Urteile aus der Kategorie „Äußerungsrecht“

05. August 2021 Top-Urteil

Kontosperrung wegen Hassrede: Facebook muss Nutzer vorab informieren und Gegenäußerung ermöglichen

ein weißer Gefällt mir Button vor einer blauen Wand
Pressemitteilung Nr. 149/2021 zu den Urteilen des BGH vom 29.07.2021, Az.: III ZR 179/20, III ZR 192/20

Die Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards von Facebook zur Löschung von Nutzerbeiträgen und zur Sperrung von Nutzerkonten sind gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, weil sie die Nutzer des Netzwerks entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Facebook ist zwar grundsätzlich berechtigt, den Nutzern die Einhaltung bestimmter Kommunikationsstandards vorzugeben, die über die strafrechtlichen Vorgaben hinausgehen. Zudem darf sich das Netzwerk vorbehalten, bei Verstößen gegen die Kommunikationsstandards Beiträge zu entfernen und das betreffende Nutzerkonto zu sperren. Allerdings ist Facebook verpflichtet, den betreffenden Nutzer über die Entfernung seines Beitrags zumindest nachträglich und über eine beabsichtigte Sperrung des Nutzerkontos vorab zu informieren, den Grund für die Sperrung zu nennen und eine Möglichkeit zur Stellungnahme einzuräumen.

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22. Juli 2021

Zum Auskunftsverweigerungsrecht gegenüber Datenschutzaufsichtsbehörden

Mann in einem Anzug streckt seine Hand vor sich und symbolisiert die Aufforderung mit etwas aufzuhören.
Beschluss des OVG Schleswig Holstein vom 28.05.2021, Az.: 4 MB 14/21

Der Auskunftspflichtige darf sich bei Fragen einer Datenschutzbehörde auf das Aussageverweigerungsrecht nach § 40 Abs. 4 BDSG berufen, wenn dieser durch die Beantwortung sich selbst oder einen Angehörigen einer strafrechtlichen Verfolgung oder eines Verfahrens über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. Der Betroffene müsse sich außerdem auf das Verweigerungsrecht berufen. Zur Begründung führt das Gericht an, dass es bei Ablehnung dieses Rechts zu einer Aushöhlung des grundrechtlich verankerten "nemo tenetur se ipsum accusare"-Grundsatz kommen würde, wonach kein Bürger dazu verpflichtet ist, sich selbst strafrechtlich zu belasten.

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22. Juni 2021

„Riesigen Shitstorm geerntet“ – Meinung oder Tatsachenbehauptung?

Zwei gelbe Ortsschilder mit der Aufschrift Opinion und der Aufschrift Fact.
Beschluss des OLG Frankfurt a. M. vom 11.05.2021, Az.: 16 W 8/21

Die Antragsgegnerin veröffentlichte auf ihrer Webseite einen Beitrag in Bezug auf die Antragstellerin und schrieb darin, dass diese "einen riesigen Shitstorm geerntet" habe. Entgegen der Ansicht des LG Frankfurt a. M. handelt es sich nach Auffassung des OLG Frankfurt a. M. bei einer solchen Aussage nicht um eine zulässige Meinungsäußerung, sondern um eine unwahre Tatsachenbehauptung. Der Begriff "riesiger Shitstorm" verlange aus Sicht des durchschnittlichen Lesers mehr als nur wenige kritische Einzelstimmen. Der Antragstellerin stehe daher ein Unterlassungsanspruch zu.

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06. Mai 2021

Wettbewerber im Streit: regelwidriger Vergleich in einer E-Mail?

E-Mail Werbung
Urteil des OLG Frankfurt a. M. vom 18.02.2021, Az.: 6 U 181/20, 6 W 3/21

Die an einem Mitbewerber geübt Kritik stellt keinen Wettbewerbsverstoß dar, sofern die Kritik allgemein gehalten ist und kein konkreter Bezug auf Produkte des Konkurrenten erkennbar ist. Werden konkrete eigene Leistungen Wettbewerbsprodukten des allgemeinen Markts gegenübergestellt, so reicht es nicht aus, dass sich der Werbende insgesamt als besser darstellt. Vielmehr müssen eindeutige Eigenschaften als Vergleichsmerkmale genannt werden, damit eine vergleichende Werbung vorliegt. Dies wurde im vorliegenden Fall entschieden, bei dem es um Äußerungen in einer E-Mail zwischen Mitbewerbern ging.

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05. Mai 2021

Löschen von Meinungsäußerungen auf Social-Media

Illustration eines pinken Megafons mit der Aufschrift "Social Media"
Urteil des OLG München vom 07.01.2020, Az.: 18 U 1491/19

Auf Social-Media-Plattformen Meinungen über tagesaktuelle Themen kundzutun, ist keine Neuheit. Das Löschen solcher Posts von Betreibern der Plattformen auf Berufung ihrer AGB könnte als Eingriff in die Meinungsfreiheit angesehen werden. AGB, die Verhaltensregeln für die Plattform aufstellen, müssen, um gültig zu sein, bezüglich der Beschränkung der Meinungsfreiheit inhaltlich konkret sein. Der Meinungsfreiheit ist hier vor allem das Persönlichkeitsrecht des von dem Beitrag Betroffenen gegenübergestellt.

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24. März 2021

Keine Wahlkampfwerbung mit Zitat vom Polizeipräsidenten

Polizistin in Uniform sitzt am Schreibtisch
Urteil des OLG Düsseldorf vom 25.02.2021, Az.: 16 U 188/20

Die Wahlwerbung mit einem Zitat des Polizeipräsidenten verbunden mit dem Slogan „WIR sind deine Stimme“ ist unzulässig. Durch den Zusatz entstehe bei dem Durchschnittsbetrachter der Eindruck, dass der Zitierte gegen die ihm auferlegte Neutralitätspflicht verstoße und Teil der werbenden Partei sei. Eine solche Darstellung beschädige den Ruf des Zitierten und störe das Vertrauen der Bürger in die Rechtmäßigkeit der Verwaltung.

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22. Dezember 2020 Top-Urteil

Sperrung von Nutzerkonten wegen Verwendung eines Pseudonyms?

Eine Ausstellung von Gesichtern
Urteil des OLG München vom 08.12.2020, Az. 18 U 2822/19 Pre

Das OLG München hat entschieden, dass Nutzerkonten auf Facebook gesperrt werden dürfen, sofern nicht der richtige Name verwendet wird. Begründet wurde diese Entscheidung dahingehend, dass Nutzer, die ein Pseudonym verwenden, eher dazu geneigt sind, ein rechtswidriges Verhalten zu begehen. Die Hemmschwelle lege deutlich geringer bei Verwendung des tatsächlichen Namens. Zudem sei es erforderlich, andere Nutzer präventiv vor unangemessenen Aussagen zu schützen.

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18. Dezember 2020

Einschränkung von Beiträgen in sozialen Netzwerken

AGB vor blauem Hintergrund
Urteil des OLG Nürnberg vom 04.08.2020, Az.: 3 U 3641/19

Facebook löschte einen Kommentar eines Facebook-Nutzers unter einem Beitrag und sperrte den Nutzeraccount vorübergehend, da der Kommentar gegen die Neufassung der Nutzungsbedingungen verstieß. Das OLG Nürnberg entschied hierbei, dass die Einbeziehung der neuen Nutzungsbedingungen, denen die Nutzer vor Weiterbenutzung ihres Accounts zustimmen mussten, wirksam sei. Der Nutzer hätte schließlich die Möglichkeit, das Vertragsverhältnis mit Facebook zu beenden. Darüber hinaus sei der Berufsfreiheit der Vorrang vor der Meinungsfreiheit dahingehend zu gewähren, dass Betreiber eines sozialen Netzwerks zum Schutze der anderen Nutzer, gewisse Äußerungen in ihren Nutzungsbedingungen als unternehmerische Entscheidung verbieten dürfen.

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30. November 2020

Warnhinweis bei Verdacht auf manipulierte Bewertungen rechtmäßig

Arzt zeigt mit dem Finger auf Sterne.
Urteil des OLG Frankfurt a. M. vom 19.11.2020, Az.: 16 W 37/20

Ein Bewertungsportal für Ärzte darf das Profil eines Mitglieds mit einem Hinweis auf den Verdacht manipulierter Bewertungen versehen. Im vorliegenden Fall versah der Portalbetreiber das Profil eines Arztes mit dem Hinweis, die Authentizität einiger Bewertungen würde angezweifelt und der Verdacht konnte auf Rücksprache mit dem Profilinhaber, der jegliche Manipulation bestreite, auch nicht aufgeklärt werden. Bei einem solchen Hinweis handle es sich laut dem Gericht nicht um eine unwahre Tatsachenbehauptung, weil hinreichend dargestellt würde, dass es sich lediglich um einen Verdacht handle und adäquat den Stand der Ermittlung darstelle. Es liege im öffentlichen Interesse Warnhinweise dieser Art anzuzeigen.

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