Unwirksame AGB-Klauseln bei Altersvorsorgeverträgen

26. Juli 2021
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Ein Mann hält in seiner rechten Hand ein weißes Sparschwein und in seiner linken Hand zwei händehaltende blaue Strichfiguren. Urteil des LG München vom 15.03.2021, Az.: 27 O 230/20

Eine AGB-Klausel eines Vorsorgevertrags verstößt gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, wenn diese eine negative Verzinsung nicht ausdrücklich ausschließt. Auch müssen reine Hinweise, welche nicht Vertragsbestandteil werden sollen, klar als solche gekennzeichnet werden. Die Bezeichnung "Sonderbedingungen" als Überschrift einer Klausel sowie die Formulierung "werden ... belastet" suggerieren aus Sicht eines objektiven Dritten für den Kunden eine vertragliche Regelung. Daher verstoßen diese gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.

Landgericht München

Urteil vom 15.03.2021

Az.: 27 O 230/20

 

Tenor

1. Der Beklagten wird untersagt, sich gegenüber Verbrauchern gemäß § 13 BGB auf die nachfolgenden oder inhaltsgleiche Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit Altersvorsorgeverträgen nach dem Altersvermögensgesetz zu berufen:

a) (Soweit auf das in der Anlage beschriebene Verfahren „Die Zinsanpassung richtet sich nach einer Veränderung des Referenzzinssatzes. Der Referenzzinssatz ist der am Montagsende ermittelte gewichtete und auf zwei Stellen hinter dem Komma kaufmännisch gerundete Wert aus den gleitenden Durchschnittssätzen der Umlaufrendite börsennotierter Bundeswertpapiere mit einer Restlaufzeit von 5 Jahren. Der gleitende Durchschnitt wird als arithmetisches Mittel aus den Zinssätzen der letzten 60 Monate berechnet. Dabei werden, entsprechend den Bestimmungen des Zinssatzes, die in der Vergangenheit liegenden Zinssätze jeden Tag addiert und durch die Anzahl der Tage geteilt. Grundlage für die Berechnung sind die von der Deutschen Bundesbank zum Ermittlungszeitpunkt veröffentlichten aktuellen Geld- und Kapitalmarktzinssätze. Diese können unter www.sparkasse.de/Referenzzins eingesehen werden.“ verwiesen wird:)

Das Sparguthaben wird variabel, zunächst mit jährlich … % verzinst. Die Zinsanpassungen während der Vertragslaufzeit erfolgt nach dem in der Anlage „Verfahren der Zinsanpassung“ beschriebenen Verfahren.

b) Im Falle der Vereinbarung einer Leibrente werden dem Sparer ggfs. Abschluss und/oder Vermittlungskosten belastet.

2. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 € (ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Wochen) oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 €, bezüglich der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

5. Der Streitwert wird auf 10.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche auf Unterlassung der Verwendung zweier in einem Altersvorsorgevertrag der Beklagten enthaltenen Klauseln geltend.

Die Klägerin ist eine qualifizierte Einrichtung im Sinne von §§ 3, 4 UKIaG (Anlage K1).

Die Beklagte verwendet in ihren VorsorgePlus-Verträgen (vgl. Anlagen K2, K3), welche als „VorsorgePlus Altersvorsorgevertrag nach dem Altersvermögensgesetz (Sparkonto mit Zinsansammlung)“ bezeichnet sind, die nachfolgenden Klausel, wobei von der Klägerin die Klausel im ersten Satz von Ziffer 4.1. „Grundzinsen“ beanstandet wird (im Folgenden: erste Klausel):

4. Grundzinsen und Bonuszinsen

„Die Sparkasse gewährt dem Sparer während der Ansparphase auf sein Sparguthaben variable Grundzinsen und Bonuszinsen gemäß den nachfolgenden Bestimmungen:“

4.1 Grundzinsen

Das Sparguthaben wird variabel, zunächst mit jährlich (2,950) % verzinst. Die Zinsanpassungen während der Vertragslaufzeit erfolgen nach dem in der Anlage „Verfahren der Zinsanpassung“ beschriebenen Verfahren. (…) Die aufgelaufenen Zinsen werden zum Schluss des Geschäftsjahres gutgeschrieben, dem Sparguthaben hinzugerechnet und mit diesem vom Beginn des neuen Geschäftsjahres an verzinst.

4.2. Bonuszinsen

„Die Grundzinsen erhöhen sich gemäß der auf der Rückseite des Sparvertrags aufgeführten Bonuszinsstaffel.“

Die verwendeten Vorsorgeplus-Verträge enthalten die Anlage „Verfahren der Zinsanpassung“.

Dort heißt es wie folgt:

„Die Zinsanpassung richtet sich nach einer Veränderung des Referenzzinssatzes. Der Referenzzinssatz ist der am Montagsende ermittelte gewichtete und auf zwei Stellen hinter dem Komma kaufmännisch gerundete Wert aus den gleitenden Durchschnittssätzen der Umlaufrendite börsennotierter Bundeswertpapiere mit einer Restlaufzeit von 5 Jahren. Der gleitende Durchschnitt wird als arithmetisches Mittel aus den Zinssätzen der letzten 60 Monate berechnet. Dabei werden, entsprechend den Bestimmungen des Zinssatzes, die in der Vergangenheit liegenden Zinssätze jeden Tag addiert und durch die Anzahl der Tage geteilt. Grundlage für die Berechnung sind die von der Deutschen Bundesbank zum Ermittlungszeitpunkt veröffentlichten aktuellen Geld- und Kapitalmarktzinssätze. Diese können unter www.sparkasse.de/Referenzzins eingesehen werden.“

In den Sonderbedingungen Altersvorsorgevertrag heißt es unter „B. Ansparphase“ wie folgt:

„2. Sparguthaben

„Auf dem Sparkonto werden die vom Sparer eingezahlten Altersvorsorgebeiträge, die von der Sparkasse geleisteten Grund- und Bonuszinsen und ggfs. gewährte staatliche Zulagen (nachfolgend zusammen „Sparguthaben“) gebucht.#“

In den Sonderbedingungen ist unter „B. Ansparphase“, dort Ziffer 4.2. „Angebote über die Gestaltung der Auszahlungsphase“ die weitere von der Klägerin gerügte Klausel enthalten (im Folgenden: zweite Klausel):

„Im Falle der Vereinbarung einer Leibrente werden dem Sparer ggf. Abschluss- und/oder Vermittlungskosten belastet.“

In Ziffer „E. Sonstige Bestimmungen“, dort „2. Weitere Informationen vor Vertragsabschluss“ heißt es wie folgt:

„Die Sparkasse informiert den Sparer vor Vertragsabschluss schriftlich gem. § 7 Abs. 1 und 2 AltZertG im Rahmen einer „Information zum Altersvorsorgesparvertrag VorsorgePlus“.

In dem Informationsblatt ist unter „2. Kosten“ Folgendes festgehalten:

„Für den Altersvorsorgevertrag „VorsorgePlus“ werden während der gesamten Vertragslaufzeit keine Abschluss- und Vertriebskosten sowie keine Kosten für die Verwaltung des gebildeten Kapitals berechnet.“

Die Berechnung des Zinssatzes nach Ziffer 4.1. des Vertrages in Zusammenhang mit der Anlage „Verfahren der Zinsanpassung“ kann – jedenfalls, wenn man diese Regelungen zur Berechnung isoliert betrachtet – einen negativen Zinssatz ergeben, beispielsweise für Februar 2019 einen negativen Zinssatz von -0,15 %.

Mit Schreiben vom 14.11.2019 (Anlage K6) mahnte die Klägerin die Beklagte bezüglich der Verwendung der ersten und der zweiten Klausel ab. Die Beklagte wies die Abmahnung mit Schreiben vom 26.11.2019 zurück (Anlage K7).

Die Klägerin trägt vor:

Hinsichtlich der ersten Klausel könne dahin stehen, ob diese gegen § 308 Nr. 4 BGB verstoße. Zweifelhaft sei auch, ob sie den Anforderungen an die Tranzparenz (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) entspreche, da auf ein Verfahren zur Zinsanpassung Bezug genommen werde, welches beispielsweise die Zeitreihe der Bundesbank nicht aufweist. Jedenfalls liege eine Leitlinienabweichung im Sinne des § 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB vor im Hinblick darauf, dass der in Bezug genommene Referenzzins zu einem Negativzins führen könne. Wenn die Berechnung nach dem für die Zinsanpassung beschriebenen Verfahren – mangels Zinsuntergrenze – zu einem negativen Zins führen könne, führe dies bei kundenfeindlichster Auslegung zur Möglichkeit einer Inrechnungstellung eines Negativzinses, was rechtswidrig sei.

Die zweite Klausel sei bereits wegen Intransparenz unwirksam, da völlig unklar sei, ob der Verbraucher nun mit entsprechenden Kosten belastet werde und ggf. welche Kosten auf ihn zukommen. Hinzu komme, dass nach § 2 lit. A Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz die dort nachfolgend genannten Kostenarten vorgesehen sind. Da die Klausel noch zusätzlich Kostenarten beinhalten könne, führe auch dies zur Rechtswidrigkeit. Vorsorglich sei darauf hinzuweisen, das die Klausel ihrem Wortlaut nach eine Beschränkung auf weitergereichte Kosten gerade nicht enthalte. Eine Beschränkung auf einen weitergereichten Aufwendungsersatz würde eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion der Klausel darstellen.

Die Klägerin beantragt:

I. Der Beklagten wird untersagt, sich gegenüber Verbrauchern gemäß § 13 BGB auf die nachfolgenden oder inhaltsgleiche Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit Altersvorsorgeverträgen nach dem Altersvermögensgesetz zu berufen:

1. (Soweit auf das in der Anlage beschriebene Verfahren „Die Zinsanpassung richtet sich nach einer Veränderung des Referenzzinssatzes. Der Referenzzinssatz ist der am Montagsende ermittelte gewichtete und auf zwei Stellen hinter dem Komma kaufmännisch gerundete Wert aus den gleitenden Durchschnittssätzen der Umlaufrendite börsennotierter Bundeswertpapiere mit einer Restlaufzeit von 5 Jahren. Der gleitende Durchschnitt wird als arithmetisches Mittel aus den Zinssätzen der letzten 60 Monate berechnet. Dabei werden, entsprechend den Bestimmungen des Zinssatzes, die in der Vergangenheit liegenden Zinssätze jeden Tag addiert und durch die Anzahl der Tage geteilt. Grundlage für die Berechnung sind die von der Deutschen Bundesbank zum Ermittlungszeitpunkt veröffentlichten aktuellen Geld- und Kapitalmarktzinssätze. Diese können utner www.sparkasse.de/Referenzzins eingesehen werden.“ verwiesen wird:)

Das Sparguthaben wird variabel, zunächst mit jährlich … % verzinst. Die Zinsanpassungen während der Vertragslaufzeit erfolgt nach dem in der Anlage „Verfahren der Zinsanpassung“ beschriebenen Verfahren.

2. Im Falle der Vereinbarung einer Leibrente werden dem Sparer ggfs. Abschluss und/oder Vermittlungskosten belastet.

II. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 € (ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Wochen) oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Die Beklagte trägt vor:

Die Auffassung der Klägerin zur Rechtswidrigkeit der ersten Klausel stütze sich auf eine unzulässige, isolierte Betrachtung eines einzelnen Satzes in dem Altersvorsorgevertrag. Wenn man die Klausel, wie geboten, in Zusammenhang mit den weiteren Vertragsklauseln sehe, sei eine Negativverzinsung ausgeschlossen. Die Beklagte habe ihren Kunden auch zu keinem Zeitpunkt negative Zinsen berechnet und beabsichtige dies auch zukünftig nicht. Vom objektiven Empfängerhorizont her gehe die Vertragsklausel von einem positiven Zins aus.

Der Hinweis auf ggf. bei Abschluss eines Leibrentenvertrags entstehende Abschluss- und Vertriebskosten unterliege als bloßer Hinweis schon nicht der AGB-Kontrolle. Zudem erfülle die Beklagte hiermit ihre gesetzliche Informationsplicht nach dem AltZertG. Es liege somit keine Abweichung von der dispositiven Gesetzeslage vor.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.1.2021 (Bl. 61/63 d.A.) Bezug genommen.

Gründe

1. Die zulässige Klage ist hinsichtlich beider von der Klägerin gerügter Klauseln vollumfänglich begründet. Beide Klausel sind gemäß § 307 BGB unwirksam (hierzu näher a) bzw. b)). Der Klägerin steht daher der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 1 UKIaG zu.

a) Die erste Klausel verstößt gegen § 307 Abs. 1 S. 1, S. 2, Abs. 2 BGB. Der von der Klägerin insoweit geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist daher begründet.

aa) Bei isolierter Betrachtung der ersten Klausel in Zusammenhang mit dem in der Anlage geregelten Verfahren der Zinsanpassung ist unstreitig ein negativer Zins nicht ausgeschlossen. Eine Klausel, die wie hier eine negative Verzinsung in einem Altersvorsorgevertrag nicht ausschließt, stellt eine unangemessene Benachteiligung dar und ist gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Denn ein negativer Zins verstößt bei dem hier vorliegenden Altersvorsorgevertrag gegen das Leitbild des § 488 Abs. 1 S. 2 BGB. Es handelt sich insoweit um einen Darlehensvertrag, bei dem die Bank gegenüber ihren Kunden die Verzinsung der Einlagen als Entgelt für die Finanzierungsleistung schuldet (§ 488 Abs. 1 S. 2 BGB). Mit einer negativen Verzinsung wird demgegenüber eine Entgeltverpflichtung für die Verwahrung der Einlage begründet (so auch OLG Stuttgart, Urteil vom 27.3.2019, Az 4 U 184/18).

bb) Auch unter Betrachtung der Gesamtschau des Vertrages ist eine solche unangemessene Benachteiligung nicht ausgeschlossen, so dass letztlich dahinstehen kann, ob eine solche Gesamtschau vorzunehmen ist. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die gerügte erste Klausel die zentrale Bestimmung zur Höhe des Zinses enthält. Die weiteren von der Beklagten angeführten Vertragsbestimmungen schließen eine negative Verzinsung nicht mit hinreichender Klarheit aus. Insoweit verbleiben aus Sicht des objektiven Betrachters jedenfalls Zweifel, welche eine Intransparenz der Bestimmung im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 2 BGB begründen.

Die Bezeichnung des Produktes als Sparkonto mit Zinsansammlung schließt es jedenfalls nicht aus, dass in einzelnen Monaten auch negative Zinsen anfallen und nur teilweise Zinsen angesammelt werden können. Soweit nach Ziffer 4 des Vertrages die Sparkasse Zinsen gewährt und nach Ziffer 4.1 (dort S. 3) Zinsen gutgeschrieben und dem Sparguthaben hinzugerechnet werden, wird hierdurch nicht mit hinreichender Klarheit deutlich, dass ggf. nicht auch negative Zinsen erfasst werden können, sofern die Zinsberechnung einen negativen Zins ergibt. Die Formulierung in den Sonderbedingungen unter „B. Ansparphase“ unter „2. Sparguthaben“ „Auf dem Sparkonto werden die hier vom Sparer eingezahlten Altersvorsorgebeiträge, die von der Sparkasse geleisteten Grund- und Bonuszinsen (…) gebucht“ schließt eine Buchung negativer Zinsen ebenfalls nicht von vorneherein deutlich aus. Im Rahmen einer Buchhaltung können positive und negative Posten verbucht werden.

Auch die im Informationsblatt enthaltene Information schließt eine negative Verzinsung nicht hinreichend deutlich aus. Problematisch ist schon, ob das Informationsblatt in jedem Fall übergeben und wirksam in den Vertrag einbezogen wurde. Jedenfalls befindet sich der Hinweis, dass keine Kosten für die Verwaltung des gebildeten Kapitals anfallen, an einer sehr versteckten Stelle und ohne Zusammenhang zu den zentralen Klauseln der Zinsberechnung. Unklarheiten verbleiben auch insoweit, als mit dieser Formulierung nicht hinreichend deutlich negative Zinsen ausgeschlossen werden.

cc) Auch eine Wiederholungsgefahr ist gegeben. Diese folgt bereits aus der erfolgten Verwendung der Klausel. Eine Erklärung der Beklagten, sich auf die Klausel nicht zum Nachteil ihrer Kunden berufen zu wollen, reicht zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr nicht aus. Denn an die Beseitigung der Wiederholungsgefahr sind strenge Anforderungen zu stellen. Auch eine Erklärung, die beanstandete Klausel nicht mehr zu verwenden, reicht jedenfalls dann nicht aus, wenn gleichzeitig die Zulässigkeit der Klausel verteidigt und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgegeben wird (vgl. Nomos-BR/Walker, UklaG/Wolf-Dietrich Walker § 1 Rn 9).

b) Auch bezüglich der zweiten Klausel ist der Anspruch der Klägerin nach § 1 UKIaG begründet, da diese gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verstößt.

aa) Es liegt eine Vertragsbedingung vor, nicht ein bloßer Hinweis. Denn bei einem durchschnittlichen, rechtlich nicht vorgebildeten Kunden wird der Eindruck erweckt, es solle damit der Inhalt des vertraglichen Rechtsverhältnisses bestimmt werden. Insbesondere befindet sich die Klausel unter dem Titel „Sonderbedingungen“. Schon diese Überschrift erweckt den Eindruck, dass es sich bei den dort enthaltenen Angaben um Regelungen für das Vertragsverhältnis, und nicht lediglich um allgemeine Hinweise handelt (vgl. hierzu auch LG Dortmund, Az. 25 O 8/20, Urteil vom 1.9.2020, Anlage K9). Ferner ist die Klausel aufgrund der Formulierung „werden … belastet“ aus Sicht des objektiven Empfängers als vertragliche Regelung, nicht als bloßer Hinweis zu sehen. Nach der Formulierung der Klausel soll aus Sicht des objektiven Betrachters ein konkretes Recht begründet werden. Dem steht auch die Verpflichtung zu einem Hinweis auf Kosten, die bei Vertragsschluss noch nicht feststehen, gemäß § 2a Abs. 1 Nr. 1 AltZertG nicht entgegen. Dieser Hinweispflicht hätte die Beklagte in einer Form nachkommen müssen, die – anders als bei der streitgegenständlichen Klausel – den bloßen Hinweischarakter deutlich macht.

bb) Die streitgegenständliche Klausel ist nicht hinreichend transparent (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB). Sie ist sowohl bezüglich der Frage ob und wann welche konkreten Kosten anfallen als auch bezüglich der Höhe der Kosten völlig unbestimmt. Insbesondere ist dem Wortlaut der Klausel auch eine Einschränkung auf weitergereichte Kosten nicht zu entnehmen. Entsprechend dem Verbot geltungserhaltender Reduktion ist somit nach dem Wortlaut der Klausel nicht ausgeschlossen, dass die Beklagte dem Kunden eigene Gebühren in Rechnung stellt und nicht lediglich Aufwendungen von dritter Seite weiterreicht.

cc) Die Verwendung einer Klausel begründet schon für sich eine Wiederholungsgefahr. Darauf, ob die Beklagte sich schon einem Kunden gegenüber auf die streitgegenständliche Klausel berufen hat, kommt es insoweit nicht an. Die Beklagte hat die Wiederholungsgefahr auch nicht durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung beseitigt, sondern die Abmahnung der Klägerin zurückgewiesen (vgl. Anlage K7).

2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt §§ 709 S. 1, 2 ZPO. Der Streitwert wurde gemäß § 3 ZPO festgesetzt.

Verkündet am 15.03.2021

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