Unterlassungsanspruch bei negativer Hotelbewertung besteht nur, wenn der Tatsachengehalt widerlegt wird

18. April 2017
[Gesamt: 0   Durchschnitt:  0/5]
2378 mal gelesen
0 Shares
Tafel mit der gelben Überschrift "Hotel" mit einer Skala zur Vergabe der Anzahl an Sternen, Haken bei einem Stern Urteil des OLG Hamburg vom 30.06.2016, Az.: 5 U 58/13

Bewertet ein Hotelgast ein Zimmer auf einem Online-Bewertungsportal negativ, weil unter anderem angeblich der Klodeckel zertrümmert im Waschbecken lag und überall Scherben und angeklebte Kaugummis waren, so kann der Hotelbetreiber die Unterlassung dieser Äußerungen nach Wettbewerbsrecht von dem Portalbetreiber nur verlangen, wenn die Tatsachenbehauptungen als unlauter einzustufen sind, sich also nicht als erweislich wahr darstellen. Um einen Unterlassungsanspruch allerdings erwirken zu können, muss das Hotel die Vorwürfe widerlegen. Streitet es die Behauptungen lediglich pauschal ab und hat es dem Hotelgast sogar ein neues Zimmer zugewiesen, so kann jedenfalls davon ausgegangen werden, dass dafür kein Anlass bestanden hätte, wenn mit dem Zimmer alles in Ordnung gewesen wäre.

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg

Urteil vom 30.06.2016

Az.: 5 U 58/13

 

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 21.03.2013, Az. 327 O 494/12, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten, auf ihrer Webseite im Internet die Verbreitung bestimmter Äußerungen zu unterlassen, daneben begehrt sie die Zahlung von Abmahnkosten.

Die Klägerin ist ein Tochterunternehmen der … Hotels and Hostels Holding AG, welche zusammen mit weiteren Betreibergesellschaften im Inland sowie im europäischen Ausland u.a. Hotels und Hostels betreibt. In Hamburg betreibt die Klägerin in der Nähe des Hauptbahnhofs in der … zugleich ein Hotel und ein Hostel. Die klägerischen Übernachtungsangebote richten sich an Reisende, die eine einfache, standardisierte Leistung zu einem günstigen Preis wünschen. Zu den Gästen der Klägerin zählen häufig jüngere Reisende und Schülergruppen. Die Einrichtung in den Häusern der Klägerin ist weitgehend vereinheitlicht. Die Klägerin unterhält die Webseite „…com“, unter welcher Reservierungen online vorgenommen werden können und Informationen zu den angebotenen Hotels- und Hostels abrufbar sind.

Die Beklagte, eine Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts, betreibt unter der Webseite „…de“ ein Urlaubsbewertungsportal und ein Online-Reisebüro. Im Rahmen des Bewertungsportals bietet die Beklagte den Nutzern die Möglichkeit, Hotels zu bewerten, unabhängig davon, ob eine Reisebuchung vorgenommen wird. Eine solche Bewertung für ein Hotel beinhaltet die veröffentlichten Erfahrungsberichte von Reisenden sowie einen Punktesstand. Letzterer basiert auf von den Reisenden vergebenen Punkten für einzelne Leistungsbereiche nach „umgekehrten Schulnoten“ (Punktesystem: eine bis sechs Sonnen), aus welchen dann eine Durchschnittsnote errechnet wird. Zudem wird für jedes Hotel eine „Weiterempfehlungsrate“ in einem Prozentsatz angegeben.

Eine Hotelbewertung ist jedermann mit gültiger E-Mail Adresse möglich. Die Beklagte verlangt daneben von jedem Nutzer, der eine Bewertung abgeben möchte, die Angabe des Vornamens, des Heimatlandes, der Altersgruppe sowie des Wohnorts. Ausweislich der Nutzungsbedingungen der Beklagten verpflichtet sich der Nutzer u.a., weder vorsätzlich oder fahrlässig unwahre oder beleidigende und diffamierende Inhalte einzustellen (Nutzungsbedingungen Anlage B 3).

Die Klägerin wendet sich in diesem Rechtsstreit gegen den von der Nutzerin „…“ verfassten Beitrag, mit welchem unter der Überschrift „Abgewohntes Hostel“ in dem Hotelbewertungsportal der Beklagten eine Bewertung des klägerischen Hostels „…“ abgegeben wurde (Hotelbewertung Anlage K 12). Die Klägerin forderte die Beklagte zunächst per E-Mail vom 7.5.2012 zur Löschung des Eintrags auf (Anlage K 13). Die Beklagte antwortete hierauf mit E-Mail am selben Tag und erbat weitere Informationen zur nach Ansicht der Klägerin wahren Sachlage (Anlage K 14). Mit Anwaltsschreiben vom 9.5.2012 mahnte die Klägerin die Beklagte sodann ab und forderte sie unter Fristsetzung auf, eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben. Die Beklagte lehnte dies ab (Anlagen K 15-16). Auf Antrag der Klägerin hat das Landgericht Hamburg der Beklagten sodann durch einstweilige Verfügung vom 7.6.2012 verboten,

auf den von ihr betriebenen Internet-Hotel-Bewertungsportalen „…“ zu dem von der Klägerin betriebenen … Hostel …, im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs Folgendes zu behaupten und / oder die folgenden Behauptungen Dritter zu verbreiten:

a) In der Toilette lag der Klodeckel zertrümmert im Waschbecken,
b) überall waren Scherben,
c) im ganzen Zimmer waren angeklebte Kaugummis,
d) das Zimmer kann nicht gereinigt gewesen sein bzw. war nicht ordentlich sauber,
e) die Toilette hat zum Himmel gestunken,
f) alles war ordentlich abgewohnt,

solange die entsprechenden Behauptungen nicht erweislich wahr sind.

Die einstweilige Verfügung vom 7.6.2012 ist vollzogen, die streitige Bewertung ist von der Beklagten entfernt worden.

Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 21.8.2012, die von der Klägerin begehrte Abschlusserklärung nicht abgegeben zu wollen (Anlage K 1a). Die Klägerin verfolgt im vorliegenden Hauptsacheverfahren ihren Anspruch weiter. Zudem beansprucht sie die Erstattung der Abmahnkosten und der Kosten für das Abschlussschreiben.

Die Klägerin hat vorgetragen, keine der von der Autorin „…“ aufgestellten Behauptungen treffe zu. Der Hausleiter vor Ort könne sich noch an die Reisegruppe erinnern, welcher die Bewertung zuzuordnen sei. Nach Kontrolle sämtlicher Zimmer dieser Gäste habe er keinen der Beschwerdepunkte feststellen können. Die Autorin „…“ habe ihre Behauptungen mittlerweile zurückgezogen. Die Beklagte sei dafür beweisbelastet, dass die Behauptungen wahr seien. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, bei den streitgegenständlichen Behauptungen handele es sich um unzulässiges Anschwärzen i.S.v. §§ 3,4 Nr. 8 UWG a.F. Die Parteien seien Mitbewerber. Die von der Nutzerin „…“ aufgestellten Behauptungen stellten Tatsachenbehauptungen dar, die nicht erweislich wahr seien. Diese seien geeignet, ihren Hotel- und Hostelbetrieb zu schädigen, da Leser nach derart abschreckenden Meldungen vermutlich ein anderes Hotel buchen würden. Die Klägerin hat die Behauptungen der Beklagten zum automatisierten Prüfverfahren mit Nichtwissen bestritten. Es sei nicht möglich, einen Nutzerbeitrag ohne vorgeschaltete Kontrolle der Beklagten online zu stellen. Die Kontrolle münde in einen Freigabeakt seitens der Beklagten. Die Beklagte habe sicherzustellen, dass ihr Geschäftsmodell den gesetzlichen Anforderungen entspreche, auch hinsichtlich der Vorschriften zum Schutz der Mitbewerber vor der Verbreitung anonymer Anschwärzungen.

Die Klägerin hat beantragt:

1. Der Beklagten wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu vollziehen an ihren Vorständen,

untersagt,

auf den von ihr betriebenen Internet-Hotel-Bewertungsportalen „…“ zu dem von der Klägerin betriebenen … Hostel …, im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs Folgendes zu behaupten und / oder die folgenden Behauptungen Dritter zu verbreiten:

a) In der Toilette lag der Klodeckel zertrümmert im Waschbecken,
b) überall waren Scherben,
c) im ganzen Zimmer waren angeklebte Kaugummis,
d) das Zimmer kann nicht gereinigt gewesen sein bzw. war nicht ordentlich sauber,
e) die Toilette hat zum Himmel gestunken,
f) alles war ordentlich abgewohnt,

solange die entsprechenden Behauptungen nicht erweislich wahr sind.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 723,80 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, jede Bewertung durchlaufe – abgesehen von der Überprüfung der E-Mail-Adresse – ein automatisiertes Prüfungsverfahren. Mittels einer speziellen Software werde die Bewertung zunächst anhand von formalen Kriterien auf bestimmte Risikoaspekte hin überprüft. Dabei gehe es auch um den Schutz vor Formalbeleidigungen. Je nach Ergebnis der automatischen Prüfung werde die Bewertung automatisch freigegeben oder manuell weiter überprüft. Für letztere Prüfung beschäftige sie ein Team von rund 30 Mitarbeitern. Der Autor erhalte eine Mitteilung nach erfolgter Prüfung. Erst ab diesem Moment sei die Bewertung auf der Plattform online einsehbar. Eine eigene Bewertung ihrerseits erfolge niemals. Die Nutzerinformationen und Nutzerinhalte auf der Plattform stünden im Vergleich zum ebenfalls betriebenen Online-Reisebüro klar im Vordergrund. Sie würden auch von den Reisebüroinhalten klar getrennt angeboten. Der Nutzerbeitrag der Autorin „…“ sei allein aufgrund der ergangenen einstweiligen Verfügung gesperrt worden. Es sei davon auszugehen, dass die Schilderungen der Autorin der Wahrheit entsprächen. Hinsichtlich eines Teils der Bewertung seien Meinungsäußerungen gegeben (Buchstaben d, e und f). Die Beklagte hat des Weiteren die Ansicht vertreten, die Parteien seien keine Mitbewerber. Auch läge hinsichtlich der Nutzerbewertungen keine geschäftliche Handlung ihrerseits vor. Hierfür wäre ein objektiver Zusammenhang zwischen der Zugänglichmachung der Bewertung und der Förderung des Absatzes erforderlich. Bewertungsportale erfüllten eine zentrale Funktion bei der Ausübung von Meinungsfreiheit. Dieser Beitrag sei bei der Anwendung des Lauterkeitsrechts zu berücksichtigen. Auch im Rahmen von § 4 Nr. 8 UWG a.F. treffe den Anspruchssteller eine Substantiierungspflicht. Dieser genüge die Klägerin nicht. Sie, die Beklagte, habe die streitgegenständlichen Behauptungen nicht verbreitet. Sie räume Nutzern lediglich die Möglichkeit ein, ihre Bewertungen anderen Nutzern mitzuteilen. Der klägerische Antrag sei zu pauschal. Ein Abschlussschreiben sei nicht erforderlich gewesen.

Das Landgericht hat der Klage durch Urteil vom 21.3.2013 vollen Umfangs stattgegeben. Wegen der Einzelheiten wird auf Tenor, Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte. Sie greift zunächst die landgerichtlichen tatsächlichen Feststellungen an. Aus dem Tatbestand ergebe sich nicht, dass das Online-Reisebüro dem Bewertungsportal übergeordnet sei. Hiervon gehe das Landgericht aber aus. Den vom Landgericht beschriebenen Freigabeakt gebe es nicht, das Landgericht führe hierfür auch keine Grundlage an. Hinsichtlich der Motivlage spekuliere das Landgericht, zur subjektiven Motivation seien keine Feststellungen getroffen worden. Unzutreffend sei die Annahme des Landgerichts, auf ihrem Portal sei keine Trennung von Bewertungsfunktion und Buchungsfunktion möglich. In rechtlicher Hinsicht rügt die Beklagte, es liege kein Mitbewerberverhältnis zur Klägerin vor. Mangels Verletzung von Prüfungspflichten hafte sie nicht für die inhaltliche Richtigkeit von Hotelbewertungen. Es fehle an einem Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung. Es liege auch kein „Verbreiten“ i.S.v. § 4 Nr. 8 UWG a.F. vor. Sie -die Beklagte- könne sich auf die Beschränkung der Haftung des Host-Providers aus §§ 10 Satz 1, 7 Abs. 2 TMG berufen. Die Beklagte verweist insoweit auf eine Entscheidung des Kammergerichts vom 16.4.2013 (Az.: 5 U 63/12; Anlage BK 1). Die Ausführungen des Landgerichts zu einer aktiven Rolle gingen fehl. Die vom Landgericht angenommene Verdichtung der Nutzerbewertungen durch Durchschnittsnoten, Weiterempfehlungsraten und Trends beziehe sich nur auf die Noten, also auf Werturteile, nicht hingegen auf die Bewertungstexte und somit niemals auf Tatsachenbehauptungen. Die streitgegenständlichen Äußerungen seien im Wesentlichen keine Tatsachenbehauptungen. Dies habe das Landgericht verkannt. Hinsichtlich des Abschlussschreibens habe das Landgericht den Inhalt ihres Schreibens gemäß Anlage B 19 falsch wiedergegeben. Hierdurch sei es zu einer unzutreffenden Wertung gelangt. Bei richtigem Verständnis ergebe sich, dass das Abschlussschreiben unnötig gewesen sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 21.3.2013 (Az.: 327 O 494/12) abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil. Das Landgericht sehe in dem Publizieren fremder Hotelbewertungen richtigerweise einen Freigabeakt der Beklagten als Handlung i.S.v. § 2 Nr. 1 UWG. Zu Recht gehe das Landgericht auch davon aus, dass es eine Trennung von Bewertungsfunktion und Buchungsfunktion nicht gebe. Man könne sich weder Nutzerbeiträge ansehen, ohne von Buchungsangeboten behelligt zu werden, noch könne man eine Reise buchen, ohne mit Nutzerkommentaren konfrontiert zu werden. Die Beklagte habe vor der Abmahnung und der Beantragung der einstweiligen Verfügung einen klaren Hinweis auf die Rechtsverletzung erhalten. Es komme nicht darauf an, ob die Beklagte möglicherweise als Host-Provider anzusehen sei, da das Landgericht die Haftungsprivilegierung aus § 10 TMG nicht zugebilligt habe, weil hier Unterlassungsansprüche in Rede stünden. Die Parteien stritten vorliegend nicht um Werturteile der Nutzer, sondern über Erfahrungsberichte, also um die Schilderung tatsächlicher Vorgänge.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, auf das Sitzungsprotokoll des Landgerichts vom 21.2.2013 sowie auf das Protokoll der Senatssitzung vom 8.6.2016 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Die Klage hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Erfolg. Die Klägerin hat wegen der angegriffenen Bewertung der Nutzerin „…“ keinen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 8 UWG a.F. bzw. § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 2 UWG n.F. i.Vm § 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 UWG.

1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte folgt aus Art. 5 Nr. 3 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in Lugano am 30. Oktober 2007, ABl. EU L 339 S. 3 (LuGÜ II), das für die Europäische Union am 1. Januar 2010 in Kraft getreten ist. Die Beklagte hat ihren Sitz in der Schweiz, welche ein Vertragsstaat des LuGÜ II ist, und wird wegen unerlaubter Wettbewerbshandlungen gemäß Art. 5 Nr. 3 LuGÜ II in Anspruch genommen. Der Schadenserfolg wirkt sich im Inland aus, da sich der Internetauftritt der Beklagten bestimmungsgemäß auf den inländischen Markt auswirken soll (vgl. BGH GRUR 2015, 1129 Tz. 12 – Hotelbewertungsportal). Die Pflicht zur Amtsprüfung der internationalen Zuständigkeit besteht in allen Instanzen. Eine Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts ist insoweit gegeben (Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 513 Rz. 8).

2. Auf den vorliegenden Rechtsstreit ist nach Art. 4 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 und 2 der Rom II-Verordnung das deutsche Wettbewerbsrecht anwendbar, da der von der Klägerin behauptete Schaden infolge geschäftsschädigender Äußerungen in Deutschland eintritt.

3. Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus § 3 Abs.1, § 4 Nr. 8 UWG a.F. bzw. § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 2 UWG n.F. i.V.m. § 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 UWG keinen Anspruch auf Unterlassung. Da der Unterlassungsanspruch auf die Abwehr künftiger Rechtsverstöße gerichtet ist, ist er nur begründet, wenn auf der Grundlage des zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Rechts Unterlassung verlangt werden kann. Zudem muss die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein, weil es anderenfalls an der Wiederholungsgefahr fehlt (st. Rspr. des BGH, vgl. GRUR 2012, 193 Tz. 14 – Sportwetten im Internet, m.w.N.). Die Regelung des § 4 Nr. 8 UWG a.F. ist inhaltsgleich in dem seit dem 10.12.2015 geltenden § 4 Nr. 2 UWG n.F. enthalten. Ein klägerischer Unterlassungsanspruch aus diesen Vorschriften war und ist nicht gegeben.

a. Zu Recht hat das Landgericht das Bereithalten einer Hotelbewertungsfunktion im Internet mit einer auf derselben Internetseite zugleich angebotenen Hotelbuchungsfunktion als geschäftliche Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG qualifiziert. Eine geschäftliche Handlung nach § 2 Abs. Nr. 1 UWG umfasst jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt.

Hiervon ist vorliegend auszugehen. Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, wird die Attraktivität des Online-Reisebüros der Beklagten durch das umfangreiche und detaillierte Hotelbewertungsportal gesteigert. Im Rahmen der angebotenen Reisebürodienstleistungen führt die Beklagte bei jedem Hotel ausdrücklich und hervorgehoben die aus den Nutzerbewertungen errechnete Weiterempfehlungsrate auf. Zugleich wird gleich zu Beginn auf die Bewertungen zu diesem Hotel hingewiesen. Hierdurch wird die Attraktivität des Buchungsportals für den reiseinteressierten Verbraucher gesteigert, da dieser auf einen Blick nicht nur allgemeine Informationen zum Hotel und zum Reisepreis erhält, sondern zugleich auch auf aktuelle Nutzererfahrungen zugreifen kann, die weitere aufschlussreiche Hinweise zu dem Hotel enthalten können. Das von der Beklagten angebotene Hotelbewertungsportal dient also dazu, ihr Online-Reisebüro bekannt zu machen und seine Attraktivität zu steigern. Die Einordnung als geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG unterliegt danach keinen Bedenken (vgl. in Bezug auf das streitgegenständliche Hotelbewertungsportal der Beklagten: BGH GRUR 2015, 1129 Tz. 17- Hotelbewertungsportal).

b. Die Parteien sind auch Mitbewerber gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG, da sie in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und daher das Wettbewerbsverhalten des einen den anderen beeinträchtigen, d.h. im Absatz behindern oder stören kann (BGH, BGHZ 168, 314 Tz. 14 – Kontaktanzeigen; BGH GRUR 2012, 193 – Sportwetten im Internet II). Da im Interesse eines wirksamen lauterkeitsrechtlichen Individualschutzes grundsätzlich keine hohen Anforderungen an das Vorliegen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses zu stellen sind, reicht es hierfür aus, dass sich der Verletzer durch seine Verletzungshandlung im konkreten Fall in irgendeiner Weise in Wettbewerb zu dem Betroffenen stellt (BGH, BGHZ 93, 96, 97 f. – DIMPLE, m.w.N.; BGH GRUR 2014, 1114 – nickelfrei). Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist daher anzunehmen, wenn zwischen den Vorteilen, die die eine Partei durch eine Maßnahme für ihr Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann (BGH GRUR 2014, 1114 Tz. 32 – nickelfrei). Hiernach ist vorliegend von einem konkreten Wettbewerbsverhältnis auszugehen. Die Parteien versuchen zwar nicht gleichartige Dienstleistungen abzusetzen. Durch die Förderung des Absatzes der Dienstleistungen der Beklagten wird jedoch der Wettbewerb der Klägerin beeinträchtigt. Durch das Vorhalten von Bewertungen auf ihrem Hotelbewertungsportal sucht die Beklagte die Attraktivität ihres Online-Reisebüros zu erhöhen. Dagegen ist die Anzeige einer negativen Bewertung des Hotels der Klägerin auf dem Hotelbewertungsportal der Beklagten geeignet, den Absatz der Beherbergungsdienstleistung der Klägerin zu beeinträchtigen (BGH GRUR 2015, 1129 Tz. 20- Hotelbewertungsportal).

c. Eine unlautere geschäftliche Handlung der Beklagten ist indes nicht gegeben. Nach § 4 Nr. 8 UWG a.F. bzw. § 4 Nr. 2 UWG n.F handelt unlauter, wer über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind.

aa. Bei den von der Nutzerin „…“ in ihrer Bewertung aufgestellten Behauptungen handelt es sich um Tatsachen i.S.v. § 4 Nr. 8 UWG a.F. bzw. § 4 Nr. 2 UWG n.F.

Tatsachen i.d.S. sind Vorgänge oder Zustände der Vergangenheit oder Gegenwart, die einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind. Werturteile sind demgegenüber durch eine subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt sowie durch Elemente der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet und lassen sich deshalb nicht als wahr oder unwahr bezeichnen (BGH GRUR 2009, 1186 Tz. 15 – Mecklenburger Obstbrände). Gegenstand der Würdigung ist der objektive Erklärungswert, wie er sich nach Auslegung der Äußerung darstellt. Häufig enthalten Äußerungen ein Gemisch von Tatsachenäußerungen und Werturteilen, es kommt dann auf den Schwerpunkt der Äußerung an. Enthält ein Werturteil einen Tatsachenkern oder ruft ein Werturteil bei seinen Empfängern die Vorstellung konkreter Vorgänge hervor, deren Richtigkeit mit Hilfe von Beweismitteln verifiziert werden kann, handelt es sich um eine Tatsachenbehauptung (MüKo-Wagner, BGB, 6. Aufl., § 824 Rz. 14, 15; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 4 Rz. 2.13, jeweils m.w.N.).

Hiervon ausgehend handelt es sich bei den Behauptungen, die im Klageantrag zu 1. a) bis c) wiedergegeben sind, unzweifelhaft um Tatsachen, da die behaupteten Umstände, wonach der Klodeckel zertrümmert im Waschbecken gelegen habe und sich im Zimmer überall Scherben und angeklebte Kaugummis befunden hätten, einem Beweis zugänglich sind. Dies gilt im Ergebnis auch für die weiteren Behauptungen im Klageantrag zu 1 d) bis e). Die Aussage zu 1. d), „das Zimmer sei nicht gereinigt bzw. nicht ordentlich sauber gewesen“, bezieht sich auf zwei verschiedene Zimmer. Ausweislich der streitgegenständlichen Bewertung der Nutzerin … (Anlage K 12) bezieht sich der erste Teil der Aussage „das Zimmer kann nicht gereinigt worden sein“ auf das zuerst bezogene Zimmer. Die Behauptung ist durch eine subjektive Einschätzung geprägt, enthält aber zugleich einen Tatsachenkern, welcher einem Beweis nach den Sauberkeits- und Hygiene-Standards der Hotel- bzw. Hostelbranche zugänglich ist. Gleiches gilt für den zweiten Teil der Aussage „das Zimmer war nicht ordentlich sauber“. Diese Aussage bezieht sich auf das später bezogene, neu zugewiesene Zimmer und wird im Folgenden durch den Klammerzusatz erläutert („Toilette stank zum Himmel“; Klageantrag zu 1. e). Auch diese Behauptung kann durch eine Beweiserhebung einer Klärung zugeführt werden. Die Aussage im Klageantrag zu 1. f) „alles war ordentlich abgewohnt“ ist nach der Auffassung des Senats aufgrund des Gesamtzusammenhangs der Bewertung dahingehend zu verstehen, dass das Zimmer erheblich abgewohnt gewesen sein soll. Ob ein Hotelzimmer als (erheblich) abgewohnt anzusehen ist oder ob es keinerlei oder nur leichte Gebrauchsspuren aufweist, wird subjektiv unterschiedlich wahrgenommen werden können, gleichwohl gibt es zur Feststellung des Abnutzungsgrades von Hotelzimmern objektive Kriterien, die zur Beurteilung heranzuziehen sind und die Aufschluss darüber geben können, ab wann ein Hotelzimmer als erheblich abgewohnt anzusehen ist. Da die streitgegenständlichen Behauptungen mithin schwerpunktmäßig Tatsachen zum Inhalt haben, ist der Anwendungsbereich von § 4 Nr. 8 UWG a.F. bzw. § 4 Nr. 2 UWG n.F. eröffnet.

bb. Eine unlautere geschäftliche Handlung liegt nur vor, wenn die behaupteten Tatsachen geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern sie nicht erweislich wahr sind. Nach § 4 Nr. 8 UWG a.F. bzw. § 4 Nr. 2 UWG n.F. trifft den Äußernden die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass seine Aussagen wahr sind (Ohly/Sosnitza, UWG, 6. Aufl., § 4 Rz. 8/16; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 4 Rz. 2.20). Die Beklagte hat sich im Rechtsstreit auf die ihrer Ansicht nach wahrheitsgemäßen Äußerungen der Nutzerin „…“ bezogen, welche hinreichend substantiiert sind. Die Klägerin hat hierauf lediglich pauschal erwidert, die Äußerungen seien unzutreffend, ohne im Einzelnen auf die beschriebenen Mängel einzugehen und die aus ihrer Sicht zutreffende Sachlage darzutun. Dies hätte der Klägerin indes oblegen. Grundsätzlich muss eine Partei auf das substantiierte gegnerische Vorbringen ihrerseits substantiiert, d.h. mit positiven Angaben erwidern, soweit ihr das möglich und zumutbar ist. Hiervon ist regelmäßig auszugehen, wenn die behaupteten Umstände im Wahrnehmungsbereich der Partei liegen oder lagen (Stadler in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., § 138 Rz. 10 m.w.N.). In Fällen der Behauptung negativer Tatsachen, in denen der Behauptende Anlass hatte, seine Behauptung gerade in negativer Form zu formulieren, trifft den Anspruchsteller eine sekundäre Darlegungslast. Er kann sich nicht mit dem bloßen Bestreiten begnügen, sondern muss darlegen, welche tatsächlichen Umstände für das Vorliegen des Positiven sprechen (Ohly/Sosnitza, UWG, 6. Aufl., § 4 Rz. 8/16 unter Hinweis auf BGH GRUR 1993, 572 – Fehlende Lieferfähigkeit).

Der vorstehend beschriebenen Obliegenheit ist die Klägerin nicht nachgekommen, obgleich ihr ein substantiierter Gegenvortrag möglich und zumutbar war. Die von der Nutzerin „…“ aufgestellten Behauptungen knüpfen teilweise an konkret benannte tatsächliche Umstände an („Klodeckel lag zertrümmert im Waschbecken, überall waren Scherben und angeklebte Kaugummis“). Von der Klägerin war insoweit eine konkrete Erwiderung zu den behaupteten Umständen zu erwarten. Soweit die Beanstandung in drastischer Form vermittelt worden ist („Toilette hat zum Himmel gestunken“), war eine aufklärende, sachliche Erwiderung der Klägerin geboten. Gleiches gilt für die Behauptung, alles sei „ordentlich abgewohnt“ gewesen. Hinsichtlich der behaupteten negativen Tatsache („das Zimmer kann nicht gereinigt worden sein“) trifft die Klägerin nach den obigen Grundsätzen ebenfalls eine Darlegungslast.

Eine substantiierte Erwiderung durch die Klägerin war im vorliegenden Fall auch und insbesondere vor dem Hintergrund geboten, dass der Nutzerin „…“ nach den erhobenen Beanstandungen ein neues Zimmer zugewiesen worden ist. Insoweit war eine Aufklärung durch die Klägerin veranlasst, aus welchem Grund dem Gast ein anderes Zimmer zugeteilt worden ist, obgleich die erhobenen Beanstandungen unberechtigt gewesen sein sollen. Entsprechender Vortrag war der Klägerin auch möglich, da sich der Hausleiter nach ihrem Vortrag noch genau an die betreffende Reisegruppe zu erinnern vermochte. Die mitzuteilenden Angaben waren damit Gegenstand der eigenen klägerischen Wahrnehmung.

Da die Klägerin ihrer (sekundären) Darlegungslast nicht genügt hat, kann in Bezug auf die streitgegenständlichen Behauptungen das Vorliegen unwahrer Tatsachen i.S.v. § 4 Nr. 8 UWG a.F. bzw. § 4 Nr. 2 UWG n.F. nicht festgestellt werden. Auf eine etwaige Beweisbedürftigkeit der Tatsachen kommt es damit nicht mehr an.

cc. Die Beklagte hat die Aussagen nicht i.S.v. § 4 Nr. 8 UWG a.F. bzw. § 4 Nr. 2 UWG n.F. behauptet. Behaupten heißt eine eigene Tatsachenbehauptung aufzustellen oder sich eine fremde Tatsachenbehauptung zu Eigen zu machen (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 4 Rz. 2.18). Die Beklagte hat keine eigenen Tatsachenbehauptungen aufgestellt. Sie hat sich die Äußerungen in der streitgegenständlichen Bewertung auch nicht zu Eigen gemacht. Für den Bereich des Internets hat die Rechtsprechung des BGH folgende Grundsätze entwickelt: Nach § 7 Abs. 1 TMG sind Diensteanbieter, d.h. Personen, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithalten oder den Zugang zur Nutzung vermitteln (§ 2 Nr. 1 TMG), nach den allgemeinen Gesetzen, also auch nach § 4 Nr. 2 UWG n.F., nicht nur für eigene Informationen verantwortlich, sondern auch für solche fremden Informationen, die sie sich zu Eigen machen. Der Betreiber einer Internetseite macht sich Inhalte zu Eigen, wenn er nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf dieser Seite veröffentlichten Inhalte übernommen oder den zurechenbaren Anschein erweckt hat, er identifiziere sich mit den fremden Inhalten. Ob dies der Fall ist, ist aus der Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu beurteilen. Für ein Zu-Eigen-Machen spricht es, wenn der Anbieter die von einem Dritten hochgeladenen Inhalte inhaltlich-redaktionell auf Vollständigkeit und Richtigkeit kontrolliert oder auswählt oder die fremden Informationen in das eigene redaktionelle Angebot einbindet. Jedoch ist bei der Annahme einer Identifikation mit fremden Inhalten grundsätzlich Zurückhaltung geboten (BGH GRUR 2015, 1129 – Hotelbewertungsportal; BGH GRUR 2012, 751 – RSS-Feeds; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 4 Rz. 2.18a).

Der BGH hat in der Entscheidung Hotelbewertungsportal in Bezug auf das hier in Rede stehende Bewertungsportal der Beklagten ausgeführt (BGH GRUR 2015, 1129 Tz. 28):

„Jedoch ist bei einer Würdigung sämtlicher Umstände aus Sicht eines verständigen Internetnutzers die Annahme fernliegend, die Beklagte wolle sich die beanstandeten Äußerungen zu Eigen machen (im Ergebnis ebenso OLG Stuttgart, MMR 2014, 203, 204; LG Berlin, Urteil vom 27. Oktober 2009 – 27 O 536/09, juris Rn. 42; Ohly in Ohly/Sosnitza aaO § 4.8 Rn. 8/14a, § 8 Rn. 115a; Köhler in Köhler/Bornkamm, aaO, § 4 Rn. 8.9a; aA LG Hamburg, WRP 2012, 94, 96 f.; Vonhoff, MMR 2012, 571, 572). Inhalt und Gestaltung des Bewertungsportals der Beklagten erwecken nicht den Eindruck, die Beklagte identifiziere sich mit den veröffentlichten Angaben Dritter. Dass die Beklagte eine inhaltlich-redaktionelle Überprüfung der auf ihrem Portal eingestellten Nutzerbewertungen auf Vollständigkeit und Richtigkeit vornimmt, ist weder festgestellt noch von der Klägerin behauptet worden, die – im Gegenteil – gerade die unzureichende Überprüfung vor einer Veröffentlichung im Internet beanstandet. Die statistische Auswertung zu bestimmten Durchschnittswerten und einer Weiterempfehlungsrate ist nicht mit einer inhaltlich-redaktionellen Kontrolle vergleichbar, da die Beklagte dadurch keinen Einfluss auf den Inhalt der Bewertungen ihrer Nutzer nimmt. Entsprechendes gilt für die der Veröffentlichung vorgeschaltete Prüfung eingehender Bewertungen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist deren automatische Überprüfung durch einen Wortfilter darauf ausgerichtet, Formalbeleidigungen oder unzulässige Eigenbewertungen zu finden. Bei der sich gegebenenfalls anschließenden manuellen Durchsicht erfolgt keine inhaltliche Kontrolle der Bewertungen auf Richtigkeit, sondern lediglich eine weitere Überprüfung auf Einhaltung der Nutzungsbedingungen und etwaiger eigener Rechtspflichten.“

Ein Zu-Eigen-Machen der Beklagten und damit ein Behaupten der Äußerungen i.S.v. § 4 Nr. 8 UWG a.F. bzw. § 4 Nr. 2 UWG n.F. ist nach den vorstehenden Ausführungen nicht gegeben.

dd. Die Beklagte hat die beanstandeten Äußerungen auch nicht gemäß § 4 Nr. 8 UWG a.F. bzw. § 4 Nr. 2 UWG n.F. verbreitet. Verbreiten i.d.S. bedeutet, eine fremde Tatsachenbehauptung weiterzugeben, d.h. Dritten die Möglichkeit zu verschaffen, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen. Im Falle der Weitergabe von Tatsachenbehauptungen über ein Bewertungsportal im Internet muss der weite Begriff des Verbreitens eingeschränkt werden. Im Bereich des Internets sind die Haftungsbeschränkungen nach den §§ 7 Abs. 2, 8-10 TMG zu berücksichtigen. Dies führt dazu, dass der Begriff des Verbreitens i.S.d § 4 Nr. 2 UWG n.F. eingeschränkt werden muss. Ansonsten könnte der Betreiber einer Internetseite einer Haftung nur durch eine umfassende inhaltliche Überprüfung der eingestellten Beiträge vor ihrer Veröffentlichung entgehen (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 4 Rz. 2.18b,c). Der Annahme einer allgemeinen Prüfungspflicht von Diensteanbietern im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG für die von Nutzern auf ihre Server eingestellten fremden Daten steht jedoch § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG entgegen. Danach sind Diensteanbieter nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten. Nach dieser Vorschrift, die auf Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr beruht, sind Überwachungspflichten allgemeiner Art ausgeschlossen. Danach ist es dem Betreiber eines Bewertungsportals grundsätzlich nicht zuzumuten, jeden Beitrag vor der Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen. Nicht ausgeschlossen sind hingegen Überwachungspflichten in spezifischen Fällen. Diensteanbieter, die von Nutzern bereitgestellte Informationen speichern, müssen außerdem die nach vernünftigem Ermessen von ihnen zu erwartende und in innerstaatlichen Rechtsvorschriften niedergelegte Sorgfaltspflicht anwenden, um bestimmte Arten rechtswidriger Tätigkeiten aufzudecken und zu verhindern (Erwägungsgrund 48 der Richtlinie 2000/31/EG; BGH GRUR 2015, 1129 Tz. 31 – Hotelbewertungsportal; BGH GRUR 2011, 617 – Sedo). Diese Grundsätze gelten auch im Rahmen des wettbewerbsrechtlichen Tatbestands des § 4 Nr. 8 UWG a.F. , so dass ein Verbreiten von Tatsachenbehauptungen im Sinne dieser Vorschrift im Falle des Betreibers eines Internet-Bewertungsportals nur angenommen werden kann, wenn spezifische Überwachungspflichten verletzt werden. Die im Hinblick auf § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG einschränkende Auslegung des § 4 Nr. 8 UWG a.F. kommt im Falle eines Internet-Bewertungsportals allerdings nur in Betracht, wenn dessen Betreiber sich darauf beschränkt, seinen Dienst mittels rein technischer und automatischer Verarbeitung der von seinen Kunden eingegebenen Daten neutral zu erbringen. Verlässt der Anbieter dagegen seine neutrale Vermittlerposition und spielt er eine aktive Rolle, die ihm eine Kenntnis von bestimmten Daten oder eine Kontrolle über sie verschaffen konnte, kann eine Haftung nach § 4 Nr. 8 UWG a.F. gerechtfertigt sein (BGH GRUR 2015, 1129, Tz. 31 und 34 – Hotelbewertungsportal, m.w.N.).

Vorliegend hat die Beklagte, die als Diensteanbieterin i.S.v. §§ 2 Nr. 1, 10 Satz 1 Nr. 1 TMG anzusehen ist, die beanstandeten Äußerungen, welche fremde Äußerungen nach § 10 Satz 1 TMG darstellen, nicht verbreitet. Sie hat keine aktive Rolle bei der Veröffentlichung der Äußerungen eingenommen. Dass die Beklagte zur Förderung bestimmter Hotelbetriebe selbst eine Auswahl der veröffentlichten Bewertungen vorgenommen hätte, hat auch die Klägerin nicht geltend gemacht. Die statistische Auswertung von Bewertungen sowie der Einsatz eines Wortfilters zum Auffinden von rechtsverletzenden Inhalten und die nach Ansprechen des Wortfilters vorgenommene Überprüfung der Beiträge durch Mitarbeiter der Beklagten begründet ebenfalls keine aktive Rolle der Beklagten, weil eine über die Aussonderung gegen die Nutzungsbedingungen verstoßender Beiträge hinausgehende inhaltliche Einflussnahme nicht erfolgt. Durch die bei Ansprechen des automatischen Wortfilters von der Beklagten vorgenommene manuelle Durchsicht von Äußerungen der Nutzer verlässt die Beklagte ihre neutrale Position nicht, weil sie hierdurch keine Kenntnis von der etwaigen Unwahrheit einer Tatsachenbehauptung erlangt (BGH GRUR 2015, 1129, Tz. 35 – Hotelbewertungsportal, m.w.N.).

Die Beklagte hat auch keine spezifischen Überwachungspflichten verletzt. Durch die Vorschrift des § 10 Satz 1 TMG sind spezifische Überwachungspflichten eines Diensteanbieters nicht ausgeschlossen. Sie bestimmen sich danach, ob und inwieweit ihm nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, ob der Betreiber eines Bewertungsportals die Rechtsverletzung eines Dritten aufgrund einer unklaren Rechtslage erst nach eingehender rechtlicher oder tatsächlicher Prüfung feststellen kann oder ob sie für ihn offenkundig oder unschwer erkennbar ist. Für eine erhöhte Prüfungspflicht spricht es, wenn der Betreiber bei seiner Tätigkeit Rechtsverletzungen in erheblichem Umfang Vorschub leistet oder sie durch eigene Maßnahmen fördert. Andererseits dürfen einem Betreiber eines Bewertungsportals keine erhöhten Prüfungspflichten auferlegt werden, die sein grundsätzlich erlaubtes Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährden oder seine Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren würden (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 4 Rz. 2.18; BGH GRUR 2015 1129, Tz. 36 – Hotelbewertungsportal, m.w.N.).

Spezifische Prüfungspflichten verletzt der Betreiber daher erst, wenn er von klaren Rechtsverletzungen durch den Dritten Kenntnis erlangt, aber die betreffende Angabe nicht unverzüglich sperrt und keine Vorsorge trifft, dass sie auch künftig unterbleibt. Tatsachenbehauptungen werden mithin erst im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG a.F. oder § 4 Nr. 2 UWG n.F. über ein Internetportal verbreitet, wenn der Betreiber vom Vorliegen einer klaren Rechtsverletzung Kenntnis erlangt und sie gleichwohl nicht beseitigt hat. Zu keinem anderen Ergebnis führen die Grundsätze über die wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflichten (BGH GRUR 2015 1129, Tz. 36, 42 – Hotelbewertungsportal, m.w.N.).

Die vorliegend per E-Mail vom 7.5.2012 übermittelte Aufforderung der Klägerin an die Beklagte, den streitgegenständlichen Beitrag der Nutzerin „…“ zu löschen, stellt keinen Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung im vorstehenden Sinn dar.

Ob ein Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung gegeben ist, wird stets von den Umständen des Einzelfalles abhängig sein. Der BGH hat für den Bereich des Persönlichkeitsschutzes im Internet ausgeführt, dass ein Tätigwerden eines Hostproviders für eine in einem Blog enthaltene persönlichkeitsrechtsverletzende Äußerung nur angezeigt ist, wenn der Hinweis, den der Hostprovider erhält, so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer – das heißt ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung – bejaht werden kann (BGH GRUR 2012, 311, Tz 26 – Blog-Eintrag; BGH WRP 2016, 731 -jameda.de II). Der Senat hält die vom BGH statuierten Anforderungen auf die hier zu beurteilende Konstellation für übertragbar. Der Hinweis an den Betreiber eines Internetportals muss danach so konkret gefasst sein, dass er die Rechtsverletzung -hier die Unwahrheit der Äußerungen- ohne nähere Prüfung unschwer erkennen läßt. Ein solcher Hinweis wird dem Portalbetreiber zugleich ermöglichen, erforderlichenfalls eine fundierte Stellungnahme des Nutzers einzuholen.

Unter Anwendung dieser Grundsätze lässt sich vorliegend ein Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung nicht feststellen. Auf Grundlage der E-Mail der Klägerin vom 7.5.2012 ließ sich aus Sicht der Beklagten die Unwahrheit der von der Nutzerin „…“ aufgestellten Behauptungen nicht unschwer erkennen. Wie bereits ausgeführt, war der Inhalt der E-Mail unter Berücksichtigung des Nutzerbeitrags vielmehr erläuterungsbedürftig, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Nutzerin nach erhobener Beschwerde ein anderes Zimmer zugeteilt worden war. Aus Sicht des Beklagten blieb nach Lektüre der E-Mail deshalb unklar, ob die Kritikpunkte hinsichtlich eines der Zimmer möglicherweise doch berechtigt waren. Von der Klägerin war gerade auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Hausleiter offenbar noch eine gute Erinnerung an die Reisegruppe hatte, zu welcher die Nutzerin „…“ gehörte, zu erwarten, dass sie hinreichend konkret auf die einzelnen Vorhaltungen erwidert. Denn hierzu war sie nach den besonderen Umständen in diesem Fall in der Lage. Der Inhalt der E-Mail vom 7.5.2012 ermöglichte der Beklagten nicht, eine konkrete Nachfrage an die Nutzerin „…“ zu richten und diese unter Überreichung einer abweichenden Darstellung der Sachlage zu einer Stellungnahme aufzufordern und einen Prüfprozess einzuleiten. Die noch am selben Tag nach Erhalt der E-Mail gehaltene, erfolglos gebliebene Nachfrage der Beklagten war somit nachvollziehbar und plausibel. Die Beklagte war zu einer sofortigen Löschung des Beitrags der Nutzerin „…“ nach Erhalt der E-Mail vom 7.5.2012 nach allem somit nicht verpflichtet. Denn die in der E-Mail vom 7.5.2012 behauptete Rechtsverletzung war nicht offenkundig, sondern bedurfte hinsichtlich ihres Vorliegens einer eingehenden tatsächlichen Überprüfung.

Die Beklagte hat mithin keine spezifischen Prüfungs- und Überwachungspflichten verletzt und damit keine unwahren Tatsachen gemäß § 4 Nr. 8 UWG a.F. bzw. § 4 Nr. 2 UWG n.F. verbreitet.

ee. Auch aus dem Gesichtspunkt einer Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflichten folgt keine Haftung der Beklagten. Im Zusammenhang mit der Haftung von Betreibern von Internetplattformen konkretisiert sich die wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht insbesondere als Prüfungspflicht. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH besteht allerdings keine allgemeine Pflicht, jeden fremden Inhalt vor der Zugänglichmachung im Internet auf mögliche Rechtsverletzungen hin zu untersuchen. Erst der Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung verpflichtet den Betreiber zur unverzüglichen Sperrung des konkreten Angebots oder der konkreten Bewertung und zur Vorsorge gegen zukünftige derartige Rechtsverletzungen. Daraus ergibt sich, dass eine Verhaltenspflicht des nicht zur präventiven Kontrolle verpflichteten Betreibers, deren Verletzung eine Wiederholungsgefahr begründen kann, erst nach Erlangung der Kenntnis von der Rechtsverletzung entstehen kann (BGH GRUR 2015, 1129 Tz. 42 – Hotelbewertungsportal m.w.N.). Wie ausgeführt, fehlt es an dem erforderlichen Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung.

4. Da der Klägerin der erhobene Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte nicht zusteht, kann sie auch keinen Ersatz der geltend gemachten Abmahnkosten beanspruchen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708, 711 ZPO.

6. Entgegen ersten Überlegungen hat der Senat die Revision nicht nach § 543 ZPO zugelassen, obgleich die Frage, unter welchen Voraussetzungen von einem Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung an einen Betreiber einer Internethandels- oder Bewertungsplattform auszugehen ist, grundsätzliche Bedeutung hat und eine höchstrichterliche Entscheidung hierzu wünschenswert wäre. Diese Frage ist vorliegend indes nicht entscheidungserheblich, da nach den vorstehenden Ausführungen prozessual nicht von einem Vorliegen unwahrer Tatsachen ausgegangen werden kann.

vorgehend:
LG Hamburg, 21. März 2013, Az.: 327 O 494/12

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Jetzt zum Newsletter anmelden!

Erlaubnis zum Versand des Newsletters: Ich möchte regelmäßig per E-Mail über aktuelle News und interessante Entwicklungen aus den Tätigkeitsfeldern der Anwaltskanzlei Hild & Kollegen informiert werden. Diese Einwilligung zur Nutzung meiner E-Mail-Adresse kann ich jederzeit für die Zukunft widerrufen, in dem ich z. B. eine E-Mail an newsletter [at] kanzlei.biz sende. Der Newsletter-Versand erfolgt entsprechend unserer Datenschutzerklärung.

n/a