Urteile aus der Kategorie „Internetrecht“

10. Juli 2017 Top-Urteil

Mögliche Urheberrechtsverletzungen durch Bereitstellen und Betreiben der Online-Filesharing-Plattform „The Pirate Bay“

Totenkopf
Urteil des EuGH vom 14.06.2017, Az.: C-610/15

Der Begriff „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ist dahin auszulegen, dass er unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens die Bereitstellung und das Betreiben einer Filesharing-Plattform im Internet erfasst, die durch die Indexierung von Metadaten zu geschützten Werken und durch das Anbieten einer Suchmaschine den Nutzern dieser Plattform ermöglicht, diese Werke aufzufinden und sie im Rahmen eines „Peer-to-peer“-Netzes zu teilen.

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30. Juni 2017 Top-Urteil

Persönlichkeitsrechtsverletzung durch Speicherung von dynamischen IP-Adressen

visuelle Darstellung von verschiedenen IP-Adressen, die mittels einer fiktiven Lupe gesucht werden
Urteil des BGH vom 16.05.2017, Az.: VI ZR 135/13

a) Die dynamische IP-Adresse, die von einem Anbieter von Online-Mediendiensten beim Zugriff einer Person auf eine Internetseite, die dieser Anbieter allgemein zugänglich macht, gespeichert wird, stellt für den Anbieter ein personenbezogenes Datum im Sinne des § 12 Abs. 1 und 2 TMG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 BDSG dar (Fortführung von EuGH NJW 2016, 3579).

b) § 15 Abs. 1 TMG ist entsprechend Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46 EG dahin auszulegen, dass ein Anbieter von Online-Mediendiensten personenbezogene Daten eines Nutzers dieser Dienste ohne dessen Einwilligung auch über das Ende eines Nutzungsvorgangs hinaus dann erheben und verwenden darf, soweit ihre Erhebung und ihre Verwendung erforderlich sind, um die generelle Funktionsfähigkeit der Dienste zu gewährleisten, wobei es allerdings einer Abwägung mit dem Interesse und den Grundrechten und -freiheiten der Nutzer bedarf (Fortführung von EuGH aaO).

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13. Juni 2017 Top-Urteil

Kein Anspruch der Mutter auf Zugriff des Facebook-Accounts der verstorbenen Tochter

Login Eingabemaske
Urteil des KG Berlin vom 31.05.2017, Az.: 21 U 9/16

Die Mutter einer verstorbenen Minderjährigen hat keinen Anspruch auf den Zugriff des Facebook-Accounts der Tochter. Hierfür wäre die Zustimmung aller Kommunikationspartner erforderlich, die mit der Verstorbenen Kommunikationsinhalte ausgetauscht haben und die nur für diesen eingeschränkten Personenkreis bestimmt waren. Ein solcher Anspruch lässt sich weiter nicht aus dem Recht der elterlichen Sorge oder dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Eltern ableiten. Auch wenn das Gericht Zweifel daran äußerte, ob höchstpersönliche Rechtspositionen überhaupt vererbbar seien, sofern sie keine vermögensrechtlichen Auswirkungen haben, blieb die Frage, ob die Eltern nach dem Tod ihres Kindes als Erben in einen mit Facebook geschlossenen Vertrag eintreten, offen.

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16. Mai 2017 Top-Urteil

Dynamische IP-Adressen sind personenbezogene Daten

IP-Adresse auf Glastafel
Pressemitteilung Nr. 74/2017 des BGH zum Urteil vom 16.05.2017, Az.: VI ZR 135/13

Dynamische IP-Adressen, die ein Dienstanbieter beim Zugriff auf eine Internetseite, die vom Anbieter allgemein zugänglich gemacht ist, gespeichert werden, sind für den Anbieter personenbezogene Daten. Als personenbezogene Daten dürfen IP-Adressen über das Ende eines Nutzungsvorgangs hinaus nur dann ohne die Einwilligung des Nutzers dieser Dienste erhoben und verwendet werden, sofern dies erforderlich ist, um die grundsätzliche Funktionsfähigkeit der Mediendienste zu gewährleisten. Hierzu muss jedoch eine Interessenabwägung mit den Grundrechten der Nutzer stattfinden. Unter dynamischen IP-Adressen versteht man Ziffernfolgen, die Computern bei jeder Einwahl ins Internet zugewiesen werden.

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02. Mai 2017 Top-Urteil

AIDA Kussmund – Panoramafreiheit auch für Kreuzfahrtschiffe

Kreuzfahrtschiff im Meer vor Venedig
Pressemitteilung Nr. 56/2017 des BGH zum Urteil vom 27.07.2017, Az.: I ZR 247/15

Das Anfertigen und die öffentliche Wiedergabe einer Fotografie, welche ein urheberrechtlich geschütztes Werk zeigt, das sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befindet, ist unter dem Grundsatz der sog. „Panoramafreiheit“ gem. § 59 Abs. 1 S. 1 UrhG zulässig. „Bleibend“ bedeutet dabei grundsätzlich nicht „ortsfest“. Vielmehr ist diese Voraussetzung auch für solche Werke erfüllt, die sich nacheinander für einen längeren Zeitraum an verschiedenen öffentlichen Orten befinden. Von der Panoramafreiheit sind demnach auch Kreuzfahrtschiffe umfasst (hier: AIDA Kussmund).

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02. Mai 2017 Top-Urteil

Betreiber eines Preisvergleichsportals muss Verbraucher über Provisionsabsprachen informieren

Frauenhand übergibt Männderhand einen mit Geldscheinen gefüllten Umschlag mit der Aufschrift "Bonus"
Pressemitteilung Nr. 57/2017 des BGH zum Urteil vom 27.04.2017, Az.: I ZR 55/16

Kann ein Verbraucher bei einem Online-Preisvergleichsportal nach gewünschten Leistungen filtern und erhält daraufhin entsprechende Anbieter angezeigt, so geht er – sofern er keinen gegenteiligen Hinweis erhält - grundsätzlich davon aus, dass diese Liste weitgehend dem im Internet verfügbaren Marktumfeld entspricht. Werden tatsächlich allerdings nur solche Anbieter berücksichtigt, mit denen der Betreiber des Preisvergleichsportals für den Fall eines Vertragsschlusses eine Provisionszahlung vereinbart hat, so stellt dies eine Irreführung dar. Das Vorenthalten einer solchen Information stellt dabei eine wesentliche Information im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG dar. Erfolgt ein entsprechender Hinweis lediglich im Geschäftskundenbereich der Internetseite, so ist dies jedenfalls nicht ausreichend.

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05. April 2017 Top-Urteil

Eigenmächtige Änderung einer Bewertung durch Portal-Betreiber führt zur eigenen Haftung als Störer

Ein Bleistift wird mit der Radiergummi-Seite auf ein beschriebenes Papier gedrückt, um zu korrigieren
Pressemitteilung Nr. 49/2017 des BGH zum Urteil vom 04.04.2017, Az.: VI ZR 123/16

Wird der Betreiber eines Online-Bewertungsportals dazu aufgefordert, eine Bewertung über eine Klinik zu entfernen und ändert er diese daraufhin eigenmächtig ab, so macht er sich die veröffentlichte Aussage zu Eigen und haftet im Falle von Rechtsverletzungen als Störer. Sind die so veröffentlichten Tatsachenbehauptungen zudem unwahr bzw. basieren die Meinungsäußerungen auf unwahrer Tatsachengrundlage und beinhalten einen unwahren Tatsachenkern, so kann der Portalbetreiber auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Denn in der Entscheidung, welche Teile der Bewertung er entfernt, abändert oder bestehen lässt, übernimmt der Betreiber die Verantwortung für den Inhalt der Äußerung, insbesondere wenn er nicht einmal mit dem ursprünglichen Verfasser Rücksprache hält.

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04. April 2017 Top-Urteil

Filesharing über den Familienanschluss: Eltern haften für ihre Kinder sofern sie diese nicht als Täter benennen

Eine vierköpfige Familie - Vater, Mutter, Sohn, Tochter - sitzt auf einem Sofa vor dem Laptop
Pressemitteilung Nr. 46/2017 des BGH zum Urteil vom 30.03.2017, Az.: I ZR 19/16

Werden Eltern als Inhaber eines Internetanschlusses wegen einer darüber begangenen Rechtsverletzung in Anspruch genommen, obwohl sie diese nicht selbst begangen haben, so können sie sich einer Haftung nur entziehen, wenn sie ihrer sekundären Darlegungspflicht nachkommen. Dieser genügen sie jedenfalls dann nicht, wenn sie die Täterschaft lediglich bestreiten und zudem angeben, sie wüssten, welches ihrer volljährigen Kinder die Rechtsverletzung über den Familienanschluss begangen habe, den Täter aber nicht preisgeben. Zwar ist in einem solchen Fall der besondere grundrechtliche Schutz der Familie zu achten; erlangen die Eltern allerdings im Rahmen der ihnen obliegenden Nachforschungen Kenntnis über den Täter, so sind sie dazu verpflichtet, diesen auch zu nennen. Anderenfalls trifft sie die Haftung selbst.

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06. Februar 2017 Top-Urteil

Per E-Mail geschlossene Maklerverträge fallen unter das Fernabsatzrecht

Vertragsschluss mit Handschlag über Hausmodell
Urteil des BGH vom 07.07.2016, Az.: I ZR 30/15

a) Übermittelt der Immobilienmakler einem Kaufinteressenten ein Exposé, das ein eindeutiges Provisionsverlangen enthält, liegt darin ein Angebot auf Abschluss eines Maklervertrags. Dieses Angebot nimmt der Kaufinteressent bereits an, wenn er den Makler um die Vereinbarung eines Besichtigungstermins bittet. Der Vertragsschluss erfolgt in einem derartigen Fall nicht erst, wenn der Kaufinteressent den Besichtigungstermin mit dem Makler wahrnimmt.

b) Ist die Übersendung des Exposés per E-Mail erfolgt und hat der Kaufinteressent den Besichtigungstermin fernmündlich vereinbart, ist der Maklervertrag unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande gekommen. Für auf diese Weise zustande gekommene Maklerverträge bestand nach § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB aF ein Widerrufsrecht nach den Regelungen des Fernabsatzrechts, wenn der Vertrag im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- und Dienstleistungssystems abgeschlossen wurde.

c) Ein Immobilienmakler nutzt ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- und Dienstleistungssystem, wenn er auf einem Onlinemarktplatz (hier: "ImmobilienScout24") von ihm vertriebene Immobilien bewirbt, den Kontakt zu seinen Kunden auf elektronischem oder telefonischem Weg herstellt und der Vertrag in dieser Weise zustande kommt. Es kommt nicht darauf an, dass die Durchführung eines solchen Maklervertrags nicht auf elektronischem Wege erfolgt.

d) Das Widerrufsrecht bei vor dem 13. Juni 2014 im Wege des Fernabsatzes geschlossenen Maklerverträgen erlischt mit Ablauf des 27. Juni 2015, wenn der Makler den Verbraucher über das Widerrufsrecht nicht belehrt hat.

e) Hat der Makler den Verbraucher nicht darauf hingewiesen, dass er nach einem erklärten Widerruf Wertersatz für bereits erbrachte Dienstleistungen zu leisten habe, steht ihm hierfür kein Wertersatzanspruch gemäß § 312e Abs. 2 BGB aF zu.

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02. Januar 2017 Top-Urteil

„Sofortüberweisung“ stellt gängiges und zumutbares Zahlungsmittel dar

Kreditkarte liegt unter einem Zahlen-Vorhängeschloss auf einer Tastatur; Online-Banking
Urteil des OLG Frankfurt a. M. vom 24.08.2016, Az.: 11 U 123/15 (Kart)

Stellt ein Online-Händler seinen Kunden nur ein einziges kostenfreies Zahlungsmittel zur Verfügung, so muss dieses ein sowohl gängiges als auch zumutbares Zahlungsmittel darstellen, wobei ein gängiges Zahlungsmittel wie die „Sofortüberweisung“ grundsätzlich auch zumutbar ist. An der Zumutbarkeit fehlt es nicht schon deshalb, weil bei der „Sofortüberweisung“ die Eingabe der persönlichen PIN und TAN in die Eingabemaske eines Zahlungsauslösungsdienstes und damit die Angabe sensibler Daten erforderlich ist. Denn das damit verbundene erhöhte Risiko des Datenmissbrauchs sei auf die zusätzlichen abstrakten Gefahren des Online-Handels im Vergleich zum stationären Handel zurückzuführen und dem Verbraucher zuzumuten, da er den ‚Ort‘ seines Einkaufs und die damit verbundenen Gefahren selbst wählt.

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