Urteile aus der Kategorie „Entscheidungen“

22. August 2023

Amazon muss Kunden nicht unbedingt eine Telefonnummer zur Verfügung stellen

Zeichnung von drei Menschen, die vor einem Laptop stehen, auf dem ein Support-Mitarbeiter mit Headset abgebildet ist
PM Nr. 89/19 zum Urteil des EuGH vom 10.07.2019, Az.: C-649/17

Online-Händler wie Amazon sind nicht verpflichtet, ihren Kunden vor Vertragsabschluss eine Telefonnummer zur Kontaktaufnahme zur Verfügung zu stellen oder gar neu einzurichten. Trotzdem muss der Unternehmer eine direkte und effiziente Kommunikation gewährleisten. Dazu können auch andere Kommunikationsmittel bereitgestellt werden, wie beispielsweise ein elektronisches Kontaktformular, einen Internet-Chat oder ein Rückrufsystem.

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22. August 2023

Wegen massiven Nachteilen- Kontrollunterlagen dürfen nicht weitergegeben werden

Stempel - Eilt sehr
Beschluss des VG Hamburg vom 27.05.2019, Az.: 20 E 934/19

Eine Behörde darf vorerst wegen einem erfolgreichen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz keine Unterlagen über lebensmittelrechtliche Betriebsprüfungen an Dritte weitergeben. Denn die mögliche Veröffentlichung der Ergebnisse auf einer dafür eingerichteten Internetseite könnte den Ruf des Betriebs massiv und nachhaltig schädigen. Der durchschnittliche Nutzer der Seite erkennt nämlich unter Umständen nur schwer, dass die Internetseite nicht vom Staat selbst, sondern von privaten Antragsstellern ihre Beiträge erhält. Die Seite ist auch nicht verpflichtet die Behebung der betrieblichen Mängel zu melden und die Berichte bleiben für immer in einem Archiv abrufbar, was den Rufschaden des Betriebs noch erhöht. Somit fällt die Interessenabwägung für den Betrieb und gegen das öffentliche Interesse aus.

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22. August 2023

Kunden der Online-Ticketbörse Viagogo in Zukunft besser geschützt

Zwei schwarz-goldene Tickets
Pressemitteilung Nr. 08/2019 zum Urteil des LG München I vom 04.06.2019, Az.: 33 O 6588/17

Bewirbt eine Ticketplattform ihre Angebote damit, dass die Lieferung „gültiger Tickets“ garantiert wird, stellt dies eine Irreführung dar, wenn das Ticket in Wirklichkeit kein Recht zum Besuch der Veranstaltung verschafft. Darüber hinaus muss der Käufer über die Identität und die Anschrift des Verkäufers informiert werden, da es sich hierbei um vertragswesentliche Informationen handelt. Dabei ist zu beachten, dass Identität und Anschrift eines privaten Anbieters wegen des eingeschränkten Anspruchs auf Anonymität nach § 13 Abs. 6 TMG – anders als für unternehmerische Anbieter - erst unmittelbar nach dem Vertragsabschluss mitzuteilen sind.

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22. August 2023

Lichtbildwerke dürfen ohne Nutzungsberechtigung nicht auf anderen Online-Verkaufsplattformen veröffentlicht werden

Ordner mit Aufschrift Urherberrecht
Urteil des LG München I vom 20.02.2019, Az.: 37 O 22800/16

Die Frage, ob in einem konkreten Fall Lichtbildwerke, für die keine Nutzungsberechtigung vorliegt, auf anderen Online-Verkaufsplattformen verwendet und somit veröffentlicht werden dürfen, ist unter Berücksichtigung des §19a UrhG zu beurteilen.

Demnach hat die Beklagte die Zugänglichmachung bewirkt, indem sie die Lichtbildwerke in ihrer Zugriffsphäre zum Abruf bereitgehalten hat und außerdem das Sichtbarmachen über den Aufruf der Produktdetailseiten auf der Plattform ermöglicht hat.

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22. August 2023

Die Bezeichnung einer Rohwurst als „glutenfrei“ ist irreführend

Schild "glutenfrei" auf Weizenkörnern
Beschluss des OVG Lüneburg vom 01.07.2019, Az.: 13 LA 11/19

Eine Rohwurst darf nicht als „glutenfrei“ beworben werden, da dies eine irreführende Werbung mit Selbstverständlichkeiten im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Buchst. c Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) darstellt. Die Glutenfreiheit kann nicht als besondere Eigenschaft ausgelobt werden, da derartige Wursterzeugnisse in der Regel immer glutenfrei sind. Die Bezeichnung als „glutenfrei“ weckt beim durchschnittlichen Verbraucher den Eindruck, dass die Wurst im Vergleich zu Produkten der Konkurrenz besonders gesund sei.

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16. August 2023 Top-Urteil

Fotos eines Entführungsopfers dürfen nicht ohne Einwilligung gezeigt werden

Recht am eigenen Bild
Urteil des BGH vom 06.06.2023, Az.: VI ZR 309/22

Der BGH hob das Urteil des OLG Köln vom 17.03.2022 auf und stellte fest, dass das Interesse des Opferschutzes eines Entführungsopfers dem der Berichterstattung überwiege. Die beklagte Rundfunkanstalt hatte Fotos, Audiomitschnitte und Ausschnitte einer Illustrierten in einem Filmbeitrag über die Entführung eines Mädchens aus dem Jahre 1981 verwendet, ohne eine erneute Einwilligung des mittlerweile erwachsenen Opfers einzuholen. Der BGH erkannte nun, dass es sich nach einer so langen Zeit nicht mehr durch den Begriff des "Zeitgeschehens" rechtfertigen lasse, einen derartigen Eingriff hinnehmen zu müssen. Er erkannte zwar eine fachgerechte Verwendung sowie eine grundsätzliche Schutzbedürftigkeit der Interessen der Beklagten, es sei aber nicht hinzunehmen, dass die ursprüngliche Freigabe der Bilder durch die Eltern nicht auf diese Verwendung gerichtet war. Außerdem räumte der BGH ein, dass Opfer einer Straftat nach einem gewissen Zeitablauf selbst über die Verwendung ihrer Fotos entscheiden darf.

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31. Juli 2023

Selbstabholung und anschließende Verwertung eines vermieteten Fahrzeugs ist verbotene Eigenmacht

Auto und Autoschlüssel auf Fahrzeugbrief
Urteil des OLG Frankfurt am Main vom 25.05.2023, Az.: 2 U 165/21

Das OLG Frankfurt am Main bestätigte die Annahme des LG Frankfurt am Main vom 14.10.2021, dass es sich bei dem eigenmächtigen Abholen eines vermieteten Fahrzeugs durch den Vermieter infolge des Zahlungsverzugs um verbotene Eigenmacht i.S.d. §§ 858, 862 BGB handelt. Die Beklagte bietet ein sogenanntes „Cash & Drive“-Modell an, bei dem Personen, die sich in finanzieller Notlage befinden und wenig kreditwürdig sind, ihr Auto an das Pfandleihhaus gegen Bargeld verkaufen können und gleichzeitig einen befristeten Mietvertrag zur weiteren Nutzung ihres Fahrzeugs abschließen. Die in den AGB zum Mietvertrag enthaltenen Klauseln sehen vor, dass die Vermieterin dazu berechtigt ist - bei ausbleibender Zahlung oder Ende des Mietverhältnisses - das Fahrzeug eigenmächtig und ohne Ankündigung abholen zu lassen, um es im Anschluss zu verwerten. Diese Bestimmungen sind laut den Gerichten wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam. Die Klägerin kann daher Schadensersatz von der Beklagten aufgrund der Wegnahme des Fahrzeugs sowie Nutzungsentschädigung wegen der Vorenthaltung verlangen.

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25. Juli 2023

Verwechslungsgefahr bei unzulässiger Angebotsbezeichnung im Internet

Weißer Einkaufswagen mit Währungssymbolen über einer Skyline einer Großstadt
Urteil des LG Hamburg vom 11.05.2023, Az.: 327 O 188/22

In dem Rechtsstreit zwischen der Klägerin, Inhaberin einer Marke, und der Beklagten, ein niederländisches Bekleidungsunternehmen, welches ohne die Zustimmung der Klägerin Schuhe unter dem Zeichen der Marke angeboten hat, entschied das LG Hamburg, es bestehe eine Verwechslungsgefahr für den allgemeinen Verkehr. Es könnte davon ausgegangen werden, es handle sich bei dem angebotenen Produkt auf der Website, um eine Kooperation zwischen den Beteiligten. Es muss geprüft und sicher gestellt werden, dass gerade auch die englischsprachige Version eines Angebots, die Bezeichnung einer fremden Marke nicht enthält. Ausgehend von einem Erstverstoß einer durchschnittlich kennzeichnungskräftigen Marke, die nicht ausgesprochen bekannt sein dürfte, empfand das Gericht die geforderte Strafe, trotz Zustimmung der Klägerin, zu hoch.

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14. Juli 2023 Top-Urteil

Journalisten nicht grundsätzlich zum Quellschutz verpflichtet

Würfel die Presse buchstabieren auf Zeitschrift
Beschluss des LG Berlin vom 06.06.2023, Az.: 67 O 36/23

Das LG Berlin entschied, dass die Preisgabe einer Quelle durch einen Journalisten, ohne eine ausdrückliche Genehmigung des Informanten, nicht zu einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts führt, soweit es sich um wahre Tatsachenbehauptungen handelt, die Dritten zur Meinungsbildung dienen können. Etwas gegenteiliges wäre nur gerechtfertigt, wenn eine Pflicht zur Geheimhaltung und eine damit verbundene Pflicht zur Zeugnisverweigerung besteht. Eine solche gesetzliche Pflicht existiert für Journalisten jedoch ausdrücklich nicht. Journalisten sind nur mit einer vorherigen Geheimhaltungsvereinbarung zum Quellenschutz verpflichtet, daraus folgend müssen Informanten eines Print- oder sonstigen Mediums mit der Veröffentlichung, der überlassenen Informationen und ihrer eigenen Enttarnung, rechnen.

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10. Juli 2023

Prozessfinanzierer bei Gewinnabschöpfungsprozessen rechtsmissbräuchlich

Schild der Verbraucherzentrale
Urteil des OLG Düsseldorf vom 04.07.2019, Az.: 2 U 46/18

Die Führung eines Gewinnabschöpfungsprozesses durch einen Verbraucherverband mithilfe eines Prozessfinanzierers stellt eine unzulässige Rechtsausübung gemäß des § 242 BGB dar. Der Prozessfinanzierer, der den Prozess durch sein Kapital erst ermöglicht, würde nämlich im Falle des Erfolges der Klage einen Teil des Gewinns erhalten. Folglich würden die Interessen der geschädigten Verbraucher hinter den sachfremden Motiv der Einnahmeerzielung des Prozessfinanzierers zurückfallen und dieser würde de facto durch sein Kapital entscheiden, welche Prozesse überhaupt geführt werden. Der Darstellung des Verbraucherverbandes, ein Prozessfinanzierer sei gegen die Überlegenheit eines Großunternehmens nötig, widerspricht das Gericht mit dem Verweis auf die Möglichkeit der Streitwertherabsetzung.

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