einrichtungen gemäß § 4 UKlaG aufgenommener Verbraucherschutzverein ist der Kläger gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG i. V. m § 4 UKlaG aktivlegitimiert.

2. Die streitgegenständliche Klausel „Selbstzahlerpauschale: Pauschale je Zahlung ohne Bankeinzug € 2,50″ benachteiligt die Verbraucher entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen i. S. d. § 307 Abs. 2, Nr. 1, Abs. 1 S. 1 BGB und ist daher unwirksam.

a) Bei der streitgegenständlichen Klausel handelt es sich um eine von der Beklagten für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung und somit um eine Allgemeine Geschäftsbedingung i. S. d. § 305 Abs. 1 BGB. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig.

b) Die Klausel hält der Inhaltskontrolle nicht stand. Sie ist gern. § 307 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, weil sie den jeweiligen Verwendungsgegner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, indem sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des § 270 a BGB, von der sie abweicht, nicht zu vereinbaren ist.

aa) § 270 a BGB ordnet an, dass eine Vereinbarung, durch die der Schuldner verpflichtet wird, ein Entgelt für die Nutzung einer SEPA-Basislastschrift, einer SEPA-Firmenlastschrift, einer SEPA-Überweisung oder einer Zahlungskarte zu entrichten, unwirksam ist (sog. Surcharging-Verbot).

bb) Die streitgegenständliche Klausel „Selbstzahlerpauschale: Pauschale je Zahlung ohne Bankeinzug € 2,50″ sieht ein Entgelt für Zahlungen ohne Bankeinzug, mithin auch für die von § 270 a BGB erfassten Zahlungsarten vor. Die Klausel verstößt insoweit gegen das Surcharging-Verbot des § 270 a BGB.

cc) § 270 a BGB ist vorliegend zeitlich anwendbar.

(1) Die zeitliche Anwendbarkeit folgt allerdings nicht unmittelbar aus Art. 229 § 45 Abs. 5 EGBGB.
Art. 229 § 45 Abs. 5 EGBGB, welcher durch den Gesetzgeber als Überleitungsvorschrift für das Surcharging-Verbot in das EGBGB ausgestaltet wurde (vgl. BT-Dr. 18/11495, S. 180), ordnet an, dass §270 a BGB auf alle Schuldverhältnisse anzuwenden ist, die ab dem 13. Januar 2018 entstanden sind.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die streitgegenständliche Klausel von der Beklagten lediglich auf Vertragsverhältnisse angewendet wird, die vor dem 13.01.2018 begründet wurden.

(2) Einer Auslegung im engeren. Sinne ist Art. 229 § 45 Abs. 3 EGBGB nicht zugänglich. Dem steht der eindeutige Wortlaut der Vorschrift entgegen.

(3) Indes ist Art. 229 § 45 Abs. 5 EGBGB teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass, analog Art. 229 § 45 Abs. 3 EGBGB, § 270 a BGB auf einen Zahlungsvorgang anzuwenden ist, wenn bei einem Schuldverhältnis, das vor dem 13. Januar 2018 entstanden ist, erst ab dem 13.01.2018 mit dem Zahlungsvorgang begonnen wird. Dies folgt aus einer richtlinienkonformen Auslegung des Art. 229 §45 EGBGB.

(a) Der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung verlangt von den nationalen Gerichten mehr als bloße Auslegung im engeren Sinne entsprechend dem Verständnis in der nationalen Methodenlehre. Er erfordert auch, das nationale Recht, wo dies nötig und nach der nationalen Methodenlehre möglich ist, richtlinienkonform fortzubilden (BGH NJW 2014, 2646 Tz. 20).

(b) Die Vorschrift weist die für eine teleologische Reduktion erforderliche verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes (vgl. BGH NJW.2014, 2646 Tz. 22; NJW 2012, 1073 Tz. 31) auf.

(aa) Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist eine neue Rechtsnorm ab dem Inkrafttreten des Rechtsakts anwendbar, mit dem sie eingeführt wird Nicht anwendbar ist sie damit zwar auf unter dem alten Recht entstandene und bereits endgültig erworbene Rechtspositionen. Sie findet jedoch Anwendung auf „künftige Wirkungen“ der erworbenen Rechtspositionen sowie auf neue Rechtspositionen (vgl. EuGH Urteil v. 15.1.2019, C-258/17, BeckRS 2019, 57 Tz. 50).

(bb) Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass der Gesetzgeber sowohl § 270 a BGB, als auch die mit der Einführung des § 270 a BGB erforderlichen Übergangsvorschriften (Art. 229 § 45 EGBGB) so gestalten wollte, dass sie mit der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie vom 17. Juli 2017 vereinbar sind (vgl. BT-Dr. 18/11495, 83, 179).

Der Gesetzgeber ging dabei – im Einklang mit der unter (aa) genannten Rechtsprechung – davon aus, dass mit Eintritt des 13.01.2018 bereits die neuen Umsetzungsvorschriften anwendbar sein sollen, und zwar unabhängig davon, ob der einzelne Zahlungsvorgang schon auf einem Neuvertrag oder noch auf einem Altvertrag beruht. In dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung heißt es in der Einzelbegründung zu Artikel 229 § 45 EGBGB insoweit (BT-Dr. 18/ 11495, S. 179 f.)
„Artikel 115 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten die Umsetzungsvorschriften zu dieser Richtlinie mit Ablauf der Umsetzungsfrist am 13. Januar 2018 anzuwenden haben. Dies gilt für alle nach dem Stichtag geschlossenen Neuverträge.

Nach Artikel 114 der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie wird die Erste Zahlungsdiensterichtlinie mit Wirkung vom 13. Januar 2018 aufgehoben. Daraus folgt, dass die bisherigen Umsetzungsvorschriften für Zahlungsvorgänge maßgeblich bleiben, die noch vor dem Stichtag ausgeführt werden. Jedoch sollen mit dessen Eintritt nach Artikel 115 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie bereits die neuen Umsetzungsvorschriften anzuwenden sein. Diese müssen folglich für alle nach dem Stichtag ausgeführten Zahlungsvorgänge gelten, ohne dass es darauf ankommt, ob der einzelne Zahlungsvorgangs schon auf einem Neuvertrag oder noch auf einem Altvertrag beruht.“

Eine Eingrenzung auf Schuldverhältnisse, welche die Ausführung von Zahlungsvorgängen zum Gegenstand haben, lässt sich der Gesetzesbegründung nicht entnehmen. Die Ausführungen gelten abstrakt für alle Fälle des Art. 229 §45 EGBGB.

(cc) Abs. 1 bis 4 des Art. 229 § 45 EGBGB enthalten für Schuldverhältnisse, die die Ausführung von Zahlungsvorgängen zum Gegenstand haben, sodann ein differenziertes Regelungssystem, welches zwischen Alt- und Neuverträgen unterscheidet. Art. 229 § 45 Abs. 3 EGBGB ordnet dabei an, dass dann, wenn bei einem Altvertrag erst ab dem 13. Januar 2018 mit der Ausführung eines Zahlungsvorgangs begonnen worden ist, auf diesen Zahlungsvorgang nur das Bürgerliche Gesetzbuch und Artikel 248 in der ab dem 13. Januar 2018 geltenden Fassung anzuwenden ist.

(dd) Für das Surcharging-Verbot enthält Art. 229 § 45 Abs. 5 EGBGB eine eigene Regelung, welche – anders als Abs. 1 bis 4 – nicht nach Alt- und Neuverträgen differenziert.

In dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung heißt es insoweit lediglich (BT-Dr. 18/ 11495, S. 180):
„Seinem Standort im allgemeinen Schuldrecht entsprechend, gilt § 270 a BGB-E nicht nur für Schuldverhältnisse, die die Ausführung eines Zahlungsvorgangs zum Gegenstand haben. […] Vor diesem Hintergrund wäre der Anwendungsbereich von Artikel 229 § […] Absatz 1 EGBGB-E („Schuldverhältnisse, die die Ausführung von Zahlungsvorgängen zum Gegenstand haben“) zu eng, so dass es einer gesonderten Überleitungsvorschrift in Absatz 5 bedarf: Danach ist § 270 a BGB-E auf alle Schuldverhältnisse anzuwenden, die ab dem 13. Januar 2018 um 0:00 entstanden sind.”.

Dem Gesetzgeber ging es bei Schaffung des Art. 229 §45 Abs. 5 EGBGB mithin primär darum, den als zu eng erkannten sachlichen Anwendungsbereich des Art. 229 § 45 Abs. 1 EGBGB auszuweiten.

Dass zugleich eine Einengung des zeitlichen Anwendungsbereichs intendiert war, ergibt sich hieraus nicht.

(ee) Den Gesetzesmaterialien lässt sich insbesondere nicht entnehmen, dass § 270 a BGB als reine Transparenzvorschrift ausgestaltet ist, welche zwingend beim Vertragsabschluss anzusetzen hat.

Ziel der Vorschrift ist es, gleiche Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt herzustellen (vgl. BT-Dr. 18/ 11495, S. 145; Erwägungsgrund Nr. 66 Zahlungsdiensterichtlinie). Ausweislich Erwägungsgrund Nr. 66 Zahlungsdienstrichtlinie, auf welchen sich auch der deutsche Gesetzgeber bezieht (vgl. BT-Dr. 18/ 11495, S. 145), sollen Verbraucher unter anderem davor geschützt werden, dass Händler einen Aufschlag berechnen, der viel höher ist, als die Kosten, die ihnen durch die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments entstehen.
Ein Schutz vor unangemessen hohen Aufschlägen kann nicht nur bei Vertragsabschluss erreicht werden.

Vielmehr lässt sich ein effektiver Verbraucherschutz nur durch eine unterschiedslose Anwendung des § 270 a BGB auf Alt- und Neuverträge sicherstellen, wie sie durch eine analoge Anwendung des Art. 229 § 45 Abs. 3 EGBGB erreicht wird.

(ee) Damit erweist sich das Gesetz als planwidrig unvollständig. Denn der Wortlaut des Art. 229 § 45 Abs. 5 EGBGB steht mit der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie, insbesondere dem Regelungsziel der Art. 114, 115 Abs. 2 UA 1, nicht in Einklang. Diese Unvollständigkeit ist planwidrig, da sie in Widerspruch zu der durch den Gesetzgeber vorgenommenen Auslegung der Richtlinie (vgl. BT-Dr. 18/ 11495, S. 179 f.) und seinem Willen der Richtlinienkonformität steht.

(c) Rechtsstaatliche Bedenken stehen der teleologischen Reduktion nicht entgegen. § 270 a BGB wirkt sich für den Verbraucher ausschließlich positiv aus, so dass diesem gegenüber das Verbot der Rückwirkung nicht greift. Rückwirkende Begünstigungen sind vielmehr stets zulässig (vgl. Maunz/ Dürig/ Grzeszick, GG, 87. EL Art. 20 VII. Rdn. 75). Im Übrigen handelt es sich lediglich um einen Fall der unechten Rückwirkung, die grundsätzlich zulässig (vgl. Maunz/ Dürig/ Grzeszick, GG, 87. EL, Art. 20 VII. Rdn. 88) und auch im vorliegenden Fall nicht unverhältnismäßig ist.

(d) Die richtlinienkonforme Reduktion des Art. 229 § 45 EGBGB läuft ferner nicht auf eine horizontale Drittwirkung der Richtlinie hinaus. Zur Anwendung kommt vielmehr im Rahmen des national methodologisch zulässigen fortgebildetes nationales Recht (vgl. BGH NJW 2014, 2646 Tz. 34).

3. Die Wiederholungsgefahr, als ungeschriebene materielle Anspruchsvoraussetzung des § 1 UKlaG, wird aufgrund der Aufnahme der streitgegenständlichen Klausel in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen vermutet (vgl. BGH NJW 2013, 593 Tz. 12).

4. Die Beklagte hat infolge des § 1 UKlaG alle Handlungen zu unterlassen, die als Verwendung der unwirksamen Klausel aufzufassen sind (Palandt/ Grüneberg, BGB, 76. Auflage, § 1 UKlaG Rdn. 7). Der Anspruch erschöpft sich nicht in der Forderung nach bloßer Untätigkeit. Folglich kann nicht nur die Unterlassung der Verwendung der beanstandeten Klausel verlangt werden, sondern der Kläger kann den Beklagten gleichzeitig darauf in Anspruch nehmen, es zu unterlassen, sich bei der Abwicklung bereits geschlossener Verträge auf die Klausel zu berufen (vgl. BGH NJW 2014, 1168 Tz. 45).

II. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ferner ein Anspruch auf Erstattung der Kosten seiner berechtigten und begründeten (hierzu Ziffer I.) Abmahnung in Höhe der geltend gemachten Pauschale von 214,- EUR, welche die Beklagte zu Recht nicht beanstandet hat, aus § 5 UKlaG i. V. m. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG zu.

III. Der zuerkannte Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen ist gemäß §§ 280 Abs. 1 und 2, 286, 288 Abs. 1 BGB begründet. In dem Schreiben der Beklagten vom 16.03.2018 (Anlage K 7) ist eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsweigerung zu sehen. Die Beklagte befand sich deshalb ab 17.03.2018 in Verzug. Gemäß § 308 Abs. 1 ZPO waren Verzugszinsen ab dem 20.03.2018 zuzusprechen.

B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

C. Die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 S. 1 und 2 ZPO

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