Urteile aus der Kategorie „Urteile“

22. Juni 2023 Top-Urteil

Die Vergütungregelungen der Arbeit von Strafgefangenen in Bayern und Nordrhein-Westfalen sind verfassungswidrig

Geld Münzen und Scheine
Urteil des BVerfG vom 20.06.2023, Az.: 2 BvR 166/16 und 2 BvR 1683/17

In einer Grundsatzentscheidung stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass die Regelungen über die Vergütung von Strafgefangenen in den Bundesländern Bayern und Nordrhein-Westfalen verfassungswidrig sind, da sie gegen das Resozialisierungsgebot (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) verstoßen. Damit bekamen zwei Häftlinge aus den jeweiligen Bundesländern, die Verfassungsbeschwerde gegen den geringen Lohn von ca. 2€ pro Stunde eingelegt hatten, Recht. Diese Entscheidung basiert auf der Feststellung, dass es dem Gebot der Resozialisierung entgegenwirke, wenn die Gefangenen keine bzw. eine zu geringe Wertschätzung für ihre verrichtete Arbeit bekommen. Das BVerfG weist in seinem Urteil darauf hin, dass der Gesetzgeber hier dringend nachbessern und ein "in seiner Gesamtheit schlüssiges Resozialisierungskonzept" entwerfen müsse, wofür eine Frist bis zum 30.06.2025 festgelegt wurde. Dabei sollen vor allem der Zweck der Gefangenenarbeit und damit der Vergütung geregelt sein, wobei diese auf die Erreichung des Zwecks abgestimmt sein muss.

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20. Juni 2023

Auslistungsbegehren gegen Online-Suchmaschine Google – ohne weiteres durchsetzbar?

Laptop mit Google Suche
Pressemitteilung des BGH zum Urteil vom 23.05.2023, Az.: VI ZR 476/18

Dem Begehren einer Person, Inhalte über sich auf der Online-Suchmaschine "Google" löschen zu lassen, muss der Betreiber der Plattform nur nachkommen, wenn der Begehrende relevante und hinreichende Nachweise vorlegen kann, die beweisen, dass zumindest ein nicht unbedeutender Teil der veröffentlichten Informationen unrichtig ist. Insofern stimmt der Bundesgerichtshof den Vorinstanzen zu. Sofern Fotos der betroffenen Personen als Vorschaubilder für die entsprechenden Artikel angezeigt werden, besteht laut BGH ein Recht auf deren Auslistung, sofern diese ohne jeglichen Kontext veröffentlicht wurden. Diesbezüglich widersprach der Bundesgerichtshof dem Landgericht.

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19. Juni 2023 Top-Urteil

Drohnenaufnahmen sind nicht von der Panoramafreiheit gedeckt

Mann mit Drohne im Sonnenuntergang
Urteil des OLG Hamm vom 27.04.2023, Az.: 4 U 247/21

Nach der Berufung der Beklagten stimmte auch das OLG Hamm der erstinstanzlichen Entscheidung des LG Bochum zu, dass es sich bei den veröffentlichen Bildern der Kunstwerke um Verstöße gegen das urheberrechtlich geschützte Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht handelt, wobei der Eingriff auch nicht durch die Einschränkung der "Panoramafreiheit" gedeckt ist. Hierfür fehlt das, durch den BGH in der "AIDA Kussmund"-Entscheidung herausgearbeiteten, Merkmal, dass die Perspektive der Drohnenaufnahmen nicht "von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen" einsehbar ist. Weiterhin bestätigte das OLG, dass grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch bestehe, dieser aber geringer ist, als vom LG Bochum angenommen.

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02. Juni 2023

Gemeinschaftspraxis bestehend aus zwei Ärzten wird als medizinisches „Zentrum“ geführt – unlauter und irreführend?

Arzt mit Stethoskop
Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main zum Urteil vom 11.05.2023, Az.: 6 U 4/23

Das OLG Frankfurt am Main entschied in zweiter Instanz, dass die Bezeichnung einer Gemeinschaftspraxis als "Zentrum für ästhetische und plastische Chirurgie" nicht irreführend und unlauter ist, auch wenn sich diese nur aus zwei Ärzten zusammensetzt. Zwar erwarte die Allgemeinheit bei einer solchen Bezeichnung eine personelle Struktur, die über vergleichbare Durchschnittsunternehmen hinausgehe, allerdings sei zumindest im medizinischen Bereich keine erforderliche Mindestgröße vonnöten. Insbesondere wegen dem häufigen Auftreten medizinischer Versorgungszentren sei der Bürger an solche Begrifflichkeiten gewöhnt. Dies wirke der Auffassung entgegen, dass es sich dabei um überdurchschnittlich große Praxen handeln muss.

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01. Juni 2023

Kein Unterlassungsanspruch bei unzulässiger Übermittlung von Daten an Drittdienste

Würfel mit Paragraphenzeichen und DSGVO Gesetzesbezeichnung auf Tastatur
Urteil des OLG Frankfurt vom 30.03.2023, Az.: 16 U 22/22

Das OLG Frankfurt entschied, dass in der Übermittlung von Daten an Dritte bei Aufruf eines Online Shops kein Unterlassungsanspruch aus Art. 17 DSGVO besteht und insoweit auch keine Verletzung gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung vorliegt. Lediglich kann die Löschung solcher personenbezogenen Daten verlangt werden. Eine Ausnahme auf einen Unterlassungsanspruch aus Art. 82 DSGVO ergibt sich nur, wenn der Betroffene einen konkreten Schaden erlitten hat. Das Gericht wies aufgrund des Vorrangs der DSGVO Unterlassungsansprüche aus dem nationalen Recht ebenfalls zurück.

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01. Juni 2023 Top-Urteil

Jetzt doch Ansprüche wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen?!

Auspuff eines Autos
Urteil des EuGH vom 21.03.2023, Az.: C-100/21

Nach langem hin- und her hat der EuGH nun überraschend entschieden: der Schadensersatz gegen Automobilhersteller wegen der Verwendung von Abschalteinrichtungen darf nicht auf null hinauslaufen. Es bleibt abzuwarten, wie die deutschen Gerichte auf diese Entscheidung reagieren; Betroffene dürfen also wieder hoffen.

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15. Mai 2023

Kein Unterlassungsanspruch wegen dynamischer Einbindung von Google-Fonts

Untereinandergereihte Auflistung von IP-Adressen.
Urteil des LG Müchen I vom 30.03.2023, Az.: 4 O 13063/22

Die dynamische Einbindung von Google-Fonts verletzt nur dann das informationelle Selbstbestimmungsrecht, wenn eine tatsächliche persönliche Betroffenheit gegeben ist. Die Webseite muss persönlich aufgerufen worden sein, um persönlich eine Verärgerung bzw. Verunsicherung wegen der Übertragung der IP-Adresse in die USA verspüren zu können. Auch erforderlich für einen Schmerzensgeldanspruch ist zumindest, dass der Betroffene wusste, dass die IP-Adresse übertragen wird, da dieser sonst überhaupt keine Angstgefühle diesbezüglich verspüren konnte.

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08. Mai 2023 Kommentar

Gespeicherte Inhalte im Internetarchiv archive.org stellen keine Werbung dar

Internetdomain in Browserfenster.
Kommentar zum Urteil des LG Karlsruhe vom 16.02.2023, Az.: 13 O 2/23 KfH

In einem Rechtsstreit vor dem LG Karlsruhe entschied das Gericht, das durch aufrufbare Inhalte im Internetarchiv (archive.org), die unterlassungsbeschwert sind, keine Verletzung einer Unterlassungsverpflichtung vorliegt und damit auch keine Vertragsstrafe gefordert werden kann. Im Internetarchiv auffindbare Inhalte stellen nämlich keine Werbung dar.

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08. Mai 2023 Top-Urteil

„Ei, Ei, Ei, Ei, Ei“ verletzt keine Markenrechte

Eierlikörflasche neben vollen Gläsern und Eierschalen
Urteil des OLG Düsseldorf vom 27.04.2023, Az.: 20 U 41/22

Eine Eierlikörherstellerin klagte gegen Konkurrentin auf dem Markt, da diese ihren Eierlikör mit „Ei, Ei, Ei, Ei, Ei“ bewarb. Dies soll die Markenrecht der Klägerin an der Wortmarke „Eieiei“ verletzen. Das Gericht sah hierin keine Markenverletzung, da „Ei, Ei, Ei, Ei, Ei“ vom Verbraucherkreis nicht als Herkunftshinweis verstanden werde. Es liegt vielmehr eine Beschreibung des beworbenen Eierlikörs vor, dessen Kernzutat Ei sei.

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08. Mai 2023

Polizeibeamter behandelt polizeiliche Themen bei „TikTok“ – Untersagung durch Dienstbehörde rechtmäßig?

Polizeibeamter überwacht Menschenmenge
Beschluss des OVG Berlin-Brandenburg vom 17.04.2023, Az.: OVG 4 S 4/23

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hatte in zweiter Instanz zu entscheiden, ob die behördeninterne Untersagung gegenüber einem Polizeibeamten, der bei "TikTok" - erkennbar als tatsächlicher Polizist - mit anderen Nutzern dieser Plattform interagierte, sofort vollziehbar ist. Das OVG entschied zuungunsten des Polizeibeamten, da die Tätigkeit des "TikToker-Polizisten" gegen die dienstliche Pflicht verstoße. Speziell werde das Ansehen der Polizei, das es gem. § 101 S. 2 LBG zu wahren gilt, geschädigt. Dies wird dadurch begründet, dass der klagende Beamte auf der Social-Media-Plattform mit Verfahrensbeteiligten und anderen Personen aus kriminalitätsbelastenden Milieus Konversationen führte. Dies erzeuge ein unangemessenes Verhältnis zwischen der Polizei und Verfahrensbeteiligten. Dass sich die Gesprächspartner duzten, wirke insoweit bekräftigend.

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