Urteile aus der Kategorie „Persönlichkeitsrecht“

16. Dezember 2022

Tonaufnahme von Polizeieinsätzen nicht strafbar bei faktischer Öffentlichkeit

Polizeibeamter überwacht Menschenmenge
Urteil des OLG Düsseldorf vom 04.11.2022, Az.: 3 RVs 28/22

Das Aufnehmen von Polizeieinsätzen kann gem. § 201 StGB unter Strafe gestellt werden, wenn das aufgenommene Wort „nichtöffentlich“ ist. Entscheidend für das Merkmal der Nichtöffentlichkeit ist, dass der Zuhörerkreis abgeschlossen ist und die Reichweite der Äußerung kontrollierbar ist. Anwesende, die den Polizeieinsatz mitbekommen, ohne dass die Polizisten etwas davon wissen, könnten eine faktische Öffentlichkeit begründen. Für Polizisten, die während einer Demonstration, auf einem Platz, der von Versammlungsteilnehmern und Passanten frequentiert war, muss damit zu rechnen gewesen sein, dass sie von Dritten gehört werden. Eine faktische Öffentlichkeit lag damit vor.

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21. Juli 2022

Pizzeria darf sich nicht „Falcone“ nennen

Mafia-Mann mit großem Hut und Mantel in schwarz-weiß
Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main zum Urteil vom 07.07.2022, Az.: 6 U 211/20

Die Schwester des verstorbenen italienischen Richters Giovanni Falcone, der dafür bekannt war mit Paolo Borsellino gegen organisierte Kriminalität in Italien vorgegangen zu sein, klagte gegen eine Pizzeria mit dem Namen „Falcone & Borsellino“. Die Pizzeria nutzte zur Dekoration und Werbung die Namen, sowie Bilder der Verstorbenen und auch solche aus dem Film „Der Pate“. Die Speisekarte war mit Einschusslöchern versehen. Im Wege eines Versäumnisurteils verpflichtete das OLG die Beklagte es zu unterlassen den Namen „Falcone“ mit Mafia-Bezug für ihr Geschäft zu nutzen. Gestützt wurde dies auf das von der Klägerin vorgebrachte Namensrecht und das postmortale Persönlichkeitsrecht.

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07. Juli 2023

Videoüberwachung berechtigt zur fristlosen Kündigung

Kamera die in der Ecke eines Zimmers montiert ist
Urteil des AG München vom 28.05.2019, Az.: 432 C 2881/19

Das Anbringen einer Videoüberwachungskamera im Hausflur, insbesondere vor dem Zimmer eines Untermieters, berechtigt diesen zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses. Denn die ständige Überwachung des Flurs, der auch das Zimmer des Untermieters mit Küche und Bad verbindet, verletzt dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht erheblich. Dem Untermieter kann hier nicht zugemutet werden die Kündigungsfrist bis zur regulären Beendigung des Mietverhältnisses durch ordentliche Kündigung abzuwarten. Eine Klausel in den AGB des Mietvertrages spricht außerdem nur von einer Kamera im Freien, nicht in der Wohnung selbst. Eine vorherige Abmahnung durch den Untermieter war nicht nötig, da die Weigerung des Vermieters die Kamera zu entfernen deutlich die Erfolglosigkeit dessen gezeigt hatte.

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13. März 2023 Top-Urteil

Polizei darf Daten nicht grundsätzlich automatisiert auswerten – Regelungen in Hamburg und Hessen nicht rechtmäßig!

Urteil des BVerfG vom 16.02.2023, Az.: 1 BvR 1547/19, 1 BvR 2634/20

Werden gespeicherte Datenbestände mittels einer automatisierten Anwendung zur Datenanalyse oder -auswertung verarbeitet, greift dies in die informationelle Selbstbestimmung aller ein, deren Daten bei diesem Vorgang personenbezogen Verwendung finden. Dementsprechend sind Regelungen der Länder, welche die erneute Auswertung bereits erhobener Daten uneingeschränkt und zur vorbeugenden Straftatenbekämpfung erlauben - also ohne akute Gefahr -, nicht zulässig. Zur Entscheidung wurden landesrechtliche Ermächtigungen der Länder Hessen und Hamburg genommen und im Ergebnis für nichtig erklärt.

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01. April 2022

Unrechtmäßige Wort- und Bildberichterstattung im Dieselskandal bestätigt

Automechaniker beim Begutachten einer Autoabgasanlage
Urteil des BGH vom 16.11.2021, Az.: VI ZR 1241/20

Der BGH musste in letzter Instanz über die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und eine Unterlassungsklage des ehemaligen Leiters der Motorentwicklung bei der Audi AG gegenüber der Herausgeberin der Internetseite des Spiegels entscheiden. Die Beklagte veröffentlichte 2017 einen Artikel über die strafrechtliche Verfolgung des Klägers im Zusammenhang mit dem Dieselskandal, ohne dessen Statement einzuholen. Außerdem beinhaltete der Artikel ein unzensiertes Foto des Klägers. Der Kläger macht daraufhin einen Unterlassungsanspruch gegen die Verwendung seines Fotos in Verbindung mit der unzulässigen Berichterstattung geltend und einen Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht. Die Beklagte argumentiert dagegen, es handele sich um eine zulässige Verdachtsberichterstattung. Hierfür hätte die Klägerin allerdings die Stellungnahme des Klägers einholen müssen, was nicht geschehen ist. Die Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

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23. August 2023

Schüler fotografiert seinen Lehrer – schriftlicher Schulverweis rechtmäßig?

Mann fotografiert aus dem Auto
Pressemitteilung des VG Berlin zum Urteil vom 21.07.2023, Az.: VG 3 K 211/22

In Berlin hatte das Verwaltungsgericht zu entscheiden, ob ein schriftlicher Schulverweis eine rechtmäßige Maßnahme der Schule ist, wenn der Schüler Fotoaufnahmen von einem Lehrer ohne dessen Einverständnis angefertigt und innerhalb der Schule verbreitet hat. Laut dem Verwaltungsgericht beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle wegen eines pädagogischen Beurteilungsspielraums der Schule darauf, ob der Sachverhalt zutreffend ermittelt und die Grenzen der Verhältnismäßigkeit eingehalten wurden. Im Ergebnis sei ein schriftlicher Verweis als mildeste Maßnahme verhältnismäßig, da der Schüler sowohl die Hausordnung als auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Lehrers verletzt habe. Überdies zeige sich der Schüler uneinsichtig.

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30. Dezember 2022 Top-Urteil

Pflicht für Suchmaschinen zur Löschung von nachweislich falschen Inhalten

Hände tippen auf Laptop, auf dessen Bildschirm Google geöffnet ist.
Urteil des EuGH vom 08.12.2022, Az.: C‑460/20

Die DSGVO sieht vor, dass ein Recht auf Löschung ausgeschlossen ist, wenn andere Grundrechte überwiegen, sowie das Recht auf freie Information, weshalb grundsätzlich eine Abwägung vorzunehmen ist. Das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten überwiegt aber in jedem Fall, wenn es sich um falsche Tatsachen handelt. Den Nachweis für die Unrichtigkeit des Inhalts muss die betroffene Person erbringen. Eine gerichtliche Entscheidung, die dies feststellt, ist als Nachweis nicht erforderlich. Die Anzeige von Vorschaubildern, die die betroffene Person zeigen, stellt einen besonders starken Eingriff in das Recht auf den Schutz des Privatlebens. Es ist auch hier eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen, wobei der Kontext der Veröffentlichung bei der Bewertung des Informationswertes unberücksichtigt bleiben soll.

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28. April 2022

Abgrenzung von Meinungsäußerung und Tatsachenbehauptung

Richterin schlägt mit Richterhammer auf den Tisch
Urteil des OLG Frankfurt a. M. vom 10.02.2022, Az.: 16 U 87/21

Bei der Frage, ob eine Aussage als Meinungsäußerung oder als Tatsachenbehauptung zu bewerten ist, kommt es auf den objektiven Gehalt der Aussage im Gesamtkontext an. Im konkreten Fall ging es um die Deutung bzw. Wiedergabe eines Gedichts. Die Klägerin, die das Gedicht ursprünglich in den sozialen Medien geteilt hatte, fühlte sich durch eine Äußerung der Beklagten, die diese in Bezug auf das Gedicht getätigt hatte, in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt. Das OLG Frankfurt am Main stellte jedoch klar, dass sich die Aussage der Beklagten als Deutung des Gedichts und damit als Meinungsäußerung darstellt, weshalb der Klägerin ein Unterlassungsanspruch nicht zustehe.

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02. März 2022

Auch scharf formulierte Kritik ist nicht rechtswidrig

Bewertung mit einem Stern auf blauem Hintergrund
Urteil des OLG Schleswig-Holstein vom 16.02.2022, Az.: 9 U 134/21

Ein Immobilienmakler ging vor Gericht gegen eine kritische Internetbewertung über ihn selbst vor. In dieser wurde er u.a. als „arrogant und wenig hilfsbereit“ beschrieben. Das OLG entschied jedoch, dass diese Bewertung nicht rechtwidrig sei. Es handelte sich bei der Bewertung um eine Äußerung, die von der Meinungsfreiheit geschützt ist und diese hat bei einer Interessenabwägung gegenüber dem Schutz des sozialen Geltungsanspruchs des Maklers überwogen. Außerdem sei laut Gericht zu bedenken, dass der Makler aktiv den Auftritt im Online-Bewertungsportal gesucht hat, weswegen Kritik in gewissen Maßen auch „ertragen“ werden muss.

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18. Juli 2022

Besteht ein Anspruch auf Löschung eines Presseartikels, so entsteht auch ein Anspruch auf Löschung seiner Gegendarstellung

Zeitung auf Laptop
Urteil des BGH vom 28.09.2021, Az.: VI ZR 1228/20

Der BGH hatte vorliegend zu entscheiden, ob eine Person, die erfolgreich einen Anspruch auf Löschung eines rechtswidrigen Presseartikels aus einem Online-Portal erwirkt hat, auch einen Anspruch auf Löschung der eigenen Gegendarstellung hat. Dies bejahte der Gerichtshof mit der Begründung, dass ansonsten das Persönlichkeitsrechts des Betroffenen unterlaufen werden würde. Die Gegendarstellung ist nämlich stets an die Erstmitteilung in der Presse gebunden. Muss die Erstmitteilung gelöscht werden, so muss auch die Gegendarstellung gelöscht werden.

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